Tödliche Flammen
Beim Anblick der immer näher kommenden Flammen, die sich in gleichmäßiger Geschwindigkeit durch das viel zu trockene Gras fraßen, rastete ich völlig aus. Ich mochte eine mutige, risikofreudige Frau sein, aber dennoch hatte ich tierische Panik vor Feuer. Es war schon immer meine größte Angst gewesen. Und nur knappe drei Meter trennten mich vor dem wohl größten Grauen des Jahres. Ich kreischte, wirbelte umher, bis ich in meinem Unterbewusstsein eins und eins zusammenzählte und begann, auf Thabo's Bauchmuskeln einzutrommeln. Ich brüllte ihn an. "Thabo, wach auf! Schnell! Thabo bitte!" Im selben Augenblick gehorchte er und sah mich mit schockgeweiteten Augen an. "Was ist los?", fragte er, doch schon während der Frage wurde ihm anscheinend die näher kommende Gefahr bewusst, denn einen Wimpernschlag später war er auf den Beinen und zerrte an meiner Hand. "Wir müssen hier weg!", brüllte er, aber ich stand da und schrie. Es waren lange, schrille Schreie ohne Atempause. Doch als ein Zipfel meines Kleides Feuer fing und ich einen brüllenden Schmerz in meiner Schulter spürte, kam Leben in mich. Thabo und ich nahmen die Beine in die Hand und ergriffen die Flucht.
Die Welt hatte sich in Flammen und Rauch verwandelt und der Rauch war so dicht und so beißend, dass er mir Tränen in die Augen trieb. Meine Kehle brannte wie verrückt und ich hustete mit Thabo um die Wette. Doch all das war nichts im Vergleich zu dem Schmerz, den ich in der Schulter spürte. "Thabo, Hilfe!", kreischte ich hysterisch und wir mussten anhalten und mich über den Boden rollen, um das Feuer an meinem Kleid zu löschen. Aber damit schien es nicht getan, denn im nächste Moment tat Thabo einen falschen Schritt und sein Hosenbein fing Feuer. Thabo stieß einen Schrei aus, der mich zusammenzucken ließ, so voller Schmerz war er. Schnell drückte ich sein Bein auf den Boden, dann half ich ihm auf. Wir mussten weiter.
Ich glaubte, ich rannte so schnell wie noch nie in meinem Leben, aber getrieben von der unmittelbaren Angst vor diesem Feuer konnten Thabo und ich den Sprint einige hundert Meter einhalten, bevor seine Beine unter ihm nachgaben und er auf Händen und Knien da saß, hustete und sich übergab. Auch ich wurde von Krämpfen geschüttelt, während mein Körper versuchte, die Schadstoffe loszuwerden.
"Wir müssen weiter.", krächzte ich, denn das Feuer holte den Vorsprung, den wir uns geschaffen haben relativ schnell wieder auf. Aber wir waren nicht so schnell wie am Anfang, denn die Schmerzen plagten uns, immer wieder mussten wir anhalten, weil neue Krämpfe uns überkamen, weil wir uns übergeben mussten. Jeder Atemzug jagte einen sengenden Schmerz durch meine Lunge, aber meine Sinne waren durch und durch gesund und bis aufs Äußerste geschärft; es ging um Leben und Tod. Thabo jedoch schien es noch schlechter zu gehen als mir, die Verbrennung an seinem Bein musste schlimmer sein als die an meiner Schulter und noch dazu behinderte sie uns, weil das Laufen für ihn die reinste Qual bedeutete. Aber er kämpfte weiter.
Mittlerweile fragte ich mich, ob dieses Feuer, dieser Schmerz, diese Qual jemals ein Ende finden würde. Tief im Innern wusste ich, dass es so sein musste, aber ich hatte dafür keine Zeit. Das alles spielte keine Rolle, das hier und jetzt war das einzig wichtige. Jeder Schritt musste sorgsam gewählt werden, um den tödlichen Flammen zu entkommen, zwischendurch haute die Hitze mich fast um; sorgte für schwarze Flecken in meinem Blickfeld, doch ich schaffte es, Thabo und mich aus dem Labyrinth aus Feuer zu führen und uns einen lebensrettenden Vorsprung einzubringen, denn erneut musste ich anhalten, weil eine kochend heiße Substanz durch meine Lunge kroch und den Ausweg durch meinen Mund suchte. Ich würgte, bis nichts mehr da war, das ich hätte erbrechen können, dann fasste ich Thabo, der die Gelegenheit genutzt hatte, um sich vor lauter Qual auf dem Boden zu krümmen, bei der Hand und zog ihn weiter, bevor die Flammen uns einholen und erneut in eine solch missliche Situation bringen konnten. Doch nach wenigen Metern brach Thabo unter Krämpfen zusammen und ich wusste, dass sein Ende nah war. Ich zog ihn hinter einen Felsen und ließ mich neben ihn plumpsen. Einige Sekunden rang ich nach Luft, was höllische Schmerzen durch meine kochend heiße Kehle jagte. "Wir haben 2 Minuten zum Ausruhen.", rief ich heiser und ausgelaugt, dann sah ich mich um. In 2 Minuten würde uns das Feuer niemals einholen, jedoch war der Rauch dicht genug, um uns zu töten. "Hör zu, Rhona. Lass mich hier. Ich behindere dich bloß. Ohne mich kannst du es schaffen, weißt du? Aber wisse, dass ich dich immer lieben werde.", brachte Thabo gequält hervor, den Tränen nahe. "Spinnst du?! Ich lass dich doch hier nicht verbrennen!", empörte ich mich und bekam die nächste Hustenattacke. "Ich bin doch schon so gut wie tot, Süße.", krächzte Thabo und lächelte traurig. "Du stirbst nicht, verstanden? Wir rennen jetzt ohne Pause nach Hause, hörst du? Wenn wir einen guten Vorsprung schaffen, haben wir sämtliche Eimer mit Wasser gefüllt, ehe die Flammen in Sichtweite geraten. Wir können es schaffen, das Haus zu schützen und das Feuer zu besiegen. Aber wir müssen jetzt los, die zwei Minuten sind um. Sag, dass du es schaffst!" "Ich schaff's.", hustete Thabo, aber ich hatte das Gefühl, er sagte das nur um meinetwegen. Aber ich wusste, dass wir es schaffen konnten. Hoffnung machte sich in mir breit und sie war stärker als all die Furcht und all der Schmerz. Sie war so groß wie mein Lebenswille.
Und so nahmen Thabo und ich alle Kräfte zusammen und rannten wie verrückt, ohne Pause, bis wir das Haus erreichten. Sofort nahmen wir sämtliche Krüger, Töpfe und Eimer beisammen und ließen sie im Fluss mit Wasser volllaufen. Dann, als die Flammen näher kamen, nahm ich allen Mut zusammen und ging ihnen entgegen, um sie zu löschen. Ich konnte Thabo nicht zumuten in seinem Zustand dieses Risiko einzugehen, aber gemeinsam schafften wir es, das Feuer irgendwie von uns fernzuhalten. Wir konnten es nicht komplett auslöschen, nein, aber wir waren imstande zu verhindern, dass es größer wurde.
Doch mit der Zeit wurden meine Arme schwer, Müdigkeit machte sich in mir breit, der Durst und der Schmerz waren kaum auszuhalten, aber in mir existierten noch immer die Hoffnung, der Lebenswille.
Weitere Krüge Wasser schleppte mein Körper den Flammen entgegen, die mir ein geschwächter, verletzter Thabo vom Fluss aus reichte. Rasch waren meine Hände mit roten Quaddeln übersäht, aber im Vergleich zum Rest meines Körpers war es nur ein leichter Schmerz. Tränen, die der Rausch verursachte und die über mein verrußtes, heißes Gesicht liefen, erschwerten meine Sicht. Ich wusste nicht mehr, wie lange wir darum kämpften, dem Horror zu entkommen, aber irgendwann schien Gott Gnade für uns zu finden, und das Grollen war das erste Anzeichen des aufziehenden Gewitters.
Einige Minuten später regnete es wie aus Kübeln und somit wurden die letzten, tödlichen Fallen gelöscht. Ich kehrte zum Fluss zurück und ließ mich mit Wasser vollaufen. "Danke.", flüsterte ich und sah zum Himmel empor, der Regen prasselte in mein Gesicht. Er hatte uns gerettet. Gerade rechtzeitig, denn im selben Moment brach Thabo bewusstlos zusammen.
Wie versprochen, nach 3 Kommis das neue Kapitel! :D Ich weiß, es ist ein bisschen... speziell und nicht gerade das fröhlichste, was ich auf Lager habe, aber nun ja... :D :)
Jedenfalls hat das mit den Kommis so gut geklappt, da habe ich beschlossen, auch diesmal erst nach 3 Kommentaren weiterzuschreiben! :)
xoxo, Alitschi 》♡《
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