Schmerz und Trennung
Leicht schmatzend drehte ich mich um und wachte ganz langsam auf. Ich lag auf einem Arm, der allerdings zu breit war, um zu mir zu gehören. Thabo's Arm wohl eher. Ich lächelte und öffnete ein Auge, dann nach einer Zeit das andere. Unsere Hütte wurde in rotes Sonnenaufgangslicht getaucht und am liebsten würde ich für den Rest des Tages weiterschlafen, hier auf Thabo's Arm. Da erst bemerkte ich, dass ich zugedeckt war. Warum das? Normalerweise deckte ich mich nie zu! Verwirrt hob ich die Decke und erblickte meinen nackten Körper. Entsetzt hüllte ich mich wieder darin ein und befreite mich aus Thabo's Griff. Ob er auch nackt war? Mit den Fingerspitzen hob ich seine Decke an und selbst durch die zugekniffenen Augen konnte ich genug sehen, um zu erkennen, dass er ebenfalls nichts trug. Ich vergrub das Gesicht in den Händen und wimmerte vor mich hin. Wir hatten es tatsächlich getan! Die Erinnerungen an die letzte Nacht kamen mir nun langsam auch wieder in den Sinn und mein Herz pochte. Zu schnell, viel zu schnell. Ich grapschte mein Kleid, zog es eilig über meinen Körper und floh aus dem Haus. Frische Luft! Ich brauchte frische Luft!
Draußen angekommen, tigerte ich auf und ab, während der Wind an meinen Haaren zerrte. Der Versuch, meine Gedanken zu ordnen scheiterte heillos.
Was zum Teufel hatten wir getan?
Obwohl ich wusste, dass es falsch war, hatte ich ihn geküsst und dann hatte ich auch noch meine Jungfräulichkeit an ihm verloren! Himmelherrgott, wie bescheuert musste ich gewesen sein? Hatte ich denn gar nicht mehr nachgedacht?
In dem Moment stand Thabo vor mir, lächelnd und kratzte sich den Hinterkopf. "Du warst auf einmal weg", sagte er. "Thabo,", sagte ich, "ich weiß zwar nicht, wie es gestern Nacht so weit kommen konnte, aber wir dürfen es nicht wieder zulassen!" Thabo sah plötzlich sehr wütend aus und stampfte mit dem Fuß auf den Boden, was mich zurückweichen ließ. "Verdammt Rhona! Was hast du denn gegen Gefühle?! Erst küsst du mich, dann ist es der Fehler deines Lebens und dann tust du es wieder und wieder und immer erzählst du mir dann gleich, dass wir es nicht tun können! Dieses ständige Hin- und Her geht mir einfach gewaltig auf die Nerven!" "Aber Thabo, so geht das nun mal nicht! Ich werde dich nicht mehr küssen, es gibt einfach Grenzen!", entgegnete ich. Er starrte mich fassungslos an. "Ich liebe dich, Rhona. Und mit jedem Kuss liebe ich dich mehr. Weißt du eigentlich, wie sehr mich das verletzt, wenn du jedes Mal solch einen Aufstand machst, mir jedes Mal zu zeigen versuchst, dass ich dir nicht mehr näher kommen darf? Denkst du dabei denn nur an dich?"
Ja, das tat ich. Und erst jetzt wurde es mir bewusst. Ich sah ein Glitzern in Thabo's Augen und keine Sekunde später besudelte eine einsame Träne sein Gesicht.
"Ich, ich kann es nicht, wirklich nicht! Dieses ganze mit uns, das, das macht mir einfach Angst. Thabo, vielleicht, wir muss irgendwie eine Lösung finden, wir müssen einander aus dem Weg gehen oder keine Ahnung! Das da letzte Nacht, das ist was völlig neues für mich und", ich raufte mir die Haare, während ich immer noch auf- und ab tigerte.
"Rhona, es war auch mein erstes Mal, ok?", sagte Thabo und dann machte er auf dem Absatz kehrt und stürmte ins Heim. Und ich fühlte mich schrecklich. Wie er da so hinrannte, mit jedem Meter, den er sich entfernte, schmerzte mein Herz mehr und als er schließlich zwischen den Balken des Heims verschwand, begann ich zu weinen. Das Schluchzen schüttelte meine Schultern und die Tränen versperrten meine Sicht, rannen mir über das Gesicht, in den Mund, wo sie einen salzigen Geschmack hinterließen. Ich war nicht nur traurig, es tat richtig weh. Im Herzen tat es weh und im Magen, wo sich ein dicker Knoten bildete. Meine Wangen brannten und ich umschlang meinen Bauch, um die Schmerzen zu lindern. Hatte ich nun eine Freundschaft zerstört oder den Anfang einer Liebe? Wieso hatte ich es überhaupt zerstört? Wollte ich nicht meinem Bauch folgen und nicht meinem Kopf? Mein Bauch sagte mir, dass ich ohne Thabo nicht konnte, dass ich ihn liebte, aber mein Kopf dagegen sagte, dass ich für Zwischenmenschliches keine Zeit hatte. Was natürlich sinnlos war, denn ich hatte praktisch gesehen alle Zeit der Welt. Doch ich war zu klein, zu schwach, zu schuldig, um zu Thabo zu gehen und mich zu entschuldigen, ihm meine Liebe einzugestehen. Dabei verstand ich mit jedem Tag, den wir ab dem Tag aneinander vorbeilebten, mehr, was Liebe bedeutete. Ich verstand Mamai, wenn sie Papae nach einem langen Arbeitstag überglücklich um den Hals geflogen war. Ich verstand alle Menschen, die jemals einen Geliebten zurück lassen mussten. Alle verstand ich sie, nur nicht mich. Musste ich denn erst alles kaputt machen, bevor ich meine Gefühle für Thabo zuließ? Und warum, verdammt nochmal, konnte ich nicht zu ihm hingehen und ihm sagen, was ich empfand?
Seit unserem Streit schlief Thabo im Heim und machte einen Bogen um mich. Es verletzte mich, klar, aber das schlimmste war, dass ich ihn verstand. All die Monate über war ich so egoistisch gewesen, so stur, dass er es satt haben musste, noch mehr von mir schikaniert, verletzt zu werden. Er hatte ein gutes Recht darauf, sauer zu sein.
Die Regentage kamen erneut, einen Monat nachdem wir uns getrennt hatten und ich hatte die Hoffnung, er würde ins Haus kommen, doch das tat er nicht.
Und als ich begann, krank zu werden, begann, mich ständig zu übergeben, da begann ich auch, an eine Versöhnung zu denken. Ich konnte nicht ohne ihn und wenn ich es musste, würde ich noch an meiner Kotze ersticken. Ich war krank und er meine Medizin.
Und so kam es, dass ich eines Nachts den Weg zu ihm suchte und mich zu ihm gesellte. "Hey", sagte ich. "Hey",gab er zurück. Unser erster Wordwechsel seit Wochen. Seine Stimme klang nicht mehr wütend, sie klang auch nicht verletzt, sie klang hohl, beinahe mechanisch und das war fast noch schlimmer.
"Wie geht's?", startete ich einen ersten Versuch. "Komm doch einfach auf den Punkt!", sagte er. "Ja, weißt du Thabo, das mit dem Reden ist nicht so meine Sache..." Ich begann wieder, unruhig auf und ab zu wandern. "Nur, die Sache ist die, ich könnte dir einfach sagen 'Ich liebe dich', aber das würdest du wohl nicht hinnehmen, nach all den unehrlichen Küssen." Ich fing zu schwitzen an. "Nur die letzten Wochen ohne dich, die haben mich krank gemacht. Es ist dumm, ich weiß, aber irgendwie musste ich dich erst verlieren, um deinen wahren Wert einschätzen zu können. Ich bin nicht mehr ich selbst, wenn du nicht bei mir bist. Du hast einen anderen Menschen aus mir gemacht und dann habe ich dich gehen lassen, aber das geht nicht mehr, weil ich mein Herz an dir verloren habe und ohne Herz ist man kein Mensch mehr, verstehst du?" Eine Weile sah er mich an, dann lächelte er, knapp, dann sah er wieder weg. "Und ich vermisse einfach alles an dir. Deinen Arm, wenn ich schlafe, deine Stimme, deine Augen, deine Lippen, deine Worte... alles! Ich liebe dich! Nur irgendwie habe ich mal vergessen, dir das zu sagen, oder beziehungsweise ich habe vergessen, es zuzulassen. Aber du solltest es wissen. Ich kann deine Wut verstehen, aber wenn du mir nicht vergibst, dann werde ich noch kranker, als ich ohnehin schon bin..." Auf einmal bemerkte ich, wie verzweifelt ich eigentlich war. Wenn Thabo jetzt Nein sagte, war es um mich geschehen! Ich würde sterben vor Sehnsucht! Doch er stand auf, kam auf mich zu und legte seine Hände um meine Hüften. "Ich habe dich auch sehr vermisst", flüsterte er. Hieß das, dass er mich noch wollte? Aber bevor ich nachdenken konnte, spürte ich seine Lippen auf meinen und ich wusste, dass ich zum ersten Mal seit unserem Streit etwas richtig gemacht hatte. Nur leider wurde mir viel zu schnell wieder schlecht und ich übergab mich in den Fluss. "Rhona?", fragte er besorgt. "Es geht mir gut", krächzte ich. "Das scheint mir nicht zu stimmen, was ist los?", entgegnete er. "Ich- der ganze Stress, die Angst, dich zu verlieren, ich glaube, das hat mich irgendwie krank gemacht." "Mir hat es auch zugesetzt, aber ich kotze nicht!", sagte er nun besorgter und beugte sich herab, um unbeholfen meinen Rücken zu tätscheln. "Es wird bestimmt bald besser", meinte ich schulterzuckend und nahm einige Schlucke Wasser.
Und dann hob er mich hoch, watete, mich im Brautstil haltend, durch den Fluss und brachte mich ins Haus, wo er mich behutsam auf der Matratze bettete. Er kochte einen Kräutertee und machte ein wenig Mais warm. Danach waren zwar mein Hunger und mein Durst gestillt, doch die Bauchschmerzen wollten nicht aufhören.
So lag ich nun klaglos da, zu müde, erschöpft vom vielen Weinen, um noch mehr zu würgen und zu erbrechen.
Hmm, unsere Versöhnung hatte ich mir immer anders vorgestellt, nicht so steril und schnell, sondern mit vielen Küssen, lachen, tanzen, Sonnenuntergang, Hand in Hand... und ohne Bauchschmerzen! Aber ich war mir sicher, dass wir das nachholen würden. Jetzt aber konnte Thabo mir nur noch schnell einen flüchtigen Kuss auf den Mund drücken, weil ich Sekunden später schon eingeschlafen war.
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Naa? Wisst ihr, ich habe lange überlegt, ob ich dieses Kapitel so updaten soll, wie es jetzt ist, denn ich war versucht, alles zu löschen und von Neuem zu beginnen. Kann sein, dass es euch in dieser Art missfällt, aber es wäre trotzdem lieb, wenn ihr Votes und Kommis dalassen würdet! :-* ♡
Ab 3 Kommentaren geht's weiter! ★◇
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