Es gibt Dich, es gibt Mich, es gibt Uns
Neugierig und skeptisch zugleich hob ich den Kopf, der laue Nachtwind spielte mit den feinen Locken an den Seiten meiner Stirn. Was er wohl zu sagen hatte? Meine Neugier verwandelte sich schnell in Besorgnis. Hatte er mir etwas verschwiegen, etwas, das mein Denken über ihn und sein Dasein komplett verändern könnte? Von Unbehagen beschlichen kratzte ich meinen Nacken. Dann jedoch verlangsamte mein Atem sich wieder und ich beugte mich so weit runter, dass sich unsere Nasenspitzen berührten. "Egal was es ist. Du kannst mich nicht vergraulen." Thabo lächelte schief. "Willst du es wirklich hören?", gab er schließlich zurück. Mit meiner Antwort zögerte ich nicht - und ärgerte mich selbst darüber. "Ja." Er schaute ziemlich ernst drein. "Ich liebe dich." Ich runzelte die Stirn. "Das war alles?", fragte ich gespielt enttäuscht, obwohl mir insgeheim ein Stein vom Herzen fiel. "Ja", meinte er. Und irgendwie kam es mir so vor, als sei dies das erste Mal, dass er das erwähnte, aber da täuschte ich mich natürlich. Trotzdem wurde ich von Glücksgefühlen durchflutet, als ich zur Antwort ansetzte. "Ich liebe dich auch."
Eine Weile lang kosteten wir die ruhigen Minuten noch aus, bevor wir müde wurden und froren. Die Nacht gehörte den Jägern, nicht uns. Mit Wasser aus dem Fluss löschten wir die Flammen unseres Feuers, dann klaubten wir uns unsere Decken und huschten in die Hütte. Rooba schlief noch immer friedlich in ihrem Korb, doch Jesa, die eigentlich Wache halten wollte, war daneben eingeschlafen. Schlaff lagen ihre spitzen Ohren auf ihrem braun-roten Kopf. "Leg dich hin", murmelte Thabo, der bereits auf der Matratze lag, müde. "Sofort", murmelte ich zurück. Ich brauchte noch einen Moment der Ruhe, einen Moment, in dem ich zu Mamai sprechen konnte. Ich setzte mich auf den Boden, zog die Knie an die Brust und streichelte sanft über Jesa's Fell.
Mamai. Ich hoffe, ich habe dich nicht allzu sehr vernachlässigt. Aber wie du siehst, bin ich jetzt auch Mutter und das zieht seine Geduld nach sich. Bestimmt hast du alles gesehen, von oben aus. Du hast mir gefehlt. Im Nachhinein fällt mir auf, dass ich hätte sterben können. Rooba hätte nur falsch herum liegen müssen, und wir wären beide gestorben. Alle beide. Dann wäre ich bei dir, aber für Thabo wäre das untragbar. Und ich bin gerne hier. Ich hoffe, ich kann eine gute Mutter sein. Eine, wie du sie warst. Danke für alles. Ich vermisse dich.
Still und heimlich kullerte mir eine Tränen aus den Augen, und ich wischte sie nicht ab. Mamai hatte es nicht verdient, dass ich sie für sie verbarg. Schließlich legte ich mich neben Thabo, rollte mich zusammen und wartete darauf, dass ich einschlief, während ich mit dem Zeigefinger über die raue Schilffmatratze fuhr. Und dann wiegte mich die Melodie der Nacht in den Schlaf.
Ich wachte auf, als die Regentropfen unermüdlich durch das Dachloch in mein Gesicht prasselten. Mit einem Seufzen und darauf bedacht, möglichst wenige Geräusche zu machen, rappelte ich mich auf und verschloss die Luke mit der Lederlasche. An Schlafen war jetzt nicht mehr zu denken. Vorsichtig nahm ich die kleine Rooba aus ihrem Bettchen, drückte sie sachte an meine Brust und trat hinaus in den Regen, um ins Heim zu waten. Dort angekommen kauerte ich mich im Heu der Elefantenkuh Lissi zusammen und betrachtete meine Tochter beim Schlafen. Im dämmrigen, grauen Licht strahlte mir ihre samtig braune Haut entgegen und schon wieder wunderte mich, wie unbenutzt und rein sie war. Außerdem war sie nicht schwarz wie Thabo's, sie war auch nicht rötlich wie meine. Nein, Rooba hatte eine eigene Hautfarbe entwickelt und die hatte ungegähr die satte Farbe von Karamell. Ich hatte in meinem Leben erst einmal Karamell gesehen und das war an dem Tag gewesen, an dem Meja auf die Welt gekommen war. Papae hatte es irgendwo herbekommen. Es war lange her, ich weiß, doch trotz alldem konnte ich mich an die schöne Farbe und den süßen Geschmack nur allzu gut erinnern. Rooba, mein kleines Karamellbonbon. Lächelnd berührte ich mit der Fingerspitze ihre Nase. So klein und fein. Dann schlug sie ihre Äuglein auf und sah mich an, ganz ohne Weinen und Geschrei. Es war, als wolle sie mir etwas sagen, nur, dass sie nicht konnte. Ihr zahnloser Mund lachte mich an und dann begann Rooba, ihre Beinchen anzuwinkeln, um ihre Hände um die Füße zu legen. Mutter und Tochter. Uns würde für immer etwas verbinden, ganz gleich, ob wir getrennt sein mochten. Nicht einmal Thabo würde ein so feines Gespür für mein Denken entwickeln können wie Rooba. Aber er konnte der Kleinen ein wundervoller Vater sein.
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Lang gedauert, ich weiß :( Aber ich hoffe, euch gefällt das neue Kapitel, auch wenn nicht wirklich viel passiert. :D ♥ Kommis?
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