erschreckende Erkenntnis
"Lass' mich raten: Wir haben mal wieder etwas unzumutbares getan, ein riesiger Fehler ist zwischen uns vorgefallen und wir müssen uns aus dem Weg gehen?" Schlaftrunken setzte ich mich auf und konnte verschwommen den Umriss von Thabo ausmachen, der im Schneidersitz vor mir auf dem Boden saß. Ich räkelte mich auf der Matratze und lachte kurz, dann kroch ich zu ihm herüber und drückte ihm einen Kuss auf die Nasenspitze. "Nein, es fühlt sich durch und durch richtig an", gab ich zu Verstehen und kroch weiter zu unseren Vorräten hinüber, wo ich dem Korb zwei Drachenfrüchte entnahm und unser Frühstück zubereitete. Neben mir lag eine schwanzwedelnde Jesa und hoffte auf rohes, saftiges Fleisch, doch ich musste sie leider enttäuschen, da nur ein paar Knochen für sie abfielen. "Thabo, wie machen wir das jetzt mit dem Getreide? Ich meine, wie willst du das schaffen- anpflanzen und alles?", fragte ich und hielt meinen schmerzenden Bauch. "Ich habe hier viele wilde Weizen- und Maisfelder gesehen. Wir müssen einfach ihre Sahmen pflücken und in das neue Feld einpflanzen", erklärte Thabo und nahm dankend seine Schüssel entgegen. "Und du bist dir auch zu hundert Prozent sicher, dass man auf Asche bauen an?" Für mich war das nach wie vor ziemlich überraschend. Thabo nickte. "Auf jeden Fall! Damals, als wir im Regenwald gelebt haben, da haben wir ständig umliegende Bäume verbrannt und neue angepflanzt. Tolle Methode. Und das Feuer hat uns damit praktisch ein Geschenk bereitet." Hmm... Super Geschenk! Ein Haufen Brandwunden und wochenlanges Fieber. Ob er das schon wieder vergessen hatte? Wie dem auch war, wir beschlossen, gleich nach der Arbeit im Heim, die wilden Felder aufzusuchen, und ihre Sahmen einzusammeln.
Gesagt, getan. Nach einer kurzen Mittagspause sattelten wir Rofus, schulterten Körbe und machten uns auf den Weg. Nach ungefähr einer Stunde erreichten wir ein relativ großes Maisfeld und begannen mit der Entsahmung, was eine schweißtreibende Schufterei war. Doch diese lohnte sich, denn nach der 'Ernte' konnten wir einen guten vollen Korb Maissahmen aufweisen.
Schließlich taten wir die Arbeit an einem Weizenfeld gleich. Auf dem Rückweg erlegte ich ein Gnu, das ich gleich Zuhause ausnahm.
In der heißen Nachmittagssonne schließlich vergruben wir die Sahmen in der Asche, eine Arbeit, für die wir mit schnerzenden Knochen belohnt wurden.
Als wir am Lagerfeuer saßen und Fleisch brieten, kam mir wieder alles hoch und ich würgte auf Händen und Knien, bis nichts mehr da war, das ich hätte erbrechen können. Danach verschlang ich einen riesigen Happen Fleich und bekam unglaublichen Hunger auf gebratene Heuschrecken. Thabo sah mich verängstigt an. "Rhona? Da du erst deinen Magen entleerst, mächtig viel Fleisch verschlingst und jetzt Hunger auf Insekten bekommst, drängt sich mir eine Frage auf: Was ist nur los mit dir?" Ich zuckte die Schultern und im nächsten Moment kamen die Bauchschmerzen zurück, woraufhin ich mich wimmernd auf den Boden warf. "Ich weiß es doch selber nicht! Erst habe ich Bauchschmerzen, dann kotze ich und dann habe ich Hunger auf die ekeligsten Dinge! Keine Ahnung was mit mir los ist!", weinte ich.
Die nächsten Tage verbrachte ich im Haus, während Thabo mich mit den verschiedensten Medikamenten versorgte, doch es wurde nicht besser. Mein Zustand veränderte sich genau um Null Komma Null Prozent. Irgendwann gab ich es auf und führte einfach mein altes Leben weiter. Wir bauten einen Zaun um unser Feld und kümmerten uns um die Tiere im Heim. Thabo hatte beschlossen, dass er, während ich noch 'krank' war, den Versorger spielte, aber er schoss kein einziges Tier, bis auf die solchen, die wir im Garten hielten. Nachdem ich lange genug auf fauler Haut gelegen hatte, ohne, dass es mir wesentlich schlechter noch besser ging, griff ich einige Tage später zu Speer, Pfeil und Bogen, schwang mich auf Rofus's Rücken und ritt von Thabo's Rufen gefolgt davon. Während wir so dahin galloppierten, und der Staub unter ihren Füßen zum Leben erwachte, ja, in diesem Moment fühlte ich mich sonderbar gut.
Schnell erreichten wir eine Herde Gazellen und ich musste absteigen, um die Tiere nicht zu verscheuchen. Langsam kroch ich durch die Gräser, bis ich bemerkte, wie ich von zwei wachsamen, rotbraunen Augen beobachtet wurde. Ein Leopard. Das konnte gefährlich werden, wenn er mich als Konkurrenz sah und auf mich statt auf die Gazellen losstürmen würde. Jedoch wusste ich solche Situationen zu kennen und bewahrte Ruhe. Ich war gut und schnell genug, um beides zu töten, Gegner und Beute. Und so wartete ich, bis der Wind leicht auffrischte und sich mir die Gelegenheit bot, aufzuspringen und zu handeln. Blitzschnell legte ich einen Pfeil in die Sehne des Bogens und zielte auf den Kopf einer grasenden und etwas abseits stehenden Gazelle. Ich inspizierte die großen, schwarzen Augen, in welche mein Pfeil sich um Sekundenbruchteile später bohrte und das Tier niederstreckte. Der Rest der Herde ergriff die Flucht und wie erwartet stürzte der Leopard auf mich zu. All meine Sinne waren bis auf's Äußerste geschärft, als ich sah, wie sein Körper auf mich zuflog. Ich warf mich flach auf den Boden und rollte über die Schulter ab; alles andere hätte mich mein Leben gekostet. Nun standen wir uns gegenüber, umkreisten einander mit gefletschten Zähnen. Als er ein tiefes Knurren von sich gab und andeutete, auf mich loszugehen, versenkte ich den Speer in sein Herz und überließ ihn sich selbst; nur die tote Gazelle fand den Weg nach Hause, denn ich bevorzugte eher das Fleisch eines Pflanzenfressers als das eines Fleischfressers. Thabo kam mir mit offenen Armen entgegen und als er mir gegenüber stand, drückte er mich ganz fest an sich. "Ich habe mir Sorgen gemacht", sagte er leise, während er das Blut auf der benutzten Pfeilspitze betrachtete. "Es geht mir gut", versicherte ich ihm und nahm seine Hand in meine. "Aber du bist krank", begann er von Neuem, doch ich versiegelte seine Lippen mit einem Kuss. Ich liebte ihn so sehr, dass ich mir nicht vorstellen konnte, wie mir das all die Wochen vorher nicht klar werden konnte. War ich denn blind gewesen? Hatte ich denn nicht begreifen wollen, dass Mamai ihn mir geschickt hatte, damit ich nicht allein war, damit meine Liebe wiederbelebt wurde! Egal, aus welchem Grund sie es getan hatte, ich dankte ihr für diesen Mann, dessen Herz mit meinem in einem Takt schlug.
Händchenhaltend liefen wir dem Haus entgegen und schlugen uns die Bäuche voll.
Abends entfachten wir unter dem Sternenhimmel ein Lagerfeuer und legten uns auf den, von der heißen Sonne gewärmten, grasigen Boden. Mein Kopf lag auf Thabo's Brust, während er meinen Bauch streichelte, etwas, das mich mich tatsächlich besser fühlen ließ.
"Rhona, wie machst du das nur? Jeden Tag kotzt du, aber dein Bauch wird nicht flacher", flüsterte Thabo in die Dunkelheit. Ich kicherte und drehte mich, um ihn küssen zu können. Doch plötzlich gefror das Lächeln auf meinen Lippen, denn in dem Moment fiel es uns beiden wie Schuppen von den Augen.
Und der Schrecken darüber war so groß wie das Leben selbst.
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Ein weiteres, womöglich sonderbares Kapitel! Teil Nummer 60! *-* Und über 15.000 Leser, krass! Ich liebe euch! :) :-*
Bei 5 Kommis geht es weiter, also haut rein! :)
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