Der erste Morgen

Als ich erwachte, war es schon spät am Morgen. Ein starker Arm war um meinen Körper geschlungen und ich atmete ruhig ein und aus. Es war ein ungewohntes Gefühl, eng an einen Mann geschmiegt aufzuwachen, aber es war unbeschreiblich schön. Es gab mir das Gefühl, mich endlich jemandem anvertrauen zu können, jemand, der zu meiner Familie gehört. Nicht, dass das biologisch der Fall ist, aber wenn ich ehrlich bin, spielt das überhaupt keine Rolle, denn wenn Thabo und ich die Einzigen waren, waren wir eine Familie. Auch, wenn ich ihn erst seit gestern Nacht kannte, sah ich die Welt schon jetzt mit völlig anderen Augen. Wir waren zu zweit. Wir würden ein Leben teilen. Seufzend stand ich auf und bereitete ein Frühstück zu. Strausseneier mit Mais und ein wenig Meerschweinchenfleisch, das ich über dem Feuer anbriet. Thabo war inzwischen aufgewacht und beobachtete mich lächelnd dabei, wie ich das Essen auf zwei Steinplatten verteilte. "Du faszinierst mich.", sagte er. Ich warf mein Haar nach hinten. "Weshalb?". Ich reichte ihm eine der Steinplatten, die er dankend entgegennahm. "Na, wie du das alles schaffst. Du bist so anders, als die anderen Mädchen, die ich kannte.", sagte er. "Kein Wunder...", schnaubte ich verächtlich und senkte meinen Blick. Doch Thabo legte seinen Finger unter mein Kinn und hob es an, sodass er mir tief in die Augen schauen konnte. "Nein, du darfst das nicht falsch verstehen. Natürlich haben die Umstände dich verändert, aber was ich sagen wollte ist, dass ich nicht ein Mädchen kannte, das bis hierher überlebt hätte. Das sich das alles aufgebaut hätte. Das so viel Mut bewiesen hätte. Das sich alles selbst beigebracht hätte. Das das hier alles- ich kann es nicht fassen! Wie hast du das geschafft?" Ich stieß die angehaltene Luft aus. Tja, wie hatte ich das geschafft? Ich glaube, das konnte ich mir selber nicht erklären.

Ich hatte nie darüber nachgedacht, wenn ich ehrlich bin. Ich hatte auch kein angelernten Fähigkeiten, denn ich war Näherin gewesen. Trotzdem hatte ich alles wie selbstverständlich hinbekommen. Angestrengt versuchte ich mich an meine Kindertage hier in der Hütte zu erinnern. "Erst habe ich Pfeile und Bögen angefertigt, irgendwie, einem Instinkt folgend. Dann hab ich auf eine improvisierte Zielscheibe gezielt und nach viel Übung traf ich immer in die Mitte. Ich bin einmal pro Woche in den Regenwald geritten, Früchte ernten und alles in allem- siehst ja, was es gebracht hat." Thabo nickte und sah mich fasziniert an. Ich betrachtete seine Augen. Gestern Nacht hatte ich sie für tiefbraun gehalten, aber jetzt, da die Sonne ihm ins Gesicht schien, erkannte ich das goldene Schimmern in ihnen. Thabo nahm ein Stück Fleisch und aß es. Ich beobachtete ihn, denn ich wollte sehen, wie er reagierte. Ob es ihm wohl schmeckte? Er setzte ein Strahlen auf. "Ich hab lange kein Fleisch mehr gegessen, das ist, das ist echt toll.", sagte er. "Wovon hast du dich dann ernährt?", fragte ich und kaute ebenfalls Fleisch. "Nun ja, ich hab Wurzeln ausgegraben, Früchte, Getreide, du weißt schon. Selten habe ich Fleisch gegessen. Wenn, dann zurückgelassene Löwenbeute." "Und du hast nie gejagt?" Thabo schüttelte seinen Kopf. "Ich kann das nicht." "Du kannst es aber lernen. Ich bringe es dir bei.", erwiderte ich und schluckte den letzten Rest. Thabo gab mir seinen leeren Teller. Ich klatschte in die Hände. "So, jetzt geht's an die Arbeit!", rief ich munter und trat durch die Tür ins Freie. Thabo folgte mir. Ich hatte beschlossen, ihn in all meine Aufgaben zu integrieren um herauszufinden, wer er war und wo seine Stärken lagen. Dann könnten wir die Arbeit aufteilen und hätten mehr Zeit zum Jagen, oder worauf auch immer wir Lust hatten. Erst zeigte ich ihm meinen Garten mit den Meerschweinchen, den afrikamischen Enten und den Wachteln. Ich erklärte ihm, was sie fraßen und wo man es fand. Dann wateten wir durch den Fluss zum Heim. Auch hier erklärte ich ihm alles ganz genau und gab ihm Aufgaben. Zur späten Mittagszeit waren wir durch und ich fütterte Jesa. Thabo hatte keine Angst vor ihr, zeigte aber sichtlichen Respekt. Ich bereitete ein Mittagessen zu -Drachenfrucht mit Fisch und Datteln in Kokosblättern- und er warf mir einen Blick über die Schultern.

Nach dem üppigen Essen beschloss ich, ihm das Umgehen mit einem Messer beizubringen.

Anscheinend hatte er in seinen Jahren der Einsamkeit andere Dinge vorgezogen als ich und ich hatte fen leichten Schimmer, dass er von Getreide und Wurzeln eine Menge Ahnung hatte - und bestimmt von Medizin. Wie sonst sollte er durchs Leben gekommen sein? Doch die Arbeit mit Jagdmaterialien schien ihm Schwierigkeiten zu bereiten. Schnell stellte ich fest, dass seine Stärken völlig woanders lagen. Und das war mir auch Recht. Ich nahm ihn so hin, wie er ist und das ist wohl auch die beste Lösung und am einfachsten für uns beide.

Hach, herrlich. Wie findet ihr es? :-*
Kommis schreiben und voteeeen Bitte! :D

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