Angst?

Wie in Zeitlupe ließ ich meine Hand auf meinen Bauch sinken, gefolgt von meinem Blick. Der Wind frischte auf, zerrte an meinen Kleidern und ich schnappte nach Luft. Das Atmen wurde schwer, die Erkenntnis darüber, dass etwas in meinem Bauch heranwuchs, ging mir durch Mark und Bein. Meine Finger tasteten meinen Bauch ab, vorsichtig, mit Bedacht, als würden sie ihn zum ersten Mal berühren. Ich schloss die Augen, in der Hoffnung, wenn ich sie öffnete, würde ich aus einem Traum erwachen. Doch als ich das nächste Mal blinzelte, hatte sich nichts geändert. Ich sah auf zu Thabo, der es ebenfalls noch gar nicht fassen konnte. Doch im Gegensatz zu mir hatte er dieses Strahlen im Gesicht, diese Freude, diese Energie. Keuchend sank ich in mich zusammen und er eilte herbei, um mich zu fangen und in seinem Schoß zu betten. Der Wind summte eine beruhigende Melodie, während Thabo durch meine Haare strich, damit spielte und mir liebevolle Worte zuflüsterte. Erst jetzt fiel mir auf, dass ich ununterbrochen den Kopf schüttelte. "Nein." Mehr als ein Flüstern brachte ich nicht zustande. "Doch", erwiderte Thabo, beugte sich hinunter und küsste meinen Hals, meine Wange. Freudentränen glitzerten in seinen Augen. Mühsam setzte ich mich auf und betastete erneut meinen Bauch. Thabo tat es mir gleich, ganz weich und sanft umfuhr er die Konturen meines Bauchnabels. Dabei berührten seine warmen Hände meine kalten. Meine Wangen brannten und egal, wie oft ich schluckte, der Kloß in meinem Hals wollte nicht verschwinden. "Thabo", wimmerte ich, voller Angst.

"Komm her." Ich legte meinen Kopf an seine Brust und er schloss seine Arme um mich, beschützerisch, beruhigend. Ich wimmerte vor mich hin, während er über meinen Rücken strich und Küsse auf meinen Scheitel hauchte. Verzweifelt schlang ich meine Arme um ihn und er zog mich fester an sich heran. "An was denkst du?", fragte er leise, doch meine Lippen suchten nach seinen und als sie gefunden hatten, drückten sie sich verzweifelt darauf. Er löste sich jedoch und sah mir tief in die Augen. Er wollte eine Antwort auf seine Frage. "Ich weiß es nicht. Ich trage einen Menschen in mir, zwar sehr klein, aber immerhin. Ich bin vollkommen aufgewühlt, vollkommen unvertraut mit dieser Situation. Im Grunde bin ich überhaupt nicht in der Lage, abstrakt zu denken", sagte ich leise. In mir schien alles gefroren, eine gewisse Taubheit breitete sich aus, gebrochen von diesem Klumpen im Hals. Es war, als wäre mein Kopf mit Watte ausgestopft. Eine säuerliche Substanz kroch meinen Hals empor und ich drehte mich weg, um ihr den Weg aus meinem Mund zu öffnen. Dann kroch ich auf zittrigen Knien zum Bach und spülte meinen Mund aus. Das Wasser quetschte sich an dem Kloß vorbei und rann hinunter in meinen Bauch; es schien einen minimalen Teil der Taubheit zu erlöschen. Thabo zog mich zu sich zurück und streichelte meinen Bauch. "Ich liebe dich", hauchte er, kaum hörbar, aber es zauberte, wie auch immer, für Sekundenbruchteile ein Lächeln in mein Gesicht.

"Ich verstehe deinen Schrecken, Rhona, aber ich stehe hinter dir, ich halte zu dir, ich unterstütze dich." Ich lächelte schon wieder. Seine Worte brachten die äußerste Schicht des Kloßes zum Schmelzen. "Und ich freue mich auf dieses Kind, weil ich dich liebe. Es ist ein Mensch aus dir und mir, ein winziges Wunder! Denke an das Glück, das sich uns bietet."

Er hatte es geschafft, den Großteil des Klumpens zu beseitigen. Er hatte ja Recht. Dieses Kind war... war... es war ein Zauber, der sich in mich eingeschlichen hatte. Und wenn Thabo hinter mir stand, was gab es zu bedenken? Aus uns würde eine Familie werden. Eine richtige Familie, die ich in Gedanken schon abgeschrieben hatte, aber sein Auftauchen hatte sie möglich gemacht.

Ich schluchzte auf, woraufhin er mich ganz erschrocken ansah, doch ich lachte kurz und angebunden, dann warf ich mich an seine Brust, presste mich daran, schlang meine Arme wie einen Schraubstock um ihn und küsste ihn. "Ich", keuchte ich und legte meine Lippen erneut auf die seinen, "liebe", ein weiterer Kuss unterbrach mich, "dich", brachte ich meinen Satz schließlich zuende und lächelte nun ehrlich befreit. Seine Küsse wanderten über meinen Hals, mein Gesicht, bis sie meine Lippen fanden, erfrischend wie Regentropfen auf der Haut. "Hast du Angst?", fragte er dann? Ohne zu Zögern schüttelte ich den Kopf, denn seltsamerweise war ich mir meiner Sache mit einem Mal ganz sicher. Thabo war der Richtige. Ich würde dieses Kind austragen und lieben wie es sich für eine Mutter gehörte. Plötzlich mischte sich etwas neues in meine Gefühle, und wärmte mich von innen heraus auf: Glückseligkeit. Und ab diesem Moment wusste ich, dass ich der glücklichste Mensch war, den diese Welt jemals gesehen hatte.

Ich wollte gar nicht aufhören, Thabo zu küssen, doch der immer stärker werdende Wind, der die Nacht herbeiwehte, erinnerte uns an das Leben um uns herum. Wir hatten Aufgaben und Verantwortung zu tragen, vor allem jetzt, wo aus uns eine kleine Familie werden würde.

So legten wir uns Schlafen, ganz verzaubert von diesem Tag und mit einer angenehmen, erfrischenden Überraschung im Blut.

Mein Kopf lag auf Thabo's Brust und hob sich mit seinen Atemzügen sanft an. Ich spielte mit seinen Fingern, während er immer ruhiger wurde und in den Schlaf sickerte. Ich lauschte seinen Herzschlägen und konnte die stille Freude nicht unterdrücken, dass sie schneller pochten, als ich ihm einen langen, innigen Gutenachtkuss gab.

Wenig später war er eingeschlafen und ich lag da, ein Lächeln auf den Lippen und von Glück erfüllt.

Doch mit der Zeit huschten Bilder in meine Gedanken. Bilder von schreienden Frauen, wenn sie die Wehen bekamen. Bilder von toten Babys, die im Mutterleib starben.

Schweißgebadet schrak ich auf, schnell und unregelmäßig atmend. Thabo legte seinen Arm sanft um meinen Bauch und drückte mich auf die Matratze zurück. "Vielleicht habe ich doch ein bisschen Angst", jammerte ich leise, doch er drückte einen leichten Kuss auf meine Schläfe. "Die brauchst du aber nicht haben. Wir stehen das zusammen durch." Lächelnd schloss ich die Augen. Ich spürte ganz deutlich, wie die Ängste aus mir heraussickerten und wieder diese Sicherheit zurückkehrte. Meine Glieder entspannten sich und ich wurde von der Müdigkeit übermannt. Ich kuschelte mich an ihn heran, sodass sein Atem meinen Nacken streifte. Begleitet von diesem angenehmen Luftzug begab ich mich ins Land der Träume und fragte mich, was die kommenden Monate wohl bringen würden.

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Ihr habt zwar nur 4 Kommis geschrieben statt 5, aber da diese Kommis sehr lieb waren, hab ich ein Auge zu gedrückt. :) Ich hoffe, euch hat es gefallen und wünsche wirklich sehr, dass ihr zahlreich kommentiert; ich hab mir hierbei echt Mühe gegeben! :/ :-*

Na dann, 4 Kommis sind das Ticket zum nächsten Kapitel und diesmal warte ich wirklich, bis ihr das geschafft habt. :D Zur Not müsst ihr halt doppelt kommentieren ^^

Alitschi

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