kaputt 13

Mit Sicherheit hatte ich viel zu viel getrunken. Alle meine Erinnerungen vom Vortag waren durcheinander, ich wusste nur noch, dass ich wie eine Irre getanzt und viel getrunken hatte. Ich nahm mir eine Kopfschmerztablette und schluckte sie mit Wasser herunter. Nachdem ich mich etwas frisch gemacht hatte, verließ ich mein Zimmer. Kiyoshi kam ebenfalls aus seinem Zimmer und da fiel mir wieder ein, was am Vortag eigentlich passiert war. Sofort begann mein Herz zu rasen und meine Augen blieben an ihm hängen. Er kam auf mich zu und auf seinem Gesicht zeichnete sich ein Lächeln ab. Genau vor mir blieb er stehen und strich mir eine Haarsträhne hinters Ohr. Da war es wieder dieser Funken in seinen Augen, der mich nicht aus seinem Bann ließ, beinahe wie hypnotisiert starrte ich ihn an.

“Die anderen Gäste sind bereits gegangen, du hast am längsten geschlafen.” ,teilte er mir mit und strich mir über die Wange, die beinahe im selben Moment zu glühen begannen. Er lächelte über meine Reaktion und knöpfte dann ein paar der Knöpfe von meiner Bluse zu. Beschämt sah ich auf den Boden und brachte keinen Ton hervor. Plötzlich griff er nach meiner Hand und zog mich mit sich raus.

“Wo gehen wir hin?”, fragte ich verwundert, als wir schon eine Weile Hand in Hand unterwegs waren. Stumm lächelte er und ging einfach weiter. Ich fragte mich, was er vorhatte, aber stellte keine weiteren Fragen mehr.

Vor einem kleinen Haus blieb er stehen und lächelte mich weiterhin an. Er klopfte an die Tür und nur wenige Sekunden wurde diese Schwungvoll geöffnet. Eine ältere Frau stand im Türrahmen und strahlte Kiyoshi an. Sie hatte hellbraune Haare mit vereinzelten grauen Strähnen. Ein langes dunkelgrünes Sommerkleid zierte ihren Körper und sie trug eine runde Brille auf der Nase. Als sie mich bemerkte, strahlte sie noch viel mehr. Ihr Blick wandte von Kiyoshi zu mir und wieder zurück. Einige Minuten vergingen, in denen keiner ein Wort sagte.

“Wieso hast du denn nicht bescheid gesagt, dass du vorbei kommst, dann hätte ich etwas vorbereitet.", sagte die Frau plötzlich an Kiyoshi gewandt.

“Ich habe es spontan entschieden.” , erwiderte er nur.

“Und wer bist du kleines?” , fragte mich die Frau nun.

“Mein Name ist Akiko Itō und ich bin 25 Jahre alt” , stellte ich mich vor.

“Ich bin Kiyoshis Mutter , mein Name ist Misaki Katō.” , stellte sie sich ebenfalls vor.

Wir standen noch immer vor ihrer Tür und offensichtlich war ihr das für einen Moment entfallen, denn sie schlug sich plötzlich gegen die Stirn und ging dann lächelnd zurück. Kiyoshi zog mich mit sich rein und schloss die Tür hinter mir. Seine Mutter reichte mir kurz darauf ein paar Hausschuh entgegen, die ich dankbar annahm. Ich wurde ins Wohnzimmer geführt, wo ich mich auf einen dunkelbraunen Ledersessel setzte.

“Spielst du Romé?” , fragte seine Mutter mich plötzlich.

Ich nickte und sagte: “Ich spiele Romé, aber ich bevorzuge Schach, weil man das Spiel voraussehen kann.”

“Dann lasst uns Romé spielen.” , sagte seine Mutter und teilte Karten aus. Das Spiel begann und wir nahmen unsere Karten zur Hand. Sofort setzte ich ein Pokerface auf. Mein Blick wanderte durch die Runde und ich versuchte die Emotionen der anderen zu lesen. Zufrieden über meine Karten sortierte ich mir die im Moment nutzlosen Karten aus. Schnell hatte ich das Spiel gewonnen und Misaki sah mich verblüfft an.

“Du sagtest doch du bevorzugst Schach, spielst du eine Partie gegen mich?” , fragte sie mich aus heiterem Himmel und bevor ich überhaupt etwas gesagt hatte, stand sie auf und holte ein Schachbrett und Figuren, die sie auf dem Brett platzierte.

Ich setzte mich ihr gegenüber und wartete darauf, dass sie begann. Zuerst tat ich so, als wüsste ich nicht genau was ich tat, doch eigentlich brauchte ich sie in die Falle und mit jedem Zug den sie machte ging sie weiter darauf ein und dann setzte ich sie ins Schachmatt. Wir spielten einige Runden, von denen ich jede einzelne gewann. Ich war mir nicht sicher, ob sie eine Anfängerin war oder nicht verstand wie ich spielte, selbst wenn ich Spielzüge aus vorherigen Runden wieder tätigte, machte sie dieselben Fehler. Irgendwann gab sie auf und bat Kiyoshi darum, gegen mich zu spielen und auch er war ein leichter Gegner. Es dämmerte bereits, als seine Mutter das Spiel schließlich weggeräumt hatte. Plötzlich bot sie an, dass wir bei ihr übernachten könnten und Kiyoshi stimmte sofort zu. Als seine Mutter das Zimmer verließ, lächelte Kiyoshi mich warm an und sofort hatte ich wieder die Bilder des Vortag vor Augen. Mein Herz begann zu rasen und ich warte den Blick von ihm ab. Plötzlich spürte ich eine Hand auf meiner Schulter.  Ich zuckte zusammen und fuhr herum. Kiyoshi stand hinter mir und hatte seine Hand auf meiner Schulter platziert. Wann um alles in der Welt war er aufgestanden und hinter mich gelaufen? Mit weit aufgerissenen Augen starrte ich ihn an. Er nahm seine Hand wieder von meiner Schulter und strich mir stattdessen durch meine Haare, die mittlerweile viel zu lang geworden waren. Für einen Moment lang war ich wie versteinert. Mein Herz raste und meine Augen waren auf Kiyoshi fixiert. Das Geräusch eines Schlüssels zog mich zurück in die Realität. Augenblicklich wich ich zurück und wandte meinen Blick wieder von ihm ab. Kiyoshi ging daraufhin wieder zu seinem Platz und beobachtete mich von dort aus. Plötzlich betatest ein Mann den Raum. Kiyoshi hob zur Begrüßung nur die Hand. Überrumpelt sah ich hinüber zu Kiyoshi. Dieser sprang sofort auf und stellte mich vor.

“Das ist Akiko, ich habe sie her gebracht...”, erklärte er. “Und das ist mein Vater.” , fügte er hinzu. Ich nickte verstehend und schenkte dem Mann ein Lächeln. Er nickte nur und ging wieder aus dem Zimmer. Beschämt sah ich auf den Boden. Gott war das peinlich. Warum tat Kiyoshi mir das an? Ich war hier mit Sicherheit fehl am Platz. 

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