Kapitel 4
Ich betrat gerade das Wohnzimmer und bereute es sofort. Mein Herz blieb beinahe stehen, als ich sah, wie Akiko auf dem Sofa saß und gegen meine Söhne Schach spielte. Ihr Blick glitt zu mir hinüber und sofort machte sich Angst in mir breit. Ihre dunkelbraunen Augen musterte mich eingehend und ich fühlte mich zunehmend unwohler in meiner Haut. Ihr Blick wandte sich wiederum Spielfeld zu, auf dem sie Zug für Zug alle Spielfiguren aufräumte und letztlich meine Söhne Schachmatt setzte. Als sie aufstand und auf mich zukam, begann ich am ganzen Körper zu zittern. Wie konnte es bloß sein, dass ihre bloße Anwesenheit mir solche Angst machte. Auf ihren Lippen hatte sich ein Grinsen gebildet und es schien ihr Freunde zu bereiten, mich so zu sehen. Doch als ich in ihre Augen sah, war da nichts, keinerlei Emotion. Keine Freude oder Zorn, einfach nichts. Ihre Augen waren leer, fast so wie die eines Toten. In Kombination mit ihrem Grinsen machte es mir nur noch mehr Angst.
“Guten Morgen Akari.” , sagte sie plötzlich.
“Dir auch.” , sagte ich mit leicht zittriger Stimme.
Als sie aufhörte zu grinsen, hatte ich das Gefühl, meinem Vater in die Augen zu sehen. Ich hockte wieder genau neben ihm Blut verschmiert und hielt das Messer fest umklammert. Sie wandte sich von mir ab und das Bild verschwand wieder. Ich ging in das Badezimmer und ließ mich zu Boden sinken. Wie schaffte es Akiko nur mich so aus der Ruhe zu bringen. Es war mir immer egal gewesen, wenn andere mir sagten, aber bei ihr war es anders. Ich betrat das Wohnzimmer und versuchte so gelassen wie möglich zu wirken. Mein Herz trommelte gegen meine Brust und hatte das Gefühl zu ersticken unter der Anspannung. In der Hoffnung, dass sie bald gehen würde, sah ich immer wieder zu ihr hinüber. Meine Söhne unterdessen freuten sich offensichtlich über ihre Anwesenheit. Als ich es nicht länger in ihrer Gegenwart aushielt, verließ ich kurz das Haus und atmete tief durch.
"Akari, du musst dich beruhigen, sie darf nicht bemerken, dass du langsam den Verstand verlierst.” , sagte ich zu mir selbst und holte noch einmal tief Luft. Als ich das Haus wieder betrat, ging ich zur Küche, um ein paar Snacks zu besorgen. Ich stellte sie auf den Tisch und ging dann in mein Arbeitszimmer.
Ich musste unbedingt Ruhe bewahren, sonst würde Akiko bemerkte, wie viel Angst ich eigentlich hatte, wenn sie es nicht sowieso schon bemerkt hatte. Ein leises Klopfen riss mich aus Gedanken. Mein Mann kam in das Zimmer und sofort trat ein Lächeln auf meine Lippen. Er schloss die Tür hinter sich wieder und blieb dann mitten im Raum stehen. Ich stand von meinem Schreibtisch auf und ging zu ihm hinüber.
“Warum bist du nicht bei den anderen?” , fragte er mich, nachdem ich stehen geblieben war.
“Ich musste ein paar Dinge regeln.” , erwiderte ich und ging dann zur Tür, um hinaus zu gehen und mich zu den Anderen zu setzen.
Als Akikos Augen auf mich trafen, kam die Angst in mir wieder zum Vorschein. Diesmal, jedoch schaffte ich es, sie nicht zu zeigen. Zumindest kam es mir nicht so vor. Ich schaute auf die Uhr und sah, dass es bereits 18 Uhr war. Akiko war also schon über mehrere Stunden hier. Abrupt stand sie auf und sah in die Runde.
“Ich werde jetzt gehen. Danke für die Gastfreundlichkeit.” , sagte sie und lief zum Eingang. Mein Herzschlag normalisierte sich wieder.
Nachdem meine Söhne sich schlafen gelegt hatten, kam mein Mann zu mir und stellte mich zur Rede. Wir setzten uns in das Arbeitszimmer und mein Mann ergriff das Wort.
“Warum verlierst du in letzter Zeit so schnell die Fassung?”
“Ich und meine Schwester haben kein gutes Verhältnis zueinander, zumindest dachte ich das, aber jetzt tauchte sie plötzlich auf und ist so oft da, das bringt mich aus dem Konzept.” , antwortete ich.
“Verstehe.” , sagte er knapp und verließ den Raum anschließend.
Als ich mich ins Bett legte und die Augen schloss, sah ich Akiko genau vor mir stehen, ihre Blicke durchbohrten mich förmlich. Plötzlich tauchte eine Person hinter ihr auf. Als die Person aus dem Schatten trat, erkannte ich, dass es mein Vater war. Am Hals hatte er die Stichwunde, aus der ununterbrochen Blut trat. Ich hatte es ihnen angetan und jetzt musste ich dafür bezahlen. Akiko trat einen Schritt näher an mich heran. Auf ihren Lippen bildete sich ein Grinsen. Sie hielt ein Bild hoch, auf dem meine Söhne zu sehen waren und zündete es an. Mein Puls stieg rasant an. Kurz darauf spürte ich einen stechenden Schmerz. Ich schreckte aus dem Schlaf und rannte in das Zimmer meiner Söhne. Sie lagen seelenruhig in ihren Betten und ich atmete erleichtert aus.
Als ich mich im Spiegel betrachtete, sah ich mein jüngeres Ich vor mir. Meine Kleidung war voller Blut und in meiner rechten Hand hielt ich das Messer, mit dem ich meinen Vater getötet hatte, fest im Griff. Ich machte mich fertig und verließ mein Haus. Vor dem Grab meines Vater ließ ich mich zu Boden fallen.
“Es ich 11 Jahre her seitdem du gestorben bist, warum quälst du mich jetzt?" , fragte ich. “Akiko hätte einfach nicht in diesem Moment kommen sollen, es ist ihre eigene Schuld, dass sie verhaftet wurde, warum werde ich jetzt bestraft?!” , fragte ich weiter. “Warum ich? Das ist alles eure Schuld deine und Akikos.” , sagte ich und stand auf. “Ich werde alles tun, um nicht durchzudrehen." , sagte ich nun etwas entschlossener.
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