Kapitel 36

Als Akiko aus dem OP gebracht wurde, war ich direkt an ihrer Seite. Ihre Augen waren fest verschlossen. Der Polizist, der Akiko immer an den Versen hing , folgte uns auch jetzt. Erst als Akiko in ihrem Zimmer war, wagte ich es, ihre Hand zu nehmen.

“Tana…” , murmelte sie plötzlich meinen Namen. Ein kleines Lächeln legte sich dabei auf meine Lippen.

“Ich bin hier.” , antwortete ich ihr leise und drückte ihre Hand. Kaum merklich erwiderte sie den Händedruck. Sanft strich ich ihr durch die Haare.

Mir entging nicht, dass der Polizist jede meiner Bewegungen genau beobachtete. Diesmal wollte ich ihn jedoch nicht provozieren, sondern einfach nur bei Akiko sein. Schließlich hatte ich sie Jahre lang nicht gesehen und ihr nun wieder nah sein zu können fühlte sich an wie in einem Traum. Einige Stunden sah ich nur neben ihr und hielt ihre Hand. Irgendwann wurde ich jedoch von einem Arzt gerufen, um mich mit ihm über Akikos derzeitige Lage zu unterhalten. Er erklärte mir ausführlich, dass Akikos Lage nicht mehr lebensgefährlich war und sie sich nur etwas ausruhen musste , außerdem erklärte er mir, dass sie einige Details, die sich während und nach des Autounfalls vergessen haben könnte. Nachdem alles geklärt war, bedankte ich mich bei ihm und ging zurück in Akikos Zimmer. Zumindest hatte ich das vor, leider musste ich das doch vergessen. Denn gerade als ich das Zimmer betreten wollte, hörte ich Akiko etwas sagen, was ich am liebsten nie gehört hätte, zumindest nicht mit dem Namen eines anderen davor. Es fühlte sich so an, als würde mir jemand das Herz aus der Brust reißen und anschließend noch darauf herumtreten. Alles in mir zog sich zusammen. In diesem Moment hatte ich das Gefühl, dass nur noch ihr Unterbewusstsein sich an mich erinnerte. Ich wollte mich nicht mehr vor ihr verstecken , doch mir blieb nichts anderes übrig, wenn ich weiterhin an ihrer Seite sein wollte. Die Momente, in denen Akiko meinen Namen gesagt hatte, machten mir klar , dass ich ihr noch immer wichtig war, vor allem als sie mich im Krankenwagen fragte, ob sie nur träumte, dass ich da war.

Einige Tage vergingen und Akiko schien die Zeit mit diesem Mann tatsächlich zu genießen ,denn die beiden waren von da an noch viel mehr zusammen als normalerweise. Sie begannen sogar zusammen zu leben. Je mehr Zeit die beiden miteinander verbrachten, desto mehr hatte ich das Gefühl, innerlich zu verkümmern. Trotz allem dachte ich noch nicht einmal daran, Akiko allein zu lassen. Es war mir egal, wie sehr ich ihr ihretwegen leiden würde, weil ich genau wusste, dass sie diesen Mann niemals von ganzem Herzen lieben konnte. Ein Teil ihres Herzens galt mir und ich klammerte mich an diesen Teil. Niemals würde ich diesen Teil loslassen, um jemand anderen glücklich mit ihr zu sehen. Ich fragte mich nur, ob der Teil, mit dem sie in der Lage war, jemand anderen zu lieben größer war als der Teil, der mich liebte oder andersherum.

Eines Morgens fuhr Akiko plötzlich in ein Krankenhaus. Wie immer folgte ich ihr und musste mit Bedauern feststellen ,dass ihr Arbeitgeber, der sie wie ein Teil seiner Familie behandelt hatte, ums Leben gekommen war. Es verwunderte mich nicht , dass sein Tod sie zum Weinen brachte. Jedoch schien Kiyoshi diese Reaktion nicht verstehen zu können. Er zwang sie dazu, die Tränen herunter zu schlucken und mit ihm zu kommen doch Akiko stieß ihn von sich weg und bat ihn darum, ihr nicht mehr in die Quere zu kommen. Es war nahezu unmöglich, die Angst in ihrem Ton nicht herauszuhören. Sie wollte ihn schützen, indem sie ihn aus ihrem Leben warf. Resigniert ließ Kiyoshi sie allein , ich jedoch blieb an ihrer Seite und folgte ihr, wohin sie auch immer ging. Als sie das Anwesen ihres Ehemaligen Arbeitgebers erreichte, begann sie alle ihre Sachen in ihrem Auto zu verstauen, erst nachdem sie nichts mehr in dem Anwesen hatte, blieb sie darin. Ich wagte es nicht diese Nacht weg zu fahren daher schlief ich in meinem Auto und kontrollierte hin und wieder ob Akiko tatsächlich nur schlief oder versuchte Soizid zu begehen wegen des verlustes ihres Arbeitgebers. Ich wusste ,dass sie genug Willensstärke hatte, um sich nicht das Leben zu nehmen, und doch ging ich lieber auf Nummer sicher. Wie erwartet tat sie nichts dergleichen und schlief stattdessen so lange, bis die richtigen Familien Angehörigen des Alten Herrens eintrafen.

Ich wartete geduldig darauf, dass Akiko das Anwesen verlassen würde und tatsächlich tat sie das auch nach einer Weile. Sie setzte sich Tränen verströmt in ihr Auto und sprach mit sich selbst. Es dauerte eine Weile, bis sie sich gesammelt hatte. Schließlich startete sie den Wagen und fuhr los. Zuerst fuhr sie zu einer Polizeistation und anschließend zu dem Wohnblock, in welchem sich die Wohnung von Kiyoshi befand. Stundenlang saß sie vor dem Eingang und beobachtete die Menschen, die an ihr vorbei liefen. Unterdessen beobachtete ich sie aus der Ferne. Immer und immer wieder sah ich sie verwundet vor mir liegen und hörte sie meinen Namen sagen. Da war so viel Liebe in ihrem Blick gewesen , allein der Gedanke daran sorgte dafür ,dass mein Herz sich schmerzhaft zusammenzog. Ich bereute es, sie aus den Augen gelassen zu haben und diesem Polizisten damit die Gelegenheit gegeben hatte, sie mir wegzunehmen. Wäre ich doch nur ein paar Minuten später zu ihrem Arzt gegangen. Nein, ich hätte sie allein lassen sollen, ich hätte sie an jenem Abend nach Hause bringen sollen. Hätte nie ihre Hand loslassen sollen. All das bereute ich jetzt mehr denn je. In dem Moment, in dem sie Kiyoshi wieder sah, wurde mir klar, dass ich alle meine Chancen verspielt hatte. Trotzdem konnte ich sie nicht loslassen. Alles in mir sträubte sich davor, sie allein zu lassen. Ich wollte ihr ein letztes Mal in die Augen sehen, ein letztes Mal ihre Stimme hören und sie ein letztes Mal in den Armen halten. Die Stimmen in meinem Kopf wurden immer lauter und mein Herz zog sich immer schmerzhafter zusammen. Wie lange würde ich ihr noch aus dem Weg gehen können, ohne dabei durchzudrehen? Was würde es mich noch an Selbstbeherrschung kosten, um sie nicht einfach aus dem Nichts in die Arme zu schließen und nie wieder loszulassen?

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