Kapitel 31

Wie jeden Tag trafen Akiko und ich uns an der Bushaltestelle. Während der gesamten Fahrt waren meine Augen auf sie gerichtet. Plötzlich fiel ihr Kopf auf meine Schulter und mein Puls wurde viel zu schnell. Sie sah so friedlich aus und die Wärme, die von ihr ausging, war berauschend. Sanft strich ich ihr eine Haarsträhne hinters Ohr. Ein Lächeln legte sich dabei auf meine Lippen. Ich genoss die Nähe zu ihr. Erst  als wir aussteigen mussten, weckte ich sie wieder. Verschlafen blickte sie zu mir auf und ich hatte das Gefühl, mich in ihren Augen zu verlieren. Schnell wandte ich den Blick wieder von ihr ab und stieg aus dem Bus. Sie war genau hinter mir und summte vor sich hin. Obwohl ich wusste, dass sie mich verwundbar machte, genoss ich jeden noch so kurzen Moment mit ihr. Mit der Zeit wurden Akiko und ich älter und wir kannten uns immer besser. Immer öfter war ich bei Akiko zu Besuch und verbrachte Zeit mit ihr und ihrer Familie. Mit jedem Besuch wuchs auch die Aufmerksamkeit, die ich von Akikos Schwester Akari bekam. Es störte mich nicht, aber ich bemerkte, dass es Akiko nicht gefiel. Ein kleiner Teil von mir hoffte, dass sie eifersüchtig war.

Nach jedem Besuch musste ich meinem Vater Bericht erstatten. Ich hatte keine Ahnung, was es ihm brachte , aber ich half ihm, aus Angst bestraft zu werden. Von Anfang an hatte ich versucht herauszufinden, was er vorhatte , doch als ich es herausfand, war es bereits zu spät. Akiko stand mit Tränen in den Augen vor mir und blickte zu mir auf, bevor sie sich an mich drückte und den Tränen freien Lauf ließ.

“Was ist los?” , fragte ich besorgt nach, während ich ihr sanft durch die Haare strich und versuchte, sie zu beruhigen.

“Meine Mutter hat uns allein gelassen, Sie hat ihre Sachen gepackt, als wir schliefen und ist verschwunden.” , brachte sie unter Tränen hervor. Alles in mir zog sich zusammen, weil ich etwas anderes ahnte. Das war das Werk meines Vaters, er ging immer so vor, ließ es so aussehen, als wären die Menschen einfach gegangen, damit die Familie nichts bemerkte und brachte seine Opfer daraufhin grausam um. Ich drücke Akiko fester an mich heran in der Hoffnung, ihr dadurch Schutz bieten zu können. Nach einer ganzen Weile hatte sie sich etwas beruhigt und schaffte es, sich von mir zu lösen. Ich wusste, wie schwer es ihr fallen musste, ihre Mutter zu verlieren, da sie sehr an ihr gehangen hatte und ich wusste auch, dass sie nie völlig in Ordnung sein würde. Nicht mehr. Als ich sie nach Hause brachte, zitterte sie noch immer am ganzen Körper, daher fiel es mir schwer, sie allein zu lassen, aber ich musste gehen, um sie vor Schlimmerem zu bewahren.

Mein Vater erfreute sich wie immer mit seinen Männern über das Leid seiner Opfer und den Aufstieg seiner Macht. Als er mich realisierte, sah er mich eiskalt an und sorgte dafür ,dass mir ein kalter Schauer über den Rücken lief. Obwohl ich mich fragte, was er Akikos Mutter angetan hatte , hielt ich den Mund und verschwand in meinem Zimmer. Der Gedanke an Akikos weinendes Gesicht brach mir das Herz. Mein Vater war dafür verantwortlich, dass ein Teil von Akikos wunderschöner Seele zu Bruch ging. Noch nie hatte ich verstanden, weshalb er all das tat, schließlich hätte er auch ohne das Morden und Foltern von Menschen Ruhm und Macht erhalten können. Davon abgesehen, dass er auch eine Firma besaß, die ihm den Reichtum brachte und nicht das Leid der Menschen.

Die Monate vergingen und Akiko ging es allmählich immer besser. Es war kein Wunder, dass sie noch immer mitgenommen von dem Verlust ihrer Mutter war, aber sie fasste es besser auf als erwartet. Ich verbrachte noch mehr Zeit mit ihr als zuvor, trotz der Tatsache, dass meine Aufgabe beendet war. Ich hatte mich mittlerweile so an die Zeit mit ihr gewöhnt, dass ich mir nicht mehr vorstellen konnte, nicht mit ihr zusammen zu sein. Immer wieder versicherte ich Akiko, dass sie nichts mit dem Verschwinden ihrer Mutter mit ihr zu tun hatte. Ich wusste, dass sie mir nicht glaubte und sich weiterhin Vorwürfe machte , aber ich gab mein Bestes, sie zu überzeugen.

Trotz der Aufgaben, die mein Vater mir immerzu gab, traf ich Akiko so oft wie möglich. Die kleinsten Gesten von ihr brachten mein Herz dazu, schneller zu schlagen. Sie musste nur lächeln und schon gab es sie nur noch für mich. Ihre Stimme war wie Musik in meinen Ohren. Wenn Ihre dunklen Augen meine trafen, hatte ich das Gefühl, mich darin zu verlieren. Wenn ich nicht bei ihr war, sehnte ich mich nach ihr. Alle meine Gedanken drehten sich ausschließlich um Akiko. Selbst in meinen Träumen verfolgte sie mich oder war es doch ich, der sie verfolgt. Wie ein Schosshund, der seinem Besitzer überall hin folgte, ganz egal wie gefährlich es war? Wahrscheinlich war es so , es konnte gar nicht anders sein, schließlich war ich derjenige, der ihr überall hin nachjagte. Aber wenn ich ehrlich war, gefiel es mir, ihr nach zu laufen und mich wie ein Schoßhund zu verhalten, zumindest wenn es um Akiko ging.

“Tana!” , rief Akiko aus der Ferne meinen Namen, während sie auf mich zu lief. Sofort legte sich ein Lächeln auf meinen Lippen. Als sie vor mir zum Stehen kam, strich ich durch ihre Haare und lächelte sie sanft an. Sie lächelte mich ebenfalls an und brachte mein Herz zum Rasen. Mir waren die Blicke der anderen Schüler durchaus bewusst, doch ich ignorierte sie gekonnt und setzte mich gemeinsam mit Akiko an den Tisch. Alle um uns herum starrten zwischen uns hin und her und begannen zu tuscheln. Das taten sie zumindest, bis es zum Stundenbeginn klingelte und die Lehrerin den Raum betrat.

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