Kapitel 30
Unsicher ob ich einen Fehler gemacht hatte, löste ich mich aus der Umarmung und lächelte sie stattdessen sanft an. Plötzlich zog sie mich auf ein kleines Sofa, vor dem ein Fernseher stand. Ich sah ihr verwundert dabei zu, wie sie einen Film anschaltete und mich darum bat, ihn mit ihr zu schauen. Da ich nicht wusste was ich tun sollte, stimmte ich nur zu und setzte mich neben sie.
Plötzlich beugte sie sich zu mir herüber. So nah, dass gerade mal ein Blatt Papier zwischen uns gepasst hätte. Mein Herz begann unkontrolliert zu rasen und meine Augen waren genau auf sie gerichtet. Alle Geräusche rückten in weite Ferne. Ein Lächeln legte sich auf ihre Lippen, kurz bevor sie wieder von mir abrückte.
“Was sollte das gerade?” , fragte ich mit deutlich zu schnellem Puls.
“Ich wollte nur deine Reaktion testen.” , entgegnete sie grinsend. Irritiert sah ich sie an. Sie sah mich ebenfalls an. Gerade als ich das Gefühl hatte, mich in ihren Augen zu verlieren, kam Akikos Mutter in das Zimmer und teilte uns mit, dass das Essen fertig sei. Ein wenig erleichtert, Akikos Blick nicht mehr hilflos ausgeliefert zu sein, atmete ich aus und stand gemeinsam mit Akiko auf, um ihrer Mutter zu folgen.
Als ich am späten Abend das Haus meines Vaters betrat, wurde ich sofort von seinen Männern in sein Büro geschleift, um Bericht zu erstatten. Ich musste alles sagen, jedes noch so kleine Detail. Aus Angst vor einer Strafe tat ich, was er sagte, selbst wenn es mich beunruhigte. Nachdem ich alles erzählt hatte, verschwand ich in meinem Zimmer. Meine Gedanken lagen ununterbrochen bei Akiko. Ihre Umarmung hatte sich in mein Hirn gebrannt. Aber da war noch ein anderer Gedanke, der mich nicht mehr losließ. Die plötzliche Nähe zwischen Akiko und mir, die sie als Test beschrieben hatte. Allein bei dem Gedanken daran begann mein Herz wie wild in meiner Brust zu schlagen. Ich legte meine Hand auf mein viel zu schnell schlagendes Herz und ließ mich auf mein Bett fallen. Ein Lächeln umspielte meine Lippen, während sich die Ereignisse der letzten Stunde immer und immer wieder in meinem Kopf abspielten. Das erste Mal seit Monaten schlief ich mit einem Lächeln auf den Lippen ein.
Ich schlug die Augen, doch alles um mich herum war dunkel und kalt. Orientierungslos drehte ich mich im Kreis und suchte einen Ausweg aus der Dunkelheit. Plötzlich packte mich jemand an den Haaren und zerrte meinen Kopf mit einer solchen Wucht zurück, dass mein Nacken ein bedrohliches Knacken von sich gab. Ein Schmerzschrei bahnte sich den Weg durch meine Kehle, doch ich unterdrückte ihn. Dunkle Augen sahen mir genau in die Seele. So voller Hass und Verpachtung, die einzig allein mir galt. Tränen bildeten sich in meinen Augen, als ich realisierte, dass es die Augen meines Vaters waren. Anstatt mich loszulassen, zettelte er meinen Kopf noch weiter nach hinten und sorgte dafür, dass ich vor Schmerzen aufschrie. Doch da war noch etwas anderes. Es sah aus wie Nebel, doch als ich es genau ansah, bemerkte ich, dass es Licht war, das aus mir heraus quoll und in der Dunkelheit verschluckt wurde. Immer mehr und mehr, bis nichts mehr zurück blieb und ich mit mir zusammen sackte. Alles schmerzte und ich fühlte mich so leer wie nie zuvor. Gerade als ich das Gefühl hatte, bewusstlos zu werden, strich mir etwas sanft über die Wangen. Meine Augen waren weit aufgerissen, während ich mich ein weiteres Mal umsah. Ich erstatte, als ich die Person vor mir erkannte. Lange, dunkle Haare und Augen, die dem Sternenhimmel glichen. Zuerst hatte ich geglaubt, es sei meine Mutter, doch so war es nicht. Akiko hockte neben mir und strich mir sanft über die Wange. Jede ihrer Berührungen füllte mich aus und nahm mir den Schmerz. Sie war so traumhaft schön, dass ich glaubte, einer Göttin ins Gesicht zu blicken. Ich schlang die Arme um sie und atmete tief ein und aus. Meine Lunge brannte wie Feuer, doch die Nähe zu ihr milderte den Schmerz. Die Dunkelheit um uns herum verschwand und mit ihr all der Schmerz und die Kälte. Es fühlte sich falsch an, an einem Ort voller Licht zu sein, da ich so viel Dunkelheit in mir trug, aber genauso war es auch in der Dunkelheit, es war Verkehr da ich auch zu viel Licht in mir trug, um in die Dunkelheit zu gehören. Weder Licht noch Dunkelheit pasten zu mir , nichts fühlte sich richtig an. Wo gehörte ich bloß hin? Ich war das Produkt zweier Gegensätze, so hell und warm wie das Licht und gleichzeitig so finster und kalt wie die Dunkelheit. Ich sah in Akikos dunkle Augen und fragte mich, ob ich sie mit meiner Dunkelheit verderben würde. Langsam strich ich ihr durch die dunklen Haaren und kämpfte gegen das laute Klopfen meines Herzens an.
Gerade als ich anfing alles zu genießen, schlug ich die Augen auf und blickte an die hohe Decke meines Zimmers. Noch immer schlug mein Herz viel zu schnell und ich sah immer wieder Akikos dunkle Augen vor mir. Als mein Herz sich etwas beruhigt hatte, stieg ich aus dem Bett und machte mich auf den Weg zur Bushaltestelle. Sobald ich Akiko erblickte, schien nur noch sie zu existieren. Alles andere war gleichgültig, nur sie war da. Egal was auch passieren würde, ich würde sie mit allen Mitteln beschützen. Sei es vor meinem Vater oder mir selbst, ich konnte nicht zulassen, dass ihr etwas passierte. Zum ersten Mal seit langem hatte ich das Gefühl, eine Aufgabe im Leben zu besitzen.
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