Kapitel 18
Schüchtern sah ich zu einem meiner Klassenkameraden hinüber. Er war immer allein und blätterte in Büchern herum. Auf einmal stand er auf und kam auf mich zu.
“Hey”, sprach er mich mit einem sanften Lächeln an. Vor Schreck bekam ich keinen Ton raus. Ich wusste nicht mal, warum ich so reagierte. Verwirrt sah ich ihn an. Hatte er mich wirklich angesprochen oder irrte ich mich gewaltig?
“Ich bin Tana Tanaka, wir gehen in dieselbe Klasse." , stellte er sich freundlich vor. Als ich endlich wieder Worte fand, stellte ich mich ebenfalls vor und senkte den Blick. Er schien belustigt von meiner Reaktion zu sein.
“Darf ich mich setzen?” , fragte er mich plötzlich und deutete auf den Platz neben mir. Schüchtern sah ich wieder zu ihm auf und nickte zaghaft. Als er neben mir sah, schlug er wieder sein Buch auf und las darin. Was war bloß los mit mir? Warum fiel es mir so schwer, mit ihm zu reden, geschweige denn in seiner Gegenwart nur einen klaren Gedanken zu fassen? Unauffällig sah ich zu ihm hinüber. Völlig geistesabwesend starrte er in das Buch und bemerkte mich überhaupt nicht. Erst als es wieder zum Unterrichtsbeginn klingelte, legte er das Buch beiseite.
*
Ich öffnete die Wohnungstür und setzte mich auf das Sofa. In Dauerschleife spielte sich das Geschehen der vergangenen Stunden ab.
“Ist heute was Gutes passiert?” ,fragte Kiyoshi mich plötzlich. Fragend sah ich ihn an. “Du lächelst schon die ganze Zeit.” , fügte er hinzu. Wie auf Knopfdruck setzte ich ein Pokerface auf. Mir war noch nicht mal aufgefallen, dass ich gelächelt hatte.
“Nein ,ich war nur in Gedanken versunken” , log ich und stand auf, um mir ein Glas Wasser zu holen.
“Wenn das so ist.” , sagte Kiyoshi nur , und verschwand kurz darauf in seinem Arbeitszimmer.
Wie sollte ich bloß mit Kiyoshi abschließen? Ich hatte nicht vor längerer an seiner Seite zu bleiben, aber ich konnte auch nicht einfach abhauen. Meine Gedanken drehten sich fast durchgehend nur um Tana. Er war in jeder Hinsicht anders als Kiyoshi. Alles an ihm brachte mein Herz zum Rasen. Wenn ich darüber nachdachte, war es schon immer so gewesen. Für einen Moment lang bereute ich es, mich auf Kiyoshi eingelassen zu haben.
Nach einer Weile legte ich mich auf das Sofa und fiel in einen tiefen, angenehmen Schlummer. Als ich am nächsten Morgen das Haus verließ, um zur Arbeit zu gehen, stand Tana bereits vor der Tür und sah mich lächelnd an. Augenblicklich begann mein Herz schneller zu schlagen. Gemeinsam stiegen wir in mein Auto und fuhren zu dem Haus, in dem Sora lebte. Nachdem wir sie abgeholt und zur Schule gebracht hatten, fuhren wir zum Anwesen meiner Schwester. Als ich die Klingel betätigte, öffnete der Mann meiner Schwester die Tür für uns. Skeptisch sah er zu Tana hinüber.
“Das ist mein bester Freund Tana.” , stellte ich ihn schnell vor.
Fast zeitgleich verbeugte sich Tana. Sofort entspannten sich die Züge ihres Mannes etwas. Lächelnd bat er uns in das Anwesen und schloss hinter uns die Tür. Tana war genau neben mir und auf seinen Lippen zeichnete sich ein Lächeln. Es fiel mir schwer, nicht ebenfalls zu lächeln. Als meine Schwester das Zimmer betrat, sah sie ununterbrochen von Tana zu mir und wieder zu Tana. Ihr Mann war sichtlich irritiert von ihrer Reaktion.
“Kennt ihr euch?” , fragte er meine Schwester und deutete dann auf Tana.
Langsam begann meine Schwester zu nicken. Lässig ließ Tana sich auf dem Sofa sinken und lächelte meine Schwester und ihren Mann freundlich an. Ich ließ mich neben ihm nieder. Langsam näherten wir uns dem Ende meines Planes. Man konnte Akaris Anspannung förmlich spüren. Auf meinen Lippen bildete sich ein Grinsen.
Beinahe so, als hätte Tana meine Gedanken gelesen, flüsterte er: “Gedulde dich noch ein wenig mit der Freude, sie ist noch nicht tot.”
Verwundert sah ich ihn an und musste mich zwingen, den Blick wieder von ihm loszureißen. Tanas Augen waren genau auf mich gerichtet und für einen kurzen Moment hatte ich das Gefühl, mich in ihnen zu verlieren. Mein Herz begann unkontrolliert schneller zu schlagen. Plötzlich hatte ich wieder die Geschehnisse des vorherigen Tages vor Augen und bemühte mich, nicht noch breiter zu grinsen.
Als wir einige Stunden später das Haus meiner Schwester verließen, zog mich Tana abrupt zu sich und schlug seine Amre um mich. Für einen Moment versteifte ich mich. Mit jeder Sekunde die verging, fiel es mir schwerer, den Blick von ihm abzuwenden, doch bisher klappte es. Gemeinsam holten wir Sora von der Schule ab und als sie Tana sah, begann sie zu strahlen. Als Sora vor ihm stehenblieb, beugte er sich zu ihr hinunter. Zu meiner Überraschung begannen die beiden plötzlich zu flüsterten und begannen kurz darauf zu kichern. Fragend sah ich die beiden an, aber keiner von ihnen sagte mir, weshalb sie gekichert hatten. Noch nicht mal, als Sora zuhause war, wollte Tana mir verraten, worüber sie gelacht hatten. Beleidigt begann ich, ihn zu ignorieren. Belustigt von meiner Reaktion, lief er mir hinterher und griff plötzlich nach meinem Handgelenk, um mich am Weiterlaufen zu hindern. Mit einem leichten Lächeln stand er vor mir und sah mir in die Augen. Ich hingegen wandte den Blick von ihm ab, um zu zeigen, dass ich noch immer beleidigt war.
“Bist du echt beleidigt, weil Sora und ich gelacht haben?” , fragte er grinsend.
“Warum? Darf ich etwa nicht?” , gab ich schnippisch zurück.
“Nein, sei ruhig so lange beleidigt wie du willst, ich bleibe trotzdem an deiner Seite, genauso wie damals auch.” , erwiderte er lächelnd und ließ mich los. Für einen Moment musste ich mich zwingen nicht locker zu lassen. Auch nachdem er mich nach Hause gebracht hatte, war ich noch beleidigt, doch Tana lächelte nur und verabschiedete sich freundlich.
Als ich die Wohnung betrat, war Kiyoshi bereits da und hatte es sich auf dem Sofa bequem gemacht. In dem Moment, in dem er mich bemerkte, legte sich ein ehrliches Lächeln auf sein Gesicht. Ich fühlte mich immer schlechter, weil ich wusste, dass ich nicht länger bei ihm bleiben konnte, ohne mich verstellen zu müssen. Trotzdem setzte ich ein Lächeln auf und ging ebenfalls auf das Sofa.
Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top