8▪️Geschmacksverkalkung
Der Typ unten an der Rezeption, konnte mir doch tatsächlich keine Auskunft über ein Päckchen für mich geben. Unterwegs zurück in meinem Zimmer, hat Juls mir geschrieben, dass sie und Jen auf eine Skype Session bestehen und ich ihnen Bescheid sagen soll, sobald ich oben den Laptop hochgefahren habe.
In meinem Zimmer angekommen, stelle ich den Laptop auf den Stuhl, nachdem ich die ganzen Klamotten in die Ecke geschmissen habe. Ich beschließe schnell ins Badezimmer zu gehen, zumindest eine Aspirin zu nehmen und mir definitiv die Zähne zu putzen. Als ich vor dem Waschbecken stehe und auf schaue, kippe ich beinahe aus den latschen. So scheiße sah ich schon lange nicht mehr aus. Nicht nur das ich enorme Augenringe habe, nein meine Haare stehen auch in sämtlichen Richtungen ab.
Nachdem ich erfolglos versucht habe meine Haare zu bändigen, gebe ich es auf putze nur schnell meine Zähne und nehme eine Aspirin, bevor ich mich auf dem Boden vor dem Stuhl setze, Skype öffne und mich mit den Rücken an das Bett lehne.
"Wow Lia, du siehst echt scheiße aus.", informiert mich Juls kaum sind die Mädels auf den Bildschirm erschienen. Ich liebe meine beste Freundinnen beide sehr, aber muss Juls immer so ehrlich sein? "Danke. Um ehrlich zu sein, fühle ich mich auch scheiße.", informiere ich sie etwas beleidigt, und versuche sie grimmig anzuschauen - scheitere allerdings kläglich. Grinsend schauen sie mich an. "Was genau hast du denn getrieben nachdem wir gestern Telefoniert haben?", will Jen von mir wissen. "Ganz ehrlich? Ich habe keine Ahnung.", gebe ich zu. Skeptisch schauen die beiden mich an. "Du willst uns doch nicht sagen, das du Amilia einen Filmriss hast?", hakt die ältere der beiden nach. "Doch irgendwie schon."
"Na dann lass uns dein Gedächtnis ein wenig auf die Sprünge helfen. Was hast du gestern gemacht, nachdem wir beide telefoniert haben?" "Ich bin runter in die Hotelbar und habe beim Barkeeper einen Cocktail bestellt, den er selber aussuchen sollte, weil ich absolut keine Ahnung habe was wir immer trinken und dann habe ich noch drei Tiquila bestellt und getrunken, weil du liebe Jen, mich dazu aufgefordert hast.", erzähle ich. "Wow okay erst drei Tiquila und dann ein Cocktail wo wahrscheinlich sehr viel Hochprozentiges drin war ist ein guter Anfang für dich die sonst nie wirklich viel trinkt, aber ich glaube kaum das es direkt ein Filmriss verursacht.", erwidert Juls. Ich zucke mit den Schultern. "Ich habe wirklich keine Ahnung Juls, wie viel ich noch getrunken habe." "Das hört sich stark danach an, als ob es auf nüchtern Magen war.", bemerkt meine beste Freundin. "Naja zugegeben, wirklich viel gegessen habe ich gestern nicht. Ein bisschen Obstsalat und ein Croissant morgens.", lasse ich sie wissen. Juls gibt ein genervtes Stöhnen vom sich. "Lia wie oft noch, wenn man schon vor hat, sich zu betrinken, dann nur mit viel fettigem Essen im Vorfeld.", belehrt sie mich. "Ich weiß."
"Okay du hast die drei Shots getrunken und den Cocktail bekommen, was ist das nächste an das du dich erinnern kannst?", will Jen von mir wissen, wahrscheinlich um die Stimmung ein wenig aufzulockern. Ich runzel die Stirn und versuche mich zu erinnern.
"Hier bitte sehr ein Micha Spezial. Hilft mit Sicherheit gegen allerhand Kummer.", erklärt er mir und stellt mir ein dreifarbiges Getränk hin. Skeptisch schaue ich ihn an, streue mir zum dritten Mal Salz auf die Hand, kippe auf einmal die Flüssigkeit runter, bevor ich in die Zitrone beiße. "Es ist ziemlich Arm, den Cocktail nach sich selbst zu benennen, oder nicht.", erwidere ich nachdem ich mich einmal geschüttelt habe. "Das würde ich nicht behaupten. Probier ihn doch einfach einmal, vielleicht fällt dir ja etwas besseres ein.", schlägt er vor.
"Micha Spezial? Das ist ja echt eine lahme anmache.", bemerkt Juls als ich angefangen habe laut meine Erinnerungen zusammen zu kehren. "Ja oder? Aber ich glaube er scheint lecker geschmeckt zu haben, weil es nicht mein einziger gewesen zu sein scheint.", gebe ich von mir. "Ansonsten hättest du nicht so einen Kater.", kommentiert Jen, woraufhin ich ihr die Zunge raus strecke.
"Er war eigentlich ganz nett, denke ich zu mindest musste ich soweit ich noch erinnern kann nichts bezahlen, dafür sollte er mir allerdings etwas über sich erzählen.", gebe ich von mir und konzentriere mich um das Gespräch noch einmal zusammen zu bekommen.
"Was glaubst du sagt denn dein Chef dazu, wenn du mich nichts zahlen lässt?", frage ich ihn, auch wenn ich nichts dagegen habe auf ein paar Drinks eingeladen zu werden. Einen geschenkten Gaul, schaut man nicht ins Maul, sagt Juls immer. "Das fällt gar nicht auf.", versichert er mir. Ich schaue in seinen braunen Augen und trinke ein Schluck von dem Cocktail. "Und?" "Ein bisschen stark, aber okay.", lasse ich ihn lächelnde wissen.
"Okay, wenn ich schon nichts Zahlen muss, dann kannst du mir ja vielleicht ein wenig Gesellschaft leisten, ist ja eh nicht viel los hier.", fordere ich von ihm. "Okay.", stimmt er zu. Ich schlage die Beine übereinander und stütze mein Kopf auf meine Hand ab. "Erzähl mir was von dir." Während er Gläser abtrocknen schaut er mich an. "Und was?" Ich zucke mit den Schultern. "Keine Ahnung, was dir grade so einfällt.", gebe ich von mir.
"Und was hat er dir so über sich erzählt?"
Ich schließe kurz die Augen. "Das er aus Italien stammt, achtundzwanzig Jahre alt ist und seit sechs Jahre im Hotel als Barkeeper arbeitet.", gebe ich von mir, als mir Bruchstücke wieder einfallen. "Und weiter?", höre ich Jen fragen. Ich versuche mich weiter zu konzentrieren, aber beim besten Willen, mir fällt nichts mehr ein. Seufzend zucke ich mit den Schultern. "Keine Ahnung. Ich habe aber auch totale Kopfschmerzen. Ich will gar nicht weiter drüber nach denken.", lasse ich die beiden wissen, ziehe meine Beine am meinen Körper und lege mein Kopf auf meine Knie. Ich glaube ich will gar nicht wissen, was noch alles passiert ist.
"Wo warst du eigentlich vorhin, als wir telefoniert haben?", höre ich die ältere von den beiden Fragen. Ich schaue sie an. "Sie hat doch gesagt, dass sie nicht in ihrem eigenen Zimmer geschlafen hat.", mischt sich Jen ein. "Ja ich weiß, aber das beantwortet noch lange nicht die Frage wo sie war.", stellt Juls fest. "Stimmt. Also Fräulein, was hast du uns zu beichten?"
Ich beiße mir auf die Unterlippe. "Also eigentlich gibt es da nicht alt so viel zu beichten.", gebe ich von mit. "Nicht alt so viel heißt, dass du mit diesem Barkeeper mit gegangen bist und mit ihm in der Kiste gelandet bist?", vermutet Jen. "Ich bitte dich, wenn sie mit nem Typen mitgegangen ist, der einen Cocktail nach sich benennt, dann leidet Lia definitiv unter Geschmacksverkalkung.", wirft Juls ein. Na Gott sei Dank hat Harry mir letzte Nacht gut zu geredet.... "Nein ich habe weder mit noch bei Micha geschlafen.", werfe ich ein und bekomme direkt die nächste Frage an den Kopf geworfen. "Sondern?"
Genervt stöhne ich auf. "Bei ein Typ halt. Bevor ihr fragt, zwischen uns lief absolut nichts. Er hat auf der Couch geschlafen und ich hatte selbst noch meine Shorts und dieses Shirt an.", erzähle ich ihnen die Kurzfassung. "Bei ein Typ halt?", fragt Juls skeptisch. "Ja, ein Typ halt.", versichere ich ihnen. Jen bekommt große Augen. "Ohhhhhh ein Typ halt.", gibt Jen aufgeregt von sich und fuchtelt aufgeregt mit den Armen. "Jen, wir haben es kapiert.", wirft Juls ein. "Nein, nein, du verstehst nicht. Als ich gestern mit Amilia telefoniert habe, hat sie mir auch von einen Typ halt erzählt und es war kein geringer als dem sie die Kaugummis geschenkt hat, oder?.", informiert sie unsere andere beste Freundin. Bevor ich antworten kann, "Kaugummis?" Etwas verwirrt schaut sie mich an und dann Jen und dann wieder mich und plötzlich ist es so als würde ihr ein Licht auf geht. "Warum sagt mir denn niemand, dass du die Kaugummi Aufgabe schon hinter dir hast?", will sie beleidigt wissen. "Weil sie nicht erledigt ist. Mir fehlen noch ein paar bunte Kugeln, außerdem ist es keine große Sache.", stelle ich klar. "Aber du wurdest schon angesprochen? Von einem Typen?", hakt sie nach. "Ja, ab..." - "Sie waren sogar schon zusammen essen.", unterbricht Jun mich. "Du bist grade mal ein paar Tage auf einen anderen Kontinent und hast dann direkt schon ein Date? Wo dich hier in England kein Typ dazu bringen kann mit ihm aus zu gehen?", wirft die Schwarzhaarige ein. "Das war kein Date.", stelle ich klar. "Wir waren nur gemeinsam etwas essen. Ja er hat gezahlt, aber es war kein Date. Er wollte einfach nur nett sein.", setze ich nach.
"Soso und dennoch hast du letzte Nacht bei ihm gepennt. Konnte er dir denn erzählen, was du alles so angestellt hast? Oder habt ihr nicht geredet, weil du einfach abgehauen bist?", will Juls nun etwas belustigt wissen. Was ist denn daran lustig? "Viel konnte er mir auch nicht sagen. Ich habe wohl viel Blödsinn gesprochen und dann hat er mich dazu überredet, in meinem eigenen Bett zu schlafen als in das von Micha, welches ich wohl in Erwähnung gezogen habe.", erzähle ich ihnen. "Und dann landst du in seinem Bett.", es ist keine Frage sondern eher eine Feststellung. "Ich war wohl zu blöd um ihm genau zu sagen, wo meine Schlüsselkarte ist und er ist so gut erzogen, dass er weder in meine Hand- noch in meiner Hosentasche gesucht hat.", erkläre ich. "Also ein ganz netter junger Mann, magst du uns nicht noch ein wenig von ihm erzählen?", will nun die rothaarige von mir wissen. Ich schüttel den Kopf. "Nein, lasst uns lieber das Thema wechseln. Nach gestern Abend oder eher letzte Nacht, werde ich ihn sicherlich eh nie wieder sehen.", schlage ich aus. "Also Granny war da ja anderer Meinung. Hat sie nicht voraus gesagt, dass sich zwischen dir und dem Kaugummi Typ eine Freundschaft fürs Leben wird?", erinnert mich Juls. "Es ist mir egal, was Granny meinte und was nicht, ich bin nicht hier um Freundschaften zu schließen. Jetzt lasst uns bitte das Thema wechseln.", wiederhole ich meine Forderung.
"Was sagst du zu unserem Geschenk?", kommt Jen meine Forderung nach. "Es war noch nicht da oder zu mindest meinte der Kerl das an der Rezeption. Er kam mir allerdings auch so vor als hätte er von nichts eine Ahnung. Er meinte allerdings, dass er es hoch bringen lässt, sobald es auftaucht.", erwidere ich. "Okay, dann musst du uns allerdings schreiben, wie du es findest." Ich nicke und kann ein gähnen nicht unterdrücken.
"Was hast du denn heute an deinem Schlüpftag vor?", will die jüngste von mir wissen. "Außer meinen Rausch ausschlafen überhaupt nichts.", antworte ich. Entsetzt und mit großen Augen schauen die beiden mich an. "Du kannst doch am deinem Geburtstag nicht einfach nichts machen.", gibt Juls von sich. "Doch genau das werde ich machen. Ich bin einfach echt fertig, aber versprochen ab morgen gebe ich Gas und arbeite mich quer durch die List.", verspreche ich ihnen. Die beiden werfen sich einen komischen Blick zu. "Es ist überhaupt nicht schlimm ehrlich. Immerhin holen wir meinen Geburtstag ordentlich mach.", versichere ich ihnen. "Mir schmeckt das trotzdem nicht, dass du an deinem einundzwanzigsten Geburtstag, im Bett liegt und mich nicht mal richtig feierst.", bemerkt Jen.
Tränen bilden sich in meinen Augen. "Ich will sowieso nicht feiern. Ehrlich gesagt, will ich das auch nicht, wenn ich wieder bei euch bin. Mir ist eben nicht nach Feiern, auch wenn ich mich gestern abend total abgeschossen habe.", gebe ich ehrlich zu. "Amilia. Du...." - "Ich weiß, aber es ist nicht einfach okay? Am liebsten würde ich meine Sachen packen und wieder nach Hause kommen.", unterbreche ich sie. Einen Moment schauen die beiden mich intensiv an. "Okay, dann mach es." "Was?", frage ich Juls und bin mir nicht sicher ob ich mich vielleicht verhört habe, allerdings schaut Jen sie genauso überrascht an. "Ja du hast richtig gehört. Packe deine Sachen, wir buchen dir ein Flug und dann kommst du erst mal wieder nach England zurück. Wir kümmern uns ein wenig um dich und bereiten uns besser auf deine nächste endgültige Reise vor. Wir sehen doch genau dass es dir nicht gut geht und du dich überhaupt nicht auf das ganze einlassen kannst.", erklärt sie uns.
Eigentlich ist es doch genau das, was ich ebenfalls schon seit Tagen überlege. Ist es allerdings die richtige Entscheidung, wirklich alles hin zu werfen? Vielleicht sind es doch meine Freundinnen, die ich grade am meisten brauche und keine Abwechslung, Abenteuer und neue, vielleicht auch unsinnige, Dinge wie Granny meinte.
Grade als ich ihnen sagen will, wie froh ich über die Mitteilung bin und direkt meine Sachen packen und mich dann in den nächsten freien Flieger nach London setzten werde, klopft es an der Tür. "Ich mache eben auf. Wahrscheinlich ist es euer Päckchen.", gebe ich von mir und stehe auf. "Na das will ich gerne sehen, dass unser Päckchen bei dir an die Tür klopft.", höre ich Juls sagen und kommentiere es bloß mit einem "Du bist manchmal so doof."
Ich höre sie kichern ehe ich mir meine letzten Tränen aus dem Gesicht wasche und die Tür öffne.
"Ich dachte mir, ich versuche deine Aussage, dass du leider Geburtstag hast ein wenig zu ändern."
Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top