23▪️ Selbstkritik

Ich habe meine kleine Blockade erfolgreich überwunden, weswegen es nun etwas flotter und regelmäßiger weitergeht, als Entschädigung, dass ihr eine weile immer wieder so lange warten musstet, allerdings habe ich für die nächsten Kapitel ein paar zeitsprünge geplant, damit es hier mal vorwärts geht. Nun aber viel Spaß beim lesen

▪️14. August 2016 ▪️

Etwas unschlüssig stehe ich im großen
Badezimmer vor dem Spiegel. Das rote Kleid welches ich mir vor einigen Tagen in Caracas gekauft habe kommt mir jetzt, wo Harry mich überredet hat ein wenig das Nachtleben von Boa Vista zu erkunden, anstatt ständig Abend im Bett mit Musik oder Filmen zu versauern, ziemlich eng und kurz vor.

Er hat ja recht. Außer mein Ausflug an meinem Geburtstag zur Hotelbar, habe ich kaum etwas vom Nachtleben hier in Südamerika mitbekommen und ich denke mal, dass es meiner Begleitung ebenso geht.

Da ich eigentlich nur noch Alltagskleidung und Schwimmsachen in meine Rucksack habe, bleibt mir eigentlich nur dieses Kleid. Vielleicht sollte ich Harry einfach Fragen ob wir das ganze nicht einfach auf Morgen oder so verschieben können, dann kann ich vielleicht morgen noch einmal los ziehen und mir etwas neues kaufen - wobei unser Weg morgen eigentlich schon weiter gehen soll.

Vorgestern sind wir bereits mit dem Flugzeug aus Georgetown hier in Brasilien angekommen. In Georgetown haben wir bloß zwei Tage verbracht, weil wir es uns irgendwie anders dort vorgestellt haben. Wir mussten beide feststellen, dass es der erste Ort ist wo wir uns nicht wirklich wohl gefühlt haben, konnten, allerdings den eigentlichen Grund nicht wirklich in Worte fassen. Vielleicht lag es an dem Piloten der uns mit seiner kleinen Propellermaschine aus Marurin, wo wir bloß eine Nacht verbracht haben, rüber geflogen hat. Denn dieser hat uns auch nicht wirklich viel Positives von der Stadt berichten können.

Eigentlich wollten wir eh nur in diese Stadt um über die 30 Meter über den Dschungel hängende Hängebrücke zu gehen und es hat sich definitiv gelohnt. Wir sind schon sehr früh Morgens los gegangen um noch etwas von den Dämmerungs und Nachaktiven Tieren mitzubekommen. Der Aufstieg selber, war wirklich anstrengend und schweißtreiben, allerdings haben wir sogar kleine Äffchen gesehen, die sich von Baum zu Baum geschwungen haben, als wir auf einer der Plattformen eine Pause gemacht haben, was das frühe Aufstehen auf jeden Fall entschädigt hat.

„Harry? Meinst du wir können das ganze doch auf Morgen oder so verschieben?", rufe ich dem Sänger zu, denn irgendwie fühle ich mich nicht ganz so wohl in diesem Fummel, obwohl es eigentlich nicht wirklich schlecht aussieht, es ist vielleicht nur etwas zu kurz für meine Figur...

„Wieso? Hast du nach einer Stunde, die du im Badezimmer verbracht hast, plötzlich doch keine Lust mehr?", fragt er nach. „Doch Lust schon, aber ich bin mir nicht wirklich sicher, ob ich wirklich so unter die Leute gehen kann.", gebe ich zu. „Bist du schon angezogen?", will er von mir wissen. Was eine Frage. „Ja natürlich." „Okay, dann schließ mal die Tür auf und zeig mir wie schlimm es ist.", fordert er von mir. Ich seufze schaue noch mal im Spiegel und gehe mir noch einmal mit der Hand durch meine frischen Locken, auch wenn ich von Jen nun eine auf die Finger bekommen würde, weil sie es für eine absolute Sünde hält, wenn man durch frisch gemachten Locken fährt, und öffne die Tür.

„Wow Amilia. Warum meinst du denn so nicht unter Leuten gehen zu können?", will er von mir wissen und steht selber schon im schwarzen Hemd und Jeans ausgeh bereit vor mir. Verdammt, warum ist er in ein paar Handgriffen schon fertig und sieht dann auch noch so gut aus? „ Naja, hast du dir das Kleid schon mal genauer angeschaut? Es ist total eng und extrem kurz." Ich sehe wie er sich ein grinsen verkneifen muss. „So selbstkritisch kenne ich dich ja gar nicht. Was ziehst du denn an, wenn du in London mit deinen Mädels oder mit eurer Clique feiern gehst?", will er von mir wissen. Ich runzle die Stirn und schaue an mir runter. Viel anders sind die Kleider, die Jen, Juls und ich anziehen, wenn wir um die Häuser ziehen, auch nicht. „Naja.... So in etwa das gleiche außer das der Preis von diesem hier um einiges höher war.", gebe ich zu. „Das habe ich mir gedacht und glaub mir wenn ich dir sage Amilia du kannst sowas absolut tragen.", versichert er mir und lässt meine Wangen eine rötliche Farbe annehmen. „Findest du wirklich?", hake ich nochmals nach. Er nickt. „Auf jeden Fall. Du siehst wirklich Toll aus und auch die Locken. Du solltest deine Haare viel öfters so tragen.", lässt er mich wissen und streicht mir ein paar Strähnen nach hinten und hinterlässt auf meine Haut ein kleines Kribbeln. Oh man, was passiert hier denn schon wieder?

„Okay.", gebe ich seufzend von mir. „Dann ziehe ich nur noch eben meine schwarzen Pumps an und dann können wir auch los."

▪️

Da wir uns hier nicht auskennen, sind wir ein wenig planlos durch die Straßen gelaufen und haben dann nach einer halben Stunde beschlossen uns erst einmal in einer Cocktailbar zu setzten, in der Hoffnung dort ein paar Insider Tipps zu bekommen.

Während ich mich schon an einem Tisch gesetzt habe, ist Harry zur Bar um uns etwas zu trinken zu holen. Mittlerweile beobachte ich ihn schon gute zehn Minuten, wie er sich mit der, sichtlich älteren, Barfrau unterhält und wenn mich meine Kenntnisse nicht absolut täuschen flirtet die alte Schabracke doch tatsächlich mit ihm, was ihm noch nicht einmal zu stören scheint. Als er ihr endlich Geld reicht und mit den zwei Cocktailgläsern zurückkommt, atme ich etwas erleichtert aus.

„Okay die freundlich Bar Dame hat mir grade verraten, dass es hier ein paar Straßen weiter einen kleinen Club gibt, in dem man auch tanzen kann, also wenn du noch Lust hast Tanzen zu gehen.", erzählt er mir und stellt mir ein Glas vor die Nase. Wow und das hat wirklich so lange gebraucht um erzählt zu werden? Ich schnuppere einmal kurz an dem Getränk vor mir. „Ohne Alkohol, wie versprochen.", lässt er mich wissen. „Danke. Was ist denn mit dir - hast du noch Lust Tanzen zu gehen?", frage ich ihn. Er seufzt. „Warum musst du eigentlich alle Fragen mit einer Gegenfrage beantworten?", will er von mir wissen. Das macht er selber doch auch. Ich zucke mit den Schultern und habe ein wenig Lust ihn etwas zu ärgern. „Wieso nicht?"

Er gibt ein stöhnen von sich und nimmt einen großen Schluck von seinem Getränk. „Manchmal bist du echt anstrengen.", lässt er mich wissen. Na das sind ja ganz neue Töne von ihm. „Du musst nur ein Wort sagen, dann trennen uns unsere Wege wieder. Denn wenn du keine Lust mehr auf mich und meine Launen hast, dann..." - „SO war das nicht gemeint und ich bin mir ganz sicher, dass du es auch weißt.", unterbricht er mich in einem strengen Ton. Ich nicke und bin wirklich erleichtert, dass er nun nichts anders gesagt hat - man kann schließlich nur jemanden vor dem Kopf gucken, nicht was sich darin verbirgt.

„Also was ist jetzt Amilia: Tanzen ja oder nein?" will er noch mal wissen. Wieder zucke ich mit den Schultern. „Eigentlich ist es mir egal, aber es wäre ja eigentlich schon blöd, wenn wir nur hier sitzen bleiben, denn wirklich etwas los ist hier nicht.", antworte ich ihm, dass mir die Bar Frau auch nicht zu sagt, verschweige ich. Er nickt. „Ja da hast du recht.", stimmt er mir zu. „Dann lass uns das hier doch einfach austrinken und dann weiter ziehen.", ist nun mein Vorschlag, woraufhin ich ein zustimmendes Nicken erhalte.

Eine weile sitzen wir schweigend hier nebeneinander und beobachten die anderen Leute. Mir fällt durchaus auf, dass diese komisch schwarzhaarige Frau hinter der Theke immer und immer wieder zu Harry schaut, was er noch nicht einmal mit zu bekommen scheint. Was denkt sie sich eigentlich, sie ist doch sicherlich viel älter und sollte sich lieber auf Kerle in ihrer Altersklasse konzentrieren. Plötzlich halte ich inne. Was interessiert es mich eigentlich, wer wann mit Harry flirtet oder nicht? Mir sollte es doch eigentlich piep egal sein.

„Wie sieht es denn bei dir und deinen Freundinnen aus, wenn ihr um die Häuser zieht? Also was macht ihr und wo geht ihr hin?", will Harry plötzlich von mir wissen, durchbricht so die Stille und holt mich ins hier und jetzt. „Manchmal nutzen wir die Freitag- und oder Samstagabende um einfach gemütlich auf der Couch zu sitzen und ein Glas Wein zu trinken, um einfach das Wochenende zu genießen. Manchmal sind wir auch bei Studienkollegen von Jen und Juls. Die feiern viel Daheim. Aber es kommt auch durchaus vor, dass wir, meist Samstag, in den einen Club gehen, der in der nähe von dem Café ist, der Jens Großeltern gehört oder nun teilweise ihr.", erzähle ich ihm und merke mal wieder wie sehr ich meine beiden Lieblings Mädels vermisse.

„Also seid ihr drei eher ruhig veranlagt.", zieht er seine Schlüsse und sieht mich trotzdem noch fragend an. „Jor, manchmal. Oder zum größten Teil. Wir waren halt noch nie welche, die jedes Wochenende auf den Putz hauen mussten. Oder zumindest ist es bei Jen und mir so. Juls zieht auch gerne mal alleine um die Häuser und sucht sich neue Bettbekanntschaften oder trifft sich viel mehr mit denen. Aber das hat sich ja mittlerweile geändert, wo sie Ash hat.", gebe ich von mir. „Sie ist also immer noch mit ihm zusammen?", hakt er neugierig nach. Ich nicke. „Na siehst du die Chance ihn doch noch kennen zu lernen wächst weiter.", entgegnet er grinsend und ich nicke daraufhin freudig. Ich bin wirklich gespannt auf ihn, aber auch auf Pete.

"Ich verstehe es aber auch irgendwie, schließlich seid ihr sicherlich zum größten Teil in der Woche voll eingebunden, sodass es mal schön ist, es ruhig angehen zu lassen. Oder?" Ich nicke. „Ja, wobei es bei mir noch geht. Ich arbeite drei vier Tage in der Woche acht bis zehn Stunden, je nachdem wie viel zu tun ist und kann dann aber zu Hause lernen. Jen und Juls sieht es schon anders aus. Die beiden sitzen meistens fünf Tage die Woche einige Stunden in der Uni und der Bibliothek und müssen dann noch drei Mal die Woche arbeiten. Aber die beiden sind ja mit ihrem Studium in naher Zukunft fertig.", erzähle ich ihm und sehe das er mich wirklich interessiert anschaut. „Also seht ihr euch unter der Woche kaum?" Ich zucke mit den Schultern. „Es geht. Als ich noch bei Granny gewohnt habe, da war es wirklich so, aber wenn ich jetzt wieder in London bin, wird es sicherlich anders - schließlich wohnen wir dann zusammen.", gebe ich von mir. "Ich hoffe die Wohnung ist groß genug, damit ihr euch bei streit auch mal aus dem Weg gehen könnt und euch nicht die Köpfe einschlagt.", entgegnet er etwas besserwisserisch. Ich nicke. „Klar. Als die beiden nach London gezogen sind haben sie sich extra eine Wohnung mit drei Schlafzimmern gemietet. Offiziell haben die beiden nichts anderes gefunden, allerdings gehen wir alle schwer davon aus, dass es mit voller Absicht war, damit ich bei ihnen einziehen kann, sobald ich meinen Hintern hoch bekomme und bei Granny ausziehe. Ich hatte sogar schon einige Sachen dort.", erzähle ich ihm. „Du konntest dich also nicht von deiner Großmutter abnabeln.", stellt er fest und ich nicke. „Ja aber vielleicht war die Angst auch immer im Hintergrund da, dass etwas passiert, wenn ich nicht da bin." Harry nickt verständnisvoll. „Verstehe ich."

„Wie ist das denn bei dir? Ich mein du hast ja schon viel früher das Heimische Nest verlassen und bist flügge geworden. Ist es dir nie schwer gefallen?", will ich nun von ihm wissen. „Doch natürlich. Die Musik hat mich abgelenkt und die Jungs waren auch eine sehr große Hilfe, weswegen ich glaube, dass es bei deinen Freundinnen und dir genauso sein wird. Sie werden dir mit Sicherheit eine wahnsinnig große Hilfe in London sein.", spricht er mir Mut zu, denn mittlerweile haben wir nicht bloß einmal über meine Angst gesprochen in London wieder ein einziger Trauerklos zu werden. Ich nicke. „Ja Hoffentlich." „Und wenn du mal jemand anderes zum Reden brauchst, dann rufst du einfach mich an. Ich werde jederzeit für dich erreichbar sein, immerhin sind wir ja nicht aus der Welt.", schlägt er vor. Dankend lächle ich ihn an. „Pass auf, das mache ich sogar und denke dann nicht an die Zeit Verschiebung.", warne ich ihn scherzend, allerdings schaut er mich ernst an. „Ich hoffe das dir bewusst ist, dass ich das ernst meine und wirklich mit dir in Kontakt bleiben will, wenn du in zwei Wochen fliegst.", stellt er ernst klar. Ich schaue ihn in die Augen und direkt wird mir bewusst, dass er da nicht mit sicher diskutieren lässt und es wäre gelogen, wenn ich sagen würde, dass ich es schlimm fände. „Ich hoffe, dass die dann klar ist das es andersrum genauso ist und du mich dann auch nicht mehr so schnell los wirst.", gebe ich von mir. „Das ist auch gut so, immerhin läuft mit Jen und Juls eh noch die kleine Wette, die ich anscheinend wirklich verlieren werde." Ich zucke mit den Schultern und grinse mit ihm um die Wette.

„Na los du Grinse Katze, lass uns darauf anstoßen und dann weiter ziehen."

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