21▪️ Wetten....
Ich weiß hier dauert es ein wenig, aber ich hänge ein klitzekleines bisschen, allerdings hoffe ich das es so in etwa nach den spätestens drei, vier Kapiteln wieder besser vorran geht....
▪️1.August▪️
Mittlerweile sind weitere achtzehn Tage vergangen in denen Harry und ich durch Südamerika reisen. In den fast drei Wochen ist unsere Freundschaft nicht nur extrem gewachsen, sondern haben auch einiges gemeinsam gesehen und erlebt.
Von Botaga sind wir rund elf Stunden mit einem total überfüllten und aufgeheizten Bus nach Bucaramanga gefahren. In der Stadt, die nordöstlich von der Hauptstadt liegt, haben wir insgesamt fünf Tage verbracht und auch wenn wir dort im Hotel zwei Einzelzimmer hätten bekommen können haben wir uns, wie auch in den vier darauffolgenden Hotels, für ein Doppelzimmer entscheiden. Es ist einfach für uns beide praktischer und vor allem günstiger.
In Bucaramanga haben wir unsere Zeit genutzt um zum einen die zahlreichen Grünflächen und Sehenswürdigkeiten zu besichtigen, aber auch um unsere faulen Wanderschuhe mal wieder in den Kolumbianischen Anden zu fordern. Viel Lust hatte ich zwar nicht, allerdings habe ich mich Harry trotz alle dem angeschlossen, obwohl er mir nicht nur einmal versichert hat, dass es völlig okay wäre wenn er alleine ging. Zehn Stunden waren wir unterwegs und haben kurzzeitig wirklich gedacht, wir müssten uns dort, mitten in dem Gebirge, völlig unvorbereitet, ohne Isomatte und Schlafsack ein Plätzchen zu schlafen suchen, denn wir haben beide absolut die Orientierung verloren und konnten und nicht einigen, welcher Weg der richtige ist.
Nach unserem „Wandertag", haben wir uns erst mal einen Tag ruhe gegönnt, den wir ausnahmsweise mal nicht im Bett verbracht haben, sondern gemütlich auf eine Decke in einem der Parks. Anfangs konnte Harry sich weder entspannen, noch die Sonne genießen was ich erst absolut nicht verstehen konnte und wollte - bis er mir erklärt hat, dass es nicht immer so einfach ist unentdeckt, eine längere Zeit an einem Ort zu sein. An dem Tag ist allerdings zum Glück alles gut gegangen, denn ich bin mir sicher ich hätte ihn alleine flüchten lassen, weil meine Beine absolut nicht in der Lage gewesen wären.
Von Bucamange sollte es eigentlich direkt nach Venezuela gehen, allerdings hat unser Mietwagen nicht mal die Hälfte der Strecke überlebt. Der Abschleppwagen hat eine halbe Ewigkeit auf sich warten lassen und uns dann nur bis nach Cúcuta gebracht, wo wir uns ein kleines Zimmer, in dem die Betten ziemlich gequietscht haben und die Klimaanlage nicht wirklich gekühlt hat, gemietet und sind am nächsten Morgen rund neun Stunden mit dem zur Hafenstadt gefahren.
In Maracaibo haben wir weitere fünf Tage verbracht. Wir haben einen Tagesausflug zur Halbinsel Guajara gemacht, welche sich an der Grenze von Kolumbien und Venezuela liegt, und uns größtenteils in der Sonne am Hafen aufgehalten und jede Menge Eis und Fisch gegessen. Die Hafenstadt haben wir außerdem genutzt, um den Lago Maracaibic einmal zu überqueren, so haben wir zusätzlich noch ein wenig Zeit gespart, die wir mit dem Auto gebraucht hätten. In eine kleine Ortschaft haben wir in einer Pension übernachtet und uns dann am nächsten Tag ein Cabrio gemietet um weiter nach Barquisimeto zu fahren, welche ausnahmsweise mal ohne Problem geklappt hat.
Es war eine tierisch schöne fahrt, bei der Harry und ich pausendlos irgendwelche Songs aus dem Radio mitgesungen haben und obwohl mir bewusst war, dass er eine tolle Stimme haben muss, ansonsten wäre er mit seinen Bandkollegen wohl kaum so erfolgreich, war ich mehr als nur beeindruckt.
In Barquisimeto haben wir es auch eher ruhig angehen lassen und haben neben den üblichen Sehenswürdigkeiten auch den Zoo besucht.
Von dort aus sind wir dann, auch wenn Juls und Jen am liebsten durchs Telefon gesprungen wären und mich auf den direkten Weg nach London zurückgeholt hätten, weil sie der Meinung wären unsere Aktion wäre viel zu Gefährlich, teils per Anhalter, teils zu Fuß nach Caracas, der Hauptstadt von Venezuela gekommen.
Mittlerweile sind wir auch schon fünf Tage hier, haben alle uns interessierenden Sehenswürdigkeiten abgegrast. Als wir gestern ein wenig durch die Stadt gebummelt sind habe ich neben dem Punkt mit den Cabrio, auch noch Punkt 27 abhaken können, als ich mir einen riesigen Sonnenhut und ein viel zu teures Kleid gekauft, welches ich wahrscheinlich eh niemals anziehen werde.
Noch vor einigen Wochen hätte ich im Leben nicht dran gedacht, dass ich einen Punkt nach den anderen, wenn auch der Abstand immer total unterschiedlich ist, abhake und auch noch Spaß an der ganzen Sache habe.
Mit eines hatte Granny auf jeden Fall recht: Ablenkung ist genau das was ich nach ihrem Tod gebraucht habe. Wobei ich mir nicht sicher bin, ob es auch so gut laufen würde, wenn ich Harry nicht getroffen hätte. Er fragt nicht viel, sondern ist einfach da, wenn ich reden will. Wir verstehen und wirklich gut und ich bin mir jetzt schon ziemlich sicher, dass ich ihn vermissen werde, wenn ich in etwa neunundzwanzig Tagen wieder nach England aufbreche.
Bis dahin haben wir allerdings noch rund einen Monat. Bevor es in ein paar Tagen für uns weiter nach Brasilien geht, wobei wir noch nicht wissen ob wir auf den direkten Weg dorthin wollen oder eher noch ein wenig an der Küste entlang nach Guyana wollen. Darüber wollen wir uns aber erst einigen, wenn wir von Dominica wieder hier sind. Wir wollen einfach mal ein paar Tage nicht tun und die Ruhe genießen und wo kann man das besser machen als auf eine kleine Insel mitten in der Karibik? Wir haben uns schlau gemacht und fahren Morgen mit einen kleinen Fischerboot, für wenig Geld, einfach rüber und in vier Tagen auf demselben weg zurück. Wobei ich mir noch nicht sicher bin ob es wirklich so einfach wird.
Da es für uns Morgen schon ziemlich früh losgeht, waren wir heute bloß noch ein wenig in der Stadt unterwegs und etwas essen. Grade habe ich meinen Laptop hochgefahren um mal wieder mit den Mädels zu skypen, während Harry vor gut einer viertel Stunde noch mal los ist, um ein paar Ansichtskarten und Briefmarken zu besorgen, die er vorhin vergessen hatte.
„Amilia!", begrüßen mich meine Freundinnen gleichzeitig, als ich sie auf dem Bildschirm sehe. „Hey ihr zwei. Wie geht's euch?", frage ich sie, obwohl wir so gut wie Täglich miteinander schreiben und über fast alles Bescheid wissen. „Gut und dir?", will Jen von mir wissen und strahlt mich an, was ihre Antwort noch einmal bekräftigt. „Ich kann mich auch nicht beklagen. Ich bin bloß froh, dass wir hier im Hotel eine funktionierende Klimaanlage haben. Ich bin nämlich beim Essen grade schon fast dahin geschmolzen.", antworte ich ihnen. „Also wir würden uns nicht beschweren, wenn du uns ein wenig Sonne und Wärme per Express schickst, denn hier ist eher Herbstwetter.", lässt Juls mich wissen. „Wenn es so einfach wäre, glaubt mir, dann würde ich das glatt machen.", erwidere ich. „Das sagst du doch nur, damit wir nicht neidisch auf deine enorme Bräune sind, weil du dann sagen kannst „Ich hätte es ja versucht, wenn es klappen würde.", scherzt die jüngere. „Genau, so sieht's aus."
„Wo wir grade beim Thema sind: Lia in vier Wochen kommst du wieder Heim.", jubelt Juls, aber so ganz 100%ig kann ich ihre Freude nicht teilen. Nicht nur, weil es dann auch Zeit für ein Abschied von Harry bedeutet sondern vor allem weil der Alltag mich dann wieder einholt. „Na deine Begeisterung scheint sich ja in Grenzen zu halten. Ist Harry neuerdings eine bessere Gesellschaft als wir zwei?", will Juls von mir wissen. Überrascht schaue ich sie, genauso wie auch unsere andere Freundin, an. „Juls." Nun schaut sie uns überrascht an. „Ich meine das doch definitiv nicht böse. Ich könnte es sogar verstehen, immerhin haben wir beide auch Pete und Ash." „Oh Gott. Nein. Harry und ich sind einfach nur Freunde. Wir verstehen uns gut.", stelle ich klar, als mir bewusst wird was sie meint und erhalte einen skeptischen Blick von der Älteren. „Ehrlich. Er tut mir im Moment einfach gut. Ich habe einfach Angst, dass es im Alltag ohne Granny einfach nicht so einfach wird wie hier.", erkläre ich ihnen.
Einen Augenblick schauen sich die beiden schweigend an. „Wir verstehen es und glaub mir, wir werden versuchen dich nach all unseren Möglichkeiten abzulenken und wenn du in vier Wochen noch nicht soweit bist nach Hause zu kommen, verlängerst du einfach - wenn Harry noch nicht genug von dir hat.", schlägt meine beste Freundin vor. Überrascht schauen Jen und ich Juls wieder mal an. „Das letzte ist ja echt lieb gemeint, ABER irgendwann muss ich auch mal wieder arbeiten. Ich glaube kaum, dass Joel mir meinen Job noch länger frei hält.", gebe ich zu bedenken.
„Dann kündige. Juls und ich brauchen eh noch jemanden der sich ab Mitte nächsten Monat um die Buchhaltung kümmert." Einen Augenblick schaue ich Jen etwas verständnislos an. Einfach Kündigen. Sie hat gut reden. Plötzlich geht mir ein Licht auf. „Deine Großeltern haben dir tatsächlich jetzt schon das Café überschrieben?", will ich von ihr wissen. „Jain, also ab den ersten sind die beiden auf jeden Fall raus. Sie überlassen mir dann ALLE Entscheidungen und sogar etwas Geld für die Auffrischung. Sie wollen schauen wie es läuft und es mir dann ganz offiziell am Ende des Jahres überschreiben.", erklärt sie mir und ich bezweifle wirklich, dass ihre Großmutter und vor allem ihr Großvater sich wirklich aus allem Raushalten – behalte diese Bedenken allerdings für mich. „Das klingt doch erst mal super." „Ja genau, das habe ich auch gesagt. Deshalb brauchen wir dich auch für die Buchhaltung."
„Deshalb werde ich auch einen Flug buchen, sobald ich weiß wo Harry und ich uns in der letzten August Woche befinden.", lasse ich die beiden wissen. Egal wie schwer es wird, hier Abschied zu nehmen und mich wieder in den Alltag zu finden, umso größer ist einfach die Vorfreude auf die Mädels. „Du vermisst uns also doch auch ein klitzekleines bisschen?", fragt Jen mich. Na was für eine Frage, dennoch zeige ich bloß einen kleinen Abstand zwischen Daumen und Zeigefinger. „Ein Klitzekleines bisschen." „Sehr beruhigend. Wenn du allerdings genau Bescheid weißt, wann du wieder her kommst, dann sagst du auf jeden Fall Bescheid.", fordert die jüngere von mir. Ich nicke. „Ja natürlich. Auf jeden Fall."
„Greta Fragt übrigens andauernd ob wir schon wissen, wann du wieder Heim kommst.", informiert mich Juls. „Super, aber wenn ich versuche die beiden anzurufen, dann geht keiner von beiden dran.", beschwere ich mich, ich stehe mit den beiden neuerdings nur noch in email Kontakt. „Mach dir nichts draus. Die beiden benehmen sich eh total komisch. Weichen uns ständig aus und fragen dann immer nur kurz nach dir.", erzählt die schwarzhaarige. Das ist in der Tat ungewöhnlich. „Meint ihr, es hat etwas mit dem Pärchen vom Friedhof zu tun?", frage ich die beiden, weil sie es aus der Nähe einfach besser beurteilen können. Beide zucken gleichzeitig mit den Schultern. „Wir haben die beiden allerdings schon die letzten beiden Male als wir da waren nicht gesehen.", lässt Jen mich wissen. „Ja richtig, vielleicht sind es doch einfach nur Spaziergänger gewesen.", stimmt Juls zu. Ich bin davon noch überhaupt nicht überzeugt, denn einfache Spaziergänger bepflanzen doch nicht fremde Beete.
Noch bevor ich etwas erwidern kann öffnet sich die Tür und mein „Mitbewohner" auf Zeit betritt den Raum. „Verdammt, Amilia. Kannst du deine Schuhe nicht einmal an die Seite stellen?", beschwert sich Harry, nachdem er über meine Schuhe gestolpert ist. „Das konnte sie noch nie.", ruft Juls ihm zu. Wie selbstverständlich setzt er sich neben mich. „Und euch stört das nicht?", hakt er nach. „Es ist einfach typisch Lia, da nützt kein gemeckert und ändern kann man schon gar nicht und ich bin mir auch nicht sicher, ob wir das überhaupt wollen.", lässt Jen ihn wissen. „Habt ihr es denn schon versucht?" „Ja.", antworten beide aus einem Mund. „Wetten ich schaffe das?", fordert er die beiden raus. „Niemals. Es gibt einfach Dinge, die man nicht ändern kann und das ist definitiv eine davon.", entgegnet die ältere. „Hallo ich sitze direkt hier.", mische ich mich nun ein. „Schon klar, aber lass uns doch auch mal unseren Spaß."
„Lasst uns einfach Wetten.", fordert Harry zum wiederholten Mal. „Gut und über den Wetteinsatz reden wir dann, wenn du Lia hier in London besuchen kommst.", stimmt Juls ein. „Okay."
Na wunderbare Freunde habe ich da....
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