11▪️Schmerzende Füße und böse Gedanken
Also wenn Harry eins kann, dann definitiv Versprechen halten. Er hat mich heute, meist zu Fuß, durch die ganze Stadt gescheucht, hat sich mit mir Kathedralen angeschaut und war mit mir in der Ruinenstadt. Kurz waren wir am Panama Kanal und auf dem traditionellen Markt in der Altstadt. Wir haben ein Haufen frischer Früchte gegessen und uns unserer Füße platt gelaufen. Ich kann es echt kaum glauben, aber er hat es wirklich geschafft mich abzulenken. Unterwegs hat er mir Cupcakes gekauft, weil so etwas zum Geburtstag dazu gehört. An die einundzwanzig Sachen, die die Mädels ihm aufgetragen haben, sind wir zwar nicht gekommen, aber ein paar Kleinigkeiten, sind es schon geworden. Mittlerweile geht die Sonne unter und wir sind beide ein wenig gerädert, aber noch lange nicht am Hotel. Mit der restlichen Melone sitzen wir am Strand und gönnen uns eine kleine Pause um gleich die restliche Strecke zu überwältigen.
„Darf ich dich etwas Fragen?", gebe ich von mir, weil mir die Frage schon den ganzen Tag auf der Seele brennt. „Klar." „Warum hast du dich heute als persönlicher 'Geburtstags - Retter' zur Verfügung gestellt? Du kennst mich doch überhaupt nicht." Er runzelt die Stirn. „War ich denn so schlecht?" Energisch schüttle ich den Kopf. „Nein, ganz im Gegenteil. Du hast mich heute wirklich sehr gut abgelenkt." „Das freut mich doch." Ich runzle die Stirn. „Das ist aber noch lange keine Antwort auf meine Frage.", erinnere ich ihn. „Ich hätte es einfach schade gefunden, wenn du deinen Geburtstag alleine verbracht hättest, außerdem sahst du heute Morgen so traurig aus." Ich stecke mir ein Stück von der Melone in den Mund. „Darf ich dich auch etwas Fragen?" Mit vollem Mund nicke ich. „Warum bist du über deinem Geburtstag, ganz alleine weg geflogen, wenn du es anscheinend gar nicht willst?" Ich seufze. „Das ist kompliziert.", ist alles was ich dazu zu sagen habe. Skeptisch schaut er mich an. „Und wenn du es versuchst zu erklären. Manchmal hilft reden." „Warum interessiert dich das so sehr?", will ich von ihm wissen. Wir konnten uns doch auch den ganzen Tag über unterhalten ohne auf dieses Thema zu kommen. Er hat mir so viele schöne Geschichten von seiner Reise erzählt, dass ich ihn um seine Planung, die seiner Meinung ja überhaupt keine ist, richtig beneide. „Ich will einfach die Geschichte erfahren, die hinter dem Traurigen Mädchen steckt.", informiert er mich. Überrascht schaue ich ihn an, setzte erst an etwas zu sagen, entschließe mich dann aber doch dagegen. Etwas enttäuscht sieht er mich an, wendet dann allerdings sein Blick wieder ab. Schweigend esse ich die Melone zu Ende, während sich eine erdrückende Stille um uns legt.
Nach einiger Zeit steht Harry auf. „Wir sollten weiter. Wir haben noch ein gutes Stück vor uns." Stumm nicke ich, stehe ebenfalls auf und klopfe mir den Sand von den Beinen. Wir hatten heute wirklich Glück mit dem Wetter, auch wenn es teilweise so aussah als würde die Welt gleich unter gehen, kam kein einziger Tropfen vom Himmel herunter. Schweigend folge ich Harry und wundere mich wie so oft heute, dass er zielsicher sein Weg beschreitet. Irgendwie macht sich ein schlechtes Gewissen in mir breit. Obwohl wir uns kaum kennen, hat er sich heute wirklich viel Mühe gegeben, mir einen schönen Tag zu bereiten. Er hat mich abgelenkt und von meinen Alltag abgelenkt, während ich ihm noch nicht mal eine vernünftige Antwort geben kann. „Ich bin bei meiner Großmutter aufgewachsen. Zwanzig Jahre gab es nur sie und mich. Wir zwei waren ein absolutes Traumteam.", fange ich leise an zu erzählen und erlange direkt die Aufmerksamkeit meines Begleiters. „Granny kam schon immer auf total bescheuerte Ideen. Als ich sechs war, hatten wir einen Sommer an dem es täglich nur geregnet hat. Ich habe mich so oft beschwert, dass wir noch nicht einmal in diesen Sommer schwimmen waren, da hat sie kurzerhand, das komplette Wohnzimmer ausgeräumt und eines dieser Garten Poole gekauft und im Wohnzimmer aufgestellt. Da sie Angst vor einem riesen Wasserschaden hatte, hat sie den Pool grade soweit befüllt, das unsere Knöchel bedeckt waren.", schwelge ich in Erinnerung und wische mir, hoffentlich unauffällig, die bereits geflossenen Tränen aus dem Gesicht. „Auf jeden Fall hat sie zu meinem 13. Geburtstag so eine doofe Liste aufgestellt, mit Dingen die ich tun soll um auf andere Gedanken zu kommen, falls sie mal stirbt." Ich hole Luft und schaue Harry an. Mittlerweile sind wir stehen geblieben. „Ein Punkt auf der Liste, war ein One Way Ticket in einem beliebigen Land.", gestehe ich und wische mir noch mal über das Gesicht. Er sieht mich ein wenig mitleidig an. „Also ist deine Großmutter verstorben?" Ich nicke. „Ja vor gut einem Monat. Ich habe ein wenig Gras über die Sache wachsen lassen, vor allen nach der Beerdigung und mir dann ein Ticket ins Ungewisse gebucht. Ich habe gedacht, ich komme hier an und arbeite die Liste Punkt für Punkt ab und wenn ich dann wieder zurück nach London fliege, bin ich größtenteils über das ganze drüber weg, aber so einfach ist das ganze ganz und gar nicht. Ich muss nur die Liste in der Hand haben um zu überlegen, was ich als nächstes machen will, da würde ich mich am liebsten schon wieder irgendwo verkriechen.", erzähle ich ihm. Er zögert einen Augenblick, entschließt sich dann aber dafür mich in eine warme Umarmung zu ziehen. Zum ersten Mal, seit ich hier in Panama bin fühle ich mich nicht ganz so alleine, auch wenn Harry und ich uns erst seit ein paar Tagen kennen. Auch wenn ich es gar nicht will, lasse ich den Tränen freien und habe diesmal nicht das Gefühl als würde ich einfach fallen.
Als ich mich ein wenig beruhigt habe, lösen ich mich von ihm. „Danke.", gebe ich von mir und sehe wie er mit den Schultern zuckt. „Nicht dafür." Er drückt mir noch mal meine Schulter, bevor wir unseren Weg fortsetzten. „Ist das der Grund, warum du heute keine Lust auf deinen Geburtstag hattest?" Ich schaue zu ihm rüber. „Auch. Es war bisher einfach immer so, dass der Tag einzig und allein für uns beide reserviert war. Ich hatte schon immer in den großen Ferien Geburtstag, dann wenn alle mit ihren Eltern in den Urlaub fahren. Sie hat einfach immer einen besonderen Tag draus gemacht." „Und wenn du jetzt nicht hier in Panama gewesen wärst, was hättest du dann heute gemacht?" Ich seufze. „Juls und Jen, hätten dafür gesorgt, dass es ein relativ guter Tag geworden wäre, aber ich muss sagen du hast den Job der beiden auch ganz gut gemacht." „Das ehrt mich nun aber.", erwidert er grinsend. „Sollte es auch. Die beiden setzten als Freundinnen wirklich ein hohen Maßstab." „Das glaube ich dir gerne. Ich finde das hat man heute als du mit ihnen geskypt hast, gemerkt.", lässt er mich wissen. „Das war noch gar nichts." „Warum sind sie denn eigentlich nicht mit gekommen?" Wir wechseln die Straßenseite und Harry bleibt an einer Bushaltestelle stehen. Gott sei Dank, laufen wir nicht den GANZEN weg zurück zum Hotel. „Die beiden müssen zur Uni und Arbeiten. Wenn Jen ihren Großeltern gesagt hätte, sie verlässt das Land für ein paar Wochen, hätte sie glaube ich ganz schlechte Karten, das Café in naher Zukunft zu übernehmen." „Und was ist mit deinen Eltern oder hast du Geschwister." Ich schüttle wieder den Kopf. „Weder noch. Ich hatte nur meine Großmutter und meine beiden Freundinnen."
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Trotz Bus mussten wir noch ein ganz gutes Stück laufen. Harry will mich heute einfach quälen oder mit Knochenschmerzen meine Herzschmerzen bekämpfen. Das Thema von vor der Busfahrt haben wir fallen lassen, stattdessen hat er mir ein wenig etwas von sich erzählt. Noch bis vor einigen Monaten war er mit seiner Band in der Welt unterwegs und haben Millionen von Fans mit ihrer Musik beglückt. Von One Direction habe ich sicherlich schon mal etwas gehört, musste aber ehrlich zugeben, dass ich nicht wirklich etwas über die Band weiß. Was laut Harry überhaupt nicht so schlimm ist. Als sie ihre Pause begonnen haben, hat er erst einmal eine ganze Weile bei seiner Familie verbracht, musste aber sehr schnell feststellen, dass ihm irgendwie die Decke auf den Kopf gefallen ist, weswegen er sich entschieden hat ein wenig zu reisen und all das Nachholen, was ihn auf Tour gefehlt hat - nämlich Land und Leute kennen lernen.
„Gott, hätte ich zu Hause in London so einen laufstarken Tag hinter mir, würde ich mir ein Eimer mit kaltem Wasser machen ihn vor die Couch stellen und den restlichen Abend irgendwelche Filme schauen.", bemerke ich weil ich wirklich das Gefühl habe, dass meine Füße qualmen. Hätte ich heute Morgen bloß keine Turnschuhe angezogen. „Meine Couch ist groß genug und der Fernseher wartet auch darauf mal endlich genutzt zu werden.", erwidert Harry. „Genau. Du hast doch sicherlich die Nase von mir voll. Du kannst mir nämlich nicht sagen, dass ich eine angenehme Gesellschaft bin." Er runzelt die Stirn. „So schlimm bist du gar nicht." „Charmant Formuliert.", kommentiere ich grinsend. „Tja so bin ich. Aber mal im ernst. Es ist immer noch dein Geburtstag, wenn du wirklich Lust auf ein paar Filme hast, dann kannst du gleich gerne noch rüber kommen.", schlägt er vor. „Sicher?" Ich habe keine Ahnung, warum ich drauf eingehe, aber seine Gesellschaft hat mir heute komischer weise gut getan. „Klar." Ich runzle die Stirn. „Hast du mir letzte Nacht nicht erzählt, dass ich besser nicht mit Fremden mitgehen soll? Von wegen Briefmarkensammlung und so?" Mit großen Augen schaut er mich an.
„Also, wenn wir ehrlich sind, können wir ja nicht wirklich behaupten das wir uns fremd sind, immerhin haben wir den ganzen Tag miteinander verbracht und vorgestern Abend auch schon. Und nebenbei bemerkt, habe ich überhaupt keine Briefmarkensammlung hier.", erklärt er mir. „Aber du hast eine?", hake ich lachend nach und stecke ihn damit an. „Nein, habe ich nicht. Mein Angebot steht allerdings trotzdem noch. Es spricht doch nichts dagegen, oder?" Mittlerweile betreten wir das Hotel und steuern direkt den Aufzug an. Kurz überlege ich. Eigentlich hat er ja recht. „Okay meinet wegen, aber ich würde gerne vorher in mein Zimmer, den Mädels schreiben das ich noch Lebe und mir etwas Gemütliches anziehen, wenn das in Ordnung ist." „Natürlich ist es in Ordnung, wenn du kurz in dein Zimmer gehst und dich eben bei deinen Freundinnen meldest." „Auch Gemütliche Klamotten?", hake ich nach, denn ich habe schon relativ oft mit bekommen, dass manche Typen nicht so auf meinen Schlabber Look stehen. Nicht das mich Harrys Meinung diesbezüglich interessiert, seine Antwort ist nur Abhängig von der weiteren Planung meines Abends. „Mir ist es ehrlich gesagt schnuppe, was du anziehst solange du überhaupt etwas anhast.", antwortet er mir. „Gut.", ist das einzige was ich dazu sage als wir den Aufzug verlassen und mein Zimmer ansteuern. „Soll ich dann einfach gleich rüber kommen?", frage ich ihn bevor ich es mir wieder anders Überlege. Nickend zuckt er mit den Schultern. „Klar, ich würde derweil etwas beim Zimmerservice bestellen. Sind Spagetti in Ordnung?" Ich nicke. „Klingt gut."
Ich schließe meine Tür auf, während Harry in Richtung seines zum Zimmers geht. Ich habe die Tür noch nicht geschlossen, da streife ich auch schon meine Schuhe von meinen Füßen, bevor mich mein erster Weg ins Badezimmer führt. Meine Socken habe ich auch relativ schnell von den Füßen gezogen, bevor ich mich auf dem Toilettendeckel setzte und mein Handy aus meiner Handtasche hole. Kurz überlege ich die Mädels anzurufen, entschließe mich allerdings dagegen und speise sie bloß mit einer Nachricht ab, dass bei mir alles in Ordnung ist, Harry mir einen angenehmen Geburtstag bereitet hat und ich mich morgen bei Ihnen melde, wenn ich ausgeschlafen habe.
Eine heiße Wanne wäre jetzt eine angenehme Sache, dennoch stehe ich auf, ziehe mir eine Leggings und einen dünnen Oversize Pullover an und binde mir die Haare zu einem lockeren Dutt zusammen. Ich nehme meine Schlüsselkarte und mein Handy, streife mir meine Flip Flops über und verlasse wieder mein Zimmer. Obwohl es zu Harrys Zimmer nicht alt so weit ist, kommt es mir anders vor. Ich war schon lange nicht mehr so ausgelaugt.
Kaum habe ich geklopft, wird die Tür von Harry geöffnet „Du warst Flott.", stellt er fest. Ich zucke mit den Schultern. „Wenn ich mich irgendwo gemütlich hingesetzt hätte, wäre ich wahrscheinlich nie wieder aufgestanden.", lasse ich ihn wissen und steuere die Couch an. Ich höre Harry hinter mir lachen. „Wirklich so schlimm?" Ich bleibe stehen und drehe mich zu ihm um. Auch er hat sich mittlerweile eine Jogginghose angezogen. „Willst du mir sagen, dass dir deine Füße und alle Knochen nicht weh tun?" Er schüttelt den Kopf. „Nicht im geringsten. Allerdings bin ich es gewohnt, ich bin meistens zu Fuß unterwegs." Böse funkle ich ihn an. „Das ist echt unfair." Ich verschränke die Arme und lasse mich auf die Couch fallen. „Das hat nichts mit Fairness zu tun. Du bist einfach nichts gewohnt.", höre ich ihn rufen und lehne noch hinten an. Kurz schließe ich die Augen. „Ich arbeite in einem Restaurant, da bin ich manchmal acht Stunden auf den Beinen und hatte noch nie solche schmerzen, obwohl ich teilweise Pumps trage." „Da hast du auch eine glatte Bodenbeschaffenheit und nicht zehn verschiedene wie heute.", erwidert er. Ich gebe ein genervtes stöhnen von mir. Besserwisser! „Du bist ein richtiger Klugscheißer hat dir das schon mal jemand gesagt?", will ich wissen. „Nein da bist du die erste.", antwortet er mir und hört sich nicht mehr so fern an wie grade. Ich öffne die Augen und sehe ihn mit einem Eimer neben mir stehen. „Wenn du mir das Wasser über meinen Kopf schütten willst musst du damit rechnen, gleich ein Toter Mann zu sein auch wenn meine Füße schmerzen.", warne ich ihn. Grinsend schaut er mich an. „Du bringst mich grade echt auf böse Gedanken.", erwidert er. Instinktiv hebe ich die Hände über meinen Kopf. „Aber heute ist dein Schlüpftag, deswegen wollte ich dir den Eimer mit dem kalten Wasser eigentlich für deine Füße geben.", informiert er mich. Überrascht schaue ich ihn an. „Dein ernst." „Absolut, über die schmerzenden Füße einer Frau und deren Linderung scherzt Mann nicht.", gibt er von sich und sieht mich abwartend an. Als ich weder etwas erwidere, noch reagiere deutet er mir mit einer Handbewegung an, meine Füße zu heben. Ich ziehe meine Füße auf die Couch und schiebe die Leggings hoch. Als der Eimer vor mir auf dem Boden steht, lasse ich sie langsam in diese Richtung wieder runter und teste mit meine Zehe die Temperatur. „Himmel tut das gut.", gebe ich von mir als ich sie ganz in das Eiskalte Wasser sinken lasse. Harry schüttelt nur lachend den Kopf und verschwindet wieder in Richtung Badezimmer. „Du bist echt leicht zufrieden zu stellen, oder?", fragt er mich, setzt sich neben mich und reicht mir ein Handtuch. Kopfschüttelnd schaue ich ihn an. „Eigentlich nicht nein. Außer heute, da zeige ich mich mal von der guten Seite." „Dann habe ich ja echt Glück.". Grinsend sieht er mich und sorgt dafür, dass ich ebenfalls grinsen muss. „Auf jeden Fall."
„Hast du dir denn schon überlegt, was du schauen willst?" Ich schaue zu ihm rüber und schüttle den Kopf. „Nein, such du einfach etwas aus. Solange es kein Horror Film ist bin ich überall mit dabei.", antworte ich ihm. Er nimmt die Fernbedienung und schaut ein wenig durch die Bibliothek. „Was hältst du von Hangover?" Skeptisch schaue ich ihn an. „Soll das eine Anspielung sein?" Grinsend schaut er zu mir. „Weil du nach deinem Sauferei letzte Nacht auch einen Hangover hattest?", will er grinsend von mir wissen. Ich nicke. „Darauf würde ich niemals anspielen wollen.", informiert er mich. „Ist klar." „Du denkst immer das schlechte von mir, Amilia das trifft mich echt." Er zieht eine Schnute und bringt mich damit zum lachen. „Okay, okay. Tut mir Leid. Hangover klingt gut.", stimme ich nun lachend zu.
Sichtlich zufrieden startet Harry den Film. Eine weile schweigen wir und schauen einfach den Film, bis es an der Tür klopft. „Das wird der Zimmerservice sein." Harry schaltet den Film auf Pause und steht auf um zur Tür zu gehen. Plötzlich fällt mir ein, dass ich nicht mehr an der Rezeption wegen dem Päckchen nachgefragt habe. Ich ziehe meine Füße aus dem Wasser, trockne sie mir ab und stehe auf.
„Flucht?", will Harry von mir wissen. Ich schüttle den Kopf. „Nein, ich muss noch mal nach dem Päckchen schauen, den die Mädels mir geschickt haben." „Ich würde erst in deinem Zimmer gucken."
„Mach ich und nicht den Film weiter gucken." Ohne mir meine Flip Flops anzuziehen, allerdings denke ich an die Schlüsselkarte, gehe ich zu meinem Zimmer rüber. Als ich es betrete, fällt mir direkt auf, dass das gesuchte Päckchen auf meinem Bett liegt. Schnell gehe ich zu mein Bett rüber und öffne direkt das Päckchen. Ich finde ein Haufen Schokolade vor und einen Kuschel Hasen, der einen Zettel um den Hals hat, wo Alles gute zum Geburtstag, wir denken an dich und drücken dich ganz fest drauf steht. Außerdem liegen noch einige Bilder von uns dreien zwischen der Schokolade mit einigen aufmunternden Worten, wie Wir glauben an dich. Du ziehst das schon durch. Wir sind immer bei dir. Glaub ja nicht das dies hier dein Hauptgeschenk ist.
Plötzlich überkommt mich ein schlechtes Gewissen, das ich ernsthaft drüber nachdenke schon wieder nach Hause zu fliegen, wo nicht nur die Mädels an mich glauben, sondern auch Granny erwartet hat das ich die ganze Sache durchziehe. Mir wird klar, dass Jen und Juls auf jeden Fall hinter mir stehen werden egal, ob ich die Tage nach Hause fliege oder es hier und jetzt durchziehe, dass haben sie heute Morgen bei unserem Telefonat bewiesen. Sie sind meine besten Freundinnen und wollen einfach, dass es mir gut geht. Genauso wie es meine Großmutter wollte. Ihre Idee war doch eigentlich, dass ich mich nicht verkrieche. Dass ich versuche mein Leben weiter zu leben und nicht ganz so viel nach Hinten schaue. Natürlich, soll ich all die Guten und auch schlechten Erinnerungen nicht vergessen, aber im Grunde soll ich hier auf dieser Reise lernen mein Leben auch ohne sie zu führen.
Mit dieser Erkenntnis und eine doppelte Portion Schokolade gehe ich wieder zurück zu Harrys Zimmer. Warum trifft mich die Tatsache grade jetzt? Weil die Mädels mir ein paar Aufmunternde Worte geschickt haben? Weder ich noch Harry haben seine Zimmertür geschlossen, allerdings klopfe ich trotzdem einmal um mich anzukündigen und gehe dann ohne auf eine Reaktion von Harry zu warten ins Zimmer. Harry schaut nur kurz von seinem Handy auf in meine Richtung, bevor er es in seine Hosentasche verstaut. „Und lag das Päckchen in deinem Zimmer?", will er von mir wissen und bekommt ein nicken zur Antwort. „Was war drin?" Neugierig ist er ja überhaupt nicht. Ich lasse mich auf die Couch fallen und reiche ihm einen Riegel von der Schokolade die ich mitgenommen habe. Er zieht die Augenbrauchen hoch. „Danke. Willst du mir etwas sagen, dass sie dir nur Schokolade geschickt haben?" Ich schüttle den Kopf. „Nein, noch einen Teddy und ein paar Fotos von uns drein und ein paar aufmunternde Worte.", erzähle ich ihm, auch wenn es ihn eigentlich nichts angeht - aber wie haben in den letzten Stunden so viel voneinander erfahren, dass es jetzt auch egal ist. „Du klingst ja nicht sehr begeistert." Ich zucke mit den Schultern. „Keine Ahnung. Ich mein eigentlich habe ich nicht wirklich damit gerechnet, dass die beiden sowas überhaupt machen, aber irgendwie haben sie mir damit nur gezeigt, dass sie mich mit dem ganzen Kram hier unterstützen.", gebe ich von mir und lasse meine Füße wieder in dem Eimer mit Wasser gleiten bevor ich den Teller mit den Spagetti entgegen nehme, den Harry mir reicht. „Und was heißt das jetzt für dich?" Ich seufze. „Wenn ich das so genau wüsste. Ich habe meine Großmutter schon immer für total bescheuert gehalten, wenn es um diese blöde Liste ging. Ich mein, ich weiß ja mittlerweile warum ich das ganze machen soll, allerdings weiß ich nicht ob ich das alleine auch durchziehen kann, auch wenn Juls und Jen hinter mir stehen, jeder Zeit für mich erreichbar sind und daran glauben, dass ich den letzten Willen von Granny durchziehen kann." „Wenn es nur daran liegt, dass es alleine nicht schaffst, dann schließ dich doch einfach bei mir an. Ich mein klar ich bleibe jetzt nicht die ganze Zeit hier in Panama City, denn ich glaube echt das es hier auf Dauer echt Langweilig werden wird, aber ich würde mich über ein wenig Begleitung wirklich freuen.", erwidert er als wäre es ganz selbstverständlich. Überrascht schaue ich ihn an. „Ja klar." „Ich mein das ernst, Amilia. Wenn dein Problem wirklich nur das allein sein ist, weil du an manchen Tagen nicht aus dem Bett kommst, weil du von Erinnerungen, Trauer und Zweifel umgerannt wirst, wäre das doch eine sehr gute Idee oder nicht?" Ich puste meine Wangen auf. „Dein Problem ist, dass wir uns er ein paar Stunden kennen?", will er von mir wissen. Ich zucke mit den Schultern. „Ich weiß nicht. Wer garantiert mir denn, dass es in deiner Gesellschaft besser wird?" „Ich." Ich verdrehe die Augen. „Du bist auch überhaupt nicht von dir eingenommen, oder?" „Quatsch ich doch nicht. Du hast allerdings auch keine Garantie dafür, dass es nicht besser wird und wer nicht wagt, der nicht Gewinnt."
„Du meinst das wirklich ernst oder?", hake ich nach, weil ich nicht einwilligen will wenn er es doch nicht so meint. „Natürlich. Ich bin schon so lange alleine unterwegs, da tut ein wenig Gesellschaft auch mal ganz gut und wenn ich dich dabei noch ablenken kann, schlage ich doch zwei Fliegen mit einer Klappe.", entgegnet er. „Ich kann sehr anstrengen sein." Er zuckt mit den Schultern. „Ich auch."
Zögernd schaue ich ihn an, ich kann ja in ein paar Tagen immer noch nach Hause zurück fliegen und dann wenigsten ein paar mehr Punkte abgehakt haben, denn eins hat Harry heute definitiv bewiesen, er kann sehr gut für Ablenkung Sorgen.
„Kann ich noch mal eine Nacht drüber schlafen?" Schließlich will ich ja nichts übers knie brechen. Wieder zuckt er mit den Schultern. „Natürlich."
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