Kapitel 008

Es war jetzt eine Woche her, dass meine Tochter Louis im Kindergarten gesehen hatte. Lottie hatte sich am Morgen danach ordentlich entschuldig und ehrlich gesagt nervte mich es. Ja, es war doof gelaufen, aber sie konnte sich ja jetzt nicht jedes Mal, wenn ihr Bruder nur atmete entschuldigen. Er war jetzt hier, lebte bei seiner Familie und wollte Anteil an deren Leben haben. Und dazu zählte nun auch, seine Geschwister abzuholen.

Gerade lagen die ganzen Unterlagen der Bäckerei vor mir auf dem Esstisch ausgebreitet. Sophie leistete mir Gesellschaft und hatte es vor einer halben Stunde auf meinem Schoß bequem gemacht. Sie malte in ihrem neuen Malbuch, welches ihr Gemma gestern geschenkt hatte. Sie hatte zwar wirklich genug, aber Gemma und meine Mutter konnten es einfach nicht lassen. Selbst Robin fing an ihr Geschenke zu machen. Ihr Kinderzimmer platze bald aus allen Nähten. Aber sie teilte gerne und so hatte Doris auch etwas davon. Selbst Ernest bekam etwas ab. Es war schön zu sehen, dass sie es gerne machte.

Seufzend blickte ich wieder auf die Unterlagen und versuchte mich zu konzentrieren. Wir hatten noch nicht einmal 18 Uhr und schon war mein Kopf einfach nur Matsch.

"Papa?"

Brummend nickte ich, zog mir die Brille aus und rieb meine Augen. "Was ist denn?" "Fahren wir denn morgen zum Frühstück?" Ich nickte und küsste ihren Kopf. "Ja, wir fahren morgen zum Frühstück."

"Ist Louis dann auch da?", fragte sie leise und sah neugierig zu mir hoch. "Ja, er wird auch da sein. Das ist schließlich sein Zuhause." Sophie nickte leicht und widmete sich wieder ihrem Malbuch. Es dauerte nicht lange und ich hatte die ganzen Unterlagen gesichtet und auch unterschrieben. Ich würde es wirklich machen, ich würde die Bäckerei und alles was dazu gehörte übernehmen.

Ich würde meine eigene Bäckerei haben.

Glücklich darüber, steckte ich die ganzen Blätter zusammen und packte sie zusammen in einen Umschlag. Gerade wollte ich ihn weglegen, als mir ein Männchen darauf auffiel. "Sophie? Hast du die Unterlagen angemalt?" Schnell holte ich die Blätter wieder hinaus und tatsächlich. Fast auf der Rückseite erstreckte sich ein kleines Kunstwerk meiner Tochter.

"Ja, wieso? Die sahen so langweilig aus." Seufzend schloss ich meine Augen und atmete tief durch. "Du sollst doch Papas Sachen nicht anmalen. Dafür hast du doch dein Malbuch."

"War das jetzt falsch?" Sophie schaute traurig zu mir hoch und ihre Unterlippe zitterte. "Ja, das war es. Zum Glück sind es die Rückseiten. So kann ich das alles kapieren und mein Chef bekommt die Blätter ohne Verschnörkelungen. Lass es bitte in Zukunft sein, ja?"

"Okay", murmelte sie und ließ ihren Kopf hängen. Ich legte die Unterlagen nun endgültig zur Seite und stand mit Sophie in meinen Armen auf. "Komm, wir machen uns ein paar Brote und dann geht es für dich auch bald ins Bett."

Als wir gegessen hatten fing die Diskussion an, die wir die letzten Tage häufig führten.

"Ich bin aber nicht müde!" Mit verschränkten Armen stand sie vor mir und stampfte immer wieder mit ihrem Fuß auf den Boden. So langsam fiel mir auch nichts mehr ein. Man konnte sagen was man mochte, doch sie wollte einfach nicht. "Sophie, bitte. Es war ein langer Tag. Ich möchte auch ins Bett und du solltest schon längst im Bett sein."

"Ich bin aber nicht müde!" Geschafft legte ich meinen Kopf gegen den Türrahmen und schloss meine Augen. Ich war heute seit 3 Uhr auf den Beinen, hatte eine doppelte Schicht in der Bäckerei, einen Praktikanten, der sein Unwesen trieb und einen kleinen Satansbraten, der mich ganz schön auf Trab hielt. So sehr ich sie auch liebte, es war schwierig das alles alleine unter einen Hut zu bekommen. Aber was sollte ich ihr schon vorwerfen?

Ich war als Kind noch schlimmer.

"Würdest du ins Bett gehen, wenn du ausnahmsweise bei mir schläfst?" Direkt war sie Feuer und Flamme, griff nach ihrer Decke und rannte in mein Schlafzimmer.

Geschafft.

Endlich.

Es kam nicht oft vor, dass sie bei mir schlafen wollte, doch gerade jetzt war es mir ganz recht.

Ich machte mich im Bad fertig und zog mir meine Schlafsachen an. Müde schlurfte ich ins Schlafzimmer und blickte auf Sophie. Sie hatte es sich mitten drin bequem gemacht und hatte versucht sich so gut es hin zuzudecken. Und als wäre das nicht genug, lagen auch lauter Kuscheltiere, welche normalerweise in ihrem Bett lagen, jetzt in meinem.

Doch das war mir gerade mehr als egal. Ich ließ die Rollläden hinunter und legte mich ins Bett. Sophie schob ich dabei etwas zur Seite, deckte sie ordentlich zu und strich ihr ein letztes Mal durch die Locken und küsste ihr Haar. "Gute Nach Kirschblüte." Völlig erschöpft drehte ich mich herum und schlief schnell ein.

Morgens wurde ich von einer aufgeregten Sophie geweckt. Ein Blick auf die Uhr verriet mir, dass es gerade einmal halb sieben war. Murrend zog ich die Decke über meinen Kopf. Ich könnte bestimmt noch ein paar Stunden mehr vertragen, doch Sophie war bereits mehr als nur munter und begann an der Decke zu ziehen.

"Papa, aufstehen."

Ich schob die Decke beiseite, nahm Sophie in meine Arme und drückte sie an mich. "Du bist ein kleiner Quälgeist, weißt du das?"

"Was ist das?" Sie schaute mich mit ihren großen grünen Augen fragend an und kicherte leise. "Das erklärt dir bestimmt deine Tante Lottie." Anscheinend spornte sie das nur noch mehr an, denn sie befreite sich aus meinen Armen und kletterte vom Bett. "Fahren wir los?" Langsam richtete ich mich auf und strich durch meine Haare und rieb meine Augen. "Wir haben doch noch ein bisschen Zeit."

Nach dem ich im Bad war, lief ich in die Küche und machte mir und Sophie einen Tee. Plötzlich hörte ich es poltern, dann einen lauten Schrei und anschließend ein Weinen. "Sophie?" Besorgt ließ ich alles stehen und liegen und begann sie zu suchen. Doch ich brauchte nicht lange, denn sie saß weinend im Flur. Um sie herum hatten sich die Schuhe verteilt. Schnell hockte ich mich hin und suchte sie nach Verletzungen ab. Aber es schien nicht schlimmes zu sein. Ich zog Sophie in meine Arme und drückte sie fest an mich.

"Was machst du denn für Sachen?"

"Ich wollte schon mal anziehen", schluchzte sie, drückte sich fest an mich und schlang ihre Ärmchen um meinen Hals. Ich versuchte sie so gut es ging zu beruhigen und strich ihr immer wieder über den Rücken. Schlussendlich hob sie hoch und ging mit ihr in die Küche. Ich setzte sie auf ihren Stuhl und stellte ihr die Teetasse hin. Vorher gab ich aber noch etwas kaltes Wasser hinzu, damit sie sich nicht verbrannte.

"Warum wolltest du dir denn jetzt schon deine Schuhe anziehen? Hast du es denn so eilig?" Meine Tochter nickte schnell schaute dann hinunter. "Wir fahren doch gleich, aber vermutlich schlafen die anderen noch. Nicht jeder ist immer so früh wach wie du." Ich zwinkerte ihr zu und brachte sie somit wieder zum Lächeln. Tatsächlich kam es der oft vor, dass sie so früh wach war. Zuerst hatte ich gedacht es lag vielleicht daran, dass sie eventuell zu früh ins Bett ging doch auch durch mehrfaches ausprobieren, wachte sie immer früh auf. Oft war es praktisch, denn so hatten wir morgens immer viel Zeit. Vor allem wenn es zu kleinen Unstimmigkeiten kam oder wir wieder ihre Tasche suchen mussten.

Ich hatte es geschafft, dass Sophie sich etwas zurückhielt und zwei Stunden später machten wir uns auf den Weg zu dem Familienfrühstück. Ich war ehrlich gesagt dankbar, dass mich Sophie den ganzen Morgen über ziemlich eingenommen hatte. Denn so näher wir dem Haus kamen, desto nervöser wurde ich. Es war das erste Frühstück mit Louis zusammen und mein Magen drehte sich fast um. Vermutlich bekam ich, wenn wir da waren nicht mal einen Bissen runter.

Wieder dachte ich an Robins Worte von letzter Woche. Ich gab ihm Recht, dass Sophie die Möglichkeit bekommen sollte ihn kennenzulernen. In den vergangenen Tagen wusste ich auch nicht mehr so recht, warum ich ihn nicht treffen wollte. Er war immerhin nur Williams Bruder, nicht mehr und nicht weniger.

Dort angekommen, nahm ich Sophie an die Hand und ging mit ihr zur Tür und klingelte. Auf der Fahrt hier hin hatte ich noch schnell die Brötchen bei Calder geholt und die Unterlagen abgegeben. Als die Tür geöffnet wurde, schauten mich Lottie lächelnd an. "Da seid ihr ja, kommt rein." Ich begrüßte Lottie mit einer festen Umarmung und küsste ihre Wange.

"Guten Morgen, ich hoffe ihr hattet einen entspannten Morgen. Sophie hat mich zumindest schon früh geweckt und wahnsinnig gemacht." Lottie lachte leise und schüttelte ihren Kopf. "Louis ist extrem nervös, frag mich nicht wieso, aber er hat heute schon den Tee verschüttet, Tassen fallen lassen und beinahe Doris umgerannt. Ich hätte nicht gedacht, dass er so tollpatschig ist." Überrascht blickte ich sie an und reichte ihr die Tüte mit den Brötchen, nach dem ich meine Schuhe ausgezogen hatte.

Als Sophie und ich ins Wohnzimmer kamen, waren schon alle da und begrüßten uns freudig. Nur Louis hielt sich stark zurück und hob nur seine Hand. Er blieb auch sitzen und schaute wieder herab auf seinen Teller. "Siehst du? Er ist total komisch drauf", flüsterte Lottie mir zu. Ich wusste woran es lag und es tat mir wirklich leid.

Ich nahm meinen ganzen Mut zusammen und ging zu ihm herüber und setzte mich auf den Stuhl neben ihn. "Hey", murmelte ich und versuchte selbst nicht so nervös zu sein. "Das was am Montag passiert ist, Sophie war einfach nur überrascht. Sie wusste von dir, aber dich nochmal zu sehen war-" "Schrecklich." Überrascht schaute ich ihn an und schüttelte meinen Kopf. "Oh Gott nein, das war es gewiss nicht. Nur ungewohnt. Aber keineswegs schrecklich." Ich schenkte ihm ein aufrichtiges Lächeln, weswegen er mich kurz anlächelte und dann doch wieder auf seinen Teller hinabblickte. Anscheinend war er nicht der gesprächigste. Oder wollte sich einfach nicht mit mir sprechen.

Während des Frühstücks blieb ich neben Louis sitzen und quatsche mit Daniel darüber, dass mir die Bäckerei übertragen wurde. Nicht nur er, sondern auch Lottie und die anderen freuten sich für mich und stießen symbolisch mit Tee an.

"Darf ich dich was fragen?" Ich schaute zu Louis und nickte leicht. "Klar. Was möchtest du denn wissen?"

"Wie alt bist du, dass du schon eine Tochter in diesem Alter haben kannst? Wie alt war sie nochmal? Fünf?" Erstaunt wegen dieser Frage schaute ich kurz zu Sophie und dann wieder zu Louis. "Ja sie ist fünf. Ich bin 23. Ich hatte schon relativ früh einen Kinderwunsch. Kinder habe ich schon immer geliebt und ich konnte es kaum erwarten selbst welche haben."

"Warte 23?", Louis schaute mich perplex an. Ich nickte nur und aß mein Brötchen auf. Das war so ziemlich das einzige Gespräch, welches wir während des Frühstücks führten und wirklich toll war es nun auch nicht. Ja, es war erstaunlich, dass ich bereits mit 18 Vater wurde. Aber auch wenn es ein großes hin und her mit William damals war, hätte ich mir keinen besseren Zeitpunkt vorstellen können. Aber ohne meine Familie hätte das natürlich auch alles nicht geklappt. Ich war wirklich froh und dankbar für all das, was sie für mich taten, um mich in dieser Hinsicht zu Williams Lebzeiten und auch danach zu unterstützen.

Nach dem alle aufgegessen hatten half ich mit, den Tisch abzuräumen. Gerade wollte ich die nächsten Teller abräumen als Louis mit der Teekanne in mich hineinlief. Schmerzerfüllt zischte ich auf und trat sofort einen Schritt zurück. "Oh Gott, tut mir leid. Oh Gott, ich- tut es weh?"

Ich hob nur meine Hand und würgte ihn somit ab. "Schon gut." Mit schnellen Schritten lief ich ins Badezimmer, zog mein Hemd aus und drückte ein nasses Handtuch an meinen Bauch. Die Haut war vollkommen gerötet und es schmerzte ziemlich. Unnötigerweise war es natürlich der frisch aufgesetzte Tee und ich musste meine Hemden ja auch immer halb offen tragen. Es trieb mir Tränen in die Augen, als ich mich hinunterbeugte um auch die weiße Hose los zu werden, auf der durch den schwarzen Tee ein großer Fleck war. Am Waschbecken schaffte ich es das gröbste hinauszuwaschen.

Plötzlich klopfte es an der Tür und Louis Stimme ertönte. "Geht es? Brauchst du Wechselsachen von Daniel?" "Ja, es geht schon. Das wäre gut. Nasse Sachen sind nicht so angenehm auf der Haut." Es dauerte nicht lange und es klopfte erneut an der Tür.
Ich öffnete sie halb nackt und nahm dankend die Sachen entgegen. Gerade war es mir ziemlich egal, dass Louis mich so sah. Ich war froh, dass ich mich für die schwarzen Briefs und für nichts anderes entschieden hatte.

Schnell zog ich mich um. Erstaunlicherweise passten die Sachen sogar ganz gut. In Jeans und Sweatshirtjacke trat ich aus dem Bad, ging in die Küche und holte ein Kühlpack aus dem Gefrierfach, wickelte es in ein Geschirrhandtuch und legte es auf meinen Bauch.

Als ich wieder ins Wohnzimmer zu den anderen ging, setzte ich mich neben Lottie auf das Sofa. "Na da hat dich Louis auch mit seiner Tollpatschigkeit getroffen. Möchtest du noch eine Salbe haben?" Ich schüttelte meinen Kopf. "Später vielleicht. Ich kühle es jetzt lieber erstmal." Lottie nickte und schenkte mir ein kleines Lächeln. "Und wenn, dann weißt du ja wo alles ist." Ich versuchte mich etwas zu entspannen und schloss meine Augen für einen kurzen Moment. Auch wenn ich wirklich viel geschlafen hatte war ich immer noch müde. Viel zu müde und das Sofa war viel zu bequem.

Es dauerte nicht lange und ich schlief ein. Wirklich etwas dagegen tun konnte ich nicht. Ich wachte erst auf, als sich Sophie an meine Seite kuschelte und zu mir hochschaute. "Hast du Aua?" Ich nickte leicht und strich durch ihre Haare. "Aber das geht schon wieder. Es ist nicht so schlimm."

"Wer hat dir denn weh getan?" Sie richtete sich auf und schaute mich mit großen Augen gespannt an. "Louis ist mit einer Teekanne in mich gelaufen. Wir haben beide nicht so richtig geschaut." Ich strich ihr weiterhin durch die Haare und setzte mich etwas auf, wobei ich allerdings kurz zusammenzuckte und in der Bewegung innehielt. Vermutlich wäre es besser, wenn ich jetzt eine Salbe draufmachte. Die Haut spannte schon unangenehm und besser würde es heute auch nicht mehr werden.

"Mag Louis dich nicht?" Perplex blickte ich meine Tochter an. "Wie kommst du denn da drauf? Er hat das doch nicht mit Absicht gemacht." Doch Sophie sagte nicht mehr dazu, sondern sprang vom Sofa und verschwand wieder mit den Zwillingen in ihrem Zimmer. Verwundert blickte ich hinter ihr her und kam zu dem Schluss, dass ich nicht weiter darüber nachdenken sollte.

Das es in der Familie Tomlinson immer Trubel gab bestätigte sich schon wieder. Daisy und Phoebe stritten sich mal wieder und hörten erst auf, als Lottie aufsprang und die beiden in ihre Zimmer schickte.
Hier war es einfach nie ruhig. Und wenn, dann konnte man sich sicher sein, dass etwas nicht stimmte.

"Ich treffe mich jetzt mit einer Freundin, bis nächste Woche Haz." Fizzy verabschiedete sich und war wenige Minuten später schon mit Daniel, welcher sie fahren würde, zur Tür raus.

Nun saßen nur noch Louis und ich im Wohnzimmer und es herrschte eine wirklich unangenehme Stille, allerdings fiel mir nichts ein wie ich diese auch brechen konnte. Seufzend legte ich meinen Kopf auf der Lehne ab und starrte an die Decke.

"Hast du Schmerzen? Es tut mir echt leid, ich habe dich einfach nicht gesehen." Ich schaute zu Louis, welcher mich betreten anschaute.
"Es ist wirklich alles gut. Es tut etwas weh, aber es ist auch nicht weiter schlimm. Sowas passiert mal. Mach dir bitte nicht so viele Gedanken." Konnte es man als Krankheit ansehen, wenn man sich zu oft entschuldigte? Lottie konnte das ja auch ganz gut.

Louis nickte und fummelte an dem Kissen herum, welches mich mit zunehmender Zeit irre machte. Irgendwann konnte ich es nicht mehr aushalten und legte meine Hand auf seine.

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2627 Wörter 24/08/2020

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