Was hat Eric vor?

Lillys POV

Sofort frage ich nach.

"OK, Eric, was willst du?"

"Bis wann hast du Hausarrest?" Ich weiß nicht, warum er gerade jetzt das Thema wechselt, aber das soll mir recht sein. Also antworte ich ihm einfach.

"Bis einschließlich Dienstag. Am Mittwoch will mein Vater mich dann zum Abendessen in der Kantine allen vorstellen."

"OK, da treffen wir uns am Dienstagnachmittag, wenn du von der Schule zurück bist, wieder hier.", meint er.

Ich glaube, ich höre nicht richtig. Was will er damit bezwecken?

"Hast du mir eben gerade gar nicht zugehört? Da habe ich noch Hausarrest." Jetzt grinst er mich fies an.

"Das hat dich heute doch auch nicht davon abgehalten her zu kommen." OK, da hat er natürlich Recht, allerdings würde ich das nie zugeben.

"Nehmen wir mal an, dass du in diesem Punkt richtig liegst, dann würde es mich allerdings wirklich interessieren, warum du dich mit mir treffen willst?"

"Das wirst du schon zeitig genug erfahren.", meint er nur geheimnisvoll. Diese Aussage ist ja total aufschlussreich. Irgendwie nervt mich seine Art etwas. Warum kann er nicht einfach sagen, was er genau will? Aus seiner Mimik kann man ebenfalls nicht viel herauslesen. Also versuche ich mit Provokation etwas mehr Informationen aus ihm heraus zu kitzeln.

"Oder ist das deine Art mich um ein Date zu fragen? Wenn du das möchtest, kannst du es doch auch einfach direkt sagen. Schließlich bin ich weder prüde noch verklemmt.", dazu setze ich noch ein zweideutiges Grinsen auf. Aber leider kann ich ihn selbst mit diesem Spruch nicht aus der Reserve locken.

"Was ist jetzt?", fragt er nur.

"Du willst also, dass ich ein weiteres Mal gegen eine Regel verstoße, um mich dann mit einem jungen muskelbepackten Feroxanführer auf einem einsamen Dach zu treffen, wo wer weiß was passieren kann?", frage ich schließlich nach und kann es nicht verhindern, dass mein Blick bei der Beschreibung von ihm über seinen Körper wandert. Dann schaue ich ihm erneut ins Gesicht und füge noch hinzu.

"Das klingt doch nach Spaß!"

Jetzt kann ich deutlich spüren, wie er sich um Fassung bemühen muss. Daraufhin nähert er sich mir etwas, seine Hand liegt mittlerweile an meinem Hals und sein Mund ist inzwischen nur wenige Zentimeter von meinem Gesicht entfernt. Dann haucht er mir zu.

"Du solltest dich lieber in Acht nehmen, denn wer mit dem Feuer spielt, muss aufpassen, dass er sich nicht verbrennt." Falls er wirklich annimmt, mir damit Angst einjagen können, muss ich ihn leider enttäuschen.

"Danke, für den Hinweis. Ich merke schon, wie mir ganz heiß wird." Ups, ich glaube jetzt habe ich es geschafft. In Erics Augen kann ich nur noch Lust erkennen. Er hat offensichtlich die Beherrschung über sich verloren. Allerdings möchte ich mich eigentlich nicht gleich am ersten Tag von einem Anführer flachlegen lassen. Obwohl er echt heiß aussieht. 'Nein!!! Lilly, reiß dich zusammen!', ermahne ich mich selber, bevor ich schnell einlenke.

"Langsam wird es allerdings etwas unbequem. Deswegen wäre es sehr nett, wenn du mich mal wieder loslassen könntest."

Sofort bemerke ich, wie er sich wieder fängt und nun seinen eiskalten Blick aufsetzt. Zudem lässt er auch endlich meine Hände los, die er immer noch über mir festgehalten hatte und bringt schließlich ausreichend Abstand zwischen uns. Er dreht sich um und geht Richtung Tür. Bevor er verschwindet, ruft er mir über die Schulter zu.

"Also, Dienstagnachmittag hier, vergiss das nicht." Genau in diesem Moment fällt mir aber etwas ein.

"Warte Eric! Vielleicht solltest du dir da lieber jemand anderen suchen ...", ich kann nicht weitersprechen, weil er mich bereits unterbricht.

"Was ist los? Bekommst du jetzt etwa doch Angst?" Er klingt gar nicht glücklich. Scheinbar ist er es nicht gewohnt von Frauen abgewiesen zu werden. Ok, vielleicht ist das bei seinem Aussehen auch verständlich.

"Nein, ich wüsste keinen Grund dafür? Wenn mein Vater allerdings am Dienstag zu Hause ist, werde ich mich nicht einfach davonschleichen können.", gebe ich zu bedenken.

"Das habe ich bereits einkalkuliert. Ich weiß ziemlich sicher, dass er nicht da sein wird. Wichtiges Anführertreffen!", erklärt er mir mit einem siegessicheren Lächeln und einem äußert zufriedenen Ausdruck.

"Ok, aber musst du dann nicht auch dabei sein?", hinterfrage ich das Offensichtliche.

"Nein, diesmal gehöre ich nicht zur Delegation, nur Max und einer der anderen Anführer werden hin fahren"

Als er Maxs Namen erwähnt, schießt mir ein Gedanke siedend heiß durch den Kopf. Wie spät ist es denn inzwischen? Mist, ich habe keine Uhr dabei. Mein Blick fällt auf das glitzernde Etwas an Erics Handgelenk. Sofort renne ich hektisch zu ihm, schnappe mir seinen Arm und drehe ihn so, dass ich das Ziffernblatt erkennen kann. Verdammt! Das schaffe ich nie! Eric mustert mich amüsiert.

Erst jetzt fällt mir auf, wie nah ich bei ihm stehe und dass ich immer noch seinen Arm festhalte.

"Dir gefällt es offensichtlich in meiner Nähe.", meint er nun selbstgefällig. Doch ich habe gerade absolut keine Zeit mehr für diese Spielchen.

"Ich muss weg. Sofort!", sage ich nur und setze mich in Bewegung. Aber Eric fragt natürlich nach.

"Was ist los?"

"Mein Vater wollte zum Mittagessen wieder zu Hause sein.", lautet meine kurze und knappe Erklärung, während ich zur Dachkante sprinte.

Nun versteht auch Eric, was mein Problem ist.

"OK, ich helfe dir.", bietet er mir überraschenderweise an und befestigt den Schlauch so, dass er bis zum richtigen Fenster reicht und sich der Knoten nicht lösen kann.

"Gut, klettere runter und ich werde Max inzwischen abfangen und dir etwas Zeit verschaffen."

"Danke!" Ich weiß wirklich nicht, warum er mir hilft. Aber jetzt habe ich auch keine Zeit, um mir darüber Gedanken zu machen.

Ohne große Anstrengung bin ich nach einigen Minuten bei meinem Fenster angekommen. Gerade als ich hineinklettere, kann ich feststellen, dass die Wohnungstür aufgeschlossen wird. Schnell springe ich auf den Boden, während ich meinen Vater reden höre. Scheinbar unterhält er sich mit jemanden, vielleicht noch mit Eric. Ich gehe ins Wohnzimmer.

"Achso, das ist schade. Dann lässt es sich leider nicht ändern. Ich wünsche dir viel Spaß bei deinem Date." Mit diesen Worten verabschiedet er sich von wem auch immer und schließt die Tür.

Bei dem Wort Date werde ich hellhörig. Hat Eric meinem Vater etwa doch alles erzählt? Ich gehe zu ihm und begrüße ihn.

"Hallo Dad! Ist alles OK?", will ich wissen.

"Ja, und bei dir auch?" Ich nicke als Bestätigung. Scheinbar weiß mein Vater nichts von dem Treffen, sonst würde er bestimmt anders reagieren. Schließlich weiß ich ja inzwischen, dass er nicht besonders viel von Eric hält. Dann wird es ihm wahrscheinlich auch nicht sonderlich gefallen, wenn ich mich mit ihm treffe. Anschließend setzen wir uns und essen. Nach einer Weile bricht er das Schweigen.

"Was hast du heute gemacht?"

"Ach, nichts Besonderes", antworte ich nur vage. Wenn er wüsste!!

Aber seine Frage hat mich zum Nachdenken gebracht. Was hatte ich heute gemacht?? Das wurde mir jetzt erst richtig bewusst. Ich hatte doch wirklich mit Eric geflirtet und ihn provoziert, wo ich nur konnte. Um ein Haar hätten wir uns sogar geküsst oder wer weiß was sonst noch. Was ist nur in mich gefahren? Natürlich war ich noch nie ein Kind von Traurigkeit und habe immer gerne mit Jungs geflirtet und weiß genau, wie ich sie um den Finger wickeln kann.

Allerdings bin ich auch keine Schlampe, die mit jedem sofort ins Bett springt. Und deswegen ist hier unbedingt Vorsicht gefragt. Schließlich geht es dabei um Eric. Er ist gefährlich. Das ist mir klar. Und wenn er etwas will, dann bekommt er es. Warum sieht er nur so verdammt heiß aus? Ja genau, er ist heiß. Ein weiterer Grund mehr, um vorsichtig zu sein. Er spielt in einer anderen Liga. Das heißt, dass er hier jede haben könnte. Was findet er also an mir?

Jetzt kommt mir auch wieder in den Sinn, was mein Vater mir über ihn erzählt hatte. Er ist zielstrebig. Was verfolgt er für ein Ziel mich bezüglich? Warum will er sich ein weiteres Mal mit mir treffen? Was hat er nur vor? Mein Vater reißt mich aus meinem Gedanken.

"Dir schmeckt es wohl nicht?" Nun bemerke ich, dass ich die ganze Zeit nur in meinem Essen herum gestochen habe.

"Doch, alles gut." Dann fällt mir wieder etwas ein.

"Mit wem hast du dich vor der Tür eigentlich unterhalten?", frage ich deswegen nach.

"Mit Eric", meint er. Nun verschlucke ich mich fast an dem Bissen in meinem Mund.

"Was?", platzt es mir heraus. Mein Vater schaut mich verwundert an.

"Ich wollte nicht lauschen, aber ich habe was von einem Date gehört. Das hat mich nur etwas irritiert. Eric sieht nicht wie ein Typ aus, der viele Dates hat.", versuche ich mir schnell eine möglichst glaubhafte Ausrede für meine heftige Reaktion zurecht zu legen.

Nun muss mein Dad auch lachen.

"Ja, da hast du Recht. Für mich ist es ebenfalls Neuland. Ich habe heute zum ersten Mal etwas davon gehört, dass er eine Verabredung hat." Also, war das doch Eric. Aber hat er wirklich ein Date? Eine richtige Verabredung mit irgendeiner Ferox? Warum interessiert mich das eigentlich? Das kann mir schließlich total egal sein!

"Es ist gut, dass du dieses Thema ansprichst. Darüber wollte ich sowieso noch mit dir reden. Ich bin leider morgen und Dienstagnachmittag nicht da. Es ist ein wichtiges Treffen mit den anderen Anführern geplant. Es müssen zwar nur zwei der Ferox Anführer anwesend sein, allerdings wurde bereits vor einer Woche festgelegt, dass ich mit daran teilnehmen werde. Jetzt habe ich zwar versucht, mit einem der anderen Anführer zu tauschen, doch sie haben alle irgendwelche anderen Dinge zu erledigen. Sonst hätte Eric mir bestimmt nicht von seinem Date erzählt"

"Das ist kein Problem, Dad. Ich bin schließlich schon ein großes Mädchen.", bringe ich ihn mit meinen Worten zum Lachen.

"Na, wenn du meinst!" Nun muss ich ebenfalls lachen. Außerdem weiß ich jetzt auch etwas mehr. Eric hat zu meinem Vater gesagt, er hätte ein Date, und das als Ausrede verwendet, um nicht zu dem Anführergespräch gehen zu müssen und sich stattdessen mit mir treffen zu können. Da habe ich doch ein Argument, mit dem ich ihn aufziehen kann.

Halt! Vorhin hatte ich gerade noch beschlossen vorsichtig zu sein. Trotzdem ich bin mir einfach nicht sicher, ob ich das kann, wenn er in meiner Nähe ist. Es macht einfach zu viel Spaß mir ein Wortgefecht mit ihm zu liefern. Allerdings will ich jetzt nicht die ganze Zeit an Eric denken, sondern Zeit mit meinem Vater verbringen. Und das machen wir. Wir unterhalten uns über alles Mögliche und er erzählt mir von Mum. So verbringen wir den ganzen Nachmittag und Abend. Es ist richtig schön. Schlussendlich falle ich todmüde und überglücklich ins Bett.

Der nächste Tag beginnt nicht so gut. Schule. Und zu allem Überfluss muss ich nach dem Unterricht auch gleich nach Hause, obwohl heute wieder so tolles Wetter ist und ich lieber noch etwas unternehmen würde. Als ich zu Hause ankomme, empfängt mich mein Vater sogleich, muss allerdings bereits ein paar Minuten später zu dem Treffen aufbrechen. Und so sitze ich nun wieder alleine in meinem neuen Heim.

Nachdem ich schließlich mit meinen Hausaufgaben fertig bin, wird es mir zu langweilig. Da kommt mir ein Geistesblitz. Eric wollte mich morgen treffen. Wenn also die Ausrede mit dem Date für morgen zählt, dann müsste das logischerweise auch bedeuten, dass er heute irgendetwas anderes Wichtiges zu erledigen haben muss, ansonsten hätte er ja heute für meinen Vater einspringen oder mich gleich heute wieder aufs Dach bestellen können.

Sollte ich richtig liegen, könnte ich vielleicht einen weiteren Ausflug aufs Dach wagen, in der Hoffnung, dass er sich gerade nicht dort aufhält. Schließlich kann er als Anführer ja nicht die ganze Zeit auf dem Dach herumlungern. Und selbst wenn, das ist mir jetzt egal. Ich will hier raus und am besten irgendwas Cooles erleben. Also steige ich geschickt auf das Fensterbrett. Der Schlauch hängt sogar noch da. Das macht es mir leichter.

Während des Kletterns schaue ich immer wieder mal nach oben. Schließlich möchte ich heute keine unangenehme Überraschung erleben. Einmal war wirklich mehr als genug. Kurze Zeit später bin ich an der Brüstung angekommen. Ich lasse meinen Blick über das Dach schweifen. Alles in Ordnung, niemand zu sehen.

Nun suche ich mir einen schönen sonnigen Platz, von dem aus ich einen tollen Blick über die Stadt habe. Kaum, dass ich dort sitze, werde ich auch schon von jemanden mit "Hey!" angesprochen.

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