Begegnung auf dem Dach


Erics POV

Während ich durch die Gänge laufe, denke an den gestrigen Tag zurück. Irgendwie bin ich immer noch ziemlich genervt. Ich wollte auf dem Dach meine Ruhe zum Nachdenken. Das scheint so ein doofes Überbleibsel meiner Ken Vergangenheit zu sein. Auch wenn ich nicht gerne daran zurückdenke, gibt es etwas, was ich von den Ken vermisse und zwar die lichtdurchfluteten Räume. Dort haben nämlich viele Bauwerke große Glasfronten, so dass es überall im Gebäude hell und sofort viel freundlicher ist. Mich an die dunklen Gänge der Ferox zu gewöhnen hat eine Weile gedauert.

Deswegen zieht es mich zum Nachdenken jedes Mal an die frische Luft. Und genau in so einem Moment stört diese kleine Ken ausgerechnet meine Ruhe und dann darf ich ihr auch noch hinterherrennen. Zu allem Überfluss musste Max was von der Auseinandersetzung mitbekommen. Ansonsten hätte ich sie einfach zu den Ken zurück bugsieren können, ohne dass einer der anderen Anführer irgendetwas davon erfahren hätte.

Als sie uns schließlich diese verrückte Geschichte auftischen wollte, hätte ich es nie für möglich gehalten, dass es wirklich der Wahrheit entspricht und ausgerechnet Max ihr Vater ist. Vor allem finde ich es irgendwie total unfair, dass Leute wie ich, sich ihre Aufnahme hier bei den Ferox hart erkämpfen müssen und diese kleine Prinzessin muss nur mit dem Finger schnipsen und gehört schon dazu. Von diesem komischen Gesetz hatte ich vorher nie etwas gehört, nicht mal als ich noch bei den Ken war.

Allerdings hatte ich gestern gleich alles überprüft, auch alle Unterlagen, die Max mir am Abend gegeben hatte. Er hat sich wirklich haargenau an den Wortlaut des Gesetzes gehalten. Das hat sogar mich überrascht. Schließlich ist er ein geborener Ferox, deswegen hätte ich ihm solch eine Genauigkeit überhaupt nicht zugetraut.

Das bedeutet aber leider auch, dass ich hier wieder keinen Punkt habe, den ich ihn vorhalten könnte. Und das ärgert mich extrem. Seit ich vor knapp einem Jahr Anführer geworden bin, ist es mein größter Wunsch die Stellung von Max zu übernehmen, denn ich lasse mir nicht so gerne Befehle erteilen.

Darum hatte ich gehofft, dass sich vielleicht jetzt, wo diese kleine Prinzessin aufgetaucht ist, eine Möglichkeit ergibt, um etwas gegen ihn in der Hand zu haben. Doch selbst in dieser Situation hat er sich nichts zu Schulden kommen lassen. Klar, die Kleine ist gestern noch durch die Gänge geschlichen, allerdings hatte Max es ihr untersagt, also kann ich diese Tatsache ebenfalls nicht gegen ihn verwenden. Das Prinzesschen wird zwar eine Strafe bekommen, aber vermutlich wird diese in ihrem Fall wahrscheinlich nicht sonderlich hart ausfallen.

Trotzdem gibt es wenigstens einen kleinen Lichtblick für mich. Wenn sie wirklich endgültig zu den Ferox gehören möchte, muss sie nach ihrer Bestimmungszeremonie die Initiation hier überstehen und das mit mir als Ausbilder. Wenn es so weit ist, werden wir ja sehen, wie viele Feroxgene letztendlich in ihr stecken.

Mittlerweile habe ich mein Ziel erreicht, das Dach des Hauptquartiers. Dort habe ich einen Geistesblitz. Vielleicht sollte ich meine Strategie ja ändern und zwar radikal. Dann hätte ich wahrscheinlich bessere Chancen meine angestrebte Wunschposition zu erreichen. Allerdings bräuchte ich für die Umsetzung dieses Planes auch eine Menge Geduld und diese Eigenschaft gehört nun nicht gerade zu meinen Stärken.

Aber das könnte wirklich funktionieren. Anstatt wie bisher offen gegen Max zu arbeiten, würde ich ihn nach außen hin voll unterstützen. Außerdem gehört die kleine Prinzessin ebenfalls zu meinem Plan. Wenn ich versuche sie um den Finger zu wickeln und im besten Fall eine Beziehung mit ihr anfange, könnte ich es schaffen, Maxs Vertrauen zu gewinnen, so dass er mich irgendwann als seinen Nachfolger bestimmt. So quasi als Schwiegersohn in spe.

Natürlich hat dieser Plan einige Nachteile. Schon mal alleine der Punkt, dass ich nicht so schnell oberster Anführer werden kann, wie ich es möchte, aber besser spät als nie. Na ja, und dann die Tatsache mit der Kleinen. Sie sieht ja schon recht gut aus. Das sollte nicht das Problem sein. Aber ihre freche und aufmüpfige Art. Ob ich es da schaffe mich zusammen zu reißen.

Inzwischen bin ich an den Rand des Daches getreten und schaue über die Stadt. Da ich ein Geräusch von unten höre, wandert mein Blick in diese Richtung. Ich kann nicht glauben, was ich da sehe. Eine Person klettert allen Ernstes an der Fassade herum. Und das in mindestens 150 Metern Höhe. Den lilafarbenen Haaren nach zu urteilen, kann das eigentlich fast nur Lilly sein. Vor allem weil dort ungefähr die Wohnung von Max liegen müsste.

Das ist ja perfekt. Dann brauche ich nur abzuwarten und kann gleich anfangen, meinen Plan in die Tat umzusetzen. Vorausgesetzt sie schafft es unfallfrei bis hier oben. Aber bereits nach den paar Augenblicken, die ich sie beobachte, wird mir klar, dass das kein Problem für sie sein sollte. Ich bin wirklich beeindruckt, wie geschickt, sicher und schnell sich sie hocharbeitet. Da würden selbst von den Ferox nur einige wenige mithalten können. Wie kann sie nur so gut sein, obwohl sie doch bis gestern noch bei den Ken war?

Diese Frage kann ich ihr ja gleich selber stellen, denn sie hat es fast geschafft. Gerade als sie über das Geländer klettern will, spreche ich sie bereits an.

"Na, wen haben wir denn da?" Allerdings stellt sich heraus, dass das keine allzu gute Idee war, denn sie erschreckt sich so sehr, dass sie den Halt verliert und sich nur noch im letzten Moment mit einer Hand an das Geländer festklammern kann.

Sofort lehne ich mich über die Brüstung, um nach ihr zu greifen, aber das erweist sich als schwerer, wie ich vermutet hätte. Sie hängt zu weit unten, so dass ich nicht an sie herankomme. Schnell schaue ich mich auf dem Dach um. Ein Stück von mir entfernt sehe ich einen Schlauch, der im Falle eines Brandes zum Einsatz kommt. Das könnte funktionieren.

Ich ziehe das lose Ende zum Rand des Daches und lasse es neben Lilly herab.

"Halt dich daran fest. Ich ziehe dich hoch." Sie schaut mich zweifelnd an.

"Na, mach schon!", fordere ich jetzt eindringlich. Endlich greift sie danach und ich ziehe sie ohne Probleme in meine Richtung. Als sie in meiner Reichweite ist, strecke ich ihr meine Hand entgegen, an die sie sich im nächsten Moment schon festhält. Nun kann ich sie mit Hilfe meiner zweiten Hand unter großem Kraftaufwand über das Geländer befördern. Durch den Schwung falle ich nach hinter und ziehe sie mit mir mit.

So liegen wir kurze Zeit später beide auf dem Dach, sie halb auf mir und ringen nach Atem. Als ich mich etwas beruhigt habe, hebe ich den Kopf, so dass ich sie anschauen kann. Ich merke, wie sie leicht zittert.

"Alles OK bei dir?" Nun blickt sie mir mit ihren blauen Augen direkt in meine.

"Ja, danke." Langsam normalisiert sich ihre Atmung ebenfalls. Irgendwie finde ich es sogar ganz angenehm, hier so mit ihr zu liegen. Trotzdem frage ich sie nun.

"Und liegt es sich schön bequem auf mir?"

Allerdings verfehle ich mein eigentliches Ziel. Ich hätte damit gerechnet, dass sie rot anläuft und verlegen wegschaut, doch stattdessen grinst sie mich jetzt direkt spöttisch an und antwortet.

"Ja, total. Fast so bequem wie auf einem Nagelbrett." Mit diesen Worten richtet sie sich langsam auf. Wow, damit hat sie mich echt überrascht. Nun wird sie wieder ernst.

"Ich hätte nicht gedacht, dass du mir helfen würdest."

Unwillkürlich fange ich damit an sie eingehend zu mustern, während ich mich ebenfalls allmählich aufrichte. Sie sieht wirklich total gut aus. Ihr Gesicht ist außerordentlich hübsch mit den schön geschwungenen Lippen und diesen dunkelblauen mandelförmigen Augen. Außerdem steht ihr das Lila ihrer Haare extrem gut. An sich hat sie eine schlanke Figur, aber an den richtigen Stellen auch ordentliche Rundungen. Also, Sex mit ihr ist absolut vorstellbar, natürlich nur in Umsetzung meines Planes.

"Warum? Das wäre doch wirklich schade, jemanden mit deinen Fähigkeiten zu verlieren. Wir haben hier bei den Ferox bestimmt einige Aufgaben, die du vorher noch erledigen könntest, zum Beispiel die Decke der Grube von Spinnweben befreien.", meine ich leicht spöttisch. Sie springt drauf an, aber erwidert nur trocken "Ha ha! Wie witzig!" Doch dabei kann sie sich ein kleines Grinsen nicht verkneifen.

"Jetzt aber mal im Ernst. Du kannst echt gut klettern.", dieses Lob kommt mir einfacher über die Lippen, als ich es für möglich gehalten hätte.

"Danke!" Das leicht überhebliche Grinsen, was sie jetzt aufsetzt, versucht sie gar nicht erst zu verstecken.

"Allerdings wundert mich dein etwas ungewöhnlicher Fortbewegungsstil schon. Vielleicht ist es dir ja entgangen, aber wir haben hier bei den Ferox auch so was Normales wie Türen und Treppen?"

Langsam finde ich echt Gefallen an diesem Gespräch mit ihr, doch anscheinend habe ich gerade unbewusst ein Thema angesprochen, was ihr nicht so lieb ist, denn ich merke, wie sie sich ein wenig verspannt.

"Ja natürlich, allerdings wäre das doch viel zu langweilig.", meint sie nur ausweichend. Ich merke deutlich, dass sie mir etwas verschweigt.

"Ich habe jetzt etwas Dringendes zu erledigen, also sollte ich langsam mal los." Damit ist sie bereits in Richtung Tür unterwegs.

OK, da hat mich mein Gespür also nicht im Stich gelassen. Ich bin sofort bei ihr und drücke sie mit den Schultern gegen die nächste Wand.

"Also, verrätst du mir freiwillig, was los ist?", frage ich sie. Doch sie erwidert nur trotzig.

"Es ist NICHTS!!" Sie bückt sich und will unter meinen Armen hindurch verschwinden. Aber ich bin schneller und schnappe mir ihre Hände, die ich anschließend über ihr an der Wand fixiere.

"Vielleicht sollte ich dich darauf hinweisen, dass ich immer alles erfahre, was ich wissen möchte. Ich habe da meine Mittel und Wege." Doch sie schaut nur an mir vorbei. Also, mich ignoriert man nicht einfach so. Deswegen gehe ich einen weiteren Schritt näher an sie heran, so dass ich nun direkt vor ihr stehe. Dann nehme ich ihre beiden Hände in eine Hand und halte sie weiter fest. Meine nun freie Hand lege ich unter ihr Kinn und zwinge sie so mir in die Augen zu schauen.

"Also, was ist jetzt?", frage ich nochmal.

"Du kommst nicht weg, bevor du mir nicht gesagt hast, was ich wissen möchte.", drohe ich ihr. Allerdings bleibt erneut die gewünschte Reaktion aus.

"Also, ich könnte mir wirklich Schlimmeres vorstellen, als hier mit dir das schöne Wetter zu genießen.", sagt sie provokant und blickt mir dabei tief in die Augen. Oh man, nun habe ich Mühe und Not meine Fassade zu wahren. Es gibt nur wenig Frauen, die sich trauen, so offensiv mit mir zu sprechen.

Ich bemühe mich, ihr nicht zu zeigen, wie imponiert ich gerade von ihr bin und dass mich ihre Worte sogar ziemlich angemacht haben. Stattdessen blicke ich nur finster auf sie hinab und knurre sie an.

"Also, ich höre!" Sie seufzt und verdreht zusätzlich die Augen.

"Ich habe Hausarrest wegen gestern, doch es ist viel zu schönes Wetter, um nur in der Wohnung zu hocken."

Nun muss ich unwillkürlich lachen.

"Was? Jetzt wirklich? Prinzessin Lillyfee hat schon wieder gegen die Ferox Regeln verstoßen?" Diesen Spruch kann ich mir einfach nicht verkneifen.

"Was??? Wie hast du mich gerade genannt? Wenn du das nochmal wagen solltest, dann ...", beginnt sie, allerdings unterbreche ich sie sofort.

"Was dann? Willst du dann zu Daddy petzen gehen?" sage ich spöttisch und grinse sie frech an.

"Dann kannst du dir ja gleich mal überlegen, wie du ihm erklären willst, was du hier auf dem Dach gemacht hast, obwohl du doch Hausarrest hast." Es gefällt mir, sie zu provozieren.

Mein Grinsen wird noch etwas breiter. Jetzt habe ich sie in der Hand, sowohl sinnbildlich als auch buchstäblich. Und ich muss zugeben, dass dieser Gedanke mir wirklich sehr gut gefällt. Mein Plan ist einfach genial, vor Allem weil sie ein wichtiger Teil davon sein wird und sie mich total fasziniert. Meine Hand liegt mittlerweile auf ihrer Wange.

"Allerdings könnte ich mich auch davon überzeugen lassen, Max nichts von unserer Begegnung zu erzählen." Ich schaue ihr dabei fest in die Augen.

Im nächsten Moment fragt sie bereits gerade heraus.

"OK, Eric, was willst du?"

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