Abendrot
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Als Changkyun die Bibliothek betrat, fiel sein Blick sofort auf seinen Mitbewohner, der heute schon vor ihm losgegangen war. Er stand an einem der kleineren Regale, sprach mit einem Jungen mit Krücken dessen Haar in einem unglaublichen magenta-pink strahlte. Er schien diesen Fremden zu beraten, Changkyun ging jedoch mit einem Schulterzucken weiter zum Tresen um dort seinen Rucksack abzulegen, aus dem er die Arbeitsweste zog. Mit einem Ruck legte er sie sich über's schwarze Shirt, strich sie kurz glatt und sah sich dann in dem großen Raum um, in dem sich schon einige Leute versammelt hatten.
Es war ein Montag Nachmittag, somit waren die Studenten dementsprechend lustlos, wirkten beinahe verschlafen.
Meist fiel das nach einem harten Wochenende auf, Changkyun konnte sich stets denken wer feiern war und wer zu Hause blieb.
Schließlich verrieten das die dicken Augenringe und der Gesichtsausdruck als hätte man seit Wochen kein Auge zu gemacht.
Über diese Erkenntnis schüttelte Changkyun nur den Kopf, lächelte in sich hinein als er sich an sein Wochenende erinnerte.
Er mochte die gemütlichen Abenden mit seinen Freunden und war Montags meist fit. Wenn es sein Allgemeinzustand zuließ.
Seine Augen waren von Natur aus stets auf halbmast, sein Blick meist ausgelaugt.
Es gab eine Zeit, wie bei den meisten Jugendlichen, in denen der Dunkelhaarige bis spät nachts wach war. Komponierte Instrumentals, fand seine Produktivität eben nur in der Nacht.
Er war ganz klar eine Nachteule, was Hyungwon ihm dann abzulernen versuchte. Dies hatte der Ältere definitiv geschafft, hatte durch das Zusammenziehen Changkyuns Gesundheit verbessert.
,,Ist er schon da?"
Changkyun schockte aus seinem Tagtraum, rüttelte sich kurz und starrte in die Gesichter seiner zwei grinsenden Freunde.
Die Blondine lächelte liebevoll, stupste dem Mitarbeiter verspielt gegen die Schulter. Auch Jimin stand leicht schmunzelnd neben ihr, Changkyun zischte ein lautes 'ppssssht!!!'.
,,Stell' dich nicht so an,Channy.", seufzte sie, verdrehte dabei ihre Augen und hängte sich bei Jimins ein, der seine Hände tief in seinen Skinny Jeans vergraben hatte.
,,Wir wollten nur Mal kurz vorbei gucken.", erklärte Hye-Su, machte mit ihrer freien Hand eine passende Handgeste.
,,Sie wollte stalken.", verriet Jimin, erhielt von der blonden Koreanerin einen tödlichen Blick.
,,Ich unterstütze unseren Channy halt."
,,Du musst mich nicht ständig so nennen.", brummte 'Channy', verließ den Tresen und stellte sich vor seine zwei besten Freunde.
,,Ich will aber, was machst du jetzt?", neckte sie, war dabei etwas nach vorne gelehnt und legte ihre schlanken Finger um Changkyuns Kinn, hielt ihn einige Sekunden so fest. ,,Ich hol den Security- Dienst wenn du mich nicht los lässt."
Ein Kichern entwischte ihr, ehe sie ihre Hände von ihrem Ex-Freund nahm. ,,Ihr habt doch gar keinen Security-Dienst."
Der Dunkelhaarige grinste, ehe er die Arme vor der Brust verschränkte und eine Augenbraue hob:,,Muss doch keiner wissen."
,,Komm Susu, Channy schafft das schon allein.", sagte Jimin, betonte den Spitznamen seines Kumpels extra lang und zog an dem lockeren Shirt des Mädchens.
,,Na gut.", sagte sie, konnte nicht anders als ihrem Gegenüber nochmal in die Wange zu kneifen.
Changkyun gab nur ein genervtes Seufzen von sich, erstarrte für einige Sekunden als er nach rechts blickte und tatsächlich den Jungen an einem der Regale sah, den er erwartet hatte.
Er blieb jedoch still gegenüber seiner Freunde, konnte sich noch eine Peinlichkeit ersparen.
Also verabschiedeten sich die zwei, ließen den 22-Jährigen alleine zurück.
Dies nutzte er aus, strich sich kurz unsichtbaren Staub von den Klamotten und drehte sich in Kihyuns Richtung.
Dieser stöberte jedoch in einem Buch, sah sich einige Male in dem Raum um.
Wahrscheinlich suchte er nach Changkyun und dieser stand einige Meter entfernt, wurde allmählich etwas hibbelig.
Wie ein Idiot grinste er vor sich hin, kneifte sich kurz in den Oberschenkel um sich zu beruhigen. Etwas ringte er mit sich selbst, wusste nicht wie er ihn ansprechen sollte.
Er war kein Mensch, der sich lange Gespräche ausmalte. Er malte sich nie etwas aus, er dachte nie länger über eine bestimmte Sache nach.
Einen kurzen Blick wagte Changkyun in die Richtung seines besten Freundes, der mittlerweile wieder alleine Bücher sortierte. Er erwiderte diese Geste, nickte dann einmal ruckartig in Kihyuns Richtung um ihn aufzufordern hinzugehen.
Der junge Koreaner atmete also tief ein, atmete Mut ein und steuerte direkt auf den Jungen zu, der seine Aufmerksamkeit auf den Klappentext eines Buches gelegt hatte. Mit langsamen, bestimmten Schritten ging Changkyun auf den Älteren zu, doch als er vor ihm stand, rutschte ihm sein Herz buchstäblich in die Hose.
Wie solle er mit einem Jungen reden, der ihn doch gar nicht hören konnte?
Warum hatte er es gestern beim Gebärdensprache-googlen verschlafen?
Warum dachte er sich, er könnte das einfach so tun?
Kihyun entdeckte Changkyuns Schuhe vor sich, als wäre die Welt in Zeitlupe hob er seinen Blick bis er in seinem Gesicht hängen blieb.
Ein Schlucken entdeckte er an dem Hals seines Gegenübers, merkte dass dieser sich äußerst schwer tat, nun vor ihm zu stehen.
Als der Dunkelhaarige nach einigen Sekunden noch immer nichts zu sagen hatte, löste Kihyun eine seiner Hände von dem Buch.
Er konnte nicht anders, als Changkyuns verpeilte Art niedlich zu finden.
Dieser hätte sich in diesem Moment jedoch lieber umgedreht und wäre Flash-like weggerannt, wenn er nicht in Kihyuns Aura verwickelt worden wäre.
,,Ich..eh..", stammelte der Jüngere der beiden, kratzte sich verlegen am Hinterkopf und musste über sein eigenes Benehmen lachen. Dann zeigte er auf seine Brust und formte ein 'Ich', anschließend legte er beide Hände aneinander, fast als würde er beten. Kihyuns Augen formten sich zu Schlitzen, er versuchte herauszufinden was der Dunkelhaarige vor hatte.
Changkyun schien wirklich verzweifelt, sein Versuch Gebärdensprache zu benutzen war wohl gescheitert und Kihyun hielt sich plötzlich seine Hand vor den kichernden Mund.
Ein tiefes Schlucken folgte wieder von Changkyun, der sich unsicher zu seinem Mitbewohner drehte, ihm einen fragenden Blick zu warf.
Natürlich hätte Hyungwon sich dieses Spektakel nicht entgehen lassen, hatte die beiden die ganze Zeit beobachtet. Nun zuckte er aber fraglich mit den Schultern, zeigte seinem besten Freund einen entschuldigenden Blick.
,,Eh.", entwischte es dem unsicheren Jungen wieder, er drehte sich zu Kihyun und fluchte:,,Ach, fuck it."
,,Tut mir echt leid, wegen Samstag.", murmelte er dann, versuchte dabei jede Silbe ordentlich auszusprechen.
Kihyun entfernte seine Hand von seinem Mund, blickte für einige Sekunden verlegen auf den Boden, dann wieder in Changkyuns Augen.
Er nickte, schweigend.
,,Meine E..eh.. ne Freundin hat dich angerufen, eigentlich würd ich das nämlich nicht. Ich mein', klar, Jooheon hat mir deine Nummer gegeben aber ich wäre nie auf die dumme Idee gekommen dich anzurufen.", sprach der hibbelige 22-Jährige drauf los, Kihyun tat sich sichtlich schwer alle Silben von seinen haspelnden Lippen abzulesen.
Dann kam ihm plötzlich eine Idee, bevor sein Zeigefinger demonstrativ nach oben schoss, Changkyun damit bat kurz innezuhalten.
Er stellte das Buch, das er vorhin herausgenommen hatte, an den richtigen Platz zurück und zückte sein Handy aus seiner Hosentasche. Einige Sekunden brauchte er um etwas zu tippen, biss sich dabei konzentriert auf die Unterlippe. Kurz darauf sah er wieder auf und Changkyuns Smartphone vibrierte.
Etwas zögernd fischte er es heraus und entdeckte Yoo Kihyuns Nachricht
>Jooheon sagte mir bereits, er hätte dich eingeweiht. Es sieht wohl so aus, als würdest du keine Gebärdensprache beherrschen..<
Wieder hielt Kihyun seinen Zeigefinger nach oben, gerade als Changkyun seine Nachricht zu Ende gelesen hatte. Er tippte wieder, schickte sie dann ab.
>P.S. Könntest du bitte deutlicher sprechen?:)<
Der leichte, rote Schimmer der sich auf den Wangen des Jüngeren ausgebreitet hatte war kaum zu übersehen. Doch Kihyun schien das nicht zu kümmern, er wartete einfach auf seine Antwort, presste dabei seine Lippen geduldig aufeinander.
,,Alle sagen mir immer, ich nuschle.", schmollte Changkyun, hielt sein Handy noch fest in der Hand. Kihyun nickte stark, zuckte dann aber mit den Schultern um zu deuten, dass es egal wäre.
,,Aber dann kannst du mich nicht verstehen?"
Kihyun bewegte seine Lippen synchron zu seinen Fingern, sein Zeige-und Mittelfinger lagen parallel einige Zentimeter voneinander entfernt.
,,Ein bisschen?", fragte Changkyun, hatte versucht die Gestikulation seines Gegenübers zu verstehen. Das Gesicht des fremden Jungen begann zu strahlen, als er richtig lag und er nickte heftig. Er war wahrhaftig froh, dass Changykun nicht komplett inkompetent war.
Kihyun hatte schon einige Menschen getroffen, die mit Gestikulation einfach nichts anfangen konnten.
Erneut versuchte Kihyun seine Gebärdensprache anzuwenden, hatte bei Changkyun aber keinen Erfolg. Dieser zog nur seine Unterlippe nach vorn, bereute es sich nicht durchs Internet schlauer gemacht zu haben.
Kihyun biss sich also zweifelnd auf die Unterlippe, begann wieder auf seinem Handy zu tippen.
>Warum wolltest du meine Nummer haben?<
,,Oh, eh.. Ich hab Mal gesehen, dass du ein bestimmtes Buch gelesen hast und wollte dich nach dem Titel fragen."
Es war eine Notlüge, es war eine wahrhaftige Notlüge. Hätte Hyungwon dies aus Changkyuns Mund gehört, hätte er ihn wohl ausgelacht.
Denn Changkyun las nie. Zwar hatte er den Älteren oft beim Lesen beobachtet, doch nicht wegen dem Buch.
Kihyuns Augen weiteten sich einige Sekunden, ehe er leicht den Mund öffnete, dann lächelnd schloss.
>Ich lese viele Bücher.<, schrieb er, ein Strahlen in seinen Augen.
Es war eine blöde Ausrede, doch der Dunkelhaarige dachte sich er würde es ihm irgendwann schon erklären.
,,Eh.", stammelte der Jüngere, überlegte kurz, dachte an die zahlreichen Bücher die in dem Kim Won-Il Regal standen. Zumindest an die Cover, an die er sich noch erinnern konnte. Er fasste sich an die Stirn, tat so als würde er wirklich schwer nachdenken. Dann fuchtelte er mit einer Hand und meinte:,,Dieses eine mit dem Sonnenuntergang."
Überrascht lächelte Kihyun von einem Ohr bis zum Anderen, zeigte dabei seine perfekten Zähne und auch die niedlichen Grübchen, die sich an seinen, etwas unterhalb der Augenpartie formten.
>Meinst du 'Abendrot' von Kim Won-Il?<
,,Genau das!", brüllte Changkyun, jemand zischte sofort er sollte leiser sprechen. Kurz zuckte er durch die Aufforderung zusammen, nickte aber als Antwort stark. Kihyuns Lächeln war immer noch nicht verschwunden, er war überglücklich dass Jemand Kim Won-Ils Werk zu schätzen wusste.
Zwar war er ein berühmter Autor, jedoch nicht von jedem wertgeschätzt.
Er fand es interessant, dass Changkyun sich für Bücher begeisterte, wollte mit ihm darüber diskutieren.
Seine liebsten Werke kennenlernen, seine liebsten Genres.
Doch Diskussionen waren schwierig in einem Fall wie diesem.
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