Kapitel 6

•Remus•

Die Tage an seinem Bett sind schmerzhaft. Schon nach zwei Tagen waren meine Wunden ausreichend verheilt, sodass ich bei Sirius bleiben kann. Auch bei ihm geht es bergauf, doch bislang ist er noch nicht aufgewacht.

Es ist Tag sechs. Meine Eltern, James, Peter und Lily kamen gestern vorbei. Doch sie konnten nur kurz bleiben. Bei den Eltern von Sirius sieht es da ganz anders aus. Natürlich musste McGonagall sie über seinen Zustand und Aufenthaltsort informieren. Wie ich bei einem Gespräch zwischen zwei Heilern mitgehört hatte, sagte seine Mutter jedoch nur etwas wie: „Das hat er davon, wenn dieser Verräter sich mit Gesindel abgibt. Es ist nicht unser Problem. Unseretwegen muss er nie mehr wieder zu uns kommen."

Es bricht mein Herz in tausend Stücke wenn ich höre, wie er von seiner Familie behandelt wird. Er hat das alles nicht verdient. Lily hat gesagt, dass sich Regulus bei ihr wegen Sirius erkundigt hatte. Wenigstens er zeigt etwas brüderliche Fürsorge. Von seinen Eltern sollte James ausrichten, dass Sirius sich bei ihnen melden soll wenn es ihm besser geht. Sie kümmern sich oft um ihn. Ich mochte die Potters schon immer.

Die Tage an seinem Bett ziehen sich endlos in die Länge. Mal vergieße ich viele Tränen, mal sehr viele. An anderen Tagen bin ich so erschöpft, dass ich nicht einmal mehr weinen kann.

Doch was jeden Tag wiederkommt ist der Selbsthass. Auch wenn ich nichts mehr im Leben hätte, würde der pure Hass auf mich selbst bleiben. Eine Erinnerung an das Monster in mir.

Als ich wieder dort saß und in meinen grässlichen Gedanken gefangen war, regte ich etwas in meiner Umgebung. Der kleine Finger an seiner linken Hand bewegte sich ein kleines Stück zur Seite. Berührt hatte ich ihn nicht mehr, da ich Angst hatte ihn nur noch mehr zu verletzten. Doch jetzt riss mich diese minimale Bewegung aus meinen Gedanken.

Nach dem kleinen Finger folgten weitere, bis sich die Position seiner gesamten Hand verändert hatte. Ich kann es nicht glauben. Endlich. Mittlerweile erkennt man Unruhe an weiteren Teilen seines Körpers, bis schließlich seine Wimpern zucken.

Langsam aber sicher öffnen sich seine Augen.
„R-Remus" Ich konnte mich nicht mehr zurückhalten und schloss vorsichtig meine Arme um seinen Oberkörper. „Du bist wach!"
„Autsch" „Tut mir leid"

„Hm, wo bin ich?" Tränen stiegen mir in die Augen. „Wir sind im St. Mungo." „Warum das denn?" „Das ist eine etwas längere Geschichte und alles ist nur meine Schuld. Es tut mir so leid."

Er überlegte einen Moment. Es wirkte so, als würden die Erinnerungen an die Geschehnisse langsam zurückkommen.
„Warte, es war Vollmond. Die Heulende Hütte..." „Ja, genau"
Unser Gespräch wurde von einem Heiler unterbrochen. „Ah ja, sehen Sie. Alles verläuft bestens. In ein paar Tagen werden nur noch Narben zu sehen sein." Narben. Ich kann dieses Wort nicht mehr hören. Warum, Remus? Warum tust ihm das an? Jetzt wird auch er hässliche Narben auf seinem wunderschönen Körper haben.

Es gibt Menschen, die haben Narben von außen. Sie sind sichtbar und bereits verheilt. Deshalb tun sie nicht mehr weh. Doch es gibt auch Menschen, die haben Narben von innen. Sie sind tief in dir verborgen und nur die Wenigsten bekommen sie zu Gesicht. Doch sie sind schmerzhaft. Schmerzhafter als es körperliche Verletzungen je sein könnten. Ich habe beides. Und die Welt wird immer nur die äußerlichen Narben zu Gesicht bekommen. Alles andere ist nicht wichtig für sie.

„Hey, kannst du mir vielleicht mal erklären, was genau passiert ist?" Und so begann ich, zu erzählen. Davon, wie er ganz kurz vor Vollmond in die Heulende Hütte gestürmt kam und mir etwas ganz dringendes sagen wollte. Davon, dass sich James und Peter Sorgen machten und schließlich zu McGonagall gingen. Sie beriet sich daraufhin mit Dumbledore, dass es zu gefährlich war, noch in der Nacht die Heulende Hütte aufzusuchen. „...und als es schließlich Morgen wurde, wurden wir schwer verletzt aus der Heulenden Hütte geborgen. Madame Pomfrey konnte unsere und vor allem deine Wunden nicht alleine in den Griff bekommen. Deshalb wurden wir hierher gebracht," schließe ich meine Erzählung also ab.

„Mann, Remus. Es tut mir so leid. Alles ist meine Schuld. Du hast dir bestimmt riesige Sorgen gemacht." „Nein, mir tut es leid. Ich habe dich verletzt. Wegen mir hast du jetzt Narben."

„Hey! Hör auf sowas zu sagen. Mit den Narben werde ich wohl klar kommen und wäre ich nicht in die Heulende Hütte gestürmt, wäre nichts von all dem passiert."

„Sirius, was wolltest du mir eigentlich sagen als du in die Heulende Hütte kamst?"

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Dieses Kapitel habe ich schon vor einiger Zeit geschrieben und eigentlich wollte ich noch was ergänzen. Aber irgendwie finde ich, dass es auch so gut geworden ist. Es kam länger nichts mehr von mir und deshalb lade ich es jetzt einfach spontan hoch. ❤️

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