Die Legende der ersten Evertear
Die Bäume und Felder rasten nur so an mir und Saphire vorbei. Im Eiltempo jagten wir den Weg zum Weingut hinauf, auf dem sich die Stadtbibliothek befand.
Voller Aufregung sprang ich von Saphire's Rücken und stürmte in das Gebäude. Die Flügeltür knallte lautstark gegen die Wände und ich kassierte einige mahnende Blicke von den Besuchern. Doch die sollten mich nicht stören. In Windeseile war ich bis zu dem Buchstaben E vorgedrungen, was ein wahrliches Wunder war. Hunderte Bücherregale waren mit abertausenden Büchern gefüllt und ragten majestätisch über meinem Kopf. Aber auch nach längerer Suche stieß ich auf kein Buch mit dem Namen Evertear.
Enttäuscht wollte ich auf dem Absatz kehrt machen, als mir ein kleines unscheinbares Büchlein zwischen F und G auffiel. Neugierig zog ich den alten Lederverband hervor und fuhr staunend über die rissige Hülle. Es musste von unschätzbarem Wert sein und jagte mir eine Menge Respekt ein.
Leise drängelte ich mich durch einige Regale hindurch und suchte mir einen stillen Platz zum Lesen.
“Vor vielen tausend Jahren wurde Jorvik durch die Hände eines jungen Mädchens geschaffen. Mit einem unglaublichen Geschick formte sie die Konturen der Insel und alles Leben auf ihr. Der Name des Mädchens war Aideen. Sie wurde von den Göttern auserwählt, um die Magie derer zu verwahren und sie für das Gute einzusetzen. Mit dieser unglaublichen Macht und der Magie, die durch ihre Adern floss, wurde sie die aller erste Evertear von Jorvik. Doch sie war nichts ohne ihr Pferd. Jede Evertear erwählt ein Pferd zu ihrem Begleiter. Es besitzt keine magischen Kräfte, bis auf die Fähigkeit seine Reiterin zu heilen. Sitzt also eine Evertear auf ihrem Pferd und wird verwundet, so heilt das Pferd ihre Wunden. Das ist auch der Grund, warum eine Evertear nie ohne ihr Pferd in den Kampf zog. In der Zeit des Mittelalters wurden für sie der magische Begriff 'Fee' geboren. Fälschlicherweise hielt man sie für kleine fliegende Wesen mit Flügeln. Doch es gab eine Zeit in der die Diener Garnoks die magischen Reiterinnen bedrohten und sie schließlich durch einen gemeinen Trick überlisteten. Als diese Monster ihren Plan vollendet hatten, blieb keine einzige Evertear mehr übrig und auch sie waren nur Fabelwesen einer ausgedachten Geschichte.
Doch die Legende besagt, dass es noch eine Evertear auf Jorvik gibt, die die Welt vor Garnok retten wird.“
“Interessant“, flüsterte ich erstaunt.
Schnell schloss ich das Buch und verstaute es in meiner Jackentasche. In der Hoffnung dass mich keiner erwischen würde, schlich ich mich aus der Bibliothek und rannte zurück zu Saphire. Sie begrüßte mich mit einem sanften Schauben.
“Saphire! Ich habe tatsächlich etwas gefunden.“
Sie spitzte ihre kleinen Ohren und sah zu mir auf.
“Ich muss dringend die Frau aus meinem Traum finden“, schlussfolgerte ich logisch, “Und du wirst mir dabei helfen.“
Ich band Saphire los, schmiss mich auf ihren Rücken und wir jagten den Berg hinab zurück zur Farm. Doch auf der Hälfte des Weges hielt ich inne und schickte Saphire über ein mit Weizen bewachsenes Feld.
Die Sonne ging gerade unter und sendete ihre letzten goldenen Strahlen aus. Das warme Licht tauchte uns in eine angenehme Atmosphäre und ich schloss die Augen. Augenblicklich wurde mein Herzschlag langsamer und auch Saphire verringerte ihr Tempo. Pure Entspannung ergriff Besitz von mir und Erinnerungsfetzen aus meinem Traum tauchten vor meinen Augen auf.
Eine Frau mit dunklem Hautton trug ein weißes Kleid mit bunten Bestickungen. Um ihren Hals hing eine aus bunten Holzkugeln bestehende Kette. Mit ihren vollen roten Lippen lächelte sie, bis sie mich erblickte und ihr Lächeln erstarb. Doch wenn ich etwas über ihren Standort herausfinden wollte, musste ich mich auf die Geräusche und auf den Hintergrund konzentrieren.
Ich kniff meine Augen fester zusammen.
Stühle! Gespräche! Musik! Unzählige Eindrücke schossen auf mich ein.
“Saphire, ich hab's!“
Aufgeregt öffnete ich meine Augen und vergrub meine Hände in Saphires goldbraunem Fell.
“Es ist ein Cafe!“
Auf einem Schlag galoppierten wir los und der weiche Weizen streifte meine nackten Beine.
Ein Cafe, wer hätte das gedacht?
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