Nilo die Raupe


Dies war ein weiteres Mal mein Beitrag zu den Schreibevents auf meinen Discord Server.

Versteckt, außerhalb des Sichtfeldes aller anderen, schlüpft eine Raupe aus seinem Ei. Neugierig und hungrig machte sich der später als Nilo bekannte, frisch Geschlüpfte, auf den Weg zu frischen Blättern, um diese zu verschlingen.

Doch kaum als Nilo nicht mehr versteckt war, musste er sich Beschimpfungen anhören. Die Eule z.B. rief: "Du hässlicher grauer Wurm, du bist es selbst im Dunkeln nicht wert, gegessen zu werden" und der Kater ergänzte: "Du bist so fett, mit dir würde ich nicht mal spielen, wenn du den Ball ersetzt" und andere Tiere schlossen sich den Zweien bald an. Komplett verängstigt und am Boden zerstört, verkroch sich die Raupe wieder leise heulend in sein Versteck, begleitet von Rufen wie: "Genau, verbuddel dich wieder!" oder "Ich hoffe, ich muss dein hässliches Aussehen nie mehr erleben."

Komplett in Selbstzweifeln versunken und ohne jegliches Selbstwertgefühl, fragte sich Nilo, was er falsch gemacht hätte. Er war doch voller Tatendrang und Vorfreude hinausgegangen, ohne böse Absichten. Im Gegenteil, eigentlich wollte er doch nur Freunde finden und was essen. Immer noch hungrig begann Nilo nun, die alten Blätterreste hinunterzuwürgen, die da waren, als plötzlich ein frisches Blatt in sein Versteck segelte und anschließend eine alte tiefe Stimme sagte: "Kleiner, mach dir nichts aus den anderen, die sind immer so oberflächlich und halten sich für was Besseres. Ich ertrage deren Gelaber schon seit Jahren nicht mehr. Immer hetzen die auf alles, was denen nicht ‚schön genug' ist."

Vorsichtig schaute die kleine Raupe hinaus, und sah einen alten, ruhigen und sanft wirkenden Schäferhund, der sich entspannt so vor sein Versteck gelegt hat, dass er hineinsehen konnte, gleichfalls aber die Blicke der anderen abgewehrt wurden, die im Hintergrund darüber lästerten, dass der alte "senile" Hund sich mit den neuen Opfer abgab und wie er es mit den Schandfleck aushielt. Den alten Hund schien das aber nicht zu stören, eher wirkte er, als hätte er viel erlebt und sei recht zufrieden mit seinem Leben.

Es dauerte noch lange, bis Nilo sich, nicht zuletzt Dank dem netten Zureden von Daku, dem sanften Hund, beruhigt hatte. Die nächsten Tage redeten die beiden immer mehr miteinander und nach einigen Tagen traute sich die Raupe sogar wieder aus dem Versteck. Mit der Erklärung "Es kann ja nicht so weitergehen, dass du mir immer meine Nahrung bringen musst", begab sich Nilo zu den nächstliegenden Blättern.
Wie nicht anders erwartet, beschimpften die anderen Tiere Nilo sofort wieder. Doch Daku, dem die gemeinsamen Gespräche mit der jungen Raupe Freude bereiteten, knurrte einmal laut, und vertrieb damit erfolgreich die anderen, die lästernd und schimpfend das Weite suchten. Erst dann, zum ersten Mal seit seiner Geburt, konnte der kleine Nilo in Ruhe die Außenwelt begutachten, die Sonnenstrahlen genießen und beschützt von seinem felligen alten Freund, in Ruhe frische Blätter fressen. Es war eins der schönsten Erlebnisse in Nilos Leben, vielleicht auch durch diesen starken Kontrast von vorher.

Die Beiden redeten noch einige Tage miteinander. Als Nilo eines Tages sagte: "Ich merke, ich verwandle mich. Ich hoffe wir sehen uns wieder und ich wünsche dir noch alles Gute." Wenige Zeit später hatte er sich verpuppt und konnte so weder reden noch irgendwas anderes tun. Daku beschloss, Nilo zu beschützen, denn der Kleine war ihm schon sehr ans Herz gewachsen.

Tag und Nacht, mit nur wenigen Ausnahmen, lag er da, knurrte ab und zu, um andere zu vertreiben und genoss ansonsten das wärmende Licht der Sonne. Doch nach der 8. Nacht war etwas anders. Er wurde durch Geräusche geweckt. Erst schaute er sich irritiert um, doch dann bemerkte er, sie kommen von Nilos Versteck.

In Sorge, dass sich wer an ihm vorbei geschlichen hat, um dem Kleinen zu schaden, schaute er genau hinein und konnte seinen Augen erst nicht trauen. Unter der aufgebrochenen Puppe lag ein Schmetterling, so bunt und schön wie er lange keinen mehr beobachten konnte. Trotzdem machte er sich Sorgen, was mit seinem Freund ist.

Nilo, der sich langsam erhob, sah den besorgten Ausdruck und versuchte beruhigend zu sagen: "Ich bin es, Nilo, endlich in meiner letzten Form." Doch da sich seine Stimme komplett verändert hatte, fragte Daku, der eine Falle witterte, Dinge, die nur Nilo beantworten konnte. Nach einigen Minuten war der Ältere aber auch überzeugt und recht begeistert von der neuen, bunten Erscheinungsform seines Freundes.

Nach einigen Flügelschlägen bemerkte der Schmetterling aber, dass seine Flügel noch zu weich sind um damit zu fliegen, und so fragte er: "Magst du mich ein wenig umhertragen? Ich möchte nun mehr sehen von dieser wunderbaren Welt."

Um weiterhin Nilos Schönheit bewundern zu können und um besser auf ihn achtgeben zu können, legte Daku seine Schnauze auf den Boden und ließ den Schmetterling auf sie klettern, wo er dann blieb.

Die ganzen anderen Tiere waren komplett neidisch und begeistert vom Aussehen des bunten Insekts und wollten plötzlich fast alle mit ihm befreundet sein, doch Nilo lehnte alle Anfragen vehement ab. Er wollte keine falschen Freunde, was die meisten beschämt weggehen ließ.

Plötzlich kam der Kater fuchsteufelswild mit ausgefahrenen Krallen angestürmt und versuchte Nilo zu treffen, doch Daku reagierte gerade schnell genug und brachte seine Schnauze mitsamt Schmetterling in Sicherheit. Wütend knurrte er den eifersüchtigen Kater an, der sich meckernd geschlagen gab und schimpfend floh, aber nicht ohne noch zu rufen: "Du buntes Flattervieh stiehlst mir nicht mehr die Aufmerksamkeit!"

In den nächsten Tagen sahen die beiden Freunde immer wieder, wie manche Tiere reuevoll zu den beiden schauten. Auch der Kater bemerkte dies, meckerte nur noch und versuchte alle gegen die beiden zu hetzen. Das hatte aber nur das Ergebnis, dass der Schnurrhaar tragende Vierbeiner irgendwann ganz alleine vor sich hinschimpfte, da ihn immer mehr Tiere verließen.

Und auch wenn Nilo mittlerweile fliegen kann, war sein Lieblingsplatz immer noch auf der Schnauze von seinem felligen Freund. Und beschützt und glücklich lebte er ein außergewöhnlich langes und überwiegend glückliches Leben. Auch wenn er anderen bis zuletzt mit Misstrauen und ein wenig Furcht begegnete.

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