Kapitel 1
Ein Jahr nun war vergangen seit Amaterasu zu ihrer Familie zurückgekehrt war. Jedoch war es nicht mehr wie vorher. Früher, bevor sie Yami auf die Erde gefolgt war, um ihn zu besiegen, hatte sie allen -besonders ihren Brüdern und ihrem Vater- gerne Streicher gespielt. Doch nun lag sie jeden Tag am See des Wahrsagers und beobachtete die Menschen. Ihre Brüder machten sich Sorgen um ihre Schwester, aber am meisten Izanagi. Jedoch wusste er auch, was sein ältestes Kind so bedrückte. Sie vermisste ihre Freunde. Die Menschen, die sie während ihrer Reise kennengelernt hatte. Also faste Izanagi einen schweren Entschluss.
Amaterasu lag wie jeden Tag seit sie zurückgekehrt war am See des Wahrsagers und fuhr mit den Fingern durch das Wasser. Auf einmal zuckten ihre weißen Wolfsohren, die auf ihrem Kopf thronten und Amaterasu konnte Schritte hören. Sie hob den Kopf und sah ihren Vater Izanagi. "Vater", sagte sie ein wenig überrascht. "Amaterasu", sagte Izanagie bedächtig und setzte sich neben seine Tochter ans Ufer. Ammy setzte sich auf und wickelte ihren Wolfsschwanz um sich. "Was möchtest du, Vater?", fragte sie. "Ich weiß, das du nicht hier sein möchtest", fing Izanagi an. Amaterasu sah ihn überrascht, aber auch ertappt an und senkte den Kopf. Izanagi fuhr fort: "Ich weiß, das du die Menschen und deine Freunde vermisst. Daher gebe ich dir die Erlaubniss, in die Menschenwelt zurückzukehren und dort auch zu bleiben." Amaterasu hob überrascht den Kopf. Izanagi lächelte seine Tochter an. "Nun geh schon, Kind. Doch ich bitte dich, uns wenigstens hin und wieder zu besuchen." Ammy strahlte und umarmte ihren Vater. "Danke", hauchte sie, bevor sie aufsprang und zu Arche von Yamato lief. Mit schwerem Herzen blickte Izanagi seiner Tochter nach. Jedoch lag ein glückliches Lächeln auf seinen Lippen.
Oki beobachtete den Himmel. Das tat er seit die Arche von Yamato mit Amaterasu in den Himmel davongeflogen war. Oki wusste, er würde sie nicht wiedersehen. Sie war eine Wölfin, eine Göttin! Den Oina war es verboten sich in ein Tier zu verlieben, da sie selbst Menschen waren. Und diese Regel galt auch für die Wölfin Amaterasu. Und doch wartete und hoffte Oki. Der kalte Wintersturm fuhr Oki durch den dichten Pelz und trieb ihn schließlich dazu, seinen Beobachtungsposten zuverlassen. Er war bereits fast wieder in Wep'keer angekommen, als er etwas hörte. Oki drehte sich um und suchte nach der Geräuschquelle. Doch was er erblickte ließ ihn wie zu Eis erstarren. Da oben am Himmel war die Arche von Yamato.
Oki konnte nicht glauben, was er da sah. Die Arche von Yamato sank auf den Laochi See hinab. So schnell Okis vier Beine ihn trugen lief er zum See, in ihm brannte die Hoffnung auf, Amaterasu wieder zu sehen. Vor der Brücke kam Oki schlitternd zum stehen und verwandelte sich in einen Menschen. Eine Gestalt schritt die Brücke hinab. "Amaterasu?"Er hörte die Person lachen. Es war eine glockenhelles Lachen, das schönste, was seine Ohren je gehört hatten. Die Frau machte den letzten Schritt und stand nun genau vor Oki. Sie hatte langes lockiges schneeweißes Haar, eine blasse, aber nicht minder schöne Haut und das lieblichste und schönste Gesicht, das Oki je gesehen hatte. Sie hatte leuchtende Augen mit einer Farbe irgendwo zwischen Silber, Bernstein und Gold. Es schien, als würden in diesen Augen Flammen lodern, die jeden Moment zu Feuerstürmen werden konnten. Oki wusste einfach, das es Amaterasu war. Es waren nicht die roten Zeichnungen in ihrem Gesicht, auf ihren Armen und ihrem Kimono, der ihm das sagte, auch nicht die weißen Wolfsohren, die auf ihrem Kopf saßen oder die Wolfsrute mit der von Tinte schwarzen Spitze. Nein, es war ihr Geruch, der sie verriet. "A-Amaterasu?", fragte Oki unsicher. Amaterasu kicherte. "Ja. Ich bin's", sagte sie und lächelte ihn an. Oki fühlte sich als würde er in einem Sonnenstrahl stehen, der nur ihm galt. "Und bitte, nenn mich Ammy", fügte sie hinzu. Oki war froh, das Ammy nicht sehen konnte, wie er unter seiner Maske rot wurde. "I-ich...", stotterte Oki. 'Verdammt!', dachte er nur. Er räusperte sich und fragte dann ruhiger: "Wieso bist du wieder hier?" Jedoch konnte er nicht verhindern, das sein Herz schneller schlug. "I-ich", stotterte Ammy nun ebenfalls und wurde rot. 'Wenigstens nicht nur ich', dachte Oki. "Ich wollte euch alle besuchen. Mein Vater hat mir erlaubt, in die Menschenwelt zurückzukehren und auch hierzubleiben." "Das... Das ist toll", sagte Oki überrascht. Dann sah er wie Amaterasu anfing zu zittern. Erst jetzt wurde ihm bewusst, wie kalt es war. "Wie wäre es, wenn wir nach Wep'keer gehen, damit du dich aufwärmen kannst", schlug Oki vor. Ammy jedoch schüttelte den Kopf. "Es ist mitten in der Nacht. Es wäre mir lieber, wenn wir niemanden mehr aufwecken", sagte sie. Überrascht blickte Oki zum Himmel. Der Sturm hatte sich inzwischen verzogen und der Mond war zusehen. Tatsächlich! Der Mond war nicht weit von seinem höchsten Stand entfernt. "Nun gut. dann lade ich dich in meine Hütte ein", sagte Oki möglichst selbstbewusst, wurde jedoch unter seiner Maske rot. Amaterasu wurde ebenfalls rot und nickte schnell. Oki verwandelte sich und wollte sich schon so hinstellen, das sie auf seinen Rücken steigen konnte, als Ammy sich ebenfalls mit einem Rückwärtssalto verwandelte. Sie sah fast so aus wie er sie in Erinnerung hatte. Jedoch mit einem Unterschied. Oki konnte die roten Zeichnungen in ihrem Pelz sehen. Jedoch machte es auch Sinn. Immerhin war der Glaube in die Götter gewachsen und damit auch deren Macht. "Du starrst", sagte sie und lief los. Oki wurde unter seinem Fell rot und lief ihr hinterher. Gras und Blumen sprossen unter Amaterasus Pfoten, als sie mit Oki um die Wette lief. "Wer als erstes bei deiner Hütte ist?", fragte sie. "Gerne", lachte Oki, legte einen Zahn zu und überholte Amaterasu. Jedoch hatte er ihre Göttliche Geschwindigkeit vergessen. Ammy schoss an ihm vorbei, goldenes Gras und Blumen hinter sich herziehend und immer schneller werdend. Und da wurde Oki klar: Er hatte schon verloren.
Schwer atmend kam Oki an seiner Hütte an. Amaterasu wartete auf ihn, noch immer eine Wölfin. Oki verwandelte sich und öffnete ihr die Tür. Ammy verwandelte sich ebenfalls und schlüpfte an ihm vorbei ins Warme. Zitternd rieb sie sich die Arme, um sich aufzuwärmen. Oki warf noch einige Scheite ins Feuer. Dann griff er nach dem Fleisch, das neben dem Feuer lag. Es war noch warm. Wahrscheinlich war Kai erst vor kurzem hier gewesen, um es ihm zu bringen. Oki hatte in letzter Zeit nicht wirklich darauf geachtet, etwas zu essen. Er reichte einen der Spieße Ammy, die sofort herzhaft hinein biss. Oki lächelte und rückte seine Maske ein wenig zur Seite, damit er ebenfalls essen konnte.
Amaterasu wurde am nächsten Morgen von den Strahlen der Sonne, die durch den Eingang von Okis Hütte schien, geweckt. Ammy blinzelte und setzte sich auf. Oki war nicht in der Hütte. Amaterasu stand auf und streckte sich gähnend, während sie seine Hütte verließ. Der Schnee knirschte unter Ammys nackten Füßen, doch es störte sie nicht wirklich. Denn vor ihr, vielleicht 10 Meter entfernt, meditierte Oki im Schnee. Amaterasu machte einen Schritt auf ihn zu und Oki drehte sich um. "Guten Morgen", sagte Ammy lächelnd. "Guten Morgen", erwiderte Oki warm. Dann fragte er sie: "Ist dir nicht kalt?" Verlegen antwortete Amaterasu: "Doch, eigentlich schon." Oki wollte etwas sagen, als er von einer hellgrünen Pelzkugel über den Haufen gelaufen wurde. Amaterasu brach in Gelächter aus. "Guten Morgen, Oki", lachte die Wölfin, die Ammy unter dem Namen Lika kannte. "Hallo Lika. Könntest du bitte von mir runter gehen?", brachte Oki hervor. Lika stand auf seiner Brust. "Ich brauche Luft", Okis Stimme wurde heiser. "Oh, tut mir leid!", rief Lika aus und sprang von Oki runter. Während der sich hustend aufsetzte, verwandelte Lika sich in einen Menschen und wandte sich Amaterasu zu. "Und wer bist du?", fragte sie. Ammy lächelte und sagte: "Mein Name ist Amaterasu." Lika war still. Dann fragte sie: "Wieso hast du Wolfsohren und eine Wolfsrute?" Ammy lachte und sagte: "Ich bin zu lange als Wölfin umhergestreift. Aber ich würde sie vermissen, wenn ich sie nicht mehr hätte." "Oh, bist du etwa auch eine Oina? Ich hab dich noch nie im Dorf gesehen", sagte Kai nachdenklich. Ammy lächelte verschmitzt und verwandelte sich. Lika sprang zurück und fragte: "H-Hundi? Bist du das?" Ammy wedelte mit dem Schwanz und verwandelte sich zurück. "Die anderen müssen unbedingt erfahren, das du hier bist, Lady Amaterasu!", rief Lika aus und wollte schon nach Wep'keer zurück laufen, als Ammy sie am Arm festhielt. "Einfach nur Amaterasu oder Ammy. Ich mag das mit dem 'Lady' oder 'Herrin' nicht", sagte die Sonnengöttin. Lika strahlte. "Okay", stimmte sie zu, verwandelte sich und lief zum Dorf zurück. Amaterasu und Oki schauten ihr nach. "Du weißt schon, das sie dich trotzdem mit 'Lady' ansprechen werden, oder?", fragte Oki belustigt. Ammy nickte seufzend. "Ja, weiß ich", sagte sie und drehte sich dann zu Oki um. "Aber können wir vorher was essen?"
Nachdem Oki und Amaterasu gegessen hatten gingen sie nach Wep'keer. Der gesamte Oina Stamm hatte sich am Dorfeingang versammelt und erwartete sie. "Lady Amaterasu, Göttin der Sonne, Ursprung alles Guten und unser aller Mutter", sprach Samickle. "Als Ihr uns das letzte Mal besucht habt wussten wir nicht, wer Ihr seid. Daher bitte ich Euch, uns zu erlauben, Euch die Gastfreundschaft anzubieten, die Ihr verdient habt." Ammy seufzte. "Ich möchte nicht, das ihr mich wie eine Göttin behandelt", sagte sie klar. Samickle schreckte zurück. "A-aber Ihr seid eine Göttin! Ihr seid-!", versuchte er zu sagen. "Ich möchte, das ihr mich wie eine Freundin behandelt, die zu Besuch gekommen ist. So fühle ich mich viel willkommener", sagte Amaterasu lächelnd. Schüchtern trat Lika aus der Gruppe hervor. "Heißt das, ich darf dich umarmen?", fragte sie. Ammy lachte. "Natürlich", sagte sie und kniete sich hin, um Lika in ihre Arme zu schließen. Das kleine Oinamädchen schmiegte sich in Amaterasus Arme. "Du bist so liebevoll wie bei deinem letzten Besuch", sagte eine Stimme. "Kemu!", freute Ammy sich. Der alte Oina lächelte die Göttin an. "Es ist schön dich wieder in unserer Mitte zu haben. Die anderen wussten vielleicht nicht, wer du bist, aber ich wusste es. Ich wusste auch, das du wiederkommen würdest, also sagte ich unseren Handwerkern, sie sollen das hier anfertigen", sagte Kemu bedächtig und überreichte Amaterasu ein in Papier eingeschlagenes Päckchen. Vorsichtig öffnete sie es... Und konnte nicht glauben, was sie da in ihren Händen hielt. "Oh Kemu... Ist das...", sagte Ammy, überwältigt von der wunderschönen Maske in ihren Händen. Sie war wie die der Oina, jedoch schaute ihr eigenes Gesicht sie an, ein weißer Wolf mit roten Zeichnungen. "Ist es wirklich in Ordnung, das ich sie habe? Ich dachte, kein Außenstehender darf eine Maske der Oina haben", sagte Amaterasu und sah Kemu an. "Es stimmt, allein der Gedanke, das ein Außenstehender eine Oina Maske besitzt, ist unverzeihlich. Jedoch bist du nicht irgendwer, Amaterasu. Du hast uns gerettet", sagte Kemu und lachte. "Nicht zu vergessen, das du ebenfalls Mensch und Wolf bist. Welch besseren Kandidaten gäbe es als dich?", fragte Kemu. Ammy wurde warm ums Herz. "Ich danke dir", sagte sie, ihr fehlten die Worte, um ihre Freude über dieses Geschenk auszudrücken. Jedoch verstanden alle. Denn die Wärme, die Amaterasu verspürte, übertrug sich auch auf die Mitglieder des Oina Stammes.
"Nun dann, lasst uns-", wollte Samickle sagen, wurde jedoch von einem Oina Krieger unterbrochen, der keuchend ins Dorf rannte. "Dämon!", schrie er. Hinter ihm tauchte ein riesiger neunschwänziger Dämon auf. Er holte aus und wollte den Krieger zerfetzen, als Amaterasu mit Kusanagis Klinge den Angriff abwehrte. "Du dumme Töle", knurrte der Dämon. Ammy sprang zurück und schlug dann schnell und -als wüsste sie, was sie tun musste- gezielt auf den Dämon ein. "Neunschwanz. Ich habe dich schon zweimal geschlagen. Willst du ein drittes mal daraus machen?", fragte die Sonnengöttin. "Bring alle in Sicherheit", sagte Oki zu Samickle, zückte sein Schwert und sprang Amaterasu zur Seite, um sie im Kampf zu unterstützen. Gemeinsam schaften sie es Neunschwanz so weit zu schwächen, das nur noch die alte Füchsin, die sie war, übrig blieb.
Es blieb nur noch ein Schlag, dann wäre Neunschwanz besiegt, das wussten die Kämpfer. Schwarzer Rauch quoll aus der Dämonin. Amaterasu zückte ein Schriftstück und machte sich bereit, Neunschwanz ein für alle Mal zu vernichten, als die Füchsin sie angriff. Ammy konnte noch gerade so parieren, jedoch verlor sie ihr Schwert und wurde durch den Schlag nach hinten geschleudert. Keuchend und benommen blieb sie auf dem Boden liegen. "Amaterasu!", hörte sie Oki wie durch Watte rufen.
Neunschwanz wandte sich dem Oina Krieger zu. Der griff die Dämonin an, jedoch wurde er mit der Breitseite des Schwertes von Neunschwanz getroffen und gegen die nächste Felswand geschleudert.
Unheilvoll lächelnd drehte sich Neunschwanz zu der Sonnengöttin um. Diese versuchte nach ihrem Schwert zu greifen, jedoch kam die Füchsin ihr zuvor. Mit einem schnellen Stich rammte sie Amaterasu das Schwert in den Bauch. Ein Schmerzensschrei verließ Ammys Mund, als sie sich unter Kusanagis Klinge wand, in dem verzweifelten Versuch, dem Schmerz zu entkommen. "Stirb, du Töle", knurrte Neunschwanz ihrer Kontrahentin zu und wähnte sich schon als Siegerin. Jedoch hatte sie Oki völlig vergessen. Er hatte es geschafft unter Neunschwanz' Körper zu gelangen und rammte ihr sein Schwert ins Herz. Neunschwanz heulte auf und ließ ihr neunklingiges Schwert fallen. Oki ergriff es und stieß es mit Mühen ebenfalls in Neunschwanz' Herz. Die Dämonin taumelte zurück und mit einem letzten Angriff riss sie Oki die Krallen über den Körper. Dann stürzte sie zu Boden und rührte sich nicht mehr. Oki schaffte es, sich zu Amaterasu schleppen. Die Sonnengöttin war am Rande der Bewusstlosigkeit. In ihrer Hand hatte sie noch das Schriftstück. Es war ein Bannpapier. Oki nahm es und warf es mit einem kurzen Gebet auf Neunschwanz' Körper. Sie verbrannte und die Asche verteilte sich in alle Winde. Nur Okis Schwert blieb zurück. Er sank auf die Knie. Oki spürte, wie das Blut aus seinen Wunden floss, jedoch fühlte er sich merkwürdig taub. Sein Blick glitt zu Amaterasu. "Oki", flüsterte sie und Blut rann ihr aus dem Mund. Gerade so konnte sie ihn ansehen. "Ich... Bin hier", sagte er schwach. "Ich... Liebe dich, Oki... Seit damals", sagte Ammy mit einem schwachen Lächeln und streckte die Hand nach ihm aus. Oki ergriff sie und Amaterasu verlor mit einem kleinen Lächeln auf den Lippen das Bewusstsein. Er kniete neben ihr im Schnee. Am liebsten würde er das Schwert aus Amaterasus Körper ziehen, doch ihm fehlte die Kraft dazu. "Ich liebe dich auch", sagte er schwach und sah auf. Gedämpft konnte er die Rufe der anderen Oina hören und verschwommen sah er sie auf ihn und Ammy zulaufen. Doch er war zu schwach und zu müde, um irgendwie zu antworten oder ihnen entgegen zu kommen. Okis glanzlose rubinrote Augen schlossen sich und er fiel neben Amaterasu in den von ihrer beider Blut rot gefärbten Schnee.
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