Prolog
Vorsichtig blinzelte die junge Frau in die sie umgebende Dunkelheit. Keuchend griff sie sich mit einer Hand an den Kopf und schluckte die aufsteigende Übelkeit hinunter. Pochende Kopfschmerzen hämmerten gegen ihre Stirne. Zitternd setzte sie sich in ihrem Bett auf und tastete suchend nach der Nachttischlampe, zuckte jedoch mit einem erschrockenen Aufschrei zurück und sprang mit einem Satz aus dem Bett. Ihr Bett war vollkommen durchnässt von einer schmierigen Flüssigkeit. Schaudernd betätigte sie den Lichtschalter neben der Türe. Sie erstickte einen weiteren herzzerreißenden Schrei mit ihrer Hand, die sie sich entsetzte vor den Mund schlug. Das war nicht irgendeine Flüssigkeit. Das hier war Blut. Dunkelrot schimmerte das Bettlaken im gleißenden Licht der Lampe. Was war hier passiert?
"Wir hatten unseren Spaß, Darling." Die helle Stimme nahm ihr gesamtes Denken ein und sie wirbelte, ihre Schmerzen völlig vergessend, herum. Er lehnte im Türrahmen. Seine stechend roten Augen fixierten sie. Die junge Frau holte stockend Luft und wandte dann ihren Blick ab. So konnte sie nicht sehen, wie ihr Gegenüber verwirrt die Augenbrauen hochzog. Langsam ließ sie ihren Blick an sich hinabwandern. Selbst ihre Hände waren über und über mit Blut bedeckt. Mit ihrem eigenen Blut. Wie versteinert stand sie da und konnte ihren Blick nicht abwenden. In ihrem Unterleib verspürte sie stechende Schmerzen, die sie aufstöhnen ließen.
"Selbst Schuld, du hast dich mir an den Hals geworfen." Keinerlei Emotionen schwangen in seiner Stimme mit, als wäre er innerlich aus Stein.
Also war das hier alles etwa ihre Schuld? Aber sie wusste doch überhaupt nicht, was geschehen war!
"Wenn man es genau betrachtet, ist es deine Schuld." Sie starrte ihn unsicher an.
"Hast du Angst?" Zwar schüttelte sie ihren Kopf, doch ihre Knie fühlten sich weich wie Butter an und ihre Hände zitterten wie Espenlaub. Mit eleganten geschmeidigen Bewegungen kam er näher. Zärtlich legte er seine eiskalte Hand auf ihre blutverschmierte glühend heiße Wange. Bei dieser, wenn vielleicht auch beruhigend gemeinten, Berührung lief ihre eine Gänsehaut den Rücken hinab. Sein geruchloser Atem strich über ihre Stirne. Instinktiv wich sie einen Schritt zurück und verschränkte schützend ihre Arme vor der Brust.
"Was hast du getan?" Angst und abgrundtiefer Hass dominierten ihre Stimme. Er lächelte lasziv und strich sich eine blonde Haarsträhne aus dem Gesicht. Im Grunde war er wunderschön, seine Bewegungen so sanft und schnell, doch sein Charakter war schwarz - tiefschwarz.
"Wir hatten Spaß, wie bereits gesagt." Seine Stimme klang gefährlich ruhig.
"Und weiter? Was hast du mit mir gemacht?" Er lächelte.
"Ich hatte Hunger. Ich brauchte dein Blut." Er zuckte lässig mit den Schultern. Eine abfällige Geste ihr gegenüber.
"Woher kommt das ganze Blut?" Mit jedem Satz, den sie sprach, verschwand ihre furchtbare Angst ihm gegenüber, doch ihre Wut wuchs stetig.
Er fletschte die Zähne. Langsam kamen zwei spitze Eckzähne zum Vorschein. Was war er?
"B-bist du ein - Vampir?" Sein grausames Lachen hallte in ihren Ohren wider.
"Nein, was habt ihr Menschen nur immer mit diesen Vampiren?" Er grinste angsteinflössend. Das stachelte sie nur noch mehr an.
"Und was ist mit meinem Kind?", schrie sie blind vor Wut. Innerhalb einer Sekunde stand er auch schon vor ihr und beugte sich zu ihr hinab. Gedankenverloren blickte er ihr tief in die blauen Augen und wickelte eine Haarsträhne um seinen Finger. Eingeschüchtert musterte sie sein zauberhaftes Antlitz.
"Gar nichts. Das Kind ist mir egal. Ich will Spaß und Blut - alles, was du mir geben konntest." Die kalte Wand drückte sich in ihren Rücken. Sie wollte weg von hier - weg von ihm. Doch scheinbar gab es keinen Ausweg mehr. Seine strahlend weißen Eckzähne jagten ihr fürchterliche Angst ein. Sie wollte ihn anbrüllen, er solle abhauen. Sie wollte ihn nie nie wieder zu Gesicht bekommen! Doch als sie ihren Mund öffnete, brachte sie nur ein leises Stöhnen hervor. Schwärze trübte das Bild vor ihren Augen. Ihre Knie gaben nach und sie sackte in sich zusammen. Schweigend betrachtete der junge Mann die Frau, die vor ihm auf dem Boden lag.
"Wenn du Glück hast, wird dein Kind nicht eine meiner Spezies." Dann löste er sich in dichten Nebel auf und war verschwunden. So, als hätte es ihn niemals gegeben.
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