Elijah
1920. Ich war schon 1936 Jahre alt. Wie ekelig. Ich war schon fast zwei Jahrtausende alt und trotzdem fühlte ich mich wie eine 16 Jährige in der Pubertät. Folglich war ich auch so empfindlich wie eine Pubertierende. Ich stand gerade an einer Bar in New Orleans und bestellte mir eine gute Flasche Wodka.
„Ein harter Tag?" fragte eine freundliche Stimme. Ich sah nach rechts woher ich sie vermutet hatte. Braune Haare, braune Augen und ein ebenso freundliches Lächeln wie die Stimme klang. Dazu trug er einen Anzug. Er war zwar dunkel gekleidet, doch er strahlte etwas helles aus. Könnte aber auch am Licht liegen. Ich lächelte nun auch und nickte kurz als Bestätigung.
Den ganzen Tag schon, hatte ich damit zu gebracht mich hier zurecht zu finden. Aber ich konnte mich hier einfach nicht einleben. Überall in dieser Gegend waren Werwölfe, Vampire und Hexen. Das ließ mich wieder an alte Zeiten denken und darauf hatte ich jetzt wirklich keine Lust. Wobei mir die Hexen noch am liebsten waren,... mal abgesehen davon lebten hier auch noch Urvampire. Alleine schon bei dem Gedanken wurde mir kalt ums Herz. Wenn ich jemals auf einen Stoßen sollte, war ich wieder mal so gut wie Tod. Sie brachten mir die Erinnerungen am stärksten wieder, dass ich meine Schwester einfach so aufgegeben hatte. Doch was konnte ich schon dafür? Wenn sie nicht gefunden werden will, dann muss man sie eben auch nicht suchen.
Meine Aufmerksamkeit galt nun wieder dem Mann. Ich wollte antworten, allerdings wusste ich nicht wie er reagieren würde. Er bemerkte es und bestellte sich einen Drink. Was hatte er jetzt vor? „Wissen sie was? Ich bin schon viel zu lange in meiner Wohnung alleine... sie können mir nicht zufällig jemanden vorstellen, der mit mir eine Wohngemeinschaft gründen würde?" Das hatte er also vor. Tatsächlich hatte ich auch vor mit jemanden eine WG zu gründen. Also versuchte ich mein Glück.
„Wie wäre es mit mir? Ich wollte mich sowieso mal umsehen nach Leuten die mit mir zusammen ziehen könnten." fragte ich vorsichtig. Er nickte. Das ging ja schnell. Noch nie hatte ich glaube ich, so fix jemanden gefunden, der mich ertragen konnte.
„Ich hätte nur eine Bedingung." sagte er. Ich nickte neugierig. Was für eine Bedingung? „Ich möchte gerne meinen eigenen Kühlschrank." Puhhh. Das war dann auch schon mal geklärt. Denn um ehrlich zu sein möchte ich nicht sein Gesicht sehen, wenn er Blut in meinem Kühlschrank entdeckt. Ich mochte ja vielleicht kein Vollblutvampir sein, aber dennoch war ab und zu ein Glas davon mir lieber, als mich mit essen Vollstopfen zu müssen.
Ich willigte natürlich ein und zeigte ihm nach meinem und seinem Drink meine Wohnung. Die Kartons waren noch zur Hälfte gefüllt, aber das machte ihm gar nichts aus. Richtig ausgeflippt ist er nur bei der Küche, weil der Herd völlig verstaubt war. Nach seinen Worten sollte man „gelegentlich was selbstgekochtes" essen. Nachdem er dann noch die restlichen Zimmer inspiziert hatte und er herausfand, dass ich auf Country Musik stand, verabschiedete er sich mit den Worten „Ich komme morgen um drei Uhr wieder und bringe meine Sachen her." und ging.
Vier Wochen waren seither vergangen und meine Panik, dass er einer der Urvampire war oder noch schlimmer ein Werwolf, verschwand immer mehr und mehr, umso mehr Zeit ich mit ihm verbracht hatte. Ich fand heraus, dass er Elijah hieß, dass er unglaublich gerne und gut kochen konnte und das man mit ihm Pferde stehlen konnte. Man könnte behaupten, dass dies die besten vier Wochen meines Lebens waren.
So ging das dann ein ganzes Jahr lang weiter und mittlerweile kannten wir uns schon besser als jeder andere. Doch meine Angst stieg von Tag zu Tag. Was wäre wenn ich ihn auf einmal verscheuche? Oder einen Wundenpunkt treffen würde? Vor zehn Monaten, glaubte sogar fast jeder in dieser statt, dass das zwischen mir und Elijah eine drei Monats Beziehungen sei und er mir das Herz brechen würde. Aber dem war nicht so und er hatte mir auch nicht das Herz gebrochen. Allerdings war er zur Zeit abwesender denn je... war eine Frau daran Schuld? Ich ging in die Küche wo er gerade wieder ein wunderbares Essen zauberte. Meine Hexeninstinkte sagten mir, dass es mir wieder so gut schmecken wird, dass ich nicht genug davon bekommen könnte. Ich setzte mich auf meinen Küchenstuhl und sah zu, wie es in der Bratpfanne brutzelte. Elijah hatte so wie jeden Tag einen Anzug an gehabt, doch mit der Zeit wo ich ihn kennengelernt habe, wurde das zur Angewohnheit. Er trug nun mal Anzüge, andere trugen Kleider, also was soll's. Mal wieder, kochte er in perfekter Abwesenheit. Was war denn nur zur Zeit mit ihm los? „Sag mal ist alles in Ordnung?" fragte ich ihn. Er schreckte auf. Hatte er mich gar nicht bemerkt? „Mir geht es gut." sagte er leichtfertig. Den Ton kannte ich. Ich hielt inne. Das waren die letzten Worte jedes erdenklich Verwandten von mir bevor sie sich umbrachten. Schneller als ich vermutet hatte, floßen Tränen über mein Gesicht. Es waren meine Tränen. Vor einem halben Jahr, hatte ich ihm meine Geschichte erzählt, mal abgesehen von der Werwolf-, Hexen- und Vampirsache. Jetzt kamen mir alle Bilder wieder in den Kopf geschossen. Ich hatte ihm erzählt das ich irgendwann gehe, dass ich das immer tue. Doch dieses Mal dachte ich wirklich ich könnte bleiben. Nur ein bisschen länger vielleicht. Aber ich irrte mich; schneller und immer schneller packte ich meine Sachen zusammen und ging wieder in die Küche.
„Ich gehe." Das waren wahrscheinlich die schwersten Worte, die ich jemals zu ihm sagte. Er erstarrte. Ich hatte ihn gewarnt. Hatte ihm erzählt, dass ich gehen werde, irgendwann. Er kam auf mich zu, umarmte mich ein letztes Mal. „Willst du wirklich gehen?" fragte er leise. Und alles was ich noch zu ihm sagen konnte war ein „Ja."
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