XV. Kapitel

Beim Nachttopf der heiligen Hera!

Wieder und wieder las ich die Prophezeiung, die ich auf ein Stück Papier geschrieben hatte. Will saß neben mir und zerbrach sich ebenfalls den Kopf. Auf dem großen Holztisch hatten wir mehrere antike Karten ausgebreitet, leere Energydrink-Dosen standen zwischen aufgeschlagenen Büchern und Hunderten von mit Notizen vollgekritzelte Zetteln. Die alte Standuhr (nicht mein Geschmack, der meiner Mutter) zeigte kurz vor vier. Mitten in der Nacht.

„Okay, ich finde wir sollten das ganze noch einmal systematisch durchgehen.", schlug ich vor.

„Schon wieder?", stöhnte Will. Er sah so müde aus, wie ich mich fühlte.

„Ja. Vers für Vers. Das hier ist der einzige Hinweis den ich habe und ich will nichts übersehen.", sagte ich bestimmend.

„Okay.", Will gab sich geschlagen. „Wenn die Schöpf'rin endlich erwacht

Wird das verbotene Mädchen geboren. An sich ist das einfach. Die Schöpferin ist Euronyme und das verbotene Mädchen bist du. Verboten weil du die Tochter von Artemis bist und vertuscht werden solltest."

„Woher willst du wissen, dass Euronyme die Schöpferin ist? Wovon überhaupt? Wenn es um die Welt geht, ist es Euronyme, und es passt auch zu den Ereignissen. Die Schöpferin des Titanenimperiums ist aber Gaia, vielleicht auch Rhea. Hera könnte ebenfalls gemeint sein, sogar...was weiß ich! Die Erfinderin des Hot Dogs!", warf ich ein.

„Wenn's nach mir ging, würde ich lieber die Erfinderin des Hot Dogs anbeten als Hera.", grinste Will. „Du dramatisierst mal wieder, Zoë. Nächsten zwei Verse."

Sie hat doch gewartet, im Schlafe gewacht, die Welt stirbt in Eis, die Zeit ist gefroren.", las ich. „Das mit dem im Schlafe gewacht verstehe ich nicht wirklich, der Rest leuchtet ein. Die Welt stirbt in Eis, das passt wirklich perfekt zu dem, was Boreas mir erzählt hat."

„Ich glaub das soll heißen, das du in Zukunft nicht die ganze Welt einfrieren wirst.", bemerkte Will.

„Danke, wär ich nicht drauf gekommen.", erwiderte ich trocken. „Weiter im Text: Leben hilft uns ins Gleichgewicht, wenn wir versinken in eisiger Not. Das mit der eisigen Not trifft glaube ich wieder auf mich zu."

„Wenn ich diese Prophezeiung sehe, habe ich das Gefühl, dass du noch für ziemliche Schwierigkeiten sorgen wirst. Das mit eisiger Not klingt ja nicht wirklich toll." Ich knuffte ihn. „Ey, schon gut, ich stehe auch noch zu dir, wenn du eine machtbesessene, durchgeknallte und mit Eiszapfen schleudernde Weltenzerstörerin bist.". beruhigte er mich lachend.

„Ich find das nicht lustig! Und das mit dem Leben bringt uns auch nicht weiter... Oder kennst du irgendwas, was das Leben symbolisiert?", fragte ich.

„Nö. Vielleicht ne Pflanze oder so? Du solltest mal in Demigoogle nachgucken."

Ich holte meinen silbernen Laptop aus dem Schrank, dort wo sonst ein Apfel pragte, leuchtete das Symbol von Hephaistos auf als ich ihn anschaltete. Ein Hammer und ein Amboss. Noch vor meiner Anerkennung hatte ich ihn bei einer Wette gegen einen Sohn von Hephaistos gewonnen.

Während ich grob das Deminet durchsuchte, schnappte sich Will eine weitere Dose und öffnete sie mit einem Zischen.

Nach einer Weile sagte ich: „Ich finde nichts. Angeblich gibt es ein göttlichen Parfum, dass das Leben heißt, aber das ist mit Sicherheit nicht gemeint. Ansonsten noch ein Fluss, der durch Griechenland geflossen, aber schon längst ausgetrocknet ist."

„Hm, dass hilft uns nicht weiter... Gibt es vielleicht eine Person, die das Leben hieß? Ein Gott? Halbgott? Sonst was?", fragte Will.

„Ich gucke mal im Personenregister...ich gebe einfach "Leben" ein, ja?...Ne..null Treffer bei göttliche Wesen...jetzt mal alle Kategorien...Ich hab was!", rief ich aus.
Will war aufgesprungen und schaute über meine Schulter auf den Bildschirm.
"Zoë Nachtschatten? 'Ne Jägerin, leider schon tot. Zoë, das bringt uns nichts. Man kann niemanden von den Toten erwecken."
"Das verstehst du nicht! Zoë heißt Leben! Das hat meine Mutter selbst einmal gesagt! Zoë heißt das Leben und Chester ist die Stadt in der ich geboren wurde!" Meine Müdigkeit war wie weggeblasen.
"Ist das jetzt Zufall und deine Mutter hat dich einfach nur nach dieser Jägerin benannt oder wusste sie von der Prophezeiung?", sprach Will meine Gedanken aus.
"Das ist hier die Frage. Aber es lässt das Ganze auf jeden Fall in einem komplett anderen Licht erscheinen. Schau dir mal die nächsten beiden Verse an: Das Mädchen bringt uns zurück unser Licht oder die Waage gerät aus dem Lot. Das Mädchen ist mit größer Sicherheit das verbotene Mädchen, also ich. Und mit Waage kann nur das Gleichgewicht der Macht gemeint sein."
"Gut möglich. Und die letzte Strophe ist selbsterklärend. Keine Grenzen hat ihre Macht. Nicht mal der große heil'ge Rat. Nur durch des Königs jüngstem Spross bleibt sie auf den rechten Pfad. Davon abgesehen dass wahrscheinlich an die hundert Typen als des Königs jüngster Spross in Frage kommen...", vermutete Will.
"Fällt dir nicht etwas auf?",fragt ich ihn.
"Bis auf die Tatsache, dass ich gerade mitten in der Nacht über eine total verrückte Prophezeiung brüte, die zufälligerweise meine beste Freundin betrifft ist doch alles total normal.",grinste er.
"In der Prophezeiung gibt es zwei handelnde Personen. Die Schöpferin und das Mädchen, Sagen wir Euronyme und ich. Beide weiblich. Wenn da steht: Keine Grenzen hat ihre Macht, wessen Macht ist damit gemeint?",teilte ich ihm meinen Beobachtung mit.
Will dachte nach. "Stimmt, jetzt wo du's sagst...An mehreren Stellen ist nicht ganz klar wer gemeint ist. Dann verschmelzen die beiden einfach."
Ich seufzte. "Ich hab so das Gefühl, diese Prophezeiung wird noch für ganz schön viel Ärger sorgen..."

ΩΩΩ

Die folgenden Tage verbrachte ich damit, den Allrag im Camp zu genießen. Erst jetzt bemerkte ich, wie sehr ich ihn vermisst hatte. Ich gab meine erste Schießstunde seit Monaten, meldete mich freiwillig zum Küchendienst und beantwortete gefühlte tausend Fragen. Fragen zu meiner Reise, zu den olympischen Göttern, meinem Vater und der Titanenarmee. Nur von Luke erzählte ich keiner Menschenseele etwas, noch nicht einmal Will. Ich rätselte immer noch über sein Verhalten. War es vielleicht sogar möglich, dass ich mir unser kurzes Gespräch nur eingebildet hatte? Schließlich hatte mein Kopf schon ziemlich etwas abbekommen. Andererseits, wer sonst sollte mir das Diadem aufgesetzt haben? Und konnte man sich wirklich so lebhaft an ein nie stattgefundenes Gespräch haben? Nein, definitiv nicht. Was auch immer Lukes Motive waren, er hatte mich zur Göttin gemacht.
Von Zeit zu Zeit vergaß ich für einige kostbare Momente, was alles passiert war. Bis der Blick einer Person mit der ich gerade redete über meine Augen rutschte. Ich hatte mich an das Diadem gewöhnt, aber für alle anderen war es immer noch ziemlich ungewohnt. Selbst May und Will ertappte ich manchmal während sie mich anstarrten, als hätte ich mir eine Mikrowelle auf den Kopf geschnallt.
Mein Gefühl sagte mir zwar, dass es gerade erst Herbst war, aber den hatte ich schließlich gründlich verpennt. Überall im Camp herrschte weihnachtliche Stimmung, Mr D hatte sein schreckliches Leopardenhemd gegen ein (noch schrecklicheres) knallrotes mit Renntieren getauscht, der Speiseplan war dem Fest der Liebe angepasst und die Kinder der Aphrodite und Demeter hat das gesamte Camp dekoriert. Ausnahmsweise lag sogar Schnee, obwohl wir sonst immer vor Regen, Schnee und Sturm geschützt waren. Kurz gesagt: Es war wie jedes Jahr.
Ich hatte keine großen Erwartungen, als ich am 24. Dezember, meinem 16. Geburtstag aufwachte. Normalerweise kriegt man eine Kleinigkeit von seinen Hüttengenossen, eine Karte vom göttlichen und Geld vom sterblichen Elternteil. Falls man den eins hat. Es war mein erster Camp-Geburtstag an dem ich nicht von dem schiefen Happy-Birthday-Gesang der Hermes-Leute geweckt wurde. Schade eigentlich. 

Ich hatte mehrere Glückwünsche per SMS und Facebook und SMS bekommen, und eine Nachricht von Will,dass er May, Finnick und ein paar andere früh weg mussten und wir uns heute abend sehen würden. Da jeder an seinem Geburtstag von seinen Pflichten entbunden und Will nicht da war, beschloss ich mich mit einem guten Buch und Mandelkeksen zurück ins Bett zu legen. Kaum hatte ich es mir gemütich gemacht, ertönte hinter mir ein plopp, ein sicheres Zeichen dafür, dass ein ott sich hergeschnipst hatte. Ich erwartete Boreas, Artemis, vielleicht sogar Aurora oder Euripides, stttdessen stand eine mir unbekannte Frau vor mir. Ich brauchte einige Sekunden, um sie zu erkennen (Aphrodite) und einige weitere, um mir klar zu werden warum ich sie nicht erkannt hatte. Mit jedem Augenschlag wechselte sich ihre Gestalt. Von rassischer Schönheit bis lebensechter Barbie war alles dabei. Schliesslich legte sie auf eine endezwanzigjährige Blondine mit blauen Augen und langen Beinen, ihre Standarderscheinung wie ich sie auch auf dem Olymp gesehe hatte.

Sie tätschelte mir mir die Wange und lächelte. Ich konnte ihr penetrantes Rosenparfum riechen.

"Na Zoë? Alles Gute zu deinem Geburtstag! Du bist sechzehn geworden, nicht? Hach; das Diadem betont deine hellen Teint hervorragend. So chic! Freust du dich schonauf nacher? Natürlich tust du das! Ach nein, du weisst ja gar nicht worum es geht!"

"Ähm...ja.", sagte ich, weil mir nichts besseres auf diesen Wortschwall einfiel.

Wieder ein strahlendes Lächeln. "Wir zwei Hübschen gehen jetzt auf den Olymp und machen dich fertig."

"Darf ich fragen, wofür?"

"Jedes Mädchen verdient zu ihrem 16. Geburtstag eine rauschendes Fest. Ich freu mich so! Die letzte grosse Party war...vor siebenundsechzig Jahren. Janus hat zum neunten Mal geheiratet, eine totale Schnepfe wenn du mich fragst."

Ich begann mich zu fragen, ob Aphrodite nach dem Motto der Blondinen (Sei schlau, stell dich dumm) lebte. Ich konnte mir nämlich nicht wirkich vorstellen, dass sie nichts anderes als Aussehen und Spass im Kopf hatte, man ist schliesslich nicht ohne Grund eine olympische Gottheit. Und schon oft genung habe ich alte Geschichten gelesen, in denen Aphrodite sich immer als sehr gerissen und schlau entpuppt hat.

"Und was gibt es besseres, als deinen Geburtstagmit deiner Krönung zu kombinieren, nicht war?"

Moment mal! Hatte sie gerade Krönung gesagt?! Ich sollte gekrönt werden? Von Zeus und dem Rat annerkannt als Gott? In Gedanken stellte ich mir vor, wie Zeus einer vor ihm knieenden Zoë versuchte, eine zweite Krone über das Diadem zu stülpen. Ich musste ungewollt grinsen. Nach dem Geschehen der letzten (für mein Gefühl: Tage, in Wirklichkeit: ) Monate schockte mich so leicht nichts mehr. Nein! Es reicht nicht, dass man halb Gott ist und in einem seltsamen Feriencamp lebt, es muss sich herausstellen, dass man eigentlich nie hätte geboren werden dürfen und man wird auf einen gefährlichen Auftrag geschickt, bei dem man ein uraultes, dauerklebendes Diadem aufs Auge gedrückt bekommt und plötzlich selbst Gott ist. Die Moiren meinten es wirklich sehr gut mit mir. (Man beachte die unverkennbare Ironie!)

ΩΩΩ

Zufrieden betrachtete Aphrodite ihr Werk (das war ich) im Spiegel. Meine brauen Haare waren aufwendig hochgesteckt (Bitte heiliger Hades, lass die zehn Tonnen Haarspray und zehn dutzend Haarklammern keinen bleibenden Schaden hinterlassen!), das Gesicht dezent geschminkt ("Hach, wie reizend! So jung und frisch wie ein Regentropfen!") und unter dem antiken Peplos (für den offizielen Teil der Zeremonie) ein hellblaues kurzes, mit eisblauen Steinen besetztes Kleid (Okay, ich gebe zu, das war wirklich reizend). Für Einige wäre es bestimmt eine Ehre, von der Göttin der Schönheit gestylt zu werden, und obwohl ich durchaus als griechische Göttin des Eises durchging, fand ich es doch etwas übertrieben.

Nach ein wenig Rummgezupfe an meinem Kleid sagte Aphrodite: "Wunderschön! Du wirst perfekt mit Euripides harmonieren."

"Warum ist das notwendig?"

"Das ist ein offizieller Anlass, da gehört Tanzen an die Tagesordnung. Und nichts ist schlimmer, als wenn sich die Kleidug der Tanzpatner beisst."

Ich sollte mit Euripides tanzen? Wer hatte das bitteschön bestimmt?

"Du kannst doch tanzen, oder?"

"Hip Hop oder eher so in Richtung Modern Jazz?"

Aphrodite schlug die Hände vorm Gesicht zusammen. "Beim Nachttopf der heiligen Hera! Sag bitte nicht, du beherrschst keine Standardtänze!"

"Ich...beherrsche keine Standardtänze?"

An seinem Geburtstag kann man sich wirklch Lustigeres vorstellen, als mit der Göttin der Liebe Walzer zu üben. Vor allem, wenn man einfach kein Walzer tanzen kann. Wenn das meine Krönung war, warum durfte ich dann nicht die Musik aussuchen? Ich fühlte mich wie in einem dieser Kitsch-Klischee-Filme: Einfaches Mädchen wird aus ihrem Ummfeld gerissen, kriegt 'ne Typveränderung, soll mit dem heissen Typen (Ja, ich hatte inzwischen eingesehen, dass Euripides heiss war. Auch wenn er Gott es Regens und nicht der Flammen war. Haha, Witz!) tanzen, kann aber nicht tanzen, und trotzdem enden beide glüchklich à la Und wenn sie nicht gestorben sind. Kotz.

Nach gefühlten drei Stunden war Aphrodite sich sicher, dass ich mich nicht komplett blamieren würde. Euripides kam in diesem Augenblick wie als hätte er gewartet durch die Tür. Mit Hemd, Sacko, Jeans und dem schiefen Grinsen sah er genauso aus, wie derJunge aus meiner imaginären Klischee-Story.

"Hey.", begrüsste ich ihn.

"Na, Eisprinzessin?" Ganz der Gentleman hielt er mir den Arm hin. Gerade wollte ich ihn (ganz ladylike) ergreifen, als Aphrodite fast schon panisch: "Stopp!" rief. Verärgert drehte ih mich zu ihr um.

"Ja?"

"Wir haben etwas ganz wichtiges vergessen!" Sie schnipste und reichte mir daraufhin ein Glas mit hellrosa Flüssigkeit. Das Getränk roch so süss wie Zuckerwatte.

"Was ist das?", wollte ich wissen.

"Gegen Aufregegung.", antworetete sie mir. Ich gab ihr das Glas zurück.

"Echt lieb, aber ich brauche das nicht."

"Doch!", sagte Euripides hastig. "Das ist echt super, ich benutz das auch immer!" Ich verdrehte die Augen und nahm das Glas zurück.

"Wenns euch danach besser geht... Aber das macht mich auch nicht zu einer geschickteren Tänzerin." Es schmekte noch süsser als es roch. Und beide guckten mich solange angespannt an bis ich alles bis auf den letzten Tropfen ausgetrunken hatte. Ich schüttelte mich und Aphrodite nahm mir das leere Glas ab.

"Ich wünsche einen...angenehmen Abend.", sagte sie. Wahrscheinlich täuschte ich mich, aber ich glaubte den Hauch eines wissenden, listigen Lächelns auf ihren Lippen zu sehen.

Ufff, ich weiss, das mit dem Update hat länger gedauert als eigentlich geplant und das Chap ist im Vergleich zu den anderen trocken und nicht wirklich interessant, aber noch länger warten geht schliesslich auch nicht. Ich hatte das alles schon an meinem Laptop geschrieben, der hat nur dummerweise momentan kein Internet. Ich habe alles abfotografiert und im Zug und bei einer Freundin (wo ich gerade bin) abgetippt (Heidensarbeit...), das ist wahrscheinlich auch der Grund für die dutzenden Fehler, die ich überlesen habe. Trotzdem schöne (Rest)Ferien und

xoxo

Paula :)

PS: Bei den Göttern, jetzt hätte ich's fast vergessen! DANKE DANKE DANKE DANKE für die 20k+!!!!!!! Ihr seid unglaublich <3!!!!

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