XIX. Kapitel

Sabine, Heike und der Auftragskiller

Die Jägerinnen der Artemis sind eine Gruppe von ausschließlich weiblichen Kriegerinnen (nicht zu verwechseln mit den Amazonen, siehe Seite 79), die der Männerwelt abgeschworen haben. Sie machen Jagd auf Monster, die aus dem Tartaros geflohen sind, ihre bevorzugte Waffen sind zu diesem Zwecke ein Bogen mit silbernen Pfeilen und ein Jagdmesser. In der Regel sind sie Recht jung, zwischen acht und ungefähr fünfundzwanzig Jahren. Bei ihrem Beitritt legen sie einen Schwur ab und altern dafür ab diesem Zeitpunkt nicht mehr. Sterben können sie dann nur noch durch die Hand eines Feindes. Beitreten können Halbgöttinnen, Göttinnen, Najaden, Nymphen, Dryaden und Sterbliche, die durch den Nebel sehen können, solange sie von Artemis, allen drei Leutnantinnen oder drei Viertel der Jägerinnen in der Lage dazu gesehen werden. Sie werden alle als überaus hübsch und schlagfertig beschrieben, männliche Wesen haben jedoch keine Chance bei ihnen. Die Jägerinnen haben keinen festen Standort da sie stets einem Ungeheuer hinterher ziehen oder trainieren, trotzdem haben sie die Möglichkeit im Camp Half-Blood (siehe Kapitel 1-3) oder auf dem Olymp (siehe Kapitel 4) zu nächtigen.

 

 

„Artemis, dass kann nicht dein ernst sein!“, sagte ich aufgebracht und verwendete mit Absicht ihren eigentlichen Namen anstatt „Mum“ zu sagen.

„Zoë, ich habe dir gesagt, dass es keine andere Möglichkeit gibt!“ Die Göttin der Jagd aka meine Mutter hatte hektische rote Flecken im Gesicht, das hatte ich bis zu diesem Zeitpunkt noch nie bei einer olympischen Gottheit gesehen (außer bei Dionysos, aber das zählte nicht. Der hatte einfach nur ein wenig zu tief ins Weinglas geguckt). Wir befanden im selben Nebenraum des Thronsaals, in der ich vor einer gefühlten Ewigkeit das erste Gespräch mit Artemis geführt hatte.

„Ich mache das nicht! Nie im Leben!“

„Du verstehst das nicht Zoë! Du hast gerade den heiligen Rat angegriffen, du hast Zeus angegriffen! Du bist besessen von der Schöpfungsgöttin Euronyme!“ Ihre Stimme überschlug sich.

„Ich komme damit klar, okay?“, sagte ich möglichst langsam. „Ich habe alles unter Kontrolle.“

„Du bist eine Gefahr, quasi eine tickende Zeitbombe. Jeder Zeit könnte Euronyme wieder an die Oberfläche stoßen und wer weiß, wozu sie dich beim nächsten Mal zwingen wird! Das weiß niemand! Und für gewöhnlich…räumt der Rat Gefahren aus dem Weg.“

„Warte…warte mit aus dem Weg räumen meinst du…du meinst doch nicht, dass der Rat…?“  Artemis nickte unmerklich.

Diese Situation war so absurd, dass ich loslachen musste. Irgendwie hohl und trocken.

„Soll ich mir jetzt von meiner eigenen Mutter erklären lassen, dass ich nicht überrascht sein sollte, wenn demnächst ein Auftragskiller vor der Tür steht?“ Zu absurd. Einfach nur zu absurd.

„Zoë, das ist nicht zum Lachen! Und wenn du meinen Vorschlag nicht annimmst, dann würde es mich nicht wundern!“ Ihr standen Tränen in den Augen.

Mir war schlagartig nicht mehr zum Lachen zumute.

„Das heißt also…entweder trete ich den Jägerinnen bei oder ich…sterbe?“

„Ganz genau.“, sagte eine Stimme hinter mir. Ich fuhr schlagartig um und blickte in ein Paar silberne Augen. Euripides. Wie er es immer schaffte, sich einfach unbemerkt in der Luft zu materialisieren.

„Krieg ich eine Minute?“, fragte er in Artemis‘ Richtung und deutete mit einem Nicken auf mich.

Sie schien einen Moment zu überlegen und stimmte dann zu. „Ich warte draußen. Wir müssen gleich los.“

Als Artemis den Raum verlassen hatte, begann er zu reden.

„Zoë, du weißt nicht, wie Leid mir alles tut. Ich habe mit meinem Vater geredet und versucht zu überzeugen. Ich habe ihm gesagt, dass-“ Ich unterbrach ihn.

„Euri…pides. Das letzte, was ich jetzt will, ist ein Gespräch mit dir um dein Gewissen reinzuwaschen.“

„Nein, dass ist nicht meine Absicht. Also, ja. Ich habe ein schlechtes Gewissen. Aber das Einzige, was ich jetzt will, ist dir helfen.“

„Mir ist nicht mehr zu helfen. Ich bin besessen.“, sagte ich stur und zeigte auf das Diadem, mit dem der Alptraum erst so richtig begonnen hatte.

„Hör mir gut zu. Ich bin mir zu 100 Prozent sicher, dass du Euronyme im Schach halten kannst. Du bist die stärkste Person die ich kenne.“

„Bisschen spät, um mir Komplimente zu machen. Und mal davon abgesehen: Die helfen mir jetzt auch nicht.“

Euripides schien nicht locker zu lassen. „Diese eine Stelle aus der Prophezeiung, erinnerst du dich? Nur durch des Königs jüngstem Spross / Bleibt sie auf dem rechten Pfad. Gerade eben, da hast du plötzlich aufgehöhrt als ich dich dazu aufgefordert habe. Solange ich in der Nähe bleibe, kann gar nichts passieren.“

„Denk bloß nicht, dass zu allzu wichtig für mich bist.“, sagte ich und ließ meine Stimme dabei nur halb so bissig klingen, wie ich es eigentlich vorgehabt hatte. Als ob das nicht schon nervig genug wäre, fing mein verdammtes Herz an, schneller zu schlagen.

Euripides hatte wirklich die Geduld eines Erziehers für hyperaktive Satyrkleinkinder, denn er lächelte nur leicht.

„Ich bin mir sicher, dass du den Rat überzeugen kannst. Und ich helfe dir.“

„Wer garantiert mir, dass das nicht wieder irgendein Plan ist? Nein Danke. Ich verzichte.“

„Ich…“, er stockte. Er wusste nichts zu erwidern. Wahrscheinlich weil „Vertrau mir“ einfach nur lächerlich aus seinem Mund gewirkt hätte.

„Ich habe die Chance bekommen, zu zeigen, dass ich keine Gefahr darstelle, wenn ich bei den Jägerinnen bin. Frag mich nicht, was das für eine bescheuerte Götter-Logik ist. Aber ich hab jetzt genug von den ganzen Spielchen, mir reicht‘s! Und wer weiß, vielleicht ist es ja sogar das Beste für mich, wenn ich durch die Jägerinnen von solchen Arschlöchern wie dir fern gehalten werde.“ Mit diesen Worten und erhobenem Kopf stürmte ich aus dem Nebenzimmer und lies ihn einfach stehen.

ΩΩΩ

Einmal in meinem Leben war ich Campen gewesen, mit acht Jahren wenn ich mich richtig erinnere. Es war eine Ferienfreizeit und seitdem mied ich Zelte, Campingkocher und aufblase Luftmatratzen so gut es ging. Fragt nicht.

Der Zeltplatz aus meiner Erinnerung war nichts im Vergleich zu dem gigantischen Lager der Jägerinnen der Artemis. Um es einfach auszudrücken: Es war krass. Die dünnen, silberseidenden Zeltwände waren doppelt so hoch wie ich groß war und die Zelte um ein knisterndes Feuer angeordnet. Es schien, als wäre der Wald extra ein Stück zusammengerückt um Platz zu machen.

Es wimmelte von Mädchen allen Alters. Einige waren wesentlich älter als ich, andere schien gerade aus dem Kindergartenalter raus zu sein. Jede trug Lederstiefel und eine silbern schimmernde Jacke, ansonsten war die Kleidung persönlich unterschiedlich. Ich entdeckte einige orange Camp-Half-Blood-Shirts, überwiegend jedoch weiße oder silberne Tops. Über schwarze Leggins bis hin zu Camouflagehosen, Cargo, Cord und Jeans war alles dabei. Etwas was die Jägerinnen aber wieder alle verband war, wie eine Uniform, ihre Aura. Ein anderes Wort fiel mir dazu nicht ein, trotzdem war es nicht die abstrakte Götter-Aura sondern ein Leuchten, das man sehen konnte. Es war wie ein Heiligenschein auf einem alten Kirchengemälde, irgendwie beeindruckend.

Die Jägerinnen hatten bis auf eine oder zwei wahnsinnig lange Haare, die in komplizierten und hübschen Flechtfrisuren untergebracht waren. Obwohl alle herum wuselten wusste anscheinend jede, was sie tun und wo er hin sollte.

Wie ein Schwarm Bienen ging mir durch den Kopf. Und meine Mutter ist die Bienenkönigin.

Ich war von alldem beeindruckt. Nicht nur vom Lager oder vom Aussehen der Jägerinnen, sondern von dieser Präsenz, Eleganz und Ausstrahlung. Das waren alles starke Mädchen und junge Frauen und ich empfand wirklich etwas wie Bewunderung für sie (Und glaubt mir, dass war echt selten!).

Meine Mutter war vor einigen Minuten in das größte der Zelte verschwunden und kam nun, gefolgt von einem Mädchen ungefähr in meinem Alter heraus.

„Es tut mir Leid, ich muss sofort zurück in den Thronsaal, wir sehen uns heute Abend, in Ordnung?“, sagte Artemis zu ihr und war einen Augenblick später schon verschwunden. Plötzlich verschwinden und auftauchen war anscheinend eine Spezialität der Götter.

„Hi, ich bin Alexa, freut mich dich kennenzulernen.“. Lächelnd streckte mir Alexa ihre Hand entgegen. Ihre dunkelbraunen Haare waren streichholzkurz geschnitten und ein silberner Haarring schmückte ihren Kopf. Unter ihrer Uniformsjacke trug sie ein Pink Floyd Shirt wenn ich mich nicht irrte.

„Ich bin hier Leutnantin, die jüngste der Drei. Artemis hat mir alles erzählt, die letzten Monate waren wohl nicht leicht für dich.“ Ihre dunkelbraunen Augen leuchteten vor aufrichtiger Freundlichkeit.

Mein Blick fiel auf ihre Schultern, wie in einer gewöhnlichen Armee hoffte ich dort einen Dienstgrad zu finden. Tatsächlich, drei silberne Sterne pragten auf  ihrer Jacke.

Es verwunderte mich, dass sie es völlig in Ordnung zu finden schien, dass die Tochter ihrer eigentlich jungfräulichen Anführerin vor ihr stand.

„Ich habe gehört, du bist eine tolle Bogenschützin und Strategin. Mädels wie dich können wir immer gut gebrauchen.“

Ich nickte nur, mir ging hier definitiv einiges zu schnell. Vor zwei Stunden hatte ich die Götter angegriffen und jetzt sollte ich –schwuppdidupp – Teil einer unsterblichen Mädchenarmee werden. Wer beim Hades hatte sich das wieder ausgedacht? Das war wirklich totaler Schwachsinn. Ich hätte eher damit gerechnet in ein Kellerverlies gesteckt zu werden oder dem Olymp verwiesen. Aber wie bereits gesagt: Ich würde wohl nie verstehen was in den göttlichen Birnen der Zwölf vor sich ging.

„Hier in Crah-Kurs: Wir haben einen Rat, der besteht aus den drei Leutnantinnen und den zwölf Gruppenführerinnen. Die Gruppen, bestehend aus zehn bis fünfzehn Soldatinnen und einer GF, also Gruppenführerin, haben jeweils ein Zelt und trainieren gemeinsam. Du erkennst die GF’s an den zwei silbernen Sternen, alle anderen haben einen. Bei wichtigeren Entscheidungen stimmen wir ab, jeder hat so viele Stimmen wie Sterne, einzigallein Artemis kann uns alle überstimmen. Wir sind immer genau da, wo wir gerade gebraucht werden, momentan erholen wir uns bloß. Vor ein paar Tagen wurden wir angegriffen und haben einige Mädchen verloren“ Ihr Gesicht verfinsterte sich kurz „aber inzwischen ist alles wieder einigermaßen in Ordnung. Heute Abend findet eine Zeremonie statt, da wirst du wahrscheinlich auch offiziell aufgenommen. Außerdem wird aus dem Kreis der zwölf GF’s eine neue Leutnantin gewählt.“

„Warum das denn?“, fragte ich.

„Elyse wurde… sie ist tot. Sie war die älteste Leutnantinnen.“ Alexas Strahlen war ihr aus dem Gesicht gewischt und ich hatte das Bedürfnis, sie zu trösten.

„Das tut mir sehr Leid, wirklich.“, versuchte ich.

Das Lächeln schlich sich langsam zurück auf ihr Gesicht. Wahrscheinlich gehörte sie zu dem Typ von Mensch, der immer gut gelaunt ist.

„Wenn man den Job hier macht, kennt man die Risiken. Und Elyse war schon ziemlich lang dabei. Fast so lange wie Zoë Nachtschatten.“

Bei der Erwähnung meiner Namensvetterin zuckte ich kaum merklich.

 Diese Mädchen hier hatten Zoë wahrscheinlich gut gekannt und plötzlich kam ich heran stolziert, mit ihren Federn geschmückt und verlangte aufgenommen zu werden. Vor meinem inneren Auge sah ich die Geisterversion von Zoë Nachtschatten, die mit mir über Schicksal und Bestimmung redete. So würde ich nie sein. So würde ich nie sein können und so würde ich nie sein wollen. Ich wusste selbst nicht, warum mich diese Sache mit dem Namen immernoch wurmte. Hätte ich nicht einfach Sabine heißen können? Oder Heike?

Ich versuchte den Gedanken abzuschütteln. Wenn ich so dachte, konnte ich auch direkt anfangen mit: Warum ist Artemis meine Mutter warum trage ich dieses beschissene Diadem warum bin ich überhaupt geboren worden.

„Ist alles klar bei dir?“, wollte sie wissen.

Alexa war mir sympathisch, trotzdem konnte ich mir nur knapp verkneifen sie anzufahren. Ob alles mit mir in Ordnung war? Natürlich! Alles paletti! Nicht nur dass ich von einer durchgedrehten Psychotante besessen war, ich wurde auch noch herum geschoben wie eine Schachfigur und hatte mal wieder keinen blassen Schimmer, worum es ging. Nein wirklich, es könnte nicht besser sein!

Ich beschränkte mich auf ein Nicken.

„Ich habe so dass Gefühl, dass wir zwei gut miteinander auskommen werden. Ich glaube, du passt ganz gut in Gruppe Vier, wenn du möchtest kann ich dich jetzt schon Milena vorstellen. Sie ist GF in-“ Alexa konnte den Satz nicht beenden den ein zierliches Mädchen, sie mochte höchstens zwölf sein, kam aus dem südlichen Wald gebrochen. Sie schien ziemlich außer Atem zu sein und hatte Schrammen im Gesicht. Aufgrund ihrer Jacke identifizierte ich sie sofort als Jägerin.

Sie schnappte wie eine Ertrinkende nach Luft und sagte schließlich, was sie zu sagen hatte:

„Angriff…die Titanen…Armee…jetzt…“

________

Hab es geschafft zu updaten, yey!

Hoffe, der Bruch ist nachvollziehbar und nicht allzu krass :P

xoxo

Paula

PS: Ich liebe es, wenn Namen eine Bedeutung haben :D (Alexa=die Männer Abwehrende; Elyse=Elysium)

PPS: Ich verschlinge gerade die Maze Runner Trilogie, so genial *-*

PPPS: Es lohnt sich, mal in die Geschichte "Scions-Children of the Mighty" reinzulesen. Es geht auch um Mythologie , aber um die nordische. 

PPPPS: Ich laber zu viel...

PPPPPS: Ende und Aus ^^

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