VII. Kapitel
Ich lerne die supermegamächtigtollen Götter kennen
§482
Jeder Gott/jede Göttin hat bestimmte Fähigkeiten, die ihn/sie besonders machen. Mit reiner Gedankenkraft können Gegenstände gesteuert, zerstört, erschaffen oder transportiert werden. Lebende Wesen können auch bewegt werden. Ein junger Gott/eine junge Göttin lernt in der Ausbildung, wie er/sie diese Kräfte klug und weise einsetzt und nutzt. Auf keinen Fall dienen sie dazu, anderen Lebewesen zu schaden! Ein mächtigerer Gott/eine mächtigere Göttin kann die Gedankenkraft eines weniger mächtigen Gott/weniger mächtigen Göttin unterbinden. Bei besonders nicht-alltäglichen oder unüblichen Fällen (Definition siehe Seite 4465) müssen alle Nebengötter/Nebengöttinen eine Erlaubnis beim Amt für Gedankenkraft einholen. Missbrauch dieser Kräfte ist strafbar. In Ausnahmesituationen (Definition siehe Seite 4467) tritt dieses Gesetzt außer Kraft. Alle Dinge, die geschnipst werden, dürfen in der Welt der Sterblichen nichts kosten, ausgenommen sind die 12 olympischen Götter oder bestimmte Ausnahereglungen (siehe §482.2). Bei Fragen oder Änderungen zu diesem Paragraphen schreiben sie bitte einen Brief an das Amt für Götterrecht oder schicken sie eine Iris-Message. Außerdem: Werden sie jetzt Fan des Götterrechts auf Facebook!
Der Olymp war wie ich ihn mir vorgestellt hatte, nur...besser! Ich konnte mir nicht vorstellen, dass man mit einem Foto oder auch nur mit Worten die Schönheit dieses Ortes ausdrücken konnte. Die breite Straße war gepflastert und kein Auto fuhr darauf. Menschen (die wahrscheinlich Nebengötter waren) jeden Alters waren unterwegs, blieben stehen um Waren in den Schaufenster zu begutachten oder unterhielten sich lebhaft. Einige waren in einem Chiton gekleidet und trugen Ledersandalen, andere hatten Jeans und Shirt an und hörten Musik oder tippten auf ihrem Handy. In der Masse konnte ich Satyrn, Najaden, Nymphen, Dryaden und andere Gestalten ausmachen. Ein Mann zog eine dreiköpfige Ziege an einem Strick hinter sich her, zwei kleine Jungen saßen auf dem Pflaster und spielten Murmeln. Jede Menge Straßen führten von der größere Straßen ab. Wohnhäuser säumten die Nebenstraßen, alle antik anmutend, aber trotzdem nagelneu. Aurora lenkte mich durch das Meer von Göttern und Geschöpfen, vorbei an einem Laden, der gebrauchte PS3 Spiele verkaufte, einem Geschäft, das Gewürze anbot und an einem H&M. Eine junge Frau saß kerzengerade auf einem Hocker mitten im Gewimmel und wurde von einem Satyr gemalt. Wir gingen weiter und ich wär am liebsten alle zwei Meter stehen geblieben. Inzwischen waren wir an einem kreisrunden Platz angelangt. Staturen der 12 olympischen Götter waren aufgestellt, wie eine Uhr. Die Zwölf war-wer hätte es gedacht-Zeus. Er stand auf einer Wolke, bekleidet nur mit einem Lendenschurz und hielt einen gigantischen Blitz in der Hand. Aurora zeigte auf eine Frau in einer Art Kleid, die einen Steinbock an den Hörnern festhielt und einen Köcher mit Pfeilen umgeschnallt hatte.
„Deine Mum. Jeder Gott oder jedes andere göttliches Wesen hat einen Schutzpatron. Bei direkten Nachkommen der 12 ist es meist die Mutter bei den Mädchen und der Vater bei den Jungs. Deine Schutzpatronin ist also Artemis. Warte kurz..." Sie kramte in ihrer Tasche und holte einen kleinen Tannenzweig hervor und drückte ihn mir in die Hand
„Als Opfergabe. Sie mag den Geruch von Tannen."
Na super. Ich hatte meine Mutter noch nie gesehen, aber immerhin wusste ich, dass sie Tanne möchte. Das war doch die Hauptsache.
Aurora kramte außerdem noch einen Lippenstift hervor, den sie beinah ehrfürchtig vor die Statur einer hübschen Frau, die sich gerade die Haare kämmte, legte. Der Lippenstift verschwandt und ich meinte, die Frau zwinkern sehen zu können. Neben mir legte gerade ein kleiner Junge eine Sonnenbrille vor einen Statur, die glaube ich Apollo darstellen sollte.
Ich versuchte Auroras Haltung nachzuahmen und legte den Zweig vor die Füße meiner Mutter. Nichts geschah. Der Zweig blieb liegen und das Gesicht meiner Stein-Mum rührte sich nicht. Verärgert stand ich auf
„Das ist doch lächerlich!", sagte ich wohl etwas zu laut, denn der kleine Junge schaute mich erschreckt an.
„Wenn die Gabe nicht angenommen wird, ist sie entweder schlecht gelaunt oder sie ist nicht deine Schutzpatronin, was auf keinen Fall sein kann.", erklärte Aurora.
Na super, ich hatte sie also schon verärgert. Tolle Voraussetzung für das erste Treffen mit der Mutter.
ΩΩΩ
Über eine riesige Treppe, die wahrscheinlich einen Kilometer breit war, sind wir auf den eigentlichen Olymp gelangt. Es ist ein Gebäude hoch oben auf einem Berg. Der Weg war gesäumt mit Feuerschalen. Aurora hatte mir erklärt, dass die Treppe nicht so voll war, weil Götter sich schnipsen können, und Andere auf dem Berg Olymp nichts zu suchen hatte. Auf meine Frage, was sie mit schnipsen meinte, schnippte sie mit den Fingern. Daraufhin veränderte sich die Farbe ihrer Gewandes von babyblau zu zartrosa.
„Es ist ganz einfach. Man konzentriert sich auf etwas Bestimmtes. Zum Beispiel, dass mein Kleid eine andere Farbe hat oder man an einem andern Ort ist. Durch das Schnipsen verleihe ich diesem Gedanken Ausdruck und wenn es gegen keine Regeln verstößt passiert es."
„Kann ich das auch?", wollte ich wissen.
„Ne." Sie grinste. „Das können nur Götter."
Nun saß ich also im Vorraum des großen Thronsaals und wartete drauf, hereingelassen zu werden. Gedämpft drangen Stimmen durch die Türe, zu meinem Bedauern konnte man jedoch nichts Genaues verstehen. Anscheinend wurde mächtig diskutiert. Aurora war etwas zu trinken holen gegangen und ich drehte Däumchen.
Über was redeten die da? Über mich? Wohl kaum...oder?
„Hi."
Ich drehte mich um. Da stand plötzlich ein Junge, lässig an eine Wand gelehnt. Eben war er noch nicht da gewesen. Seine Haare waren pechschwarz, zu schwarz für einen normalen Menschen. Im Kontrast dazu stand die helle Haut, die nicht ungesund blas wirkte, sondern durch den makellosen Teint eher wie die einer Porzellanpuppe. Die Lippen waren zu einem spöttischen Grinsen verzogen und seine Augen schienen mitzugrinsen. Sie waren...was war das für eine Farbe? Blau? Nein. Grau? Auch nicht. Eher...Silber. Sie schimmerten wie frisch geputztes Besteckt und musterten mich durch dringlich. Wenn ich mir ihn so anschaute, sah er aus wie das Gegenteil von Aurora. Sein Alter war schwer zu schätzen. Das Grinsen und die verstrubelten, etwas längeren Haare ließen ihn jünger wirken, doch der Blick und die Art wie er sich bewegte und redete widersprachen dem. Zu Jeans und einem Shirt, das seine muskelösen Arme zur Geltung brachte, trug er Ledersandalen, wie sie im alten Griechenland beliebt waren.
Verärgert stellte ich fest, dass er echt gut aussah und ich ihn schon einige Sekunde zu lang anstarrte.
„Was willst du?", fragte ich kühl.
Er zuckte die Schultern. „Nur mal nachsehen weswegen die da drinnen so 'nen Aufstand machen."
„Schön, dann weißt du's ja jetzt. Tschüss."
Er lachte. „Rora hat mir erzählt das du nicht gerade die Freundlichste bist."
Die Vorstellung, dass Aurora und dieser Typ gemeinsam über mich geredet und gelacht hatten, versetzte mir einen kleinen Stich. Ich weiß nicht, vielleicht hatte ich mir innerlich Hoffnungen gemacht, endlich eine richtige Freundin zu haben. Jemandem, mit dem man gemeinsam aufs Klo geht, nachts bis vier Uhr telefoniert und sowas halt. Ich verwarf den Gedanken.
Er lachte wieder.
„Probier mal bitte nicht mich mit deinen Blicken in eine Tiefkühlpizza zu verwandeln. Ich heiße übrigens Euripides." Euripides streckte mir seine Hand hin.
„Na der Name passt ja mal super zu deinen überaus stillvollen Ledersandalen."
Okay, es war erbärmlich, dass mir keine andere Schwäche an ihm auffiel und ich deswegen seine Schuhe kritisierte.
Euripides' Hand war immer noch ausgestreckt. Ich kam mir etwas kindisch vor, also stand ich auf und schüttelte seine Hand. Wobei ich mir dann wieder lächerlich vorkam. Zu meiner Verwunderung war er nur circa fünf Zentimeter größer als ich. Euripides schaute mich direkt an und dabei überkam mich das gleiche seltsame Gefühl wie als ich Aurora in die Augen geschaut hatte. Als versuchte jemand in mich reinzugucken. Als versucht jemand, in mein inneres einzudringen. Vielleicht war das normal bei Göttern, ich wusste es nicht. Aber ich wollte es nicht also versuchte ich mich darauf zu konzentrieren, dass ich meine Augen innerlich verschloss.
Gerade jetzt fiel mir ein Spruch ein, den May mal gesagt hatte.
Augen sind die Fenster zu Seele.
May. Sie fehlte mir. Das letzte Mal hatte ich sie gesehen als Luke verschwunden war und alle Halbgötter ins Camp gerufen wurden für eine Kriesenbesprechung. Das war über drei Jahre her.
Euripides hatte immer noch nicht meine Hand losgelassen und hielt den Blickkontakt. Das Gefühl wurde stärker. Verärgert schnalzte er mit der Zunge und ließ meine Hand los. Das verschaffte mir eine kleine Genugtuung, auch wenn ich nicht sicher war, ob er wegen mir verärgert war.
„Deine Hände sind ganz schön kühl. Ist dir kalt?", fragte er und die Verärgerung schien völlig verschwunden aus seinem Gesicht und seiner Stimme.
„Nein.", antwortete ich so arrogant wie möglich. Der Typ gab mir das Gefühl, als sei er etwas besseres, auch wenn ich nicht genau wusste warum. Und ich verspürte den Drang, aufs Klo zu rennen und meinen Pickel am Kinn abzudecken. Hoffentlich hatte er ihn noch nicht gesehen.
Euripides schmunzelte.
„Schön, dass du dich amüsierst!" Ich spuckte ihm die Worte beinah vor die Füße.
Er lachte, wieder. Und das machte mich rasend. „Du bist deiner Mutter sehr ähnlich.", stellte er fest.
„Schön. Toll. Freut mich." Ich setzte mich wieder hin. Gerne hätte ich gefragt, ob das jetzt ein Kompliment war oder nicht aber ich hatte ja einen Moment vorher beschlossen, nicht mehr mit ihm zu reden.
Er setzte sich neben mich. „Komm mal runter Eisprinzessin. Das war nicht irgendwie böse gemeint."
„Zoë. Zoë Chester.", stellte ich richtig.
„Der Name passt zu dir. Kurz, ohne Umwege und direkt. Und das „Z" als wollte man jemanden Anspucken. Nein ehrlich, dass passt zu dir." Er merkte, dass ich nicht antworte und redete einfach in einem durch.
„Der Name ist französisch, richtig? Der klingt irgendwie französisch. Wie so ein Parfum oder so. War dein Vater Franzose? Hm? Ich mag die Franzosen nicht. Die sind immer so hochnäsige. Jetzt nichts gegen dich, ne. Wobei, naja eigentlich war ich noch gar nicht in Frankreich. Zumindest nicht in diesem Jahrhundert. Warst du schonmal in Frankr-"
„Ist gut jetzt!", ich unterbrach ihn.
„Ein ernst gemeinter Tipp: Wenn du willst, dass die dich da drinnen nicht auslachen, umbringen oder weiß ich was machen, dann solltest du etwas höflicher sein Eisprinzessin. Viel Glück." Er schnippte und war verschwunden. Komischer Typ. Just in dem Augenblick schwang die gigantische Doppeltür auf. Sie war bestimmt höher als ein vierstöckiges Haus und ich fühlte mich plötzlich noch kleiner und unbedeutender. Ich fasste mir ein Herz, stand auf und setzte mich in Bewegung. Sobald ich über die Schwelle getreten war, wäre ich beinah umgekippt. Eine Welle der Macht schlug mir entgegen, dass ich Angst hatte, ich würde in Flammen aufgehen. Das Gefühl war...unbeschreiblich. Als hätte ich einen Kanister Nektar getrunken, als wäre ich stark, unverwundbar, unsterblich. So musste es sich anfühlen, ein Gott zu sein. Allein die bloße Anwesenheit der 12 ließ die Luft knistern. Jetzt verstand ich endlich, warum der Olymp das Zentrum der Macht war. Jetzt verstand ich, was diesen Ort besonders machte, es war die Achse, um die sich die Erde drehte. Ich zwang mich, weiter zu gehen.
Aus den Erzählungen von Finnick und der älteren Halbgötter, die schon auf dem Olymp waren, wusste ich, dass die Götter mindestens zehn Mal größer als normale Menschen seien und im Thronsaal generell alles gigantisch wäre. Als sich die großen Türen zum Thronsaal- der in der Tat riesig war- geschlossen hatten, bemerkte ich dort zwölf Menschen, pardon: Götter, jeder auf einem individuell angepassten Thron in normaler Größe. Ich erkannte die zierliche Frau mit den langen blonden Haaren als Aphrodite wieder, ihr Gesicht war so hübsch das man es einfach nicht vergessen konnte, und in Natura war es noch viel hübscher als in Stein. Zum Vergleich ihr Gemahl Hephaistos, der sogar schon als Statur nicht viel hergemacht hatte und live und in Farbe auch nicht besser war, im Gegenteil sogar. Er war zwar ein Schrank, breit und groß, aber auf keinen Fall ein Riese, wie ich erwartet hatte.
„Ähm...hi?", sagte ich zögernd.
„Wir begrüßen dich, Zoë Chester.". sagte ein Mann mit Bart, der so eine Autorität ausstrahlte, dass er nur Zeus sein konnte, der Göttervater.
„Willkommen auf dem Olymp.", ergänzte die Frau neben ihm, die unverkennbar seine Frau Hera war. Ich war immer noch überwältigt von diesem intensiven Machtgefühl.
Ich traute mich nicht, die Götter genauer anzusehen, obwohl ich unheimlich neugierig war. Angeblich passte sich Aphrodites' Aussehen den Schönheitsidealen des Betrachters an. Und Ares hatte statt normaler Augen Feuer in den Augenhüllen. Ich konzentrierte mich stattdessen auf Zeus und hoffte, dass Aurora bald wieder kommen würde.
„Vielen Dank. Ich bin auch sehr erfreut." Ich straffte die Schultern, hob das Kinn und heftete meinen Blick auf Zeus. Seinen grauen Augen schienen Blitze und Funken zu sprühen. Es war gar nicht so einfach, in einem Raum voller uralter und mächtiger Götter die Haltung zu wahren und sich nicht unterkriegen lassen.
„Zoë." Ich wusste nicht, wann jemand meinen Namen als letztes so liebevoll ausgesprochen hatte.
Eine Frau, vielleicht Ende zwanzig, erhob sich aus ihrem Thron. Der Thron war aus massivem Holz und obwohl die Frau so zierlich war, schien er wie für sie gemacht. Die Arm- und Kopflehen waren beschlagen mit Silber, kunstvoll verschlungen. Szenen aus tausenden von Jahren Jagd der Menschen waren ins Holz eingeritzt.
„Artemis.", sagte ich nüchtern. Ich wusste nicht, ob ich ihr um den Hals fallen, sie anschreien oder gar nicht tun sollte.
Sie blickte Zeus fragend an, dieser nickte. Ich fragte mich, ob sich Götter irgendwie telepathisch verständigen können. Ich musste unbedingt Aurora danach fragen.
Artemis dirigierte mich sanft aus dem Saal in eine Art neben Zimmer. Sie legte mir beide Arme auf die Schulter.
„Was bist du nur für ein großes hübsches Mädchen geworden." Artemis war kleiner, zierlicher und schmaler. Außerdem hatte ich augenscheinlich nichts von ihrer Anmut und Eleganz geerbt.
„Tja, niemand hat dich daran gehindert mich zu besuchen oder mit mir Kontakt aufzunehmen.", sagte ich kühl. Ich hatte mich für die Ich-nehme-es-dir-übel-Variante entschieden.
Sie wirkte plötzlich ehrlich zerknirscht. „Es tut mir leid. Ich konnte nichts dafür, aber glaub mir irgendwann-"
„-ergibt alles einen Sinn.", zitierte ich aus ihrem Brief.
Sie biss sich hastig auf die Unterlippe. Verwundert stellte ich fest, dass ich das auch immer tat, wenn ich nervös oder angestrengt war, oder wenn ich nachdachte oder mich unwohl fühlte.
„Du trägst sie.", stellte sie erfreut fest.
„Was?", fragte ich.
„Die Spange."
„Achso...ja. Meine Haare haben im Gesicht gestört."
„Benutzt du sie den auch?"
„Naja, manchmal ist so eine Spange ganz praktisch, und so hässlich ist sie auch nicht."
Sie schmunzelte.
Verwundert fragte ich: „Was ist?"
„Denk doch mal nach. Aphrodite würde ihrer Tochter eine Spange schenken aber ich-"
„Du würdest etwas schenken mit Sinn. Etwas das mir hilft und das nutzen hat, aber trotzdem nicht offensichtlich ist.", beendete ich ihren Gedankenzug. Ihre Blicke schienen mich zu fordern. Denk nach, denk richtig, was ist logisch, denk nach, denk nach! Wie ein Lehrer der seinen Schüler anspornte, weil er beinah die Lösung hatte. Im Camp wurde früher oft getippt, das ich theoretisch ein Kind der Athene sein könnte. Für die Kunst logisch zu denken waren Athene und Artemis beide bekannt, auch wenn es in alten Geschichten hieß, dass beide sich oft gestritten hatten, wer die Klügere ist.
„Z-O-Ë. Drei Buchstaben, drei Perlen. Z ist der 26. Buchstabe im Alphabet. Eine gerade Zahl. O ist 15. Buchstabe. Ungerade. E ist 5., auch ungerade." Schon oft hatte ich die Spange untersucht, jedoch ohne Erfolg. Mir war zwar aufgefallen, dass ich die Spange nicht verlieren konnte, egal ob ich sie wegwarf oder in eine abgeschlossenen Schublade verbannte, sie tauchte irgendwo an meinem Körper wieder auf, von anderen Superkräften wusste ich jedoch nichts.
„Sehr schön.", lobte mich meine Mutter.
Ich zog die Spange aus meinen Haaren und hielt sie vor mich. Es ging hier nicht um ein unglaublich wichtiges Rätsel was die Menschheit retten könnte, sondern um ein altes Geschenk meiner Mutter, trotzdem erlangte ich die gewöhnte Befriedigung, wie immer wenn ich ein logische Antwort auf eine Frage gefunden hatte.
Ich zeigte auf die Perle, am weitesten links. „Z. Bleibt wie es ist. O und E werden verdreht." Ich drehte die Perlen um 180 Grad. Plötzlich hielt ich einen silbernen Bogen in der Hand. Perfekt ausbalanciert und trotzdem kein großes Gewicht, wie für mich gemacht. Probehalber spannte ich die Sehne und lies wieder los. Der dünne Silberfaden war in guter Proportion zu dem restlichen Bogen und gab ein surrendes Geräusch von sich, als er schwang. Beinah wie ein ganz heller leiser Glockenton. Mit den Fingern fuhr ich über vier eingravierte Worte:
Επιτύχει το στόχο σας
Das hieß soviel wie Treffe dein Ziel.
Auf den Rücken hatte ich einen Köcher gespannt. Er wog sogut wie nichts und der Gurt schnitt nicht in die Haut. Vorsichtig holte ich einen Pfeil heraus. Er war ebenfalls komplett Silber, auch die Spitze. Es war die erste göttliche Waffe die ich gesehen hatte, die nicht aus himmlischer Bronze gemacht war, doch mit der Spitze konnte man mit Sicherheit mühelos einen Menschen durchbohren wie Butter, erst recht wenn man mit so einem kräftigen Bogen schoss. Es war eine Schande, dass ich über Jahre etwas so wertvolles bei mir getragen hatte ohne es zu bemerken.
„Ist der...für mich?", fragte ich.
Artemis nickte. Sie schien zufrieden zu sein. „Du bist ein kluges Kind."
„Wer ist mein Vater?", platze ich heraus.
Artemis schien auf diese Frage gefasst gewesen zu sein.
„Es war...ein Niemand. Ich kannte noch nicht mal seinen Namen. Soweit ich weiß, lebt er nicht mehr."
„Ein Niemand.", wiederholte ich.
„Es tut mir Leid. Du hast etwas Besseres verdient."
„Ich hätte nichts dagegen gehabt, wenn du mich als Baby vielleicht ins Camp gebracht hättest und nicht in ein Heim in Großbritannien. Das hätte mir wirklich einiges erspart." Es sollte wie ein Vorwurf klingen. Tat es aber nicht.
„Ich bin wirklich stolz, eine Tochter zu haben und vor allem-"
„Bist du nicht jungfräulich? Hast du nicht einen Eid gebrochen?"
Sie verzog das Gesicht wie bei einem Schlag in den Magen.
„Ja, ja das habe ich tatsächlich." Für sie schien keine weitere Erklärung nötig. Auch wenn ich nicht wusste, wie eine Göttin wie Artemis sich auf einen Mann einlassen konnte, überhaupt auf einen den sie selbst als „Niemand" bezeichnete.
„Weißt du, vor langer Zeit lernte ich ein Mädchen kennen, eine Tochter des Atlas. Ihr Name war Zoë Nachtschatten und sie war das mutigste, schlauste und tapferste Mädchen, was ich je gekannt habe. Und du erinnerst mich an sie."
„Eine Namensvetterin? Was ist mit ihr passiert?", wollte ich wissen.
„Sie ist der Schlacht gestorben, es war eine Jägerin. Durch ihren Tod hat sie eine ganze Stadt vor dem Verderben gerettet."
„Na, da hat sie ja die Erwartungen sehr hochgeschraubt.", bemerkte ich.
„Chester ist die Stadt in der du geboren wurdest. Sie liegt im Nordwesten Englands. Zoë ist altgriechisch und heißt Das Leben."
„Aha. Sehr kreativ. Mich interessiert nicht, was Namen bedeuten. Von mir aus kann Zoë auch Blumentopf bedeuten. Und ich bin nicht irgendeine antike Heldin als bitte Vergleich mich auch nicht mit einer. Du hast dich jahrelang nicht für mich interessiert und jetzt plötzlich soll ich tun als wenn alles normal wäre? Vergiss es. Der Bogen ist echt schön, aber das macht es lange noch nicht gut, dass du solange nicht für mich da warst. Es war nett dich mal gesehen zu haben, aber das wars auch, okay? Ich will nicht mehr mit dir oder den anderen Göttern zu tun haben, kapiert?! Wenn du mich entschuldigst? Ich gehe jetzt ins Camp zurück, da ist nämlich meine richtige Familie!" Ich drehte mich auf dem Absatz um und ging.
ΩΩΩ
Ich saß wieder im Vorraum. Nach dem Gespräch mit meiner Mutter hatte man mich angewiesen, zu warten. Ich hatte ein mieses Gefühl, es war sicherlich nicht klug gewesen, so zu reagieren. Drinnen wurde wieder diskutiert. Ob ich wohl...wenn ich lauschen würde...? Leise stand ich auf. Ich fand es nur fair, dass ich mithören durfte. Schließlich ging es um mich.
„...kann doch nicht sein! Wenn sie diejenige ist, dann sind wir so gut wie tot", hörte ich einen Mann sagen.
„Ich bin dafür, dass wir sie auf der Stelle beseitigen. Damit sparen wir uns eine Menge Ärger und Probleme.", verlangte eine Frau.
„Was? Nie im Leben! Sie ist meine Tochter... und außerdem würden wir damit nur uns selbst schaden." Meine Mutter.
„Lassen wir sie beweisen, dass sie würdig ist.", schlug ein anderer Mann vor.
„Wir geben ihr einen Auftrag. Einen, der so schwierig ist, dass ein normaler Halbgott ihn nicht bewältigen kann.", überlegte eine andere Frau
„Ich bin auch dafür. Wir sind noch gar nicht sicher, ob sie wirklich sie ist. Und falls doch, haben wir Möglichkeiten, sie davon abzuhalten, etwas Dummes zu machen."
„Falls es funktioniert...", warf jemand ein.
„Das wird es.", versicherte ein Mann. „Euripides-"
„Na, na, na, na.... Wer lauscht den da?" Euripides hatte sich hinter mir materialisiert.
„Was soll das? Ich bin dir keine Rechenschaft schuldig." So ein Mist! Es war klar, dass ausgerechnet in diesem Moment jemand dazwischen funken musste. Was bitteschön hatte er mit mir zu tun?
„Verpiss dich!", zischte ich.
Genau in diesem Moment kam Aurora mit einem zwei Gläsern Limonade herein.
„Sorry Zoë, ich wurde aufgehalten und- Oh, hey Euri! Das ist übrigens Zoë, Tochter der Artemis. Zoë, dass ist Euripides, der Gott der Wolken und mein bester Freund."
Euripides schmunzelte. „Jaja, wir kennen uns schon." Er nahm sich ein Glas Limonade und trank.
„Die gute Artemis hat ganz schön viel Ärger gekriegt wegen dir. Und-oh guck mal Rora, sie macht das gleiche Gesicht wenn sie wütend ist. Uhhh, achtung jetzt kommt der Todesblick." Er lachte und Aurora auch.
„Mach dir nichts draus, der ist immer so dumm.", erklärte sie mir.
Euripides spuckte Limonade auf sein Shirt.
„Bah, Rora, was hast du gemacht?! Das schmeckt ja wie ausgekotzte Pferdekacke!", fluchte er.
Diesmal war es an mir zu lachen.
„Woher weißt du wie ausgekotzte Pferdekacke schmeckt?" Mit dem Limoadenfleck auf dem Shirt sah er gar nicht mehr so perfekt und vollkommen aus, das beruhigte mich.
„Ich störe ja nur ungern die Heiterkeit dieses Momentes aber ich müsste Miss Chester noch mal entführen." Athene legte mir ihre Hand auf die Schulter, ähnlich wie meine Mutter. An den blonden Haaren und grauen Augen, die alle ihre Kinder im Camp hatte, erkannte ich sie. Wenn mich nicht alles täuschte, war sie es, die meinen Tod gefordert hatte. Sehr vertrauenserweckend, auch wenn sie mich jetzt anlächelte.
Im Thronsaal versuchte ich, dem Blick meiner Mutter auszuweichen, im Augenwinkel sah ich, dass sie mich die ganze Zeit anguckte.
Zeus erhob das Wort:
„Zoë Chester, wir haben dir etwas wichtiges zu sagen. Wir haben einen Auftrag für dich."
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A/N: so...meine Damen und Herren, ich präsentiere stolz (nach zwei Monaten) endlich das 7. Kapitel! Dafür in Überlänge. Ich hoffe, ihr nehmt es mir nicht übel, dass es so langee gedauert hat. :(
Ich hab momentan wirklich viel zu tun und leider kaum Zeit zum schreiben. Außerdem habe ich glaube ich schon öfter erwähnt, dass ich so ein Kapitel immer wieder umschreibe und lösche, weil ich sehr selbstkritisch bin... :P
Dieses Kapi ist leider sehr theoretsich und für den üblichen Rioran-Humor war wenig Platz, dafür ist es auch das erste Schlüssel-Kapitel, also sehr wichtig für die weitere Handlung.
Bitte bleibt weiterhin geduldig, ich bemühme mich wirklich, jetzt schneller zu updaten. :)
Alles Liebe
Paula (fangirl312)
PS: Wenn ihr Tribute von Panem mögt und nichts gegen ein bisschen Humor habt, schaut auch mal in meine andere Story rein :D Es sind Chatverläufe der TvP-Charaktere, aber es kommen auch welche aus Percy Jackson und anderen Büchern vor (so viel Werbung heute... :S :D)
PPS: An alle die es noch nicht gemerkt haben: Ich habe ein (?) neues Cover!!!!! Ich finde es ist super geworden, einen großen Dank an "die Coverfabrik!!!" Ich widme diese Kapi deswegen auch @IthilRin :D :D :D
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