VI. Kapitel

Das Mädchen, das schon wieder anders ist
Mein Blick war auf den Boden gerichtet. Im Rücken spürte ich die Blicke der Anderen. Zum ersten Mal steuerte ich nicht den Hermes-Tisch an, dort gehörte ich nicht mehr hin. Vom Buffet hatte ich mir ein Toast und Honig genommen. Nutella gab es leider nicht. Das Zeichen über meinem Kopf war sicher schon verschwunden, trotzdem wurde ich angestarrt wie ein fünfköpfiger Satyr im Hochzeitskleid. Als ich mich an meinen neuen Tisch setzte, war ich mir nicht sicher, ob ich nun glücklich sein sollte oder nicht. Ich hatte ungewöhnlich viel Platz, außer mir saß niemand an dem Tisch. Vom Haupttisch wurden mir oft grimmige Blicke zugeworfen, während ich mein Toast aß. So richtig Hunger hatte ich nicht. Chiron sah mich nachdenklich an, die erwachsenen Halbblute, allesamt Lehrer und Aufsichtspersonen mit einer Mischung aus Bedauern und Neugier und Mr D schaute (wie immer) grimmig und schlecht gelaunt drein. Aurora, die auch am Haupttisch saß, war die einzige, die mir ermunternd zulächelte. Ich hatte das Gefühl, dass ein Scheinwerfer auf mich gerichtet war.

Meine Damen und Herren, sehen sei Zoë Chester, das Mädchen, was schon wieder nicht dazu gehört!

Wieso konnte ich nicht ein einziges Mal wie alle anderen sein?! Wieso stach ich sogar aus einem Haufen durchgedrehter, halbgöttlicher Kids heraus?

ΩΩΩ

Will stand lässig an einen der Basketballkörbe gelehnt. Ich war unglaublich erleichtert, ihn zu sehen. Beim Frühstück hatte sich keine Gelegenheit zum Reden ergeben, also hatten wir uns auf dem Basketballplatz verabredet. Es war relativ leer, da die meisten in der Dusche oder in ihrer Hütte waren, wie jeden Tag um zehn Uhr.
„Na, Cousine?", sagte er und grinste.
Will war ein Sohn des Apollo, fünfzehn Jahre alt und mein bester Freund.
Ich stöhnte. „Hör bloß auf damit. Ich bin immer noch derselbe Mensch, okay?" Für alle Spätchecker: Meine Mutter war Artemis. Ja, die Artemis, die eigentlich Jungfräulichkeit geschworen hatte, die, die gar keine Kinder kriegen durfte und die in Büchern immer als sture, abgebrühte Emanze dargestellt wird. Was Besseres konnte ich ja gar nicht bekommen.
„Sieh's doch mal positiv: Du hast jetzt eine ganze Hütte für dich allein. Und du bist Hüttenälteste."
Will war total heiß darauf, Hüttenältester zu sein. Natürlich hatte man so seine Privilegien als Hüttenältester, aber auch viel Verantwortung. Hüttenältester einer 1-Mann-Hütte zu sein, fand ich jedoch etwas lächerlich. Clarisse zum Beispiel, war Hüttenälteste der Ares-Hütte. Finnick, Wills älterer Bruder der der Apollo Hütte. Es kam selten vor, dass ein Hüttenältester unter 18 war. Finnick war, wie Clarisse auch, 19 und die wahrscheinlich netteste Person auf Erden. Er war total hilfsbereit, sensibel und selbstlos und dazu auch noch ziemlich gut aussehend, weswegen ihn viele jüngere Halbgöttinen anhimmelten. Dessen war er sich jedoch nicht bewusst. Nachdem Luke... weg war, hatte er den Tutorenjob für mich übernommen. Luke war Hüttenältester der Hermes-Hütte gewesen. Betonung auf gewesen.
„Zoë, alles in Ordnung?", erkundigte sich Will.
„Hm? Jaja..." Luke war, ein Jahr nachdem ich Ihn kennengelernt hatte, zu den Feinden gewechselt. Er war eines Morgens nicht in seinem Bett gewesen, ich hatte nur eine schnell gekritzelte Notiz von ihm gefunden, in der er mir mitteilte, dass er nicht zurück kommen würde und dass ich ihn nicht suchen sollte. Natürlich hatte ich vorgehabt, ihn zu suchen, aber bevor ich meine Ausbildung nicht abgeschlossen hatte, durfte ich das Camp alleine nicht verlassen und danach erhielt ich keine Genehmigung. Nicht, dass es mir etwas ausgemacht hätte, die Regeln zu brechen, aber Finnick hatte mich darum gebeten und ich wusste ja auch selbst, dass es ein Himmelfahrtskommando war, sich in den Titanenpalast zu schmuggeln. Eigentlich hatte Finnick nie vorgehabt, einen anderen Halbgott auszubilden, aber seine andere Schwester May (Wills Zwilling) hatte ihn überredet. Erklärt sich niemand für die Einzelausbildung bereit, kommt man in eine Gruppe und das ist wirklich beschießen. May hatte, wie Will und Finnick, schon sehr früh ihre Ausbildung abgeschlossen und hatte es sich zur Aufgabe gemacht, in Internaten in Großbritannien nach Halbbluten Ausschau zu halten. Sie kam nur im Sommer ins Camp, deswegen sah ich sie leider selten. Trotz des Altersunterschiedes hatte ich mit Finnick angefreundet, weswegen ich mir oft missmutige Blicke von den Aphrodite-Girlies einfing.
„Freust du dich den nicht, dass du jetzt anerkannt bist?", wollte Will wissen.
„Ich hatte mit allem gerechnet. Wirklich! Ares, Apollo, Athene, Hermes, sogar Zeus! Oder gar nicht mehr anerkannt. Aber Artemis? Ne. Ich mein, Hallo? Artemis!"
„Naja, irgendwie ist es ja auch cool."
„Ja, total cool ein Kind zu sein, was gar nicht hätte geboren werden dürfen."
„Och komm, du machst es wieder schlimmer als es ist. Stell dir mal vor, du wärst ein Kind von...Dionysos. Das wär doch Horror. Und sei mal lieber froh, dass dein Vater nicht Apollo ist. Dann könntest du gar nichts mit Finnick anfangen." Ich knuffte ihn in die Seite, er zog mich gern damit auf, aber es war nicht ernst gemeint. Finnick war ein guter Freund und mehr nicht.
„Schlagt ihr da Wurzeln oder was? Wir wollen nämlich hier spielen!", rief Tessa, auch eine Apollo über den ganzen Basketballplatz.
„Wir spielen mit!", brüllte Will mit. „Apollo gegen den Rest?", fragte er mich grinsend. Die Apollos waren die besten Basketballspieler im Camp, sie trafen fast immer den Korb, genau wie sie auch immer mit Pfeil und Bogen trafen. Die Einzige, die es mit ihnen aufnehmen könnte, was wohl ich. Will, der 1 ½ Köpfe kleiner war als ich, war berüchtigt für seine Korbleger und außerdem für seine unglaubliche Stimme.
„Sagen wir, 5 gegen 5."

ΩΩΩ


Vorsichtig strich ich mit meinen Finger die Bücherrücken entlang. Ein gigantisches Regal nahm die komplette rechte Wand ein. Am liebsten hätte ich jedes Buch aus dem Regal genommen, und es mir genau angeguckt. Doch in diesem Raum gab es noch viel mehr zu sehen! Die restlichen Wände waren vollgehangen mit Karten von verschiedenen Städten, normalen und mythischen Orten. Ein großes Bett bildete das Zentrum. Es war drei Mal so groß, wie mein altes Bett in der Hermes Hütte und hatte einen Rahmen aus weißgestrichenem Holz. Im Kamin knisterte ein gemütliches Feuer und das große Fenster, was zum Wald ausgerichtet war, flutete den Raum mit klarem Sonnenlicht. Zu meiner Freude befand sich in der linken Ecke ein Fernseher, der auch als Miniaturausgabe einer Kinoleinwand hätte durchgehen können. Davor stand ein großes Sofa mit einer bunten Ansammlung von Kissen und Decken. In einem Schrank konnte ich mein Zeug unterbringen und als ich hineinschaute, lagen schon all meine Klamotten und persönlichen Habseligkeiten darin, inklusive mein Geheimvorrat an XXL-Nutellagläsern. Als nächstes lenkte ich meine Aufmerksamkeit auf einen Tisch der die Form eines gigantischen Farbkleckses hatte. Darauf verstreut lagen alle möglichen Messgeräte, Stifte, Papier, Post-Its und Büroklammern.
Mir gefiel die Art, wie alte und neue Möbel gemischt waren und der Raum so etwas ganz...Individuelles und Besonderes bekam. Ich konnte immer noch nicht wirklich fassen, dass ich hier ab sofort wohnen durfte, es war fantastisch. Jetzt erst fiel mir auf, dass auf dem Nachttisch ein kleiner Zettel lag.

Hoffe, du fühlst dich hier wohl.

XXX
Mum

In Gedanken verglich ich die Schrift mit der, auf dem „Brief", es war eindeutig die meiner Mutter. Ordendlich, etwas nach links geneigt und das M leicht verschnörkelt. Wieder probierte ich, sie mir in Gedanken vorzustellen, der Versuch misslang jedoch.
Ich hörte, wie jemand an die Tür klopfte.
„Ja?"
„Ich bin's!", flötete Aurora und betrat die Hütte.
„Schicke Bude hast du hier. Ach ja, es gibt eine kleine Planänderung, die Götter möchten dich kennen lernen."
„Ähm...Was?!", fragte ich. Es war nicht normal, dass ein Halbgott einfach so auf den Olymp gerufen wurde.„Habe ich irgendwas ausgefressen?"
„Nein, nein! Sie wollen dich nur mal so sehen! Und ich kann dir dann meine Hasen zeigen und mein Zimmer! Und die Gärten! Und dir Euripides vorstellen, das ist mein bester Freund! Freust du dich schon, deine Mum kennenzulernen? Ach ja, und wenn du nach oben gehst, solltest du etwas Vernünftiges anziehen, du siehst ja aus, wie ein Straßenkind!"
„Besten Dank.", knurrte ich. Auroras gute Laune wollte nicht so ganz auf mich übergehen. Im Gegenteil, in meinem Bauch war nur Platz für ein mulmiges Gefühl.

ΩΩΩ


Die Fahrstuhlmusik trieb mich beinah in den Wahnsinn. Dieses nervige Gedudel brachte mich wirklich auf 180! Aurora hatte das inzwischen verstanden und das Geplapper eingestellt. Sie meinte, sie hätte uns auch einfach auf den Olymp schnipsen können. Mir zu erklären, was sie mit schnipsen meinte, hielt sie wohl nicht für nötig. Aber ihrer Meinungen nach, sei der normale Eingang viel „eindrucksvoller". Okay, gut, der Fahrstuhl hatte goldene Knöpfe, aber ansonsten war er so ziemlich wie jeder andere Fahrstuhl auch. Normale Touristen benutzen ihn, um das Empire State Building zu besichtigen, aber aus Finnicks Erzählungen wusste ich ja, das das State Building als Eingang diente. Und normal war wohl das Wort, was mein Leben am wenigsten beschrieb.
„Nervös?", fragte mich Aurora mit einem Grinsen.
„Nein.", log ich.
„Keine Panik, du siehst tadellos aus."
Ich glaubte zwar kaum, dass meine Kleidung göttertauglich war, aber um ehrlich zu sein, war es meine geringste Sorge. Aurora hatte mich dazu überredet, die Haare zusammen zu binden. Ich trug ein frisches Camp-Shirt, meine Tarnfleckenhose, neue, schnürbare Lederstiefel und eine Lederjacke, die Will mir mal geschenkt hatte. Sie hatte mir auch noch Schminke andrehen wollen, aber ich hatte abgelehnt. Ich hasste Wimperntusche, und wer versuchte, in mein blasses Gesicht natürlich aussehende Farbe zu bringen, hatte schon gleich verloren.
Ich machte mir ernsthafte Sorgen, meine Mutter kennenzulernen. Wie würde sie mir gegenüber treten? Würde ich überhaupt die Gelegenheit haben, mit ihr unter vier Augen zu reden? Meine Hände waren schweißnass und ich drehte die Spange meiner Mutter in ihnen.
„Du hast es gewusst oder? An dem Abend, da hast du gewusst, dass sie meinen Mutter ist.", stellte ich fest.
Sie schmunzelte. „Ich habe ihre Schrift erkannt, die ist unverwechselbar. Du schaffst das schon, glaub mir. Die sind alle etwas komisch aber schon in Ordnung. Sie werden mit Sicherheit einen auf supermegamächtigtolle Götter tun aber wenn du sie erst Mal besser kennst, sind sie ganz normal."
In dem Moment öffnete sich die Tür des Fahrstuhls und zum ersten Mal in meinem Leben erblickte ich den Olymp. Und vor Staunen musste ich die Luft anhalten.

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A/N: Erst mal wollte ich sagen, dass es mir Leid tut, das ich so lange nicht geupdatet habe... *endschuldigender Blick*

Dann möchte ich mich dafür bedanken, dass die Story beinah 2K reads hat!!!!!!!! :O :O :O <3

Ihr seid wirklich so tolle Leser, manche sind schon dabei, seid die Story grade mal 100 reads hatte.... An der Stelle kann ich zum Beispiel mal @EmmaMcDonald143 erwähnen :* oder @ItsNika02, die sich wirklich in die Geschichte reingelesen hat, und von deren Reaktion ich echt beindruckt war (PS: Du hattest Recht, mit ihrem göttlichen Elternteil) und natürlich all die anderen, die lesen, voten und mich mit ihren Kommis zum weiterschreiben annimieren ;)

Leider dauert es bei dieser Story immer besonders lange, eine neues Kapi zu schreiben, weil ich echt eine kleine Perfektionostin bin und immer schreibe, lösche und nochmal neu schreibe. Wie ihr sicherlich gemerkt habt, sind die ersten Kapitel immer etwas theoretisch, damit ihr euch dann später um so besser in die eigentliche Handlung vertiefen könnt :)

Wer aber trotzdem gerne etwas von mir hören möchte, kann meine Story "WhatsApp @.Hungergames" lesen, da update ich oft und es ist einfach leicht bekömmlich :) (Schleichwerbung MUHAHAH :P)

So, genug gelabbert, ich hoffe einfach, dass euch das Kapi gefallen hat, und ihr Geduld habt, auf das nächste zu warten :)

LG PAULA <3

PS: Wie findet ihr, dass Artemis Zoes Mutter ist? Eure Meinung gerne in den Kommis :D

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