Punkt 2) Jak x Ollie (2/2)
„Möchtest du mitkommen?"
„Weiß nicht."
„Bärchen, wir können nicht die restlichen Tage hier im Zimmer bleiben. Die letzten zwei Tage waren zwar schön, aber ich glaube, es ist besser, wenn wir auch wieder etwas mit den anderen machen."
Nickend senkte Ollie den Blick, starrte auf den Boden und zuckte trotzdem leicht zusammen, als sich Jak auf dem Bett neben ihn setzte und den Arm um ihn legte. Zwei Tage hatten sie nun schon in ihrem Zimmer verbracht, waren von den anderen versorgt worden. Es war kindisch und bescheuert, aber er hatte einfach Angst das Zimmer – die Sicherheit – zu verlassen. Auch wenn Jak ihn keine Sekunde aus den Augen gelassen hatte und die Jungs auch bei ihnen waren, war da eine irrationelle Angst.
„Wirst du irgendwann wieder mit Logan reden?"
„Nein. Habe ich nicht vor."
„Aber ... aber wir sind noch gemeinsam hier. Und an den Rennstrecken sehen wir uns auch. Unsere Rennklassen haben auch manchmal gemeinsame Wochenenden. Und was ist mit Oscar? Er kann doch nichts dafür."
„Ja, Bärchen. Das stimmt auch. Und Oscar ist auch weiterhin mein Freund. Aber Logan nicht. Ich ärgere mich selbst, dass ich mich so sehr in einem Menschen getäuscht habe. Auch wenn Logan älter als wir ist, hatte ich immer das Gefühl, dass er uns ernst genommen hat."
Schwer lehnte er den Kopf an die Schulter seines Freundes. Es war nicht so, dass er die nächste Zeit mit Logan allein sein wollte und so genau wusste er auch noch nicht, ob er dem anderen das verzeihen konnte, aber er wollte auch keine schlechte Laune, keine Ablehnung oder Streit haben. Natürlich war ihm aufgefallen, dass gerade Dino und Paul auf der Seite von Jak waren und Logan am liebsten davongejagt hätten, wobei Arthur und Dennis versuchten, die Wogen zu glätten. Sie wollten niemanden aus ihrer Clique ausschließen, versuchten sogar, zwischen Jak und Logan zu vermitteln.
„Ich finde es nicht richtig, dass Logan ausgegrenzt wird. Arthur hat gesagt, seit dem Vorfall hat er das Zimmer nicht mehr verlassen und Oscar lässt er auch nicht an sich heran. Wir sind Freunde, Jak."
„Wenn du Logan als Freund hast, brauchst auf jeden Fall keine Feinde. Ich weiß, Bärchen, dass du Harmonie magst und suchst. Du bist ein friedliebender Mensch. Eine Eigenschaft, in die ich mich verliebt habe. Du versuchst immer, Gutes im Menschen zu sehen und schlichtest Streits. Du bist ein toller Vermittler. Aber ich kann ihm das nicht verzeihen."
„Und ich?"
„Und du?"
„Was, wenn ich Logan verzeihe?"
Zittrig griff er nach der Hand des Lockenkopfs, drückte sich fester an diesen. Angst überkam Ollie. Was, wenn Jak damit nicht zurechtkommen würde?
„Ollie, du kannst machen, was du möchtest. Ich schreibe dir nicht vor, mit wem du befreundet sein darfst oder wem du verzeihst."
„Und ... und wenn wir uns alle treffen?"
„Dann kannst du da selbstverständlich hin."
„Und du?"
Jak lächelte traurig, als er den Kopf schüttelte und sanft die Stirn seines Bärchens küsste. Sie waren ein Paar, aber deswegen mussten sie ja nicht alles zusammen machen. Wenn Ollie an Unternehmungen teilnehmen wollte, bei denen Logan anwesend sein würde, war er eben raus.
„Bitte, Jak. Überlege es dir noch mal."
Seufzend schloss er den Briten fester in die Arme. Versprechen wollte und konnte er nichts, dazu war die Wut auf Logan einfach noch zu groß. Aber vielleicht halfen noch zwei, drei Tage, um sein Gemüt zu beruhigen. In all der Zeit, in der er den Sunnyboy nun schon kannte, war Logan immer witzig, charmant, hilfsbereit und sehr kollegial gewesen. Logan würde alles für seine Freunde tun, das wusste nicht nur ihre kleine Clique. Egal, ob ein Müsliriegel, etwas zu trinken oder einfach eine Schulter zum Anlehnen. Logan gab alles für jene, die ihm wichtig waren. Umso erschrockener war Jak über das Verhalten, was dieser gezeigt hatte. Es hatte so gar nicht zu Logan gepasst.
„Was meinst du? Gehen wir jetzt raus? Dennis hat den Grill schon angeschmissen. Dino, Paul und Arthur haben für Salate und Beilagen gesorgt. Oscar und Logan haben das Fleisch besorgt."
„Wenn ... wenn ich mit raus gehe, wirst du dann mit Logan reden? Wenn er auf dich zukommen sollte?"
„Wieso sollte er auf mich zukommen? Er hat dir wehgetan."
„Du bist mein Freund. Wir sind zwar erst wenige Monate zusammen, aber ich weiß, dass du alles für mich machen würdest. Beim Flaschendrehen bist du schon auf Logan losgegangen. Ich mag keine Gewalt, das führt nur zu Schmerz und Leid. Aber ich war sehr dankbar, dass du damals für mich eingetreten bist und dass du vor zwei Tagen nach mir gesucht, mich gefunden und dann alles getan hast, damit es mir besser geht."
„Ich kann dir nichts versprechen, Ollie. Dafür bin ich noch zu sauer und enttäuscht von Logan. Aber ich kann dir versprechen, dass ich ihn nicht körperlich angreifen werde. Ich hätte ihn damals schon nicht schlagen dürfen, das war falsch. Aber ich habe rotgesehen. Ich bin kein Schläger und neige auch nicht zu Gewalt."
„Das weiß ich."
Mit einem kleinen Lächeln drehte er seinen Kopf zu Jak, streckte sich etwas und küsste sanft die weichen Lippen des US-Amerikaners. Über Küsse und Streicheleinheiten waren sie noch nicht hinaus. Und gemeinsames Duschen und Baden. Aber sie waren noch jung, gerade etwas mehr als ein halbes Jahr zusammen. Sie hatten es nicht eilig. Aber wenn Ollie etwas über seinen Lockenkopf wusste, dann, dass dieser kein Gewalttäter war. Genauso wie er selbst verabscheute Jak Prügeleien und sinnlose Gewalt. Der Schlag gegen Logan war aus den Emotionen heraus entstanden.
„Jetzt können wir zu den anderen gehen."
Hand in Hand verließen sie ihr Zimmer und hörten schon beim Hinuntergehen das Lachen der anderen. Und tatsächlich fanden sie die Jungs im großen Garten, wo Dennis schon munter die Kohlen glühen ließ, während Arthur und Paul die Tische deckten. Oscar und Dino trugen die Beilagen, Salate und Saucen hinaus. Nur von Logan konnten sie nichts sehen.
„Ist Logan noch in der Küche?"
„Nein, auf unserem Zimmer."
„Warum?"
„Jak? Wirklich?"
Traurig ließ Oscar die Schultern hängen, während er die Schüsseln mit den Salaten verteilte.
Nicht nur, dass Oscar wie ein Häufchen Elend aussah, auch sein Freund verlor mit einem Mal sein Strahlen, sein Lächeln, welches er noch hatte, als sie das Zimmer verlassen hatten. So konnte ihr Urlaub nicht zu Ende gehen.
„Bleib hier, Bärchen. Vielleicht kann Oscar deine Hilfe gebrauchen."
Liebevoll strich er durch die braunen Haare, bevor er wieder ins Haus ging. Sein Weg nach oben führte ihn direkt zum Zimmer von Oscar und Logan. Höflich wäre es gewesen, wenn er angeklopft hätte. So hatten es ihm auch seine Eltern beigebracht, aber irgendwie erschien Jak diese Erziehungsregel gerade hinfällig.
„Hey. Was machst du hier oben? Das Grillen ist im Garten. Dennis hat schon leckeres Fleisch drauf. Sollte das nicht deinen Vielfraß-Magen locken?"
Es wäre sicher untertrieben zu sagen, dass Logan nicht geschockt dreinblickte, als er einfach in das Zimmer kam.
„Ich glaube kaum, dass ich gern gesehen bin. Dino und Paul haben das schon deutlich gezeigt."
„Unschuldig bist du an dieser Situation nicht. Aber deswegen musst du hier nicht in Isolation leben. Oscar geht es schlecht. Er ist zwischen dir und uns hin und her gerissen."
Die sonst so kecken und frechen Augen des Blonden blickten traurig, als er die Beine an den Körper zog und die Arme drumherum legte. Logan machte tatsächlich einen erbärmlichen Eindruck - und das gefiel Jak nicht.
„Logan, du hast Scheiße gebaut. Richtig dumme Scheiße. Und trotzdem bist du unser Freund. Mein Freund. Wir sind eine Clique. Uns verbindet unser Traum. Nun gut, du fährst bald Formel 1. Aber uns verbindet die Leidenschaft zum Rennsport. Wir sind Freunde geworden. Auch wenn es Altersunterschiede gibt, haben wir viele Gemeinsamkeiten und Hobbys. Und wir sind alle mit einem Mann zusammen."
Vorsichtig ließ sich Jak auf dem Bett nieder, streckte die Hand und legte diese auf den blonden Haarschopf. So sehr er Logan auch verflucht hatte, konnte er es nicht mitansehen, wie dieser litt. Dass der Ami bereute, was er Ollie angetan hatte, hatte er die letzten Tage mitbekommen. Jeder hatte es ihm erzählt.
„Logan, wir brauchen dich."
„Was?!" Ruckartig hob Logan den Kopf.
„Ollie und ich sind erst 17. Wir sind etwas mehr als sechs Monate zusammen. Wir hatten so eine Angst, dass jeder sehen und merken würde, dass wir nicht nur Buddys sind. Du hast mich damals angesprochen. Im Rennzirkus warst du der erste, dem ich gestanden habe, schwul zu sein. Oscar und du habt so viel für uns getan, uns unterstützt und zugehört. Habt uns geholfen, sicherer im Umgang mit uns selbst, aber auch gegenüber anderen zu werden. Ihr habt uns in eurer Clique aufgenommen."
Fest biss sich Logan auf die Unterlippe, als er merkte, dass diese zitterte. Vergeblich versuchte er, das Brennen hinter den Augenlidern zu unterdrücken. Aber die letzten Tage waren die reinste Hölle. Sein Freund litt, weil er Scheiße gebaut hatte. Dino und Paul wollten kaum noch mit ihm reden, während Dennis und Arthur versuchten, irgendwie alles zu beruhigen. Und jetzt saß ausgerechnet Jak bei ihm, strich durch seine Haare und sprach von ihrer Freundschaft.
„Ich kann dir nicht versprechen, dass sofort wieder alles gut zwischen uns sein wird. Dafür war es einfach zu krass, was du abgezogen hast. Das war nicht der Logan, den ich kenne und schätze. Ollie wird dir das Ganze eher verzeihen, weil er sagt, wir sind Freunde. Freunde bauen auch mal Scheiße."
„Jak, ich weiß nicht, was mich geritten hat."
„Hauptsache es wird nie wieder passieren. Ich kann nicht garantieren, dir dann noch mal eine Chance zu geben. Aber ich will sie dir jetzt geben. Nicht nur wegen Ollie, dem deine Freundschaft sehr wichtig ist. Ja, ich liebe meinen Bären. Und wenn er mit dir befreundet sein will, dann kann er das. Aber ich möchte auch weiterhin mit dir befreundet sein. Auch weil du uns sehr geholfen hast, aber hauptsächlich, weil ich dich als Menschen wirklich sehr gerne mag. Wir hatten nie Streitigkeiten - außer beim Flaschendrehen und vor zwei Tagen. Ich möchte nicht verlieren, was wir uns aufgebaut haben."
Fast verlor Jak das Gleichgewicht, als Logan mit einem Mal seine verkrampfte Körperhaltung aufgab und die Arme um seinen Hals schlang. Weinend presste der Blonde sein Gesicht gegen die Schulter des Jüngeren, hielt sich verzweifelt am Dunkelhaarigen fest.
Minutenlang war mit Logan nichts anzufangen. Jak blieb nur zu versuchen, dem anderen etwas Halt zu geben. Der Streit, die Ablehnung der anderen und dass es Oscar und Ollie wegen ihm so schlecht ging, hatten Logan mehr mitgenommen, als sie vielleicht gedacht hatten. Der US-Amerikaner mochte mit seinen 22 Jahren hier zu den Ältesten zählen, was aber keine Vorrausetzung dafür war, dass sich Logan auch so benahm oder fühlte.
Er hätte viel früher auf den Blonden zugehen müssen, hätte das Gespräch suchen sollen. Auch wenn Logan scheinbar selbst keine Ahnung hatte, was ihn dazu veranlasst hatte, diesen miesen Scherz mit Ollie zu spielen, hätten sie einfach vernünftig darüber reden sollen, anstatt Logan auszugrenzen.
+
„Jungs, ist schon Fleisch fertig? Hier hat jemand Hunger. Im Grunde hat er immer Hunger. Erstaunlich, wie du so schlank bleiben kannst, wenn du ständig nur isst."
Lachend führte Jak Logan in den Garten, brachte diesen zu Oscar, der neben Dino und Ollie saß.
„Hey. Alles wieder gut?"
Jak wiegte den Kopf hin und her, ließ seine Locken etwas wackeln.
„Ich würde sagen, wir sind auf dem besten Weg. Aber für heute wurde genug Trübsal geblasen. Lasst uns essen und Spaß haben. Immerhin hat uns Paul versprochen, dass er das Fleisch nach einem Rezept aus Estland mariniert hat. Und Dino hat uns bosnischen Salat à la Oma versprochen."
Grinsend setzte sich Jak neben seinen Freund, küsste diesen flüchtig, bevor er sich die Schüssel schnappte, welche direkt vor seiner Nase stand.
„Danke, Jak."
Warme Finger strichen über seinen Unterarm, während weiche Lippen seine Wangen streiften.
Es war vielleicht noch nicht wieder alles im Lot.
Aber Ollie hatte recht. Sie waren alle Freunde. Und auch unter Freunden gab es mal Stress. Nur würden sie nicht die Freunde sein, die sich davon zerfressen lassen würden. Vielleicht sollten sie in ein paar Tagen alle gemeinsam über diesen Vorfall reden und diese Nacht danach für alle Male abschließen.
Jetzt aber würden sie lecker essen und Spaß haben.
ENDE
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