03 | schmetterlingsgefühle
Ich konnte das Grölen der Menge bereits von Weitem hören. Es war nicht das Kreischen von ein paar Fans, die hinter der Abzäunung aufgeregt darauf warteten, dass ich für einen kurzen Moment an ihnen vorbeiging und vielleicht das eine oder andere Wort mit ihnen wechseln würde. Es war eher das Brüllen nach Aufmerksamkeit, nach Klatsch und Tratsch und möglichst hohen Klicks.
Ich klemmte mir eine Zigarette zwischen die Lippen und lehnte mich gegen das kalte Metall des Taxis. Meine Zähne bissen dabei ein wenig durch den Filter auf den Tabak. Ich hasste den Geschmack mindestens genauso sehr wie das Gefühl, wie das Nikotin gleich meinen Verstand mit jedem Zug ein wenig mehr herunterfahren würde. Aber genau das, war es was ich jetzt brauchte - ich hatte es nötig, mich mit etwas so Absurdem wie einer von Louis' Zigaretten zu benebeln, um auch nur irgendwie klar sehen zu können.
Irgendwie paradox.
"Brauchst du Feuer?" Ein wenig überrascht blickte ich von der Zigarette auf zu dem jungen Taxifahrer vor mir. Ich war derart in Gedanken versunken gewesen, dass ich es gar nicht erst bemerkt hatte, wie meine Hände ziellos in meinen Hosentaschen gewühlt hatten. Louis war immer derjenige von uns beiden, der uns gegenseitig eine Kippe anzündete und dementsprechend auch das Feuerzeug eingesteckt hatte. Eigentlich wäre ich noch eine Weile dagestanden und hätte auf ihn gewartet, aber wer wusste schon, wie lange er noch brauchen würde. Und wer wusste, ob ich bis dahin nicht schon längst den Verstand verloren hatte.
Mit einem schwachen Lächeln nahm ich die Zigarette zwischen Zeige- und Mittelfinger, zog sie aus meinem Mund und nickte ihm zu. "Das wäre wirklich super", seufzte ich. Ohne weiter zu zögern, sah ich ihm dabei zu, wie er zuerst eine Zigarette für sich selbst und dann sein Feuerzeug aus der hinteren Hosentasche seiner losen Jeans zog. "Weißt du, ich habe mir dich komplett anders vorgestellt", sagte er, während er das Feuer entfachte und mir mit vorgehaltener Hand meine Zigarette anzündete, "versnobt. Arrogant. Abweisend. Du weißt schon, die ganzen Klischees. Ich bin fest davon ausgegangen, dass du mich nicht einmal so richtig ansehen würdest." Ich sog die Luft durch die Mischung aus Feuer und verbranntem Tabak, er hielt das Feuer an seine Zigarette."Sowas hör' ich öfters.", erwiderte ich knapp.
"Das klingt nicht gerade gut."
Ich schaute ihm durch die Rauchschwade in seine Augen. "Es trifft mich mittlerweile gar nicht mehr, weißt du. Je mehr Meinungen es über einen gibt, desto weniger verschwendet man Gedanken daran. Es war unfassbar schwer, das zu akzeptieren, aber im Endeffekt bleibt dir da nichts anderes über. Ansonsten bringt es dich irgendwann um", erklärte ich und bemerkte, wie er seinen Blick senkte. "Oh, das klingt hart. So habe das eigentlich noch nie gesehen. Es tut mir leid", entschuldigte er sich. Beiläufig streckte ich den Arm aus und tätschelte ihm die Schulter, woraufhin er zaghaft wieder zu mir aufsah. "Ist schon okay, wirklich. Ich nehme es dir überhaupt nicht übel. Ich habe auch viel zu lange gebraucht, um das alles zu realisieren. Und ich schätze, ohne Louis hätte ich das vermutlich niemals geschafft."
"Louis?" An der Art, wie der Taxifahrer den Namen aussprach, konnte ich erkennen, dass er sich nicht sicher war, ob er das wirklich sagen sollte oder nicht. Ob er dieses Mal den Finger in eine unverheilte Wunde legen würde. Wenn er es nur wüsste. Ich fragte mich, ob er das Lächeln sehen konnte, das er mir soeben mit durch diese eine, kurze Wort ins Gesicht gezaubert hatte.
Unter einem tiefen Seufzer nahm ich den letzten Zug an der Zigarette, schnippte sie auf den Asphalt und ließ den Rauch ein letztes Mal aus meiner Lunge strömen. Doch so wie mein Herz schlug, schien nicht einmal das Nikotin schien die Schmetterlinge in meinem Bauch vom Flattern abhalten zu können. Dafür war es bereits viel zu spät.
"Louis Tomlinson. Mein fester Freund."
Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top