11 - Der große Tag

Es war endlich soweit! Die Kleidung war genäht, die Lieder von Knabenchor einstudiert, der Speiseplan und die Sitzordnung besprochen und die Gäste eingeladen.
In der Burg herrschte reges Treiben. Der große Saal wurde dekoriert, in der Küche dampfte und rauchte alles und die Diener rauschten durch die Gänge. Die Gäste waren auch schon alle angekommen. Der König, seine Familie und auch die anderen Fürsten waren mit ihrem Gefolge angereist und wohnten schon ein Paar Tage in der Burg. Es war inzwischen auch viel wärmer und trockener geworden, die Sonne lachte auf die Stadt herab und hatte den Schnee längst vertrieben. Sie wurde nur ab und zu von flauschigen Wölkchen verdeckt, das perfekte Wetter für die Feier.

Auch wenn Sonntag war, wurde das Badehaus ausnahmsweise eingeheizt. Normalerweise war der Samstag der Badetag, damit am Sonntag alle gereinigt zur Messe gehen konnten. Doch bei einer Eheschließung war es Tradition, dass die Braut und der Bräutigam sich am Tag der Hochzeit gründlich wuschen, sie sollten sauber in das neue Kapitel ihres Lebens treten. Geza erhielt sehr viel Unterstützung von ihrer Dienstmagd, inzwischen hatte sie gelernt, dass sie Minna hieß. Sie rieb ihr den Rücken sauber, weil Geza da nicht so gut rankam, und begoss sie immer wieder mit Wasser. In einem privaten Zimmer für die Vorbereitung rubbelte Minna Geza die Haare mit einem Tuch trocken. Sie entschieden, sich später um die Haare zu kümmern und zogen zuerst das Kleid an.

Es waren eigentlich mehrere Kleidungsstücke, die sie anzog. Zuerst ein Unterhemd aus feinem Leinen, das das weichste war, was Geza jemals getragen hat. Darüber half ihr Minna in einen sehr breiten Gürtel, der konnte nämlich nicht gebunden, sondern wurde mit mit kleinen Haken und Ösen geschlossen. Es war aus dem hellsten Leder, dass in der Eichenfeste aufzutreiben war, und kostete so viel wie ein Kalb. Er gab der Braut etwas Stütze obenrum. Als nächste Schicht kam ein Unterkleid. Es war zwar fest gewebt, sodass man den Ledergürtel kaum sah, trotzdem hatte es eine sehr fließende Struktur. Und es war blütenweiß, so weiß, dass es in der Sonne zu strahlen schien. Das Oberkleid, die letzte Schicht, war dagegen aus einem dickeren Stoff. Geza hatte ihn auf dem Markt ausgesucht, blassgelber Stoff und darauf waren kleine Buketts aus weißen, narzissengelben und ockerfarbenen Blüten gestickt. Geza musste es wie einen Mantel anziehen, der vorne zugeknöpft wurde, auch mit Haken und Ösen. Um den Oberkörper war das Oberkleid ganz eng, nur um den Kragen sah man etwas Spitze vom Unterkleid. Untenrum war es sehr frei und ließ das Unterkleid etwas zu sehen. Das Beste daran waren aber die Ärmel, über einem ganz normalen handgelenklangen Ärmel, die Teil des Unterkleids waren, hingen die Ärmel des Überkleids, sie waren nicht an der Innenseite zusammengenäht und bildeten somit kein Rohr, allerdings reichten sie bis Gezas Knie.

Als Schmuck trug sie den Verlobungsring und ein Medaillon, das ihr Richard zur Hochzeit schenkte. An einer Kette hing ein Kreis aus Bronze, eine fliegende Eule war darauf eingraviert. Minna zog Geza die Schuhe an, bücken sollte sie sich nicht mehr, sonst würde alles zerknautschen.

Der letzte Punkt auf der Liste waren die Haare. Minna war eine wahre Meisterin. Die vorderen Haare flocht sie zu drei Zöpfen, die sie dann zu einer Art Blume am Hinterkopf formte. Alles, was darunter war, ließ sie frei. An der Zopfblume befestigte Minna den Schleier mit einer einzigen Haarnadel, mehr wären zu gefährlich. Und zuletzt setzte sie ihr die Fürstenkrone auf. Die Fürstin hatte sie Geza überlassen, wobei sich etwas Unzufriedenes in ihr Gesicht geschlichen hatte. Geza hatte es aber an diesem frohen Tag gekonnt ignoriert.

So gekleidet lief Geza die Haupttreppe runter, auf dem Burghof erwartete sie eine Kutsche, die sie in die Kirche bringen würde. Das halbe Burgpersonal war in der Eingangshalle versammelt, um sich die junge Braut anzuschauen. Die Gäste waren schon alle zu Fuß aufgebrochen. Geza sollte als letzte erscheinen. Minna half ihr in die Kutsche und der Wagen fuhr die wenigen Schritte bis zur Kirche.

Vor dem Gotteshaus war eine riesige Menge versammelt, Soldaten der Bürgerwehr hielten sie mit Hellebarden zurück, damit die Kutsche durchkam. Auf der Treppe vor dem Haupteingang warteten Pater Bonifatius und Richard.
Er sah großartig aus. Auf seinem Kopf trug er die Fürstenkrone, das satte warme Gelb der Tunika warf ein Licht auf sein Gesicht und an seinen Schultern war ein weißer Umhang befestigt. Er strahlte, genauso wie Pater Bonifacuis, der in seiner festlichen Soutane und seinem Gebetsbuch in der Hand, aussah wie ein Stern, der vom Himmel gefallen war.

Die Tür der Kutsche wurde von einem Diener geöffnet und Richard eilte seiner Braut entgegen, um ihr rauszuhelfen.
"Du siehst umwerfend aus!", sagte er ihr, als er mit ihr die Treppe hochschritt und die Menge ihnen zujubelte.
"Ich nehme mir ein Bespiel an dir", entgegnete Geza mit einem leicht ironischen Unterton.
"Wunderschön! Großartig schaut ihr beiden aus!", Pater schüttelte ihre Hände und grinste über beide Ohren, "Dann können wir ja anfangen! Ich gehe jetzt vor und wenn ihr die Musik hört, dann tretet ihr ein!" Und weg war er.

Beide atmeten durch, und als der Chor ertönte traten sie in die Kirche. Das Licht fiel durch die bunten Fenster und warf farbige Muster an Boden und Wände. Der Dom war voll, auf jeder Bank saßen Menschen und hinten und an den Seiten standen Schaulustige. Die Küster der Kirche hatten sich wirklich große Mühe gegeben, sie war mit Blumen und Schleifen geschmückt. Langsam und feierlich schritt das Brautpaar durch den Mittelgang, alle Blicke waren auf sie gerichtet, am Altar stand Pater Bonifatius und sein Lächeln schien die Kirche mit Licht zu füllen.

Der Anfang der Messe war Geza schon bekannt und sie sang "Gloria" und "Kyrie" mit und war noch nie mit soviel Herz dabei. Zum Glück hielt der Priester den Mittelteil kurz, damit die eigentliche Vermählung nicht auch sich warten ließ.

Als es endlich soweit, füllte sich die Kirche mit einer feierlichen Stille, alle lauschten den dreien, die am Altar standen.
"Jungfer Geza! Nimmst du Richard, den Fürsten von Quercus, zu deinem Mann aus freien Stücken? Bist du bereit, ihm treu zu sein und ihm in allem beizustehen?", fragte Pater Bonifatius Geza.
"Ja!", antwortete sie, ihre Stimme zitterte kurz.
Dann wandte sich der Pfarrer an den Bräutigam: "Richard, Fürst von Quercus! Nimmst du Jungfer Geza zu deiner Frau aus freien Stücken? Bist du bereit, ihr treu zu sein und ihr in allem beizustehen?"
"Ja!", sagte Richard und hustete danach kurz auf.
Die Stimmen der beiden waren aber in der Stille für jeden Besucher gut zu hören. Danach segnete Richards Onkel die Eheringe, es waren schöne Stücke aus Gold.
"Steckt euch die Ringe an die Finger im Zeichen ewiger Liebe und Treue!", fuhr Pater Bonifatius fort.
Er ging einen Schritt zurück, damit der Chorjunge die Ringe auf einem Tablett hinhalten konnte. Zuerst steckte Richard Geza ihren Ring an den Finger und danach tat Geza das gleiche. 

Sie nahmen sich an den Händen und Pater Bonifatius legte eine Stola darüber und sprach: "Was Gott verbunden hat, das darf der Mensch nicht trennen! Geza und Richard! Nun seid ihr Mann und Frau! Ihr dürft euch jetzt küssen!"
Richard beugte sich zu Geza runter und sie streckte sich ihm entgegen. Ihre Münder berührten sich. Richards Lippen waren warm und trocken. Einige Hautfetzten standen ab, er hatte wohl in der Aufregung vor der Hochzeit zu viel auf der Unterlippe gekaut. Geza störte das aber nicht im Geringsten, eine wohlige Wärme breitete sich von ihrem Mund durch den ganzen Körper aus. Richard hatte sich an diesem Morgen frisch von seinem Knappen rasieren lassen, seine Wange fühlten sich unglaublich weich an. Die Gäste in der Kirche klatschten, jubelten aber nicht, sie befanden sich immer noch in einer Kirche.

Das Segensgebet und den Rest der Messe bekam Geza nur wie durch einen Nebel mit. Das einzige, was klar und deutlich sehen konnte war Richards wonneerfülltes Gesicht. Auch er schaute ihr in die Augen und schien in einer Art Rausch zu sein. Pater Bonifatius musste Richard einen leichten Stoß geben.
"Der Auszug aus der Kirche!", flüsterte er den beiden zu.
Erst jetzt erwachten sie, drehten sich um und schritten langsam durch den Mittelgang.

Geza ließ ihren Blick über die ersten Reihen gleiten. Rechts von ihr saß Richards Mutter, die etwas gespielt lächelte. Von Gezas Verwandtschaft wurde nicht niemals eingeladen, Richard hatte ihnen einen Brief geschrieben, dass sie in der Eichenfeste äußerst unerwünscht seien und sollten sie trotzdem auftauchen, sollten sie mit Konsequenzen rechnen. Geza blickte also zu ihrer linken, wo die Ehrengäste saßen. König Elrik war mit seiner Frau und seinen Söhnen Darian und Livian angereist, die Fürsten von Cupressus und Acer waren beide mit Ehegatte und zwei ihrer Kinder da und weiter außen saß noch Gideon aus Maximilla. Auf ihn beschloss Geza nicht weiter zu achten. Sie hatte gefragt, ob es möglich sein, ihn auch auszuladen. Doch Richard erklärte ihr, dass es das friedliche Miteinander der Fürsten bedrohen könnte und man Gideon einladen musste. Also akzeptierte es Geza unter der Bedingung, dass man ihn so weit wie möglich von ihr halten würde.

Draußen wurde Geza von dem lauten Jubeln der Menge und dem Läuten der Kirchenglocken zuerst überfordert, es war lauter als alles was sie bis jetzt gehört hatte. Doch mit Richard an der Seite konnte ihr nichts und niemand Angst machen. Das Volk durfte jetzt auch auf die Treppe und die Bürgerwehr passte auf, dass ein Gang in der Mitte freigelassen wurde. Richard winkte der Menge zu und Geza machte es ihm nach. Doch bevor sie gemeinsam in die Kutsche stiegen, machte Richard ein Zeichen und die Menge beruhigte sich.
Laut und deutlich verkündete der Fürst: "Vielen Dank, liebe Bürger der Eichenfeste, dass ihr alle zur Feier gekommen seid! Meine Frau, ich und unsere Gäste werden nun in die Burg fahren und feiern! Damit ihr auch mitfeiern könnt, habe ich eine großzügige Summe an jedes Wirtshaus und jede Schenke ausgezahlt! Auch ihr sollt an diesem Tag feiern und glücklich sein!"
Die Menge grölte vor Begeisterung und unter dieser Geräuschkulisse führte Richard Geza zur Kutsche und half ihr rein. Der Wagen setzte sich wegen der vielen Menschen nur langsam in Bewegung.

Richard umarmte Geza und drückte sie fest an sich.
"Das fühlt sich so gut und richtig an!", flüsterte er halb zu Geza halb zu sich selbst.
"Ich bin so froh, dass es endlich passiert ist!", entgegnete sie und erwiderte die Umarmung.
In dieser stillen Umarmung fuhren sie bis zur Innenburg, wo schon die gesamte Dienerschaft wartete und den Herrn und die neue Herrin zu begrüßen. Später zogen sich die Diener zurück und Geza blieb mit Richard auf der Treppe stehen, die Verwandten und Gäste würden bald aus der Kirche kommen und die frisch Vermählten würden sie an der Tür in Empfang nehmen. Zu Gezas Erleichterung musste sie keinem die Hand schütteln, wenn sie es nicht wollte. Es wäre für sie ein komisches Gefühl, dem König und den anderen Fürsten, vor allem Gideon so zu begegnen. Dankend nahm sie die Glückwünsche von jedem an, blieb aber noch reserviert, die Nähe dieser hochgestellten Personen war doch noch sehr ungewohnt. Richard schien sich viel wohler zu fühlen, er kannte diese Leute aber auch schon.

Die Küchendiener hatten sich besondere Mühe für dieses Mahl gegeben, Fleischsuppe, mehrere Brotsorten, Gemüse und der Höhepunkt, das größte Spanferkel, das man sich vorstellen konnte. Schließlich war man ja in Quercus! Auch bei den Süßigkeiten hatte die Küche sich selbst übertroffen, wenn man beachtet, dass noch Frühling war und noch kein frisches Obst zur Verfügung stand. Aus den Tiefen der Vorratskammern wurden in Zucker eingemachte Beeren und Obst rausgeholt und getrocknete Früchte wurden in Kuchen eingebacken.

Nach dem Essen gab es noch einen Brauch, der durchgeführt wurde. Die Fürstin überreichte Geza feierlich vor allen Gästen den Schlüsselbund mit den Hausschlüsseln und den Geldbeutel mit dem Haushaltsgeld, jetzt war Geza die oberste Frau im Haus. Geza nahm den Bund und den Beutel mit einem tiefen Knicks, sie würden sich wunderbar an ihrem Metallgürtel machen.
"Ich werde mich jetzt in ein Kloster zurückziehen!", verkündete die ehemalige Fürstin ihrem Sohn und ihrer Schwiegertochter ganz leise, während die anderen Gäste sich unterhielten, Wein und Met tranken, "Ich möchte keine Nonne werden, aber in einem Kloster hoffe ich die Ruhe zu finden, in der ich mich von meinen Pflichten als Fürstin etwas ausruhen kann. Wenn ihr mich aber brauchen solltet, dann bin ich immer bereit euch zu helfen!"
Geza zweifelte an der Aufrichtigkeit ihrer Worte. Der Ton war eine Spur zu hart für eine so persönliche Mitteilung. Doch trotzdem war sie erleichtert.

Später wurden die Hochzeitsgeschenke der Gäste überreicht. Die meisten haben sich große Mühe gegeben. Die Königsfamilie überreichte dem jungen Paar warme und flauschige Schafsfelle für das Schlafgemach und einige Laibe Käse, die Fürsten von Acer hatten Pergament und auch Käse mitgebracht. Gideon überreichte Richard ein funkelnagelneues Schwert und Geza einen Sack Salz, zum Glück war diese Interaktion sehr kurz. Die Fürsten aus Cupressus hatte feine Stoffe, Gewürze und einen großen Teppich von Übersee geschenkt. Geza und Richard wussten beide nicht, was sie vor lauter Freude und Dankbarkeit tun sollten!

Der Tag neigte sich dem Ende, der Abend war gekommen und die Gäste zogen sich zurück, am nächsten Tag würden sie abreisen. Die Fürstin würde erst in einigen Wochen ihre Sachen packen. Das Kloster, das sie sich ausgesucht hatte, war nicht weit weg. Tatsächlich musste man nur einen geheimen unterirdischen Gang durchlaufen und schon war man nur einen Steinwurf davon entfernt. Der Gang begann im Keller der Burg, Richard hatte Geza kurz die Tür bei einer der Burgbesichtigungen gezeigt und nun hatte Geza auch den Schlüssel. Sie musste nur noch lernen welcher Schlüssel das war. Sie wusste nicht, was sie davon halten sollte, dass die ehemalige Fürstin nicht sofort wegzog. In den ersten Wochen, wenn nicht Monaten, würde sie bestimmt ihre Hilfe brauchen. Geza hatte noch nie in einem so großen Haushalt gewohnt und jetzt sollte sie einen solchen auch noch an Laufen halten! Das würde in den ersten Monaten eine Herausforderung sein. Andererseits hatte sie nicht das Gefühl, dass ihre Schwiegermutter froh über ihr Dasein war. Aber einige Wochen waren keine so lange Zeitspanne.

Der letzte Programmpunkt beinhaltete eine alte Tradition von Arbor. Die nächsten Verwandten begleiteten das frisch verheiratete Paar bis zum Schlafzimmer. Es verlief in tiefen unangenehmen Schweigen. Geza und Richard vorneweg, hinter ihnen seine Mutter. Der Gang war schwach mit Fackeln beleuchtet und die Schritte hallten durch den Gang. Endlich an der Tür des Schlafzimmer angekommen, wünschten sich alle gegenseitig eine gute Nacht und Geza und Richard wurden miteinander alleine gelassen.

Zuerst schwiegen sie betreten und Geza schaute sich im Zimmer um. Ein großes Himmelbett mit einem schweren Vorhang, zwei Sessel neben einem schmalen Fenster und einige Truhen an der Wand. Das Bett war frisch bezogen und die Magd hatte Metallbehälter mit heißen Kohlen reingelegt, damit sie das Bett aufwärmten.
"Soll ich dir aus deinem Kleid helfen?", fragte Richard vorsichtig und wurde ganz rot.
Geza antwortete: "Ja, danke" und begann sich zu entkleiden.
Das Über- und das Unterkleid bekam sie problemlos selbst runter, bei dem Gürtel musste ihr Richard helfen, er stand selbst schon in seinem Unterhemd da und auch Geza ließ ihres an.
Wieder betretenes Schweigen.

Richard brach es und fraget stammelnd: "Du... weißt bescheid?"
Geza nickte, bis sie fünfzehn war, aß sie immer in der Küche mit den Mägden, die ihr intimes Liebesleben offen miteinander teilten und auch Gezas Anwesenheit störte sie nicht im geringsten.
"Gut", meinte Richard, "Bevor wir hier... anfangen, wollte ich eine Sache klarstellen. Wenn dir etwas nicht gefällt, dann sagst du es mir sofort! Ist das klar?"
Geza nickte wieder.
"Ist es in Ordnung, wenn ich das Hemd heute anbehalte?", wollte sie wissen.
"Natürlich, wenn du dich damit wohler fühlst. Passt es dir, wenn ich meins ausziehe?"
Natürlich hatte Geza nichts dagegen.
"Soll ich die Kerze auspusten?", war die letzte Frage von Richard.
"Ja, bitte!", sagte Geza.

Richard zog sich im Schutz der Dunkelheit aus und setzte sich an den Bettrand. Geza löste ihre Frisur und als ihre zweifarbigen Haare frei über ihre Schultern fielen, flüsterte Richard: "Du kannst dir gar nicht vorstellen, wie schön du gerade jetzt bist." Geza ging langsam auf ihn zu, ohne zu wissen, was sie danach tun sollte. Doch wie von allein setzte sie sich auf seine Knie. Richard legte seine Handflächen auf ihre Kniescheiben und rutschte langsam an den Beinen hoch, nach und nach fanden seine Finger den Weg unter Gezas Hemd. Geza schloss die Augen, sie konnte sich vorher gar nicht ausmalen, wie sehr sie Richards rauen Hände an ihrem Oberkörper genießen würde. Sein Kopf tauchte unterdessen unter den Vorhang ihrer Haare und sie spürte seine Lippen an ihrem Hals. Geza legte ihre Arme um seine Schultern und fuhr vorsichtig mit den Nägeln seinen Rücken runter. Richard seufzte und bat sie: "Mach das nochmal!" Geza ließ sich das nicht zweimal sagen. 
"Ist das angenehm", flüsterte Richard ihr ins Ohr und ließ sank rücklings auf die Matratze.

Als Geza am nächsten Morgen erwachte, war sie froh festzustellen, dass der Muskelschmerz in ihrem Unterleib sich nicht so schlimm anfühlte wie sie erwartet hatte. Man konnte es vergleichen mit dem Schmerz, den man verspürte, nachdem man eine lange Wanderung unternommen hatte. Es tat etwas weh, aber es fühlte sich gleichzeitig gut an. Man merkte, dass Richard schon einmal verheiratet war.

Richard lag nicht neben ihr. Doch er ließ nicht lange auf sich warten. Die Tür flog auf und er trat ein. Er war sehr einfach angezogen.
"Guten Morgen, Geza!", begrüßte er seine Frau, "Ich habe den Zweispanner vorbereiten lassen. Nach dem Frühstück machen wir eine kleine Hochzeitsreise!"
"Wirklich!", rief Geza und setzte sich auf.
Richard nickte.
"Ich hätte eine Bitte an dich. Zieh dich bescheiden an und setz eine Haube auf. Denk bitte nicht, dass ich mich vor deiner Feraherkunft schäme. Ich möchte die Reise in Ruhe verbringen. Sollte aber jemand erfahren, dass wir der Fürst und die Fürstin sind, dann werden wir vergessen, was Ruhe ist"
Er verließ das Zimmer und Geza konnte sich in Einsamkeit anziehen.

Nach einem Frühstück bestieg Geza mit Richard den Zweispanner und sie machten sich auf den Weg in ein kleines Dorf im Süden von Quercus, das für seinen glasklaren See und den Wasserfall bekannt war. Die Reise im Zweispanner war anstrengend, doch das Paar wurde für ihre Mühen belohnt, der See und der Wasserfall waren die Reise eindeutig wert gewesen.

Sie saßen nebeneinander am Ufer und eigentlich war das ein schöner Moment.
Auf einmal fragte Richard Geza wie aus dem Nichts: "Geza, ich sehe das dich etwas bedrückt. Magst du darüber reden?"
Geza freute sich über das Angebot und nahm es gerne an.
"Ich fürchte nur, dass ich mit meinen Pflichten als Fürstin nicht klarkommen werde und dass es mit einem Erben schwierig sein wird. So oft, wie ich von Egon vermöbelt wurde, hab ich Angst, dass es mit dem Kinderkriegen nicht leicht wird", teilte sie ihre Sorge.
Richard nahm sie fester in den Arm.
"Du brauchst keine Angst zu haben. Erstens, als gute Fürstin wird man nicht geboren, man wird es mit der Zeit. Als ich das Amt nach dem Tod meines Vaters angetreten habe, hatte ich genauso Angst. Jetzt fühle ich mich schon viel sicherer. Zum zweiten, ich werde dir wegen eines Kindes niemals Druck machen, dadurch wird alles nur schlimmer. Das durfte ich in meiner ersten Ehe erfahren."
"Wie war deine erste Ehe?", fragte Geza und sie hatte keine Angst mehr Richard so intime Fragen zu stellen.
Richard lächelte traurig.
"Ich habe die Frau geheiratet, die meine Eltern für mich ausgesucht hatten. Sie kam aus einer Ritterfamilie aus Cupressus. Trotz allem was ihr Vater uns versprochen hatte, war sie fast immer krank, was nicht wirklich zu einem Beziehungsaufbau beigetragen hat. Sie wohnte die meiste Zeit isoliert, damit sie niemanden mit ihren Erkältungen ansteckte. Wenn sie denn gesund war, haben wir uns stark unter Druck gesetzt, einen Erben in die Welt zu setzten. Geholfen hat das nicht, wir haben uns immer weiter voneinander distanziert. Schließlich ist sie an einer ihrer zahlreichen Krankheiten gestorben. Ich denke sie wäre mit einem anderen Mann glücklicher geworden. Die Fehler wiederhole ich so schnell nicht wieder"

Eine Pause entstand. Geza streichelte Richard mitfühlen über den Arm. 
Er lächelte.
"Damals bei unserer Verlobung habe ich dir nicht die ganze Wahrheit erzählt. Meine Mutter war schwer zu überzeugen, ihren Segen für unsere Heirat zu geben. Auch mit meinem Onkel auf meiner Seite wollte sie sich nicht überzeugen lassen. Deine Herkunft hat ihr Zweifel bereitet und nichts konnte sie abbringen. Also habe ich ihr ein Ultimatum gestellt. Entweder ich eheliche ein Mädchen, dass ich mir selbst ausgesucht habe oder sie kann die Hoffnung auf einen Erben aufgeben."
"Deswegen schaut sich mich manchmal so komisch an!", rief Geza und ein Unbehagen machte sich in ihr breit. Aber Richard schaffte es ihr das ihr das unangenehme Gefühl abzunehmen.
"Sie zieht ja bald ins Kloster und kommt dann nur, wenn wir sie rufen."
"Genau...", stimmte Geza zu und lehnte sich an Richards Brust, von hinten umarmte er sie und sie lauschten dem rauschen des Wasselfalls.

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