Alpha

„Es interessiert mich ein scheiß ob du kannst oder nicht! Wenn ich dir sage du hast heute einen Auftrag dann hast du einen Auftrag!!
Ich schwöre dir Mädchen, wenn du nicht hier um Punkt 21 Uhr nicht auftauchst, schick ich Tomy zu dir nachhause. Ich denke er wird sich sehr gerne mal mit deiner Mutter vergnügen!! "

Noch bevor ich darauf reagieren konnte, hatte er aufgelegt und mich mit halb geöffneten Mund und meinem Argument im Hals fest steckend, zurückgelassen. Ein Beben durchströmte meinen Körper und ich fing an zu zittern. Nicht vor Angst sondern vor Wut! Wie konnte er es wagen mir mit meiner Mutter zu drohen! In mir kochte es und meine Finger verkrampften sich automatisch zu Fäusten.
Durch meinen unaufhaltbaren Temperament angetrieben, entwich meiner Kehle ein lauter Schrei der so nicht beabsichtige war und holte mich selbst zurück in die Realität.

Aus dem Wohnzimmer ertönte ein leises Stöhnen und im gleichen Augenblick verfluchte ich mich innerlich selbst. Mist!

„Nemsy? Alles ok?", leicht kratzig und verschlafen, durchdrang die besorgte Stimme meiner Mutter die geschlossene Tür meines Zimmers. Als ich die Tür einen Spalt öffnete um ihr zu Antworten, stand sie schon im Flur und massierte sich die Schläfen. Ihr schmerzverzerrtes Gesicht, versetze mir ein Stich ins Herz.

„Ja Mom", ich setzte mein Fake-Lächeln auf: „Hab mir nur den Ellenbogen gestoßen. Es tut mir leid das ich dich geweckt habe. Alles in Ordnung?"

Währen sie mich Musterte, wanderte ihr Blick zu meinem Ellenbogen dem es eigentlich so ziemlich gut ging. Automatisch Griff ich danach und rieb es damit meine Notlüge nicht ertappt wurde, was nicht immer einfach bei meiner Mutter war die dafür geschaffen war um mich zu durchschauen. Aber in den letzten zwei Jahren hatte ich mein Potenzial im pokerfacen entdeckt, es perfektioniert und setzte es auch professionell ein. Nach ein paar Sekunden Augenkontakt aufrechthalten und einem zuckersüßem lächeln, gab meine Mutter nach und zuckte mit den Schultern.

„Du bist ein Tollpatsch, genau wie dein Vater."

Das war's mit Pokerface! Mein Herz machte einen Satz und ich konnte nicht anders als zu ihr zu laufen und ihr um den Hals zu fallen. Sie erwiderte meine Umarmung und streichelte mir durch meine Haare.

„Hast du deine Medikamente genommen Mama?", sie nickte während sie sich aus unserer Umarmung löste.

"Hab ich mein Schatz. Diese Kopfschmerzen bringen mich noch um sag dich dir!"

Sie griff sich wieder an die Schläfen und schloss die Augen. Langsam führte ich sie an ihren Schultern ins Schlafzimmer und half ihr sich hinzulegen.

„Da hilft nur noch Schlaf. Gute Nacht Mum. Ich liebe dich", flüsterte ich ihr zu.

„Ich dich auch Liebes."

Zurück in meinem Zimmer, schloss ich die Tür leise wieder zu, blieb davor stehen und betrachtete den angeklebten Spiegel daran.
Ich versuchte hindurchzuschauen weil ich mein Spiegelbild einfach nicht ertragen konnte.
In solchen Momenten wie diesen, wenn meine Mutter so zerbrechlich wirkte, schnürte sich meine Kehle zusammen und mir fiel das Atmen so schrecklich schwer. Ich hatte es satt meine Mutter leiden zu sehen und noch mehr hatte ich es satt sie anlügen zu müssen.

Vor zwei Jahren wurde bei ihr ein Gehirntumor entfernt. Es verlief alles gut und sie hat es mit sehr geringen Schaden überstanden.
Jedoch hatte sie häufig schreckliche Kopfschmerzen. Ich konnte sie manchmal nachts vor Schmerz weinen hören.
Leider litt sie auch oftmals an kurzen Gedächtnisschwunde, die sich als einer der Nebenwirkungen dieser Krankheit herausstellten. Uns blieb nur zu hoffen, das es sich nicht erweiterte. Die Medikamente die sie bekam, halfen ihr den Schmerz zu lindern und verhinderten die Neubildung eines Tumors. Jedoch war das nicht zu hundert Prozent sicher und versprach auch keine komplette Heilung. Das die Medikamente extrem teuer waren und nicht von der Krankenkasse übernommen wurden, war natürlich die absolute Körung der Geschichte.

Meine Mutter stammte aus Griechenland und lernte meinen Vater während seinem Urlaub kennen. Nach einiger Zeit Fernbeziehung entschlossen sich die beiden zu Heiraten und so kam es das meine Mutter vor 25 Jahren ihre Heimat für meinen Vater verließ. Damals war Sie 23 Jahre alt und hatte eine Ausbildung zur Krankenschwester in ihrer Heimat  absolviert, die leider hier nicht anerkannt wurde. Sie kam auch nie dazu etwas anderes zu lernen also arbeitete sie als Haushälterin mal hier und dort.
Als mein Vater vor einigen Jahren bei einem Autounfall ums Leben kam und wir niemanden hatten der uns Finanziell unterstützen konnte, brach für meine Mutter eine Welt zusammen. 
Sie machte sich oft Vorwürfe dafür das sie sich nie um eine bessere Bildung gekümmert hatte und gab sich selbst die Schuld, in so einer Lage wie diese zu stecken.

Jeder Versuch meine Mutter davon zu überzeuge das es besser wäre wenn ich die Uni hinschmeiße und arbeite, wurde niedergeschmettert mit dem Argument, sie wolle nicht das ich so ende wie sie. Ich musste hoch und heilig schwören und versprechen zu studieren, um aus mir was zu machen.
Nur reicht leider die mickrige Hilfe vom Amt nicht aus um durchzukommen, die Miete und Medikamente meiner Mutter zu zahlen und meine Studiengebühren zu decken.
Also musste ich mir einen Job suchen, bei dem ich gut genug verdiente um uns das Leben zu erleichtern. Und das ein kleiner Aushilfsjob in einem netten kleinen Café, wie meine Mutter es annimmt nicht ausreicht muss ich ja wohl kaum erwähnen.

Ich öffnete mein Schrank und zog mir eine schwarze Hose an und einen schwarzen Pulli drüber.
Während ich eine Taschenlampe und einige andere Dinge in mein Rucksack schmiss, rief ich Ilias an der mal wieder nicht ran ging.
Ich wartete auf den piep Ton seiner Mailbox: "Hi ich bin es. 21 Uhr im Park wie immer, wir müssen Gassi gehen!", ich legte auf und schnappte mir meine Lederjacke.

Leise verließ ich unsere Wohnung, nachdem ich sicher gegangen war, das meine Mutter schlief wie ein Stein, bedingt durch die Medikamente die sie nahm. 
Es war kurz nach halb neun als ich die Straße runter lief, die so leer und ruhig vor mir lag. Als ich tief ein und ausatmete, beruhigte sich auch allmählich mein Puls. Ich liebte die Ruhe der Dunkelheit, denn sie gab mir schon immer das Gefühl sicher zu sein. Begleitet durch das Geräusch meiner eigenen Schritte und ein Hunde-bellen aus weiter ferne, lief ich in Richtung Park weiter. Wir waren Mitten im Winter, es war Eiskalt und roch nach Schneewetter. Ich fischte meine Handschuhe aus dem Rucksack und schaute noch einmal auf mein Handy. Ilias hatte eine Nachricht geschrieben.

„OK"

Den Unbehagen in meiner Brust ignorierend bog ich an der Straßenecke ab und lief der großen Grünanlage entgegen, dessen kahle Bäume in der Dunkelheit wie Ungeheuer aussahen die sich nach mir ausstreckten. Also dann, packen wir es mal an!

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Vielleicht ist es noch zu früh um hallo zu sagen aber lieber zu früh als nie :)
Ich hoffe euch hat der erste Kapitel gefallen. Ich bin wirklich gespannt wie ihr es findet und freu mich auf eure Kommentare.
Fürs erste war's das schon.
Bis bald eure
G.A.

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