Kapitel 14 ~ William
Am Sonntagmorgen erwachte ich recht früh, denn ich hatte die Jalousien am Fenster offen gelassen. Im Gegensatz zu Vlad mochte ich die ersten Sonnenstrahlen am Morgen ...
Eilig ging ich duschen und fuhr dann ganz früh ins Krankenhaus um Aidan zu besuchen. Ich musste mich einfach selbst davon überzeugen, das es ihm gut geht und ich wollte versuchen ihm die Lage zu erklären.
„Oh Mina. Willst du heute arbeiten?" , fragte mich meine Kollegin am Empfang.
„Nein. Ich bin hier um jemanden zu besuchen. Aidan. Er ist vermutlich auf meiner Station?"
„Ach der nette junge Mann mit dem Blutverlust? Schrecklicher Überfall ... Das es solch grausame Menschen wirklich gibt ... Aber ja, er ist auf Station 3." , sagte sie und ich huschte in den Fahrstuhl, um hinaufzufahren.
Ich eilte durch den langen Flur der Unfallstation, bis hin zu Raum 378 in dem Aidan liegen sollte. Zögerlich klopfte ich an der weißen Tür und betrat nach dem „Ja" von Aidan den Raum.
„Mina." , seufzte Aidan, als er mich erkannte. Er war sehr blass und sein Gesicht gezeichnet von tiefen Augenringen. In seinem linken Arm hing eine Kanüle durch die die Bluttransfusion tröpfelte. Er sah schrecklich aus ...
„Aidan ... Ich ... Wollte wissen wie es dir geht." , sagte ich leise, während ich mich ihm näherte und auf dem Stuhl neben ihm Platz nahm.
„Wie soll es mir schon gehen, nachdem dein blutsaugender Freund mich angefallen hat?" , keuchte er und ich spürte, wie sehr ihn jedes Wort anstrengte.
„Es tut mir leid. Ich habe nicht gewusste, dass er dich verletzten würde. Ich dachte er hätte sich besser unter Kontrolle." , sagte ich und hoffte eine Entschuldigung zu finden.
„Mina. Er ist ein Monster." , flüsterte Aidan nur noch und schloss seine Augen.
Seufzend blieb ich sitzen und starrte auf den Mann vor mir. Insgeheim wusste ich, dass er recht hatte, doch ich wollte es nicht wahr haben. Ich wollte glauben, dass alles gut werden würde. Doch wie sollte es ...?
Tief in meine Gedanken versunken, merkte ich nicht, wie eine weitere Person der Raum betrat.
„Mina." , hörte ich plötzlich die vertraute Stimme sagen und wandte mich zu Lana um, die in der Tür stand.
„Lana. Ich musste einfach selbst sehen wie es ihm geht." , sagte ich und deutete auf Aidan, der noch immer schlief.
„Das hab ich mir schon gedacht. Es geht ihm schon etwas besser. Du hast da echt was angerichtet ..." , sagte meine Freundin und ich spürte, wie ich langsam wütend wurde. Wütend darüber, dass alle mir die Schuld an dem gaben was passiert war.
„Wollen wir einen Kaffee trinken gehen?" , fragte Lana nach einer kurzen Zeit des Schweigens.
Stumm willigte ich ein und verließ mit ihr das Zimmer. Es brachte sowieso nichts, neben dem schlafenden Aidan zu sitzen ...
„Wusstest du es?" , fragte Lana mich, nachdem wir uns in das nahe Cafe gesetzt hatten.
„Was wusste ich?" , fragte ich und rührte lustlos in meinem Cappuccino herum.
„Na das er ein ... Vampir ist." , flüsterte sie und sah sich dabei unsicher um.
„Ja." , antwortete ich knapp.
„Und trotzdem bist du mit ihm zusammen? Ich meine ... Ist das nicht gefährlich? Bis vor kurzem wusste ich nicht einmal, dass es sowas wirklich gibt!"
Lächelnd sah ich meiner Freundin in die Augen. Glaubte sie wirklich, ich hatte es gewusst, als ich ihn zum ersten Mal getroffen hatte?
„Lana. Ich wusste es vorher doch auch nicht. Mir wäre ein ganz normaler Mann sicherlich auch lieber gewesen und ich finde das alles mindestens so abgedreht wie du! Aber ich kann nun mal nichts gegen meine Gefühle machen." , erklärte ich ihr und sie begann zu lächeln.
„Das da ne Menge an Gefühlen dabei sind, habe ich mir schon gedacht. Er hat ja richtig auf dich aufgepasst." , stellte meine Freundin fest und ihr Lächeln wurde noch eine Spur breiter.
„Ja. Er ist recht ... Besitzergreifend." , sagte ich und musste lachen. Es war einfach eine unheimlich skurrile Situation, doch ich war froh darüber, endlich mit jemandem über all diese Dinge sprechen zu können.
„Hast du keine Angst vor ihm?" , fragte Lana weiter. Ich spürte wie ihre eigene Angst sich in Neugier verwandelte.
„Doch ... Manchmal. Beim ersten Mal, als er sich vor meinen Augen verwandelte, hatte ich ewig lange Alpträume." , gab ich zu und nahm einen Schluck aus meiner Tasse.
„Das glaube ich dir." , hauchte Lana und beugte sich zu mir herüber. „Hat er schon mal ... von dir getrunken?" , fragte sie so leise, das auch ich mich über den kleinen Tisch beugen musste, um sie zu verstehen.
„Nein. Hat er nicht. Ich denke, er würde es auch nicht tun." , sagte ich nachdenklich und dachte daran, dass er schon wegen ein paar blauer Flecken ein schlechtes Gewissen gehabt hatte.
„Und du hast keine Angst, dass er irgendwann mal ausrastet? Während eines Streits oder so?" , fragte Lana mich und ich spürte wie ich rot wurde. Über solche Dinge hatte ich mir noch gar keine Gedanken gemacht. Wir waren noch nicht so lange zusammen, dass wir uns stritten und vorstellen wollte ich es mir auch nicht.
„Ich habe Angst. Ja, aber ich versuche so wenig wie möglich daran zu denken." , gab ich ehrlich zu und wieder verzog Lana ihr Gesicht zu einem Lächeln. Langsam hatte ich das Gefühl sie fand das alles gar nicht wirklich schlimm sondern eher interessant und aufregend.
„Hast du mit ihm geschlafen?" , fragte sie dann plötzlich in die Stille hinein und ich verschluckte mich beinahe an meinem Cappuccino. Der Mann, der neben uns am Tisch seinen Kaffee trank sah belustigt zu uns herüber und grinste mich vielsagend an.
„Lana!" , zischte ich und stellte meine Tasse auf den Tisch, um nichts zu verschütten.
„Also ja!?" , fragte sie weiter und bekam dabei ganz große Augen.
„Ich glaube nicht, dass ich darüber sprechen möchte." , sagte ich so leise wie möglich und versuchte gleichzeitig sie zu beruhigen. Doch es brachte nichts.
„Oooh!" , machte sie ganz laut und begann zu lachen. „Dann ists also etwas ganz ganz ernstes?"
„Nur weil Menschen miteinander schlafen, heißt es in der heutigen Zeit nicht, dass es etwas ernstes ist, Lana." , sagte ich und musste mir selbst ein Lachen verkneifen, bei ihrer ganzen Aufregung.
„Aber ja. Ich denke schon das es ernst ist." , sprach ich weiter und brachte meine Freundin dazu in die Hände zu klatschen. Meine Güte ... Das halbe Cafe wurde auf uns aufmerksam ... Was war denn los mit ihr?
„So verrückt und unheimlich diese ganze Sache auch ist, meine liebe Freundin. Ich freue mich, dass du endlich einen Kerl gefunden hast. Auch wenns nun nicht unbedingt der ist, den ich für dich ausgesucht habe." , lachte sie und nahm einen großen Schluck ihres Kaffees.
Nachdem ich mich noch weitere 30 Minuten mit Lana unterhalten hatte und ihr doch noch die eine oder andere Information gegeben hatte, bekam sie plötzlich eine SMS von ihrem Freund Chris und musste eilig los.
„Wir sollten öfter mal was trinken gehen." , sagte sie noch, während sie ihren Kaffee bezahlte und mich zum Abschied umarmte. Ich stimmte ihr zu und blieb noch einen kurzen Moment am Tisch sitzen. Ich genoss die Ruhe und schloss meine Augen, um mir im Klaren darüber zu werden, was ich Lana gerade alles erzählt hatte. Sie hatte es wirklich drauf, einen Menschen auszufragen.
Etwas später zahlte dann auch ich meinen Kaffee und wollte gerade aufstehen um zu gehen, da setzte sich der Mann, der die ganze Zeit über am Tisch neben uns gesessen hatte, auf den Stuhl meiner Freundin. Irgendetwas an ihm wahr unheimlich, doch was genau konnte ich nicht sagen.
„Schon fertig?" , fragte mich der Mann und musterte mich aus seinen stechen blauen Augen heraus.
„Öhm. Ja, ich werde jetzt wohl gehen." , gab ich ihm verwirrt zu verstehen.
„Das ist sehr schade. Mina." , flüsterte der Mann und begann zu lächeln.
„Woher kennen Sie meinen Namen?" , fragte ich und ließ mich doch wieder auf den Stuhl sinken.
„Ich habe ihn wohl zufällig aufgeschnappt, als ihre Freundin sie so genannt hat." , antwortete er mit tiefer Stimme. „Sie heißen doch Mina?"
„Ja. Ja, Mina ist richtig." , sagte ich. „Und wie nennt man sie?"
„Mein Name ist William." , antwortete er und legte wie zufällig seine Hand neben meine auf den Tisch. Erst jetzt fiel mir auf, dass dieser Mann durchaus gut aussah, mit seinen blauen Augen und dem trainierten Körper. Seine Haare waren kurz geschnitten und passten mit ihrem hellen Ton farblich gut zu seiner leicht blassen Haut.
Tatsächlich kam es dazu, dass ich noch weitere 20 Minuten in dem Cafe verbrachte und mich mit dem Fremden über völlig belanglose Dinge unterhielt. Je mehr Zeit ich mit ihm verbrachte, um so freundlicher erschien er mir.
„Ihr Telefon klingelt gerade schon zum fünften mal. Da scheint sie jemand zu vermissen." , sagte William schließlich und ich nahm das Handy, welches ich die Zeit über ignoriert hatte, doch aus meiner Tasche heraus, um zu sehen, wer anrief.
„Unbekannte Nummer." , sagte ich und zuckte mit den Schultern, als ich das Telefon wieder in die Tasche gleiten lies. Wahrscheinlich war es bloß irgend so ein Werbekram von meinem Telefonanbieter ...
„Ihr Freund vielleicht?" , fragte mich William mit wissendem Blick.
„Ich glaube ehrlich gesagt nicht, dass der ein Handy besitzt." , sagte ich nachdenklich.
„Aber sie haben einen Freund?" , fragte er weiter und sah dabei ehrlich enttäuscht aus.
„Ja." , gab ich zu und lächelte bei dem Gedanken an Vlad.
Plötzlich war ein lautes Knallen zu hören und erschrocken drehte ich mich auf meinem Stuhl herum, um die Quelle des Lärms auszumachen. Was ich sah, kündigte Ärger an ...
Vlad stand in der Tür des kleinen Cafes und funkelte zornig zu William und mir herüber.
„Mina." , hauchte er und sah mir direkt in die Augen. Erschrocken stellte ich fest, dass seine bereits komplett schwarz waren.
„Vlad .. Ich ..." , stotterte ich und stand auf, um ihn zu beruhigen.
„Weg von ihm!" , zischte er und ballte seine Hände zu gewaltigen Fäusten. Seinen Blick fixierte er auf William, der sich nun langsam von seinem Platz erhob und Vlad ebenfalls zornerfüllt ansah. In seinem Blick lag keinerlei Angst oder Überraschung ...
Wie von selbst trugen mich meine Füße weg von den beiden und ließen mich am nächsten Tisch stehen, an dem ich mich abstützen konnte.
„Du hast kein Recht auch bloß mit ihr zu sprechen, William!" , zischte Vlad und ging bedrohlich auf den Mann zu. Verdammt ... Sie schienen sich zu kennen. Wie gebannt blickte ich auf die beiden Kontrahenten, die puren Hass ausstrahlten.
„Ich habe das Recht mit jedem zu sprechen." , sagte William und grinste mich dabei ironisch an.
Auch seine Augen waren dunkler geworden und erst jetzt wurde mir klar, was er war!!! Vlad war also nicht der einzige Vampir ...
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