Aus Fehlern lernt man

Hey ihr Lieben,

bestimmt seid ihr gespannt, wer Sapphira angesprochen hat. Jetzt verrate ich es euch endlich. Außerdem werdet ihr auch erfahren, wer sich hinter Jamie001 verbirgt.

Viel Spaß beim Lesen!

Lila Leonie

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Es ist noch dunkel, als ich loslege und dementsprechend erschrecke ich mich auch, als ich nach ein paar Minuten von hinten angesprochen werde.

„Guten Morgen." Als ich mich umdrehe, entdecke ich ein paar Schritte entfernt eine Frau ungefähr in dem Alter meiner Mutter mit einem Schwung gelber Zettel in der Hand. Sie hat lange braune, leicht gewellte Haare und braune strahlende Augen. Außerdem wirkt sie sofort sehr sympathisch auf mich, was höchstwahrscheinlich auf das freundliche Lächeln zurück zu führen ist, dass ihre Lippen ziert.

„Hallo.", grüße ich sie ebenfalls.

„Kannst du mir bitte schon unsere Zeitung geben. Ich wohne im Nebeneingang. Allerdings muss ich jetzt noch schnell etwas erledigen, bevor ich direkt zur Arbeit gehe. Und eine Mittagspause ohne was zum Lesen wäre sterbenslangweilig.", erklärt sie mir und erscheint mir dabei mit ihrer aufgeweckten und fröhlichen Art nicht wie eine Erwachsene, sondern eher wie ein Teenie.

„Ja, klar.", damit überreiche ich ihr eine Zeitung.

„Vielen Dank. Also brauchst du bei Harper im nächsten Eingang nichts mehr in den Briefkasten zu stecken. Vielleicht sieht man sich ja irgendwann mal wieder." Mit diesen Worten verschwindet sie genauso schnell, wie sie aufgetaucht ist. Während ich meine Arbeit fortsetze, muss ich weiter an diese Begegnung denken.

Zum Beispiel wusste ich gar nicht, dass man in solch einem Alter noch so eine Lebensfreude haben kann. Na gut, das kann vielleicht auch daran liegen, dass die einzigen Erwachsenen, die ich etwas besser kenne meine Lehrer, Mum und Walter sind. Bei den Lehrern ist es ganz logisch, dass sie so verbittert sind, schließlich müssen sie sich jeden Tag mit uns herumschlagen. Und Mum hat wahrscheinlich erst durch Walter jeglichen Spaß am Leben verloren.

Früher sah das alles noch ganz anders aus. Damals waren wir zwar nur zu zweit, aber trotzdem hatten wir viel Spaß und vor allem waren wir glücklich. Wie konnte sie es nur zulassen, dass so ein widerlicher Spinner daherkommt und unser heiles und intaktes Familienleben zerstört? Und wie kann man sich selber so abhängig von der Anerkennung einer einzigen Person machen? Ich glaube das werde ich nie verstehen.

Gedankenverloren bin ich beim nächsten Eingang angekommen und will gerade anfangen, als mich eine Bewegung im Augenwinkel aufhält. Was ist denn heute nur los? Diesmal ist es ein Junge, etwa in meinem Alter, der sich lässig an den Türrahmen lehnt und mich mit vor der Brust verschränkten Armen aus seinen blauen Augen beobachtet. Seine Blicke und die Tatsache, dass er nichts sagt, machen mich nervös.

„Was ist?", frage ich deswegen leicht genervt.

„Willst du auch die Zeitung holen." Für einen Moment meine ich Unsicherheit in seiner Mimik zu erkennen, aber als er antwortet, bin ich mir sicher, dass ich mich nur getäuscht habe.

„Nein, ich interessiere mich nicht sonderlich für Politik und mit Klatsch und Tratsch habe ich auch nichts am Hut." Natürlich! Was hatte ich sonst erwartet. Schließlich schreit alles an ihm nach Badboy, seine dunkelblonden verwuschelten Haare, seine Kleidung, die Art und Weise, wie er sich bewegt, einfach alles, bis auf den Ausdruck in seinen Augen, der mich einen Moment lang fesselt.

Schnell reiße ich mich wieder zusammen und konzentriere mich nun auf meine Arbeit. Trotzdem spüre ich seinen Blick deutlich auf mir.

„Also, hängst du nur aus Langeweile hier herum?", frage ich schließlich nach, als mich diese komische Situation zu sehr nervt.

„Ja, genau. Das ist doch nicht verboten!" Aus dem Augenwinkel sehe ich sein breites Grinsen. Trotzdem gibt es keinen Grund, um mich anzustarren wie Freiwild.

„Außerdem ist heute wirklich tolles Wetter zum Herumhängen. Findest du nicht auch?" Da ich keine Ahnung habe, was er mit seinen Worten bezweckt, gehe ich nicht weiter darauf ein.

„Kann sein!", erwidere ich deswegen nur und atme erleichtert aus, als ich alle Zeitungen an diesem Eingang verteilt habe und mich jetzt verkrümeln kann.

„Dann noch viel Spaß bei dem, was auch immer du hier machst." Mit einem letzten Blick in seine blauen funkelnden Augen drehe ich ihm den Rücken zu.

Meine restliche Zeitungsrunde verläuft glücklicherweise ohne weitere Vorkommnisse oder merkwürdige Begegnung. Diese zwei Treffen reichen mir für einen Tag auch völlig. Schließlich bin ich aus beiden Personen nicht wirklich schlau geworden.

Wieder bei unserer Haustür angelangt, tausche ich meinen Zeitungstrolley gegen meinen Rucksack und will mir nun mein wohlverdientes Frühstück besorgen, als mir ein gelber Zettel an der Pinnwand im Hausflur auffällt, der heute früh definitiv noch nicht dort hing. Neugierig überfliege ich ihn.

Suche dringend Nachhilfelehrer/in für meinen Sohn!!

Biete dafür eine großzügige Entlohnung an!!

Stehe jederzeit für Fragen telefonisch zur Verfügung!

Ok, das ist ja interessant! Schließlich brauche ich bald eine neue Nebentätigkeit, denn den Job mit den Zeitungen kann ich leider nur noch bis nächsten Monat ausführen. Und ich bin gut in der Schule. Nachhilfe zu geben, sollte für mich eigentlich im Rahmen des Möglichen sein. Aber warum muss es gerade ein Junge sein? Könnte es nicht ein kleines, niedliches Mädchen sein? Damit hätte ich keine Probleme. Aber Jungs machen mich immer schrecklich nervös.

Zudem steht hier noch nicht mal in welche Klasse er geht oder in welchem Fach er Nachhilfe benötigt. Vielleicht kann ich ihm bei seinen Defiziten gar nicht weiterhelfen. Außerdem habe ich absolut keine Ahnung, was man unter einer großzügigen Entlohnung verstehen soll. Trotz aller Einwände fotografiere ich den Zettel mit der Telefonnummer. Anzurufen und Nachzufragen kostet ja nichts.

Anschließend begebe ich mich auf den Weg und bin nur wenige Minuten später im Supermarkt. Dort besorge ich mir mein Essen für den kompletten Tag. Und da heute wirklich richtig tolles Wetter ist, beschließe ich mein Frühstück in dem kleinen Park zu verzehren, der auf dem Weg zur Schule liegt. Als ich auf der Bank sitze und mir die Sonne ins Gesicht scheinen lasse, muss ich automatisch erneut an diesen Typen von heute Morgen denken.

Was wollte er bloß? Bestimmt nicht nur mit mir über das Wetter quatschen. Und warum hat er mich keine Sekunde aus den Augen gelassen? Habe ich vielleicht was im Gesicht oder stimmt irgendetwas mit meinem Outfit nicht? Augenblicklich lasse ich meinen Blick nach unten gleiten und prüfe mein Aussehen. Hellblaue Jeans, türkisfarbenes T-Shirt, schwarze Jacke und türkis gemustertes Tuch. Alles in Ordnung.

Anschließend krame ich nach meinem Handy, um mich im dunklen Display spiegeln zu können. Gerade als ich den richtigen Winkel gefunden habe und mir nun meine auffälligen grünen Augen entgegenblicken, erscheint das Spiegelbild einer zweiten Person. Deswegen erschrecke ich mich so sehr, dass ich mein Handy fallen lasse und nur noch im letzten Moment auffangen kann, bevor es mir endgültig von meinen Beinen auf den harten Boden rutschen kann.

Anschließend drehe ich mich zu dem Verursacher und knurre ich ihn.

„Du schon wieder! Was fällt dir ein, dich einfach so an zu schleichen." Ich bin wirklich wütend, denn wenn mein Telefon jetzt futsch wäre, müsste ich ziemlich lange sparen, bis ich mir ein neues leisten könnte. Allerdings glaube ich kaum, dass meine Probleme Mister Obercool in irgendeiner Form interessieren.

„Hey, jedes andere Mädchen würde sich freuen, mich zu sehen.", versucht er mich zu beschwichtigen. Natürlich kann ich mir das bei seiner äußeren Erscheinung sehr gut vorstellen. Immerhin gefällt er mir auch. Trotzdem finde ich, dass nur ein gutes Aussehen alleine bei weitem nicht ausreicht. Für mich ist ein sympathischer Charakter viel wichtiger. Und davon habe ich bei ihm noch nicht so viel gesehen.

Da ich es auch gar nicht nötig habe, auf diesen überheblichen Kommentar einzugehen, nehme ich einen Schluck von meinem gekauften Cappuccino, blinzle in die Sonne und versuche seine Anwesenheit einfach auszublenden. Doch so einfach macht er es mir offensichtlich nicht.

„Außerdem habe ich mich gar nicht angeschlichen. Du warst einfach nur zu sehr mit dem, was auch immer du da gerade gemacht hast, beschäftigt.", verwendet er meine Worte von heute Morgen und spielt auf meine ‚mich-im-Display-betrachten-zu-wollen-Aktion' an, die für Außenstehende bestimmt recht merkwürdig ausgesehen haben mag. Nun kann ich mich nicht mehr zurückhalten. Entschlossen drehe ich mich zu ihm.

„Also, als erstes bin ich nicht wie anderen Mädchen und werde deswegen auch nicht gerne mit ihnen über einen Kamm geschert. Zweitens kannst du von mir aus gerne zu den anderen Mädchen gehen. Schließlich wollen sie dich ja alle so dringend in ihrer Nähe haben. Und drittens kann es dir total egal sein, was ich gerade gemacht habe.", stelle ich mit Nachdruck klar, ohne meinen Blick von ihm abzuwenden.

Sofort kann ich erkennen, dass er von meiner Antwort enttäuscht ist. Für einen winzigen Moment huscht sogar ein verunsicherter Ausdruck über sein Gesicht, bevor er den direkten Blickkontakt unterbricht. Wahrscheinlich einfach nur, weil er es bestimmt nicht gewohnt ist, eine Abfuhr zu erhalten. Dadurch kann ich jetzt nur noch sein Seitenprofil betrachten. Irgendwie kommt er mir bekannt vor, aber woher. Bevor ich weiter darüber nachdenken kann, meint er.

„Eigentlich war das nicht so gemeint, aber egal. Und was dein Aussehen betrifft, kann ich dich beruhigen. Du siehst einfach perfekt aus." Nach einem kurzen intensiven Blick dreht er sich um und lässt mich völlig verblüfft zurück. Ich weiß absolut nicht, was ich von dem letzten Satz halten soll. Aus seiner Stimme konnte ich keinerlei Spott oder Ironie heraushören. Und auch sein kompletter Gesichtsausdruck hat vollkommen ehrlich gewirkt.

Trotzdem kann ich mir nicht vorstellen, dass ein Junge wie er, jemanden wie mich gutaussehend finden kann. Verwirrt von seinem Verhalten starre ich ihn hinterher und beobachte, wie er seine wunderschönen blauen Augen hinter einer Sonnenbrille versteckt. In diesem Moment wird mir bewusst, woher ich ihn kenne. Er geht in meine Schule.

Cosmos POV

Oh Mist! Ich könnte mich gerade selber ohrfeigen. Das ist jetzt unsere zweite Begegnung heute und ich habe schon wieder alles falsch gemacht, was man nur falsch machen konnte. Warum werde ich in ihrer Nähe nur so nervös? Warum kann ich dann beim besten Willen, keinen klaren Gedanken mehr fassen? Und warum kommt alles, was ich sage, bei ihr irgendwie verkehrt rüber? Sie hält mich jetzt wahrscheinlich für den letzten Volltrottel. Und ich kann es ihr nicht mal verübeln.

Schon vorhin vor unserem Eingang. Da stand sie nur ein paar Meter von mir entfernt und ich konnte einfach nicht anders als sie anzustarren. Zu allem Überfluss ist mir kein besseres Thema als das Wetter eingefallen, um ein Gespräch anzufangen. Wie doof kann man eigentlich sein? Wer versucht eine Unterhaltung mit Smalltalk über das Wetter zu beginnen, wenn das Mädchen seiner Träume vor ihm steht?

Naja, und bei dem Auftritt gerade eben habe ich mich auch nicht wirklich mit Ruhm bekleckert. Wie kam ich nur auf die reichlich bescheuerte Idee, es mit Scotts Masche zu versuchen? Seine Theorie ist es nämlich, dass man sich bei einem Mädchen interessanter macht, wenn sie bemerkt, wie beliebt man bei anderen Mädchen ist. Doch Sapphira ist kein gewöhnliches Mädchen. Außerdem will ich mit ihr nicht nur in der Kiste landen, sondern ich wünsche mir eine richtige Beziehung.

Aber wahrscheinlich habe ich mit diesem Spruch bei ihr einen völlig falschen Eindruck hinterlassen. Ich bin kein Frauenheld und ich habe auch noch nie irgendeinem anderen Mädchen hinterher geschaut. Natürlich habe ich in der Schule bereits einige Nummern zugesteckt bekommen. Außerdem gibt es leider einige, die einfach kein ‚Nein!' verstehen, doch ich mag nur sie. Deswegen sind mir alle anderen egal.

Hoffentlich habe ich nun nicht alle Chancen verspielt, die ich je bei ihr hatte. Enttäuscht betrete ich den Schulhof und halte nach meinen Kumpels Ausschau.

Einige Stunden später

Emsig fliegen meine Finger über die Tastatur meines Laptops. Inzwischen bin ich mit dem nächsten Kapitel fast fertig. Wieder habe ich die Realität in meine Story eingebaut. Und genauso wie ich, erlebt Jamie in diesem Teil eine Pleite, als er Sky zum ersten Mal anspricht und sich dabei so ungeschickt anstellt, wie die Person, der er seine Existenz überhaupt verdankt.

Eigentlich sollte man meinen, dass ich den heutigen Tag nur vergessen möchte, doch das Schreiben hilft mir, Erlebtes zu verarbeiten, aus meinen Fehlern zu lernen und es beim nächsten Mal hoffentlich besser zu machen. Und genau aus diesem Grund habe ich damit begonnen ‚Sie sieht mich einfach nicht' zu schreiben. Das ist meine Geschichte. Und bisher steht das Ende noch in den Sternen. Wird es für mich irgendwann ein Happy End geben?

Gedankenverloren hebe ich den Blick und bemerke, dass es draußen mittlerweile schon dämmert. Das bedeutet, dass ich nun bereits einige Stunden hier verbracht habe. Der Grund dafür ist ganz einfach. Als ich heute nach Hause gekommen bin, hat meine Mum mir nämlich ganz überschwänglich berichtet, dass wir heute Besuch haben werden und zwar ‚ein junges, äußert nettes Mädchen'.

Zwar meinte Mum, dass sie wegen Flint kommen würde, aber ich bin mir sicher, dass es meine Mutter nicht unterlassen wird, alles daran zu setzen, mich mit ihr zu verkuppeln. Und darauf habe ich absolut keine Lust. Bevor ich allerdings aus der Küche fliehen konnte, hatte sie mich explizit darauf hingewiesen, dass ich pünktlich zum Abendessen da sein und mich von meiner besten Seite zeigen soll, falls das Mädchen mitessen sollte.

Aus diesem Grund habe ich mein Zimmer noch nicht verlassen, seitdem ich das Klingeln der Besucherin gehört hatte und ich habe auch nicht vor, irgendetwas daran zu ändern. Denn es gibt nichts Peinlicheres als Mums Aktionen. Genau in diesem Moment klopft es an meiner Tür. Nach einem Blick auf die Uhr stelle ich fest, dass das Abendbrot inzwischen auf dem Tisch stehen müsste und mein Bruder mich wahrscheinlich rufen soll.

„Sag Mum, dass ich keinen Bock habe, mit irgendeinem ungebetenen Gast Konversation führen zu müssen. Ich werde mein Zimmer erst verlassen, wenn niemand mehr da ist, der mich nerven kann.", rufe ich deswegen durch die geschlossene Tür.

„Ähm, ... also, ... ich hatte sowieso vor, jetzt nach Hause zu gehen. Schließlich will ich niemanden zur Last fallen.", antwortet eine unsichere weibliche Stimme.

Oh Mist! Das gibt Ärger. Schnell eile ich zur Tür, bevor die Person verschwinden kann. Als ich sie öffne, blicke ich geradewegs in strahlend grüne Augen. Sofort wird mir bewusst, dass ich es zum dritten Mal verbockt habe.

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Wie gefällt euch das Kapitel?

Was meint ihr zu den bisherigen Treffen zwischen Cosmo und Sapphira?

Und habt ihr eine Idee, warum Sapphira plötzlich vor Cosmos Zimmertür auftaucht?

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