1. Kapitel: "Wir alle ecken an, so wie ein Quadrat."
„Ich hasse sie."
„Beruhig dich mal wieder." Alexa nimmt mein Gesicht in ihre Hände und zwingt mich so dazu, ihr in die schwarzen Augen zu sehen. „Das habe ich schon bemerkt", sagt sie, „und zugegebenermaßen hast du auch allen Grund dazu, die Frau ist wirklich eine Schnepfe."
Ich schnaube, als ich mich wieder an den dümmlichen Ausdruck meiner Stiefmutter zurückerinnere. Erst kitzelt sie aus meiner Freundin auf Biegen und Brechen die sensible Information heraus, dass ihre Mutter hauptberuflich einem Putzjob nachgeht und dann rümpft sie auch noch die Nase darüber. In diesem Moment hätte ich der neuen Freundin meines Vaters liebend gern in ihr eckiges Gesicht gespuckt.
Alexa lässt mich los und bindet ihre aktuell blauen Haare zu einem Pferdeschwanz zusammen. Ich sehe auf ihre hübschen vollen Lippen, zwischen denen der ausgeleierte Haargummi hervorlugt, auf den sie gerade beißt, um beide Hände frei zu haben. Sie nimmt ihre Haare nur dann zu einem Zopf zusammen, wenn sie in die Schlacht zieht. Sei es nun der Krieg gegen ihren elenden Chauvi-Arsch von Mathelehrer, oder eben den gegen Corinna, meine abscheuliche Stiefmutter.
„Nur noch zwanzig Minuten", verspricht sie mir. „Dann hauen wir ab, fahren zu Vincents Party und trinken so lange, bis wir vergessen, wie katastrophal dieses Abendessen war." Sie drückt mir einen Kuss auf die Wange und will sich wieder von mir abwenden, aber das kann ich gerade nicht zulassen. Ich will sie noch etwas länger anschauen, sie ist eine Augenweide und nur der tiefe Blick in ihre dunklen Augen, in denen ich mich immer und immer wieder verlieren könnte, lässt meine Wut abkühlen. Etwas grober als beabsichtigt packe ich sie an der Hüfte und ziehe sie zu mir. Sie keucht kurz erschrocken auf, kichert dann aber. Mit einer einzelnen Bewegung, die mir inzwischen so vertraut ist, dass sie flüssiger als fließend abläuft, streiche ich ihre glatten, langen Haare beiseite, lege ihren Hals frei und küsse sie dort. Alexa schnalzt mit der Zunge und drückt mich entschieden weg. „M-mh", macht sie widerstrebend. „Sex in der Klokabine ist räudig und wir sind eh schon viel zu lange weg. Dein Vater platzt bestimmt gleich rein und ruft nach dir."
Sie windet sich aus meinen Armen und entriegelt die Tür. Ich seufze, folge ihr aber in den Vorraum, wo die weißen Waschbecken sich nebeneinander an der Wand aufreihen und die tantrischen Klänge meine Ohren quälen.
„Schnell raus hier, das Gejaule hier drin geht mir extrem auf die Nerven", murre ich und schubse meine Freundin sanft vor mir her, zurück zur Treppe, die rauf in den Gastraum des Asian-Fusion-Restaurants führt. Asian-Fusion, wer hat sich die Scheiße ausgedacht? War bestimmt Corinnas Idee, hierherzukommen.
Wiedermal erbringt das Universum mir einen Beweis dafür, dass meine wunderschöne Freundin noch dazu über einen beneidenswert ausgeprägten Instinkt verfügt, denn tatsächlich rennen wir auf dem Weg nach oben fast in meinen Vater rein.
„Da seid ihr ja", meint er erleichtert. Die Anspannung ist ihm anzusehen, auch wenn er kläglich versucht, sie runterzuspielen. „Corinna und ich haben uns gerade gefragt, wo ihr abgeblieben seid, da wollte ich nach euch gucken."
„Ziemlich offensichtlich ", kommentiere ich trocken.
Alexa drückt meine Hand. Ich sollte wirklich besser ihr das Reden überlassen, wenn ich nicht will, dass dieses Gespräch gleich in einen ausgewachsenen Streit mit meinem Vater mündet. Ist mir nur recht, wenn ich die Wahl hätte, würde ich kein einziges Wort mehr an diesen Mann richten.
„Uns geht's gut", adressiert Alexa ihn an meiner Stelle. Verunsichert blickt er aus seinen blauen Augen, die meinen zum Verwechseln ähnlich sehen, auf sie herab.
„Dann lasst uns mal wieder raufgehen", schlägt er vor. Wie er das uns betont ... Als wären er, meine Freundin und ich eine Einheit. Finde das Glied, das nicht in die Kette passt.
Corinna, die ganz allein am Tisch zurückgelassen wurde, sieht aus, als hätte sie gerade in eine Zitrone gebissen. Ich spiegle ihre Mimik aus purer Provokation, während ich ihr gegenüber Platz nehme. Alexas Hand auf meinem Knie hilft mir jetzt auch nicht mehr viel. Es kostet mich alle Kraft, Corinna keine Beleidigung an den Kopf zu werfen. Ihre gerade Stirn, die prominente Kieferpartie und die platte Nase lassen tatsächlich den Eindruck entstehen, ihr Kopf wäre ein Würfel, und ihr Gesicht ein geometrisch perfektes Quadrat.
„Ich habe uns allen noch einen Digestif bestellt", informiert sie uns und sieht explizit mich dabei an, auf eine komisch eindringliche Art.
Alexa krallt ihre Finger in meinen Oberschenkel und ich atme tief ein, um nicht die Augen zu verdrehen. Das hier ist für uns beide ein Albtraum und Corinna hat ihn mit dieser undemokratisch getroffenen Entscheidung um eine weitere halbe Stunde verlängert.
„Hoffentlich einen verdammt hochprozentigen Verdauungsschnaps", spekuliere ich zerknirscht.
„Dag", ermahnt mein Vater mich.
Corinna setzt ein falsches Lächeln auf.
„Den gibt's dann, wenn du achtzehn bist."
Als wäre ich nicht schon angetrunken zu diesem Treffen erschienen.
Ohne dass ich milde angesäuselt gewesen wäre, hätte Alexa mich vorhin zur S-Bahn tragen müssen. So musste sie mich wenigstens nur hinter sich her schleifen, statt mich huckepack zu nehmen. Papa hat die Fahne sofort gerochen und mir unter vier Augen direkt eine Standpauke gehalten. Ich habe ihm nicht zugehört, in Gedanken war ich bei meiner Freundin, die sich beim Smalltalk mit Corinna zu Tode langweilen durfte, bloß weil mein Vater dieses Fass wegen ein paar Promille mehr im Blut aufmachen musste. Ich bin wirklich stinksauer auf meinen Alten, weil er sich mir gegenüber mehr als unfair verhalten hat, nicht nur heute, aber ich verfolge immer noch ein Ziel an diesem grässlichen Abend: Ich muss die neue Freundin meines Vaters vergraulen, damit er sich endlich wieder eine suchen kann, die mehr wie Mama ist.
„Ähm", schaltet sich Alexa neben mir zögerlich ein und zieht eine mitleiderregende Grimasse. „Das ist nett, aber ich muss gestehen, mir geht es überhaupt nicht gut. Mein Magen grummelt seit einer Weile und langsam wird das bedenklich. Mir ist richtig schlecht." Ich werfe ihr einen prüfenden Seitenblick zu. Sie sieht aus wie immer, ihre Wangen sind leicht gerötet, ihre Haut strahlt. Ihr geht's kein bisschen schlecht, das ist alles geschauspielert. „Ich glaube, ich möchte lieber nach Hause", schiebt sie noch hinterher. Meine Freundin sieht mich bittend an. „Würdest du mich begleiten?"
„Ich kann euch fahren", bietet Papa an und Corinna nickt eifrig.
„Keine Umstände", wehre ich ab. „Genießt euren Digestif, ich bringe sie mit den Öffentlichen heim." Ich stehe auf. Alexa tut es mir gleich und lässt sich von mir in ihre Lederjacke helfen. Endlich kann ich raus in die Freiheit, dank ihr. Ich liebe dieses Mädchen.
„Dag." Mein Vater ist aufgestanden und hat mir eine Hand auf die Schulter gelegt. Ich ducke mich weg und fahre unwirsch zu ihm herum.
„Was?", will ich wissen.
Einen Moment lang schaut er grüblerisch drein. Dabei wirken seine Züge fast weich und er sieht aus wie der feine Kerl, der mir vor Jahren das Fahrradfahren beigebracht hat. „Seid vorsichtig auf dem Heimweg und schick mir eine Nachricht, ob ihr gut angekommen seid", sagt er schließlich.
„Ich versuche dran zu denken", mache ich ihm das kleine Zugeständnis. Mama würde es so wollen. Dann ziehe ich meine eigene Jacke an und greife nach Alexas Hand.
„Alles okay?", fragt sie mich ein paar Minuten später. Wir sitzen in der S-Bahn und fahren rüber zu Vincent, der heute sturmfrei hat und deswegen eine mittelgroße Fete für seine Freunde schmeißt.
„Ja ja, alles gut", wische ich es beiseite. Wozu die alten Kamellen runterleiern? Logisch, dass mich die Trennung meiner Eltern runterzieht. Alexa muss nicht wissen, wie sehr. Sie hakt auch nicht weiter nach, ihr Kopf sinkt auf meine Schulter und ich streichle geistesabwesend ihren weichen, nackten Bauch unter dem Kapuzenpullover, den sie mal bei mir mitgehenlassen hat.
„Es ist nicht gut", trotzt sie mir leise. „Wir können darüber reden." Damit entlockt sie mir ein Lächeln. Ich könnte meinen aufgestauten Ärger bei ihr abladen. Aber allein die Möglichkeit genügt mir bereits. Nein, lieber halte ich jedes Übel von meiner Freundin fern. Vincent kann ich damit belästigen. Ohnehin konzentriere ich mich jetzt besser darauf, meinem besten Freund gleich einigermaßen gut gelaunt unter die Augen zu treten. Der macht mich sonst nur wieder zur Schnecke für die Fresse, die ich ziehe.
Gott sei Dank muss ich mich zu dem Zweck nicht weiter volllaufen lassen. Bald nachdem wir die Wohnung der Steins betreten haben, hebt sich meine Stimmung ganz automatisch.
„Dag!", begrüßt Vince mich freudig. „M'lady", meint er dann an Alexa gewandt und vollführt einen albernen Knicks vor ihr, bei dem er das Gleichgewicht verliert, sodass Thilo ihn erstmal auffangen muss. Der Schlagzeuger, der unser Duo musikalisch unterstützt, und ich tauschen einen amüsierten Blick, bevor wir dem Gastgeber gemeinsam wieder auf die Beine helfen. „Na los", fordert Vincent uns auf, gleich nachdem er sich die Wodka-Reste vom Mund weggewischt hat, die nur von der Flasche herrühren können, die er mit der Linken umklammert. „Geht tanzen, oder rummachen, oder was auch immer, aber ich glaube, Marlene und Olli sind gerade im Schlafzimmer meiner Eltern."
Ich grinse breit. „Dann gehen wir halt in dein Zimmer und sauen dir das Bett ein." Spielerisch nehme ich meinen Kumpel in den Schwitzkasten, was mir auch nur gelingt, weil er blau ist und die Kontrolle über seinen Körper verloren hat, der langsam aber sicher ziemlich schlaksig aussieht. Seit er diesen abnormalen Wachstumsschub im letzten Sommer hatte, ist er circa millionenmal größer als ich.
„Boah, Digga, mein Zimmer ist genau deswegen abgeschlossen", setzt Vincent mich verärgert ins Bild.
„Du bist besoffen", lacht Alexa neben mir. „Sicher, dass dir den Schlüssel noch keiner geklaut hat?"
Vincent mustert sie erschrocken aus glasigen Augen und bringt seine braunen Haare noch mehr durcheinander. Obwohl sie schon vorher nach allen Seiten abgestanden haben, erinnert er spätestens jetzt jedermann an das Klischee des verrückten Wissenschaftlers. Mein bester Freund tastet über seine hintere Hosentasche und präsentiert uns stolz den Schlüssel zu seinem Zimmer.
Ohne lange zu fackeln schnappe ich mir das Teil und ziehe Alexa am Arm hinter mir her, verfolgt von Vincents wütendem Aufschrei. Meine Freundin und ich durchqueren lachend den Flur bis zur Tür am Ende des langen Gangs, an der ein überlebensgroßes Poster der Ärzte prangt.
„Beeil dich!", hetzt Alexa mich und trommelt ungeduldig mit den Fingerspitzen auf meinen Rücken. In meiner Vorstellung bin ich The Flash, als ich die Tür aufreiße und in den Raum rase, der – wie beim Sohn von Christine Stein, die sicher einen Award als gründlichste Hausfrau bekommen hätte, wenn es so etwas gebe, nicht anders zu erwarten – blitzblank aufgeräumt ist. „Hilfe!", kreischt meine Freundin plötzlich schrill hinter mir und ich hechte hinaus, weil Vincent sie zu sich gezerrt hat und nun Anstalten macht, sie wegzutragen. Alexa lacht. „Lass mich runter, Vince!", verlangt sie atemlos. „Au!", beklagt sie sich kurz darauf, als ich sie ihm entreiße. „Jungs!", ermahnt sie uns streng. „Ich bin nicht eure Puppe, um die ihr euch zanken könnt", grummelt sie und inspiziert ihre Arme auf blaue Flecken.
„'Tschuldigung, Lexi", murmeln Vincent und ich synchron.
„Pff." Sie streckt uns beleidigt die Zunge raus. „Ich gehe Marlene suchen, ihr Streithähne."
Wir sehen ihr beide nach, ich lächelnd, Vincent verpeilt. Als ich wieder meinen besten Freund anschaue, zucken seine Mundwinkel und auch ich fange an zu grinsen. Lachend umarmen wir uns. Der Alkohol hat ihn locker gemacht, aber auch ungeplant nachdenklich, wie ich feststellen muss.
„Wie ist die neue Ische von deinem Vater?", fragt er mich ernst und kratzt sich am Kinn, wo ebenfalls seit letztem Sommer ein paar erste Bartstoppeln sprießen.
„Total zugeknöpft, arrogant und spießig", motze ich drauflos. Die Worte quillen nur so aus mir heraus.
Vincent drängt mich in sein Zimmer und der Lärm flacht ab, als er die Tür hinter uns schließt.
„Erzähl", fordert er mich auf, setzt sich auf sein Bett und bietet mir die Flasche Wodka an, die er nach wie vor mit sich rumschleppt. Ich nehme sie ihm aus der Hand. Was Starkes kann vielleicht doch nicht schaden.
„Sie ist 'ne blöde Fotze und ihr Gesicht ist viereckig", beginne ich meine Tirade.
Vincent lacht laut und fällt rückwärts auf sein Bett.
„Wie: viereckig?", fragt er und hebt angestrengt den Kopf, um mich beim Reden zu beobachten. Ich schmunzle über sein Doppelkinn, das auf die Art entsteht.
„Na, viereckig halt", wiederhole ich. „Quadratisch-viereckig."
Vincent lacht noch lauter diesmal.
„Sie stinkt meterweit nach Chanel No. 5 und hält sich für was Besseres. Du hättest mal ihre Visage sehen sollen, als Alexa ihr widerwillig erzählt hat, dass ihre Mutter als Putzfrau arbeitet."
Vincent rollt mit den Augen.
„Unglaublich, dass dein Alter 'ne Mordsfrau wie deine Mutter überhaupt gehen lassen hat."
„Ey, Dicka, das ist immer noch meine Mutter", stöhne ich. „Heb dir deine schweinischen Bemerkungen über sie für einen auf, dem dabei nicht die letzte Mahlzeit wiederhochkommt", stöhne ich.
„Deine Mutter ist heiß, ich sag's dir wieder und immer wieder –", konstatiert er singend.
„Bitte halt einfach dein Froschmaul", unterbreche ich ihn.
„Is' ja gut, ich kann ja mit Thilo drüber quatschen", spottet er.
„Du redest mit Thilo darüber, wie geil du meine Mutter findest?! Ihr seid ja noch gestörter als ich immer dachte."
„Das war ein Witz."
„Ach ja?"
„Nö."
Drohend gehe ich auf meinen Kumpel zu und beuge mich über ihn.
„Hört gefälligst damit auf, ihr seid beide ekelhafte Hurensöhne." Aber ich merke, dass mir die Energie fehlt, sauer auf Vincent zu sein. Das Essen mit meinem Hund von Vater und seiner Begleitung hat mich geschlaucht. Ich plumpse neben meinen Kumpel auf seine bequeme Matratze, auf der wir öfter mal zu zweit gepennt haben, als wir noch jünger waren. Gemeinsam starren wir an die Decke und schweigen.
„Dag?", durchbricht Vincent irgendwann die Stille. „Denkst du, meine Eltern trennen sich vielleicht auch eines Tages?"
Die Frage macht mich nervös. Einerseits streiten Vincents Eltern häufig – andererseits tun sie das meines bescheidenen Wissens nach schon immer, das muss also nichts heißen.
„Wieso glaubst du, dass das passieren könnte?", bohre ich vorsichtig nach.
Vincent legt die Stirn in Falten.
„Weiß nicht. Gib mir mal den Woddi." Ich reiche ihm die Flasche. „Ich hab so drüber nachgedacht, dass ich meinem Vater das eigentlich genauso wenig zutraue wie deinem, aber jetzt hat dein Alter 'ne neue Olle am Start. Guck ma', wenn sich meine Eltern trennen würden und mein Vater würde in die Schweiz ziehen, wie deiner, dann heißt es Pest oder Cholera für mich."
Irgendwie stimmt das. Ich habe ein einigermaßen gutes Verhältnis zu meiner Mutter, das kann man von Vincent nun nicht gerade behaupten. Christine kommandiert ihn ständig herum. Langsam begehrt er dagegen auf und rebelliert, ähnlich wie ich, aber anders als bei mir entspricht das gar nicht dem, was er in Wahrheit will. Vincent wäre es schon recht, wenn er nur ein kleines bisschen besser mit seiner Mutter auskäme. Es darf auch nur oberflächlich sein, das würde ihn nicht stören, so, wie er mir das erklärt hat.
„Vincent Stein", knurre ich. „Du und ich für immer, Alter, du hast mir das geschworen, nachdem ich entschieden habe, dass ich auf keinen Fall mit meinem Vater in die Schweiz ziehe. Sei kein ehrenloser Hurensohn, der seine Versprechen bricht."
„Bin ich nicht, das war doch bloß 'ne rein hypothetische Frage", grummelt er.
„Das will ich hoffen", erwidere ich und nehme beide Arme über den Kopf, falte die Hände im Nacken.
„Nee", murmelt Vincent. „Du und ich für immer."
„Ich weiß nicht, wen ich mehr liebe, dich oder Alexa", scherze ich.
„Hä? Mich natürlich", antwortet Vincent mit größenwahnsinniger Selbstüberschätzung auf meine Frage, versteift sich aber plötzlich neben mir und schlägt mit der flachen Hand fest auf meinen Bauch, während er sich die andere vor den Mund hält. Ich springe auf, kippe in Windeseile seinen Stiftebecher über dem Boden aus und reiche ihm das leere Gefäß in letzter Sekunde, in das er sich lautstark übergibt. Situation entschärft.
Erleichtert lache ich kurz auf, setze ich mich wieder neben ihn, klopfe dabei ohne nachzudenken auf seinen Rücken, was eine weitere Ladung Halbverdautes aus seinem Magen in den Stiftebecher katapultiert.
„Sorry", entschuldige ich mich. Vincent wirft mir einen finsteren Blick zu. „Glotz nicht so, als könnte ich was dafür, ich sag's dir immer wieder, du bist beim Saufen viel zu ungeduldig", belehre ich ihn. „Und jetzt komm, wir parken dich erstmal vor der Kloschüssel, du Schnapsesel."
„Schnapsesel? Es heißt Schnapsdrossel."
„Aha, klugscheißen kannst du noch einwandfrei. Dann isses ja nur halb so schlimm", grinse ich triumphierend. Ich schiebe meinen besten Freund vor mir her ins Badezimmer. Das bin ich ihm schuldig, nachdem ich ihn zugelabert und außerdem beleidigt habe. Er würde dasselbe für mich tun.
Unikat
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