Der Klang der winterlichen Nacht
ebenfalls gewidmet: Petrophago lorioto (einer Steinlaus) und einer Ananas
Die schönsten Klänge sind nicht die, die wir hören, sondern die, die unser Herz berühren – und uns daran erinnern, dass wir ein Teil von etwas Wundervollem sind.
Die Nacht war dunkel, der Schnee fiel leise, und die Welt war in ein weißes, frostiges Schweigen gehüllt. Zwischen den hohen Häusern der Stadt flackerte warmes Licht aus den Fenstern, und hier und da drang das Lachen von Familien und Freunden nach draußen. Es war Vorweihnachtszeit, und die Luft war erfüllt von einem Zauber, den nur der Dezember bringen konnte.
Aber inmitten all dessen fühlte sich Leo einsam.
Er war zehn Jahre alt, und obwohl er unter vielen Menschen war – in der Schule, im Orchester, auf dem Sportplatz – schien ihm niemand wirklich nahe zu sein. Sein Kopf war oft zu schnell, seine Worte zu anders, und selbst seine Querflöte, die er so sehr liebte, konnte ihn nicht immer vor dem stechenden Gefühl retten, das er manchmal in seinem Herzen spürte.
An diesem Abend saß Leo auf der Fensterbank seines kleinen Zimmers in einem alten Haus am Stadtrand. Das Haus war so still, dass es ihm manchmal vorkam, als wäre er der einzige Mensch darin. Seine Mutter war oft lange arbeiten, und sein Vater... nun, sein Vater war nur eine verblassende Erinnerung.
Draußen auf der Straße hörte er Weihnachtslieder, die eine Gruppe fröhlicher Menschen sang. Die Stimmen waren warm, harmonisch, und er stellte sich vor, wie es wäre, Teil einer solchen Gruppe zu sein – inmitten von Menschen, die sich kannten und mochten, die lachten und sangen, ohne an die Zeit zu denken.
Er seufzte, nahm seine Querflöte und begann zu spielen.
Die Melodie war zart, beinahe wie ein Flüstern. Sie war ein Lied, das Leo selbst erfunden hatte, ein Lied von Sternen und Schnee, von dunklen Nächten und der Hoffnung auf Wärme. Der Klang füllte den Raum, breitete sich wie ein schützender Mantel um ihn aus.
Plötzlich klopfte es an der Tür.
Leo erstarrte. Er hatte niemanden erwartet, schon gar nicht so spät. Er legte die Querflöte vorsichtig zur Seite und ging zur Tür. Als er sie öffnete, stand eine Frau da, dick eingepackt in einen Wintermantel, mit roten Wangen und einem warmen Lächeln.
„Du spielst wunderschön", sagte sie.
Leo starrte sie an, überrascht und ein wenig verlegen. „Danke...", murmelte er.
„Ich habe dich von draußen gehört", fuhr die Frau fort. „Dein Spiel ist voller Gefühl. Ich leite den Kinderchor in der Kirche am Marktplatz, und ich wollte fragen, ob du Lust hättest, bei unserem Weihnachtskonzert mitzuspielen."
„Ich?" Leo konnte es kaum glauben.
Die Frau nickte. „Ja, du. Es wird ein großes Konzert, und deine Querflöte würde perfekt zu unseren Liedern passen. Wir singen vor allem traditionelle Weihnachtslieder, aber ich glaube, mit dir könnten wir etwas ganz Besonderes machen."
Leo war unsicher. „Ich weiß nicht... ich kenne da niemanden."
„Noch nicht", sagte die Frau sanft. „Aber ich verspreche dir, dass wir dich willkommen heißen werden."
In den Tagen darauf traf sich Leo mit dem Chor. Anfangs war er schüchtern, aber die anderen Kinder nahmen ihn freundlich auf, und schon bald fühlte er sich wie ein Teil von etwas Größerem.
Am Heiligabend fand das Konzert statt. Die Kirche war voller Menschen, und Kerzen tauchten den Raum in ein warmes, flackerndes Licht. Leo saß vorne, die Querflöte in der Hand, und als der Chor zu singen begann, schloss er die Augen und ließ die Musik durch sich hindurchfließen.
Die Melodie, die er spielte, verschmolz mit den Stimmen der Sänger, und für einen Moment schien die Zeit stillzustehen. Es war, als ob die Musik die Dunkelheit der Nacht erhellte, als ob sie Wärme in jedes einsame Herz trug.
Als das letzte Lied verklang, brach tosender Applaus aus. Leo schaute auf und sah, wie die Menschen lächelten, wie sie sich an den Händen hielten und sich gegenseitig umarmten.
Zum ersten Mal seit langer Zeit fühlte sich Leo nicht mehr allein.
An diesem Abend kehrte er nach Hause zurück, und das Haus schien nicht mehr so still zu sein. Die Melodien des Konzerts klangen in seinem Kopf nach, und er spürte etwas, das er kaum benennen konnte – eine Wärme, die tief in seinem Inneren leuchtete.
Vielleicht war es die Magie von Weihnachten. Vielleicht war es die Musik. Oder vielleicht war es einfach nur das Gefühl, endlich Teil von etwas zu sein.
[694 Wörter]
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Heyyy Ihr Lieben,
zu allerst: Herzlichen Dank, dass ihr das lest.
Die Adventszeit ist neben der Zeit der Besinnlichkeit, Geborgenheit und Selbstfindung,
auch die Zeit der Krankheiten.
Die Kapitel sind zwar schon vorgeschrieben und werden auch wie versprochen automatisch veröffentlich, ich selbst, werde aber vermutlich nicht auf Wattpad unterwegs sein und auf Eure liebe Worte antworten können.
Herzlichen Dank für Euer Verständnis!
Ich wünsche, Euch wunderbaren Wesen eine besinnliche Zeit.
Auf baldigen Schriftverkehr
~tigris_univseritatis~
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