Kapitel 123 - 2005
Ende April feierten sie den zweiten Geburtstag der Zwillinge. Sinas Eltern, Patrick und Marie trafen zum ersten Mal Phillip und waren begeistert. Er war unheimlich klug für sein Alter, konnte sich wahnsinnig gut ausdrücken, war höflich und zuvorkommend, er war ein Traumkind!
Er spielte rücksichtsvoll mit den Kleineren, die liebten ihn schon heiß und innig. Er hing sehr an Sina, folgte ihr wie ein treues Hündchen, wenn die anderen Kinder ihn nicht gerade belagerten.
Patrick war begeistert. „Wenn ich das gewusst hätte, dass man sich so fertige Prachtburschen holen kann, hätte ich nicht noch ein Baby gemacht!" stellte er lapidar fest. Marie knuffte ihn lächelnd.
Sina sah ihn an, es machte Klick in ihrem Kopf. „Nein, oder?"
„Doch! Wir arbeiten daran aufzuholen! In acht Monaten steht es zwei zu vier!"
Es wurde ein überaus lustiger, glücklicher Kindergeburtstag.
An diesem Tag hörte Lea auf, Sinamama und Tompapa zu sagen und nannte sie einfach nur noch Mama und Papa.
Phillip stand an der Wand, weit weg von allen und wollte auch diese Worte aussprechen, nur für sich, nur weil er es so gerne einmal sagen wollte. „Mama und Papa!" flüsterte er.
Doch Tom hörte sie, diese so wahnsinnig schönen Worte.
Er stellte sich neben den Jungen, strich ihm übers Haar. „Ja, Phillip, Mama und Papa und ein Sohn!" sagte er leise und schluckte die Tränen weg. Vier Kinder würden in Zukunft Mama und Papa zu ihnen sagen, und er konnte sich nicht vorstellen, je etwas Schöneres zu hören. Außer vielleicht, wenn eine kleine Schönheit zu ihm sagte: „Ich liebe dich!"
Plötzlich, aus heiterem Himmel, kam ihm ein Gedanke in den Sinn, ließ ihn fürchterlich erschrecken.
„Sina!" rief er, und das Entsetzen klang in seiner Stimme mit. Sie sah ihn verblüfft an.
„Sina! Wir haben deinen Geburtstag im März vergessen!" Sie bekam einen Lachanfall. Er hatte recht! Sie waren alle so beschäftigt mit Phillip, mit ihren anderen Dreien gewesen, dass niemand daran gedacht hatte.
„Na gut! Feiern wir halt nächstes Jahr wieder mal zwei! Bin ich eben ein Jahr länger 27!" Sie nahm es sehr locker. Was zählte ein Geburtstag gegen all das Glück heute.
Aber Tom war nicht so leicht zu beruhigen. Das konnte doch nicht sein, dass er den Geburtstag der Liebe seines Lebens vergessen hatte!
Er zog sie in eine Ecke. „Süße! Das hätte mir nicht passieren dürfen! Niemals! Du bist das Wichtigste in meinem Leben!"
„Danke, Tom! Ich habe gerade das schönste Geburtstagsgeschenk meines Lebens bekommen!" antwortete sie lächelnd. „Was sind schon Daten? Nichts als ein paar Zahlen! Ich habe einen neuen Sohn! Ich habe den wunderbarsten Mann der Welt! Was, bitte, sollte ich noch mehr wünschen?"
Und Tom wusste, dass sie meinte, was sie sagte. Er stimmte ihr innerlich zu. Was waren Daten gegen so viel Glück!
„Ich liebe dich!" flüsterte er in ihr Haar, ihr wundervolles, duftendes Haar.
Sie presste sich an ihn, ihm wurde schon wieder kalt und heiß. „Da möchte ich aber später schon noch Beweise sehen, oder vielmehr fühlen!"
„Kleiner Teufel!" stöhnte er.
Eigentlich sollten sie ja Phillip ins Heim zurückbringen, aber sie brachten es nicht übers Herz, ihren neuen Sohn einfach wieder abzugeben. Tom rief an, hatte den Nachtdienst am Ap parat, erklärte, dass Philipp hier schlafen würde, der zuständige Angestellte erteilte das Okay. Phillip bekam das Bett im Arbeitszimmer. Sie mussten noch überlegen, wo sie ihn eigentlich unterbringen wollten. Aber sie wussten auch, dass überall ein Weg war, wenn der Wille dazu da war.
Die Nacht der Nächte, die auf den Kindergeburtstag folgte, hatte sich schon angekündigt. Atemlose Berührungen, lange Küsse bei jeder Gelegenheit, geflüsterte Liebesworte, enge Umarmungen ließen sie schon ahnen, dass der Schlaf knapp werden würde. Endlich hatten sie die letzten Gäste verabschiedet, die Kinder schliefen schon längst.
Er konnte seine Hände frei lassen, die unbedingt unter ihren kurzen Rock wollten, die sie berühren wollten, die sie anheizen wollten. Er konnte ihr erlauben, sich an ihm zu reiben, den Reißverschluss seiner Jeans zu öffnen, ihn anzufassen, o ja, ihn anzufassen!
Er überlegte, ob er sie stoppen oder weiter machen lassen sollte. Er entschied sich fürs weitermachen lassen, wenn er dann ein bisschen an ihr herumspielte, wäre er schnell wieder fit! Er nestelte ein Kondom aus seiner Hosentasche, er mochte es immer noch nicht, wenn sie sich ohne mit ihm beschäftigte! Aufreizend langsam zog sie es ihm über, küsste ihn dabei leidenschaftlich. Sie war wirklich sehr geschickt mittlerweile.
Sie, ja! Sie wusste! Ja! Sie wusste genau! Hu! Ja! Sie wusste genau, wie sie ihn! Ja! Ja! Wie sie ihn anfassen musste! Er stöhnte, verging, löste sich auf!
Aber er... , aber er..... wusste auch genau, wie er sie anfassen musste, wie er sie wo berühren musste, wie er sie wo streicheln musste, damit sie kam, unter seinen Fingern kam! Und er wandte dieses Wissen an. Es stand eins zu eins!
„Ein Blow job wäre wieder mal heiß!" stöhnte sie. Er liebte es, dass sie es so genoss, ihm gut zu tun. Nach den vielen Monaten war er so sicher, dass sie nur tat, was sie genoss zu tun.
„Tu dir keinen Zwang an! Ich bin ein williges Opfer!"
Sie lachte ihr kehliges, heiseres Lachen voll Lust. Sie zog das nächste Kondom über, schloss ihre vollen Lippen um seine Erektion. Er hob vollkommen ab, Beim Blasen war sie einsame Klasse! Sie kannte Tricks, als hätte sie ihr Leben lang nichts anderes gemacht. Vor allem ihre Pausen, wenn sie kurz vor seinem Höhepunkt aufhörte, weil sie ihn flehen hören wollte, machten ihn verrückter, als alles, was er je erlebt hatte.
„Bitte, Baby, mach weiter!" stöhnte er dann auch folgsam. „Bitte, du weißt wie es geht! Bring mich hoch!" Er drückte ihren Kopf nach unten, wie sie es liebte, forderte, wie sie es brauchte!
Als er wieder atmen konnte, musste er das Konto wieder ausgleichen.
Seine Zunge glitt über ihren wunderbaren Körper, tat so, als ob sie nicht wusste, wohin sie sollte.
Sie stöhnte, wenn er immer wieder da vorbei glitt, wo sie ihn unbedingt haben wollte. Er wollte, dass sie flehte, wie er gerade gefleht hatte.
„Bitte! Bitte Tom!" stöhnte sie und drückte seinen Kopf nach unten.
Er wollte noch ein wenig spielen. „Da?" fragte er. Sie schüttelte den Kopf.
„Da?" Sie wurde immer verzweifelter.
„Zeig mir, wo! Wo du meine Zunge spüren willst! Zeig es mir!"
Sie spreizte ihre Schamlippen, fuhr mit dem Finger über ihre geschwollene Klitoris. „Da! Bitte da!"
„Ach so! Da!" Er hatte kaum noch eine Stimme. „Na gut!" Dann leckte er sie da, wo sie es so gerne hatte. Er genoss es wie sie, war schon wieder so hart, dass es fast schmerzte. Heute saugte er nicht, das Spiel seiner Zunge macht ihm zu viel Spaß. Sie stieg langsam hoch und höher, er merkte, wie sie sich versteifte, als sie oben ankam.
Es stand zwei zu zwei! dachte er zufrieden.
Nach einer kurzen Ruhepause, die sie brauchte, um runterzukommen und er, um um Beherrschung zu ringen, drang er endlich in sie ein. Das war das Größte, da ging nichts drüber! Sie um sich zu fühlen, sich in ihr zu reiben, sie zu reiben, war der Wahnsinn! Nach einem gemeinsamen Aufbäumen stand es drei zu drei, er war mehr als zufrieden mit dem Endstand des Liebesduells!
Aber da es eine Nacht der Nächte war, gab es noch ein paar davon, und am Ende hatte er das Zählen aufgegeben!
Vom nächsten Tag an lebte Phillip bei ihnen. Sie bekamen eine Ausnahmegenehmigung für die sofortige Übernahme der Pflegschaft. Ihre Qualifikation, ihre Engagement im Verein und die Fürsprachen der Heimangestellten beeinflussten das Familiengericht positiv.
Sie räumten die Schreibtische und die Regale ins Wohnzimmer, sahen das Bild an, das sich ihnen bot.
„Hat schon mal hübscher ausgesehen hier!" stellte Sina trocken fest. „Ein Möbellager ist nichts dagegen!"
Tom zog seine kleine Krabbe an sich, küsste sie auf ihre duftenden Haare.
Sie sah verliebt zu ihm hoch. „Könnte es sein, dass mit mir auch ein wenig das Chaos hier eingezogen ist?"
Er lachte. „Ein wenig?" Er drückte sich fest an sich. „Aber ich weiß nicht, wie ich früher ohne dieses Chaos leben konnte!" flüsterte er. Und wie ich je in Zukunft ohne dieses Chaos leben sollte! dachte er.
Er musste sie unbedingt küssen, die Liebe seines Lebens.
Die Kinder linsten um die Ecke, er sah es aus einem Augenwinkel.
„Pst! Sie küssen sich!" mahnte Lea.
„Papa! Mama! Küssen!" sang Annika lachend. Felix fiel mit ein.
Sina grinste unter seinen Lippen. Das waren die ersten Worte der Zwillinge gewesen: „Papa! Mama! Küssen!" Und weil sie so stolz darauf waren, und weil auch immer alle so lachen mussten, wenn sie sie sagten, brachten sie sie bei jeder passenden oder unpassenden Gelegenheit an. Im Bus, im Supermarkt, an der Uni, bei allen Besuchern.
Sie trennten sich von vielen Kleidungsstücken, um den Schrank im Gästezimmer leer zu bekommen. Das große Bett wurde abgeholt. Sie besorgten ein cooles Piratenbett für ihren Sohn und Jugendmöbel. Sie kauften eine Tonne Jungsklamotten, Bücher, Bausätze. Normales Spielzeug schien ihnen für den klugen Jungen zu kindisch.
Sina wunderte sich immer wieder über die Klugheit des doch so vernachlässigten kleinen Kerls.
Sie sprach mit Tom darüber. „Also entweder ist sein Erzeuger ein Nobelpreisträger oder es hat sich jemand seiner angenommen all die Jahre!"
Er wusste auch keine Antwort, die Spezialistin für Pädagogik war sie!
Sina fragte eines Tages in einer ruhigen Minute Phillip. „Sag mal. Hat es jemanden gegeben, der sich um dich gekümmert hat, wenn deine Mutter weg war?" Er hatte hin und wieder durchblicken lassen, dass Simone ihn oft tagelang alleine gelassen hatte.
Dass er immer wieder Angst gehabt hatte, dass sie nicht zurückkommen würde, dass er manches Mal aber auch gehofft hatte, dass sie wegbleiben würde.
Er wich ihrem Blick aus. „Ja!" gab er schließlich zu. „Frau Meier! Aber ich soll das nicht verraten, hat sie gesagt!"
Sina ließ ihm Zeit, drängte nicht. Nach einer Weile begann er von sich aus zu berichten.
„Sie wohnt auf der anderen Seite des Flurs. Sie ist alt und meistens besoffen. Aber manchmal hat sie mich geholt, wenn Mama weg war. Sie hat mir was zu essen gegeben. Sie hat ganz viele Bücher gehabt. Und sie hat viel erzählt von ihrem Mann und ihren Kindern, die gestorben sind. Einmal hat Mama mich erwischt, wie ich von drüben gekommen bin, da hat sie mich verhauen und Frau Meier angeschrien. Dann musste immer einer von uns Wache schieben am Fenster, wenn ich da war!"
Sina hörte fassungslos zu. Warum hatte diese Frau nicht das Jugendamt verständigt? Was wäre dem armen Jungen alles erspart geblieben!
Am Abend besuchte sie Jessi. Tom und Sina baten sie, bei den Kindern zu bleiben, fuhren mit dem Bus zu dem Haus, in dem Phillip aufgewachsen war. Es war ein heruntergekommenes Gebäude, kaum vorstellbar, dass dort Menschen wohnen konnten. Der Garten war übersät mit Müll, die Wände waren von Graffitis bedeckt.
Sie läuteten bei Meier, hörten ein Schlurfen hinter der Wohnungstüre.
„Ja? Wer ist da?"
„Tom und Sina Bergmann! Wir möchten mit Ihnen über Phillip sprechen!" sagte Tom freundlich.
Gerda öffnete vorsichtig, bat die beiden herein. Sie war offensichtlich ziemlich betrunken, konnte aber noch einem Gespräch folgen.
Sina erzählte, dass Phillip jetzt bei ihnen lebte, Gerda strahlte sie dankbar an. Sie berichtete die reinsten Horrorstories aus dem Leben des Kleinen, erzählte auch von sich: Sie war Lehrerin gewesen, ein Unfall hatte ihr ihren Mann und ihre zwei Töchter genommen. Danach war sie in die Alkoholsucht abgerutscht, der Abstieg war vorprogrammiert.
„Warum haben Sie nie das Jugendamt verständigt?" fragte Sina schärfer, als sie es eigentlich wollte.
Frau Meier sah sie lange an, schien zu überlegen. „Vielleicht aus Egoismus!" gestand sie ein. „Es hat meinem Leben ein wenig Sinn gegeben, mich um den Jungen kümmern zu können. Und dann habe ich überlegt, was wird, wenn ich dort anrufe? Nehmen die mich ernst? Mich, die alte Alkoholikerin? Machen sie Hausbesuche drüben? Kriegt der Junge dann wieder ihren Zorn zu spüren? Stecken sie ihn in ein Heim, wo er nicht einmal mehr mich, die einzige Konstante in seinem Leben hat?"
Ihr Blick schweifte ab, ging in die Vergangenheit, suchte im Gedächtnis nach den Gesichtern ihrer Töchter, ihres Mannes, der großen Liebe ihres Lebens.
Tom und Sina verstanden die Gedankengänge der alten Frau. Und sie waren ihr dankbar dafür, was sie für Phillip getan hatte.
Sie verabschiedeten sich rasch, mussten nachdenken. Am nächsten Tag wurde ein riesengroßer Geschenkkorb mit Leckereien in dem verkommenen Haus angeliefert. Ein Kuvert mit 500 Euro hing daran. Gerda freute sich, vor allem das Geld konnte sie gut gebrauchen. Sie würde es nicht in Schnaps umsetzen! Vielleicht konnte sie sich aufraffen, sich eine neue Hose und eine warme Jacke zu kaufen!
Tom und Sina nutzten alle Beziehungen, die sie in einem dichten Netzwerk in der Stadt mittlerweile hatten. Zwei Monate später zog Gerda Meier in eine bessere Wohnung um, wurde regelmäßig von einem Sozialdienst besucht, der auch dafür sorgte, dass sie ihre Pension aus ihrer Beschäftigung als Lehrerin erhielt, etwas, worum sie sich nie gekümmert hatte. Hin und wieder besuchte Sina sie mit Phillip. Die Tage, an denen sie sie nüchtern antrafen, häuften sich.
Marie bekam im Dezember 2005 eine Tochter, Paula, nach Paula Modersohn-Becker.
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