Kapitel 106 - Ab Juni (*2*)


In diesem Moment hörten sie Stimmen, die nach ihnen riefen. Die Tür zur Terrasse öffnete sich.
„Tür zu! Kommen gleich!" krächzte Tom.
Patrick sah Marie an. „Die haben uns vergessen!" kicherte die. Sie setzten sich ins Wohnzimmer, warteten geduldig, bis Tom zu ihnen kam.

„Vincent! Die wollen heute zum Architekten!" hatte Sina gestammelt, als das Blut wieder im Sprachzentrum angekommen war. „Ich hab's vergessen!"
Tom nahm den Neffen auf den Arm. „Tante Sina hat vergessen, dich anzukündigen! Jetzt sind wir ein bisschen eingeschlafen!" sagte er und küsste den Kleinen ab. Patrick stand kurz vor einem Lachanfall. „Jetzt lügt der auch noch meinen Sohn an!"

„Papa ist doof!" sagte Tom. „Also bis später!" Er trug Vincent zu seinen beiden hinauf, taumelte noch leicht.
So lange die Kleinen noch schliefen, spielten sie mit dem älteren. Er fremdelte nicht im Geringsten, ließ sich in die Luft werfen, krähte glücklich, riss an Toms Haaren, warf ein paar Bauklötze durch die Gegend. Felix und Annika wachten auf, sie legten den Cousin mit auf die Decke.

Tom zeigte auf den Spiegel. „Brauchen wir den noch?" Er blinzelte ihr zu.
„Nein! Er hat seinen Zwecke erfüllt!" antwortete sie und blinzelte zurück. Das sah bei ihr immer so drollig aus, dass er vor Lachen fast die Treppe hinuntergefallen wäre.

Kurz darauf klingelte es. Fabian und Andrea standen draußen, die kleine Lea auf dem Arm.
„Wir waren gerade in der Stadt! Lea wollte unbedingt Babys anschauen!" erklärte Fabian, sah den Freund entschuldigend an. „Und welcher Vater kann seiner Tochter schon einen Wunsch abschlagen!"

Lea stürzte sich in Sinas Arme, ließ sich durch die Luft wirbeln. Die Männer kochten Kaffee, holten Kuchen aus der Bäckerei um die Ecke. Andrea setzte sich zu den Kindern auf die Decke, Lea saß auf Sinas Schoß, sah mit ihr ein Buch an.
Tom und Fabian schleppten zwei Tabletts nach oben, Sina war überrascht über die Massen an Kuchen.

Sie lachte Tränen. „Bist du wieder rückfällig geworden?" zog sie ihn auf.
Er streckte ihr die Zunge heraus. „Meinst du, ich lasse mir von meinem Eheweib das Kuchenkaufen verbieten!" Er zog sie an sich. „Das hat vielleicht am ersten Tag gewirkt! Heute bin ich emanzipiert!"

„Träum weiter!" sagte sie nur und erntete einen Klaps auf den Hintern.
Fabian und Andrea beobachteten die beiden noch immer sehr Verliebten, verstanden aber das Geplänkel mit dem Kuchen nicht.

Tom erzählte die Geschichte. „Und dann hat sie gesagt: Du hast lebenslang Einkaufsverbot in Konditoreien! Und das lebenslang hat mir schon sehr gefallen!"
Fabian lachte: „Das war am zweiten Tag? Als du die ganzen Sachen angeschleppt hast zum Dienst?"

Sina grinste. „Das war ein Bruchteil! Ich habe die ganze Nachbarschaft versorgt!"
Andrea kicherte: „Und da hat sich Tom Bergmann schon über ein lebenslang gefreut?"
„Logo!" bestätigte er.

„Und ich wäre fast im Erdboden versunken, als mir klar wurde, was ich gesagt hatte!" erinnerte sich Sina. Tom küsste sie zärtlich. „Da warst du ja auch noch eine süße dumme Sina-Krabbe, die nichts von Männern versteht!" flüsterte er ihr zu.
„Und was bin ich heute?" fragte sie entrüstet.

„Eine süße heiße Sina-Krabbe!" flüsterte er noch leiser.
Sie tranken Kaffee, bauten den Kuchenberg ab, lachten, hatten Spaß.
„Also, Tom Bergmann, das mit dem Kuchen müssen wir noch üben!" zog Sina ihn auf.
„Pass auf: Wenn vier Erwachsene je ein Stück essen, wie viel muss man dann kaufen?"
„Zwölf!" kam es wie aus der Pistole geschossen.
„Aha! Zwölf!" Sie sah ihn fragend an.

„Weil es sein kann, dass noch acht Gäste kommen, oder dass noch vier Gäste kommen, von denen will dann vielleicht jeder zwei Stücke essen, weil sie später dran sind!" Er grinste wieder frech. „Ich hab's eher mit der Stochastik als mit der Algebra!" Er fühlte sich heute wieder einmal wie aufgezogen, er hatte auch allen Grund dazu!

Sina sah ihn fassungslos an, klatschte bewundernd in die Hände. „Touchè, mon General!" sagte sie nur. Er musste sie wieder küssen. Das hatte sie auch schon lange nicht mehr gesagt zu ihm.
Es läutete, Patrick und Marie kamen zurück, hinter ihnen zufällig Greta und Oli.

„Wir waren gerade unterwegs, da haben wir gedacht, vielleicht können wir Kaffee und Kuchen schnorren!" Greta sprach immer alles sehr offen aus, etwas, das Oli besonders gefiel, da war sie ein wenig wie Sina, seine mittlerweile beste Freundin.
Tom ging nach unten, um noch mehr Kaffee zu kochen, drehte Sina eine lange Nase. „Vielleicht hole ich auch noch ein bisschen Kuchen!" dachte er laut.

„Tom!" rief sie und lief ihm nach. Er fing sie am Ende der Treppe auf, nahm sie in die Arme, küsste sie leidenschaftlich. „Ich wollte dich nur runterkriegen!" gab er lachend zu. Er überlegte. „Oder rauf? Bei so vielen Babysittern?"

Sie gab ihm einen Klaps auf den Arm, wusste nach diesem Kuss aber auch, dass er nicht lange Überzeugungsarbeit leisten müsste, um sie zu überreden.
Es läutete schon wieder. Er sah auf den Bildschirm, öffnete die Haustüre. „Hereinspaziert! Bitte nach oben durchgehen! Kaffee kommt gleich!" begrüßte er Sinas Eltern. Er sah seine Süße an. „Und? Wer fehlt noch?"

„Marc und Bernadette?" schlug sie vor.
Als es wieder läutete, bekamen sie fast einen Lachanfall. Doch es waren nicht die Erwarteten, es waren Nick und Ben.
„So und jetzt, meine neunmalkluge Ehefrau? Wenn jetzt noch jemand kommt, geht der Kuchen aus!"
Er baute sich vor ihr auf, hielt ihr sein Ohr hin. „Und? Und? Ich höre!"
Sie lächelte ihn an. „Ich liebe dich!"

Er überlegte eine Weile. „Okay! Das lasse ich gelten!" Und dann versank er in einem leidenschaftlichen Kuss.
Fabian kam die Treppe herunter. „Kann ich helfen?"
„Wobei?" Tom war noch nicht gewillt, Sina loszulassen.
„Beim Kaffeekochen?" bot Fabian an.
„Genehmigt!" Tom zeigte sich großzügig.

Der Ex-Kollege ließ Kaffee aus der Maschine, Tom küsste in aller Ruhe weiter.
Da eh schon alle versammelt waren, erzählte Sina später von dem Angebot des Redakteurs. Alle waren begeistert.
„Super!"
„Prima!"
„Das musst du machen!"
„Na, klar gehst du da hin!"

Tom lächelte sie zufrieden an. Siehst du! Seine Handbewegung deutete an, dass er sich in seiner Meinung bestätigt sah.
„Okay! Dann sage ich halt zu!" Sie sah ihn an. „Aber du musst mit, das ist dir schon klar? Du musst im Publikum sitzen und mich verliebt ansehen!"
„Was für ein schwerer Job!" meinte er und sah sie verliebt an.

Alle lachten. Tom war heute besonders gut drauf. Patrick sprach ihn darauf an. „Was ist denn mit dir heute los? Du bist so aufgekratzt!"
„Ah! Und sonst bin ich ein Trauerkloß, oder was?"
„Nein!" lachte Patrick. „Aber etwas gesetzter!"

„Gesetzter!" äffte Tom ihn nach, „Gesetzter! Hey, Mann! Ich bin fast 31 Jahre alt, verheiratet, doppelter Vater! Aber gesetzt war ich in meinem ganzen Leben noch nicht!" Sina lachte sich kringelig über ihren Mann. Sie hatte aber auch das Gefühl, dass er schräger drauf war als sonst. Sie stupste ihn an. „Jetzt sag schon, was heute mit dir los ist!"
Er grinste sie an. Eigentlich hatte er es ihr heute Abend im Bett bei einem Glas Champagner sagen wollen. Er hatte wieder einmal geplant!

„Also, liebe zufällig Anwesende, heißgeliebte Ehefrau." Er holte tief Luft. „Ich bin seit heute" Er machte eine künstlerische Pause. „Dr. Tom Bergmann!"
„Was?"
„Wie?"
„Warum?" kam es aus der Runde.

Sina sah ihn nur fassungslos an. Er drückte sie an sich, küsste sie wieder einmal.
„Also! Ich habe ja vor zwei Jahren mehr aus Jux und Tollerei eine Abhandlung geschrieben über das deutsche Rettungswesen. Mein Proff hat davon erfahren, ich habe die Daten aktualisiert, als Doktorarbeit eingereicht und heute meine Urkunde bekommen. Summa cum laude mit Prädikat!" Er atmete tief durch, sah sein schönes Mädchen an. Nur ihr Stolz auf ihn, nur ihre Freude interessierte ihn wirklich.

„Wow!" Sie schüttelte ungläubig den Kopf. „Mein Supertom! Mein Dr. Tom Bergmann!" Sie küsste ihn fast ehrfürchtig. „Herzlichen Glückwunsch! Mannomann! Da habe ich aber einen Fang gemacht!" Tom drückte sie an sich.

Sie konnte das nicht so recht fassen. „Einfach so? So nebenbei machst du deinen Doktor? Neben Schwangerschaft, Babys, Krankenhaus, Studium, Verein, Flugeinsätzen machst du schnell noch deinen Doktor? Tom Bergmann, du bist verrückt!" Sie sah die Gäste an. „Der Mann ist verrückt, oder?" Alle lachten über Sinas Verblüffung. Sie holte Annika, setzte sie auf ihren Schoß, auch wenn sie sich sperrte.

„Du bleibst jetzt sitzen, mein Fräulein! Ich muss dir nämlich etwa Wichtiges sagen. Also pass, gut auf: Wenn du einmal einen Mann willst, dann musst du so einen nehmen wie den da!" Sie zeigte auf Tom. „Nur so einen, okay? Mit einem anderen brauchst du gar nichts anfangen! Ist bloß Zeitverschwendung!" Sie setzte die maulende Tochter Tom auf den Schoß. „Na, dann, Papa-Kind, schleich dich!"

„Felix, komm her, mein Sohnemann!" Plötzlich merkte sie, dass sie wieder einmal wie ein Wasserfall redete. Das passierte ihr immer, wenn sie etwas sehr in ihrem Inneren berührte! Tom verstand sie. Im Moment wusste sie wieder einmal nicht wohin mit ihren Gefühlen. Das Herz war voll, der Mund lief über!

Ihre Eltern nahmen die Kinder, er zog sie auf seinen Schoß, wiegte sie wie ein Kind. „Alles ist gut, Süße! Ist nur eine Doktorarbeit, kein Nobelpreis!"
„Der kommt dann später!" Langsam fuhr sie runter.
Patrick hatte zwei Flaschen Sekt im Kühlschrank gefunden, Marie brachte Gläser. Sie stießen auf Tom an.

Fabian sah seinen Ex-Kollegen an. „Sag mal, Alter! Studiert man nicht erst und macht dann den Doktor?"
„Das war auch anders geplant!" Tom begann zu lachen, sah Sina an, verschluckte sich an einem Schluck Sekt. „Aber wir haben es nicht so mit dem Planen, nicht wahr, Süße?"
„Nein, nicht wirklich!" Sie streichelte seine schon wieder etwas zu langen Haare, die ihn so unwiderstehlich aussehen ließen!

Tom erklärte: „Ich habe die Arbeit dem Proff hingelegt, die Sekretärin hat gedacht, er hätte vergessen, sie in die Ablage zu geben und hat sie weggeschickt! Er hat sie nicht einmal gelesen - der Doktorvater!" Er prustete wieder los, schüttelte den Kopf. „Dann kommt plötzlich die Urkunde, und er wusste von nichts. Wir haben dann nachgeforscht und sind hinter den Weg gekommen. Bloß, niemand hat gemerkt, dass der Proff nicht einmal unterschrieben hatte!" Er musste wieder lachen. „Aber egal, er hat angerufen, es ist alles in Ordnung!"

Die Kinder wurden quengelig, Sina wärmte die Flaschen, brachte sie nach oben.
Greta und Oli fütterten die beiden, lächelten sich dabei an. Sina und Tom gingen dann nach unten, um sie zu wickeln.

„Ich wollte dir das gerne alleine sagen, Süße! Alles war wieder einmal geplant!" Er musste wieder lachen. „Ich muss dieses Wort mal aus meinem Wortschatz streichen!" Er nahm sie in den Arm. „Ich liebe dich, Sina-Maus!"

„Das ist schön!" Sie strahlte ihn an.
Sie legten die Kinder in ihr Bettchen. Anfangs hatten sie versucht, sie in zweien zum Schlafen zu bringen, wären fast verzweifelt, weil sie keine Ruhe fanden. Erst, als sie in eines gelegt wurden, sie sich an den Händchen halten konnten, schliefen sie ein.


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