Befragung
Ich vermisste das Essen von Miss Potts. Hier bekam ich zwar auch recht gute Mahlzeiten, was ich mit Sicherheit auch nur Dr. Banner zu verdanken hatte, aber die kamen um Längen nicht an ihre Kochkünste heran. Auch war es eine ganz schöne Umstellung, dass ich nun nur noch einmal täglich was bekam und somit immer sehr lange sehr hungrig warten musste, bis mich eine normale Portion erreichte, die wenigstens etwas größer sein könnte.
Eines Tages aber wachte ich in einem weißen Raum auf einer Liege auf. Rechts von mir ein Stuhl auf dem Dr. Banner saß, der aber noch nicht bemerkt hatte, dass ich wach war, links die Wand und ich muss es wahrscheinlich nicht anmerken, doch meine Hände und Füße waren an diese Liege gebunden.
"Ah, du bist wach. Schön dich wiederzusehen."
Die Freude ist ganz meinerseits.
Ich starrte wortlos zur Decke.
"Du hattest einen Rückfall. Ich habe mir bereits die beschlagnahmten Aufnahmen vom Park angeschaut... Ganz schön übel. Du lässt dich ja leicht erzürnen."
Ich schnaufte belustigt aus.
Leicht erzürnen? Die Aufnahmen waren wohl ohne Ton.
"Aber darauf gehen wir gar nicht weiter ein."
"Wir?"
"Du und ich."
"Wieso gesellt sich denn Fury nicht dazu?"
Dies sagte ich mit gespielt kindlicher Stimme und guckte quer durch den Raum in den Spiegel, hinter dem Fury mit zwei weiteren Personen stand. Als ich wach wurde, hörte ich ihn zu seinen Handlangern sagen, dass sie, falls ich mich befreien sollte, alles daran setzten sollten, dass ich ja nicht entkomme.
Glaubt der etwa, dass ich mit telekinetischen Fähigkeiten die Hand- und Fußfesseln öffne?
Dann wäre ich definitiv nicht mehr hier.
Dr. Banner war erst ein wenig sprachlos, doch lächelte dann wieder.
"Ich vergesse immer wieder, dass du tierische Fähigkeiten hast... Naja, aber das hier ist mein Job und außerdem will ich ja auch mehr über dich erfahren."
Er setzte sich aufrecht hin, drückte die Miene aus dem Kugelschreiber und schrieb etwas auf sein Klemmbrett.
"Fangen wir mit der ersten Frage an: Wie alt bist du?"
Die glauben doch nicht wirklich, dass ich denen irgendetwas sage.
Ich zuckte desinteressiert mit den Schultern.
"Ähm... Ok... Hast du Eltern?"
Die Schultern zuckten.
"Ein Zuhause?"
Zucken.
"Was ist dein Geschlecht?"
Ich musste mir ein Lächeln verkneifen, doch zuckte nur.
Er nahm seine Brille ab und massierte die freigelegte Fläche.
"Hör zu, wenn du uns nichts über dich erzählst, dann sitzen wir noch morgen hier."
Ich drehte meinen Kopf zu ihm, machte meinen Mund auf, wartete und machte ihn wieder zu. Dann zuckte ich mit den Achseln und lächelte belustigt.
Er seufzte tief.
"Wenn du jetzt nicht kooperierst, dann schicken wir dich zurück in die Zelle und du bekommst gar kein Essen mehr, ok?"
Dies sagte er mit einer sehr ruhigen, aber gleichzeitig gereizten Stimme. Ich schaute eingeschüchtert.
„Okay... Ist ja gut."
„Na bitte."
"Ich bin 15 Jahre alt. Meine beiden Eltern haben mich damals verlassen als ich noch ein Welpe war; das ist bei uns so Brauch. Ich lebte weiterhin in einem Wald, bisschen weiter weg von New York. Das klappte auch ganz gut, doch nach 7 Jahren betrat ich, ohne dass es meine Absicht war, ein fremdes Revier und wurde von dem dazugehörigen Rudel angegriffen. Ich kam gerade noch davon und rannte weg. Ich verließ nicht nur das Revier, sondern vor Schreck auch den ganzen Wald und kam nach zwei Tagen hier in New York an. Ich lebte auf der Straße. Als ich dann irgendwann genug hatte von dem ganzen vergammelten Zeugs in den Mülltonnen, ging ich in die Stadt, um mir was frisches zu... holen. Und traf unglücklicher Weise auf euch."
Banner schrieb sich alles auf. Er zögerte ein bisschen misstrauend, doch bedankte sich dann und ich wurde zurück in meine Zelle gebracht.
Wie erwartet bekam ich nun ganze zwei Mahlzeiten am Tag und eine Schüssel, welche stets mit frischem Wasser aufgefüllt wurde.
Ich hatte alles richtig gemacht.
Da es komfortabler war, blieb ich die meiste Zeit in Wolfsgestalt. Es war bequemer zum Schlafen beziehungsweise zum Liegen, außerdem drang die Kälte vom Boden nicht so stark durch die Haut, da mein Fell sie abfangen konnte.
Es vergingen keine zwei Wochen in denen ich hier eingesperrt war, als ich gerade auf dem Rücken liegend gelangweilt die Decke anschaute. Meine zweite Mahlzeit am Tag wäre eigentlich schon lange fällig gewesen und mein Wasser müsste auch langsam mal aufgefüllt werden.
Ich hörte ein seltsames Geräusch, eine Art 'Klicken' und kurz darauf lösten sich meine Schellen.
Die Tür öffnete sich und jemand, mit dem ich überhaupt nicht gerechnet hatte, kam herein: Rogers.
Er hatte einen finsteren Blick aufgesetzt und ging mit festem Schritt auf mich zu, ich drehte mich auf den Bauch, um aufzustehen, da mir die ganze Situation nicht geheuer war, doch ehe ich meinen Plan ausführen konnte, wurde ich schon am Nacken grob hochgezogen.
Ich geriet in Panik.
Während ich mich lauthals versuchte zu wehren, verließen wir den Raum und er trug mich über den Korridor.
Nach einer gefühlten Ewigkeit, kamen wir an einer Tür an. Er klopfte und machte einen Schritt zurück. Ein dumpfes 'Herein' ertönte und einer der Soldaten öffnete die Tür und mit ihm betrat ein zweiter den Raum, um ihn zu sichern.
Rogers trat ein und ließ von mir ab, sodass ich den letzten halben Meter zu Boden fiel. Vor mir stand ein schwarzer Pult, an dem jemand in einem Schreibstuhl mit der Lehne zu mir gerichtet saß. Er blickte aus dem Fenster.
Ich keuchte noch schwer atmend, als dieser mir anbot, mich hinzusetzten.
Ein Stuhl stand direkt auf der gegenüberliegenden Seite und an der Stimme erkannte ich, dass es Fury war.
Rogers blieb Arme-hinterm-Rücken-verschränkt neben mir stehen und blickte starr nach vorne.
Geduckt schritt ich voran und verwandelte mich auf halben Weg zurück. Ich setzte mich an den Pult, während ich mir unsicher den Nacken massierte.
"Bitte. Bedienen Sie sich."
Ein auf dem Kopf gestelltes Glas stand vor mir und rechts daneben ein durchsichtiger Krug gefüllt mit einer ebenfalls durchsichtigen Flüssigkeit.
Ich schüttete mir langsam etwas in mein Glas und betrachtete es.
Sieht aus wie normales Wasser...
Ich roch dran.
Riecht wie normales Wasser...
Ich sah, dass Fury auch ein angefangenes Glas Wasser dort stehen hatte.
Ich nippte ein bisschen, um zu kosten.
Schmeckt wie normales Wasser...
Also trank ich es mit einem Schluck aus und füllte es gleich wieder auf, da ich sehr durstig war. Nun drehte er sich endlich um und schaute mir mit grimmiger Miene in die Augen. Ich zuckte bei seinem Blick zusammen.
"Als wir von Ihnen die gewünschten Informationen erfahren hatten, untersuchten wir diese. Es kamen einige Sachverhalte jedoch nicht auf: Wie Sie, direkt nach dem Sie in New York angekommen sind und auf uns trafen, unsere Sprache so gut beherrschen. Wie Sie so gut kämpfen, laufen et cetera können, wenn Sie im Wald von klein auf in Ihrer anderen Form unterwegs waren.
Ich wurde etwas unruhig und spielte, bedacht darauf es mir nicht ansehen zu lassen, mit meinem Glas.
"Also schickte ich einige Teams los, um Gebiete abzusuchen, in welchen jemand wie Sie leben könnte. Wie erwartet, wurden wir fündig: Zuerst bekamen wir die Rückmeldung der Polizei, dass eine Frau von einem weißhaarigen Mädchen überfallen wurde.
Später durchsuchten wir eine alte Lagerhalle, welche am Rande eines Waldes, nicht weit von hier, lag. Zwei Leichen. Eine mit durchgetrennter Kehle, die andere erdrosselt, mit Kratzspuren. Viel Blut, unter anderem auch Ihres."
Unsicher schnellte mein Blick nach links und rechts. Zwei Wachen beobachteten mich scharf.
Beruhig dich. Das alles bringt sie nicht an ihre Informationen. Es hat sich nichts geändert.
"Sie brauchen sich nicht streuen..."
Die Wachen rückten näher.
"Sie werden mir alles verraten, was ich wissen will."
Nun lächelte ich.
"Und wie kommen Sie zu dieser Erkenntnis?"
"Das Wasser, das Sie gerade genüsslich zu sich genommen haben, war mit einem weiterentwickelten Natrium-Thiopental versehen worden. Auch besser bekannt als Wahrheitsserum."
Schweißperlen bildeten sich auf meiner Stirn. Jetzt sah es gar nicht mehr so gut für mich aus.
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