ღ Kapitel 15 - Das Ende? ღ
21.10.2017
Am nächsten Morgen, einem wunderschönen Samstag, ignorierte ich die Überredungsversuche meiner Eltern, mich zu einer Selbsthilfegruppe zu schicken, gekonnt und beherrschte mich sogar dann noch, als Olivers Geschrei wegen seines neuen Spiels durch das gesamte Haus gellte.
Sobald das Thema auf meinen Unfall und meine "Veränderungen" fiel, schaltete ich einfach auf Durchzug, aber ansonsten gab ich mir wirklich Mühe, ein wenig freundlicher zu den anderen zu sein. Es klappte zwar nur mäßig, aber wir machten Fortschritte und beim Mittagessen stritten wir uns zum ersten Mal seit Langem nicht.
Am Nachmittag, als ich gerade Tanzvideos im Internet anschaute, klingelte es plötzlich.
Ich hörte Mas Schritte im Flur und dann, wie sich unsere Haustür schnarrend öffnete. Leises Stimmengewirr drang zu mir, dann Mas Ruf: "Alyssa! Besuch für dich!"
Ich runzelte meine Stirn und fragte mich, ob es Grace sein könnte, doch als wir vorhin telefoniert hatten, hatte sich nichts erwähnt. Ob etwas passiert war?
So schnell ich konnte, stand ich auf und hastete zur Tür. Der Anblick ließ mich erstarren.
Da stand er, Elias, mit der obligatorischen Schachtel Billig-Schokolade und einem riesigen Strauß knallroter Rosen.
Wie angewurzelt stand ich mitten im Flur, als sein eisblauer Blick schließlich direkt auf mich traf. In seinem Augen lag die gewohnte Kälte, aber auch noch etwas anderes ... War es Reue? Oder Schuld?
Ma blinzelte verwirrt. Auch ihr war unser angespanntes Verhältnis nicht entgangen und ihre zusammengekniffenen Lippen machten deutlich, dass sie mir dazu später noch einige Fragen stellten würden. Nun fuhr sie sich jedoch nur seufzend durch ihre schulterlangen, aschblonden Haare und murmelte: "Ich lasse euch dann mal allein. Falls ihr etwas braucht, ich bin in der Küche." Mit diesen Worten rauschte sie davon.
Ich wünschte, ich hätte es genauso machen können wie sie. Einfach abhauen, meinte ich.
"Alyssa", begann Elias und räusperte sich, bevor er seinen Mantel richtete und sich nervös durch seine gegeelten, blonden Haare fuhr. "Ich muss mich bei dir entschuldigen ...", hilflos hielt er mir die Blumen, die ich eigentlich nicht mochte, weil Rosen in meinen Augen immer noch viel zu klischeehaft und langweilig waren, und die Packung Billig-Schokolade hin. "Hier, für dich."
Zögernd nahm ich beides entgegen und suchte nach der richtigen Antwort. Elias hatte mich schlampig genannt, weil ich ein verdammtes Top getragen hatte. Er glaubte immer, mich bevormunden zu dürfen und seinen Willen durchsetzen zu können, während ich am besten gar nichts sagte und einfach nur brav lächelte.
Grace hatte einmal gemeint, ich wäre sein perfektes Püppchen.
In diesem Moment fragte ich mich zum ersten Mal, ob Elias das genauso sehen könnte.
"Danke", meinte ich schließlich und klang nicht im Geringsten dankbar. "Das ist ... nett."
Elias nickte langsam. "Wir sollten reden", sagte er leise. "Hast du kurz Zeit?"
Ich zögerte erneut, dann nickte ich ergeben. "Ja."
"Gut", er wirkte erleichtert. "Dann könnten wir doch heute ins Kino gehen und Mortals und mutants gucken!" Seine eisblauen Augen leuchteten auf.
"Ich dachte, wir wollten reden und nicht ...", diesen beschissenen SciFi-Film gucken. Ich stockte und starrte wie benommen auf meine Füße. Meinen letzten Gedanken sprach ich natürlich nicht laut aus.
Elias wusste doch ohnehin, dass ich solche Filme nicht leiden konnte! Ich hatte es ihm schon vor der Klassenfahrt gesagt und trotzdem wollte er immer nur so etwas mit mir gucken gehen! Wir konnten nie gucken, was ich wollten.
"Wir können doch auch reden. Wie wäre es, wenn ich dich nach dem Film im Express-O einlade und wir in Ruhe alles klären? Aber davor ... Lass uns einen schönen Nachmittag verbringen, Alyssa. Es ist solange her, dass wir etwas gemeinsam unternommen haben, also außerhalb der Schule. Und ich bin es satt, dass wir uns immer weiter voneinander entfernen", ein wütendes Funkeln schlich sich in seinen Blick. "Komm, ein Nachmittag, was ist das schon? Stoß mich nicht schon wieder vor den Kopf."
Altbekannte Wut rumorte in meinem Magen. "Warum bist du denn jetzt schon wieder so sauer? Es gibt keinen Grund dafür ..."
Elias atmete tief ein. "Ich möchte einfach, dass das zwischen uns wieder so wird wie früher, vor dem Unfall ... Ich will nicht, dass so etwas zwischen uns steht ... Deine Veränderungen und ... Porter ..."
"Was hat denn Kai damit zu tun?!"
"Nein, bitte versteh das jetzt nich schon wieder falsch, Alyssa! Ich möchte doch nur, dass wir uns aussprechen und du dich von diesem Primaten fernhälst, okay?"
Ich schüttelte meinen Kopf. "Weißt du, Elias, ich verstehe echt nicht, wo dein Problem ist."
"Und genau deswegen möchte ich auch, dass wir uns jetzt zusammen einen Film angucken und dann im Express-O über alles reden! Genau wie früher! Gib mir wenigstens die Chance, alles zu erklären!"
Genervt fuhr ich mir übers Gesicht. "Na gut", meinte ich schließlich, obwohl ich es bereuen würde. "Gib mir einen Moment."
Nach dem Film, der sogar noch schlimmer gewesen war, als ich befürchtet hatte, saßen wir nun also im Express-O und ich rührte gelangweilt in meiner heißen Schokolade.
Elias hockte gegenüber von mir auf der weiß-roten Sitzbank und schlürfte seinen Kaffee. Im Gegensatz zu mir schien er den Film geliebt zu haben. Seine eisblauen Augen glänzten noch immer verträumt.
"Du wolltest reden", knurrte ich, nachdem wir zehn Minuten geschwiegen hatten. "Dann tu es auch."
Elias nickte vorsichtig. "Okay, ich rede nicht lange um den heißen Brei herum, aber ich weiß halt nicht mehr, was ich von all dem halten soll! Seit dem Unfall hast du dich verändert, Alyssa. Ich meine es nicht böse, aber ... Vor dem Unfall warst du wie meine Seelenverwandte! Wir haben so gut zu einander gepasst und uns so gut wie nie gestritten! Du warst ausgeglichen, ruhig und fröhlich und jetzt ... Ach, ich weiß auch nicht! Du bist aufbrausend, emotional und hysterisch! Du machst aus allem ein Drama! Und, naja ... ich bin nicht blind. Ich sehe doch, was für Blicke Porter dir zuwirft und ich könnte ihm jedes Mal den Hals dafür umdrehen!"
Meine Finger verkrampften sich um den warmen Henkel meiner Tasse. "Ja, ich habe mich verändert! Aber es liegt nicht am Unfall! Nicht nur, zumindest! Es hat schon vor dem Unfall angefangen, dass wir oft miteinander gestritten haben, das verdrängst du nur! Du schleifst mich in Filme, die ich überhaupt nicht mag, nur, damit du wieder deinen Willen bekommst, während ich nicht einmal ein Wort sagen darf, ohne als hysterisch oder Dramaqueen bezeichnet zu werden! Und das mit Kai ... Da ist nichts! Überleg doch mal, es ist Porter! Wir ... wir hassen uns! Du musst dir echt keine Gedanken darüber machen, aber du tust es dennoch, weil du mich immer bevormunden musst!"
"Halt dich endlich von ihm fern!", knurrte Elias und knallte seine Tasse auf die Tischplatte.
Ich verschränkte trotzig meine Arme. "Du verstehst mich einfach nicht! Das hast du doch noch nie! Du hast nie verstanden, was das Tanzen für mich bedeutet und dass es mein Traum war, eine Ballerina zu werden! Stattdessen willst du mich immer weiter verbiegen, bis ich in dein ach so tolles Weltbild passe, genau wie meine Eltern! Du willst, dass ich mich von Kai fernhalte - Schön! Kann ich machen! Gar kein Problem! Ich habe dir bereits gesagt, dass da nichts ist!", ich räusperte mich. "Aber was kommt als Nächstes, Elias? Soll ich deiner Meinung nach auch noch Grace fallen lassen, weil ich so viel Zeit mit ihr verbringe? Damit du mich für dich alleine hast und mich herumkommandieren kannst wie es dir gefällt?!"
"Ich kann es echt nicht fassen, was aus dir geworden ist! Ich dachte, du wärest besser als der Rest, aber du bist genauso verblendet wie alle anderen hier! Seit dem Unfall ..."
"Toll, dann habe ich mich halt verändert! Ich habe es kapiert, verdammt! Was glaubst du denn, nach allem, was passiert ist? Dass ich einfach so weitermachen kann? Es ist nichts mehr wie vorher und in all der Zeit hast du es nicht einmal fertig gebracht, mich zu unterstützen oder zu beschützen! Ich wollte immer nur jemanden, der mich versteht und ich glaube nicht, dass du diese Person bist, Elias. Und du wirst sie auch niemals sein."
Elias wurde auf einen Schlag ruhiger. "Das glaube ich auch." Er schwieg einen Moment lang. "Ich bin nicht blöd, Alyssa. Ich merke ja selber, dass es bei uns Beiden schon lange nicht mehr läuft und ich wollte nie, dass es so endet. Glaub mir."
"Es ist ... es ist einfach nicht dasselbe wie am Anfang", flüsterte ich. "Weißt du noch, wie glücklich wir waren, als wir zusammen gekommen sind? Wir haben uns echt nicht gestritten ... Und jetzt? Jetzt streiten wir nur noch."
Elias nickte langsam. "Ich habe mich nie getraut, es laut auszusprechen, obwohl ich seit Wochen an nichts anderes denken kann ... Verstehe mich nicht falsch, Alyssa. Du bist ein tolles Mädchen und ich habe dich wirklich gern ... Du bedeutest mir immer noch enorm viel, aber irgendwie nicht mehr wie vorher auf romantische Weise ... Wir passen einfach nicht mehr zusammen", er räusperte sich, bevor seine eisblauen Augen ein letztes Mal direkt auf mich trafen. "Es ist besser, wenn wir Schluss machen, Alyssa."
Hey!
Ich wette, mindestens die Hälfte von euch allen freut sich jetzt xD
Meint ihr, dass es die richtige Entscheidung war?
Ich hoffe sehr, dass euch das Kapitel gefallen hat und wünsche ich euch noch ein wundervolles Wochenende,
Kathy. ❤
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