ღ Kapitel 13 - Reue, Hass und Hilfe ღ

20.10.2017

Am nächsten Morgen stopfte ich vollkommen übermüdet meine Klamotten in den Koffer, während ich mir nebenbei den Kopf darüber zerbrach, wie ich alles wieder gut machen könnte, was seit meinem Unfall so scheiße gelaufen war. 

"Vergiss dein Tagebuch nicht, Krüppelchen!", rief Jenna, die sich gerade vor dem einzigen Spiegel in unserem Zimmer schminkte, spöttisch über die Schulter. Gerade war sie dabei, ihre dichten, geschwungenen Wimpern zu tuschen, obwohl sie das gar nicht nötig hätte. Jenna war einfach immer schön, egal, was sie auch tat, aber ich würde einen Teufel tun und das laut aussprechen. 

"Keine Sorge", erwiderte ich genervt. "War das Erste, an das ich gedacht habe, Süße." 

"So", Jenna zog spöttisch ihre Augenbraue hoch. "Dann erzähl mal. Was steht da alles so drin? Dokumentierst du jeden Streit mit deinem Hasilein?", ihr Tonfall wurde immer überheblicher und ich runzelte Stirn. 

"Das geht dich nichts an, Puppe", sagte ich langsam und faltete seelenruhig ein Top zusammen. "Zerbrech dir dein Erbsenhirn doch zur Abwechslung mal über deine eigenen Probleme, okay?" 

Jenna lächelte eisig. "Du musst doch nicht gleich beleidigend werden, Primaballerina - ach nein, tut mir leid. Krüppel." 

Ich atmete tief ein und zwang mich dazu, sie einfach zu ignorieren. Nach allem, was gestern geschehen war, hatte ich einfach nicht mehr die Nerven, mich schon wieder mit jemanden zu streiten, auch wenn Jenna es wirklich darauf anzulegen schien. 

Warum interessierte sie sich plötzlich so für mein Tagebuch? Wo war es gewesen? Warum hatte es später auf meinem Kopfkissen gelegen, als wäre es nie fort gewesen? Wer hatte es in der Zwischenzeit gehabt? Jenna? 

"Naja, irgendwie kann ich schon verstehen, dass du alles so akribisch genau festhalten musst, Krüppelchen, immerhin hattest du dich gestern überhaupt nicht unter Kontrolle", Jenna tat ein wenig Lipgloss auf ihre vollen Lippen und ließ sie ploppen. "War schon ziemlich erbärmlich. Wenn ich du wäre, könnte ich ja niemanden mehr unter die Augen treten nach der Show auf der Abschlussfeier ..." 

"Halt doch deine Fresse, Jenna", knurrte Grace, die gerade zur Tür hinein kam und ihre wütend funkelnden, bläulichen Augen auf die Puppe gerichtet hielt. "Niemand interessiert sich hier für deine niveaulosen Stichelein." 

"Na schön", Jenna zuckte unbeeindruckt mit ihrer Schulter. "Ihr werdet beide noch sehen, was ihr davon habt. Ich habe dir es ja gesagt, Krüppelchen: Du wirst es noch bitter bereuen, dich mit mir angelegt zu haben ..." Mit einem winzigen, falschen Lächeln zog sie den Reißverschluss ihrer Schminktasche zu und zupfte ihre weiße Bluse zurecht. "Warte nur ab, Alyssa." 

Endlose Wiesen und Felder flogen an uns vorbei. Stimmengewirr und viel zu laute Musik erfüllte die stickige Luft im Bus zurück nach Schwanenberg. Manche vertrieben sich die Zeit mit irgendwelchen Handyspielen, andere dösten vor sich hin, ich dagegen zappelte ungeduldig auf meinem Sitz herum. 

Ich konnte es kaum erwarten, wieder Zuhause zu sein. Nicht nur die Tatsache, dass mein Knie schon seit einer halben Stunde schmerzhaft pochte, weil ich so eingeklemmt war, sondern auch noch die, dass Kai und David in der Reihe vor uns saßen, machten diese Busfahrt zur Hölle. Die zwei Evolutionsbremsen trieben mich mit ihren zusätzlich sterbenslangweiligen Unterhaltungen über Videospiele und mit Davids viel zu lauter, viel zu schlechter Musik in den Wahnsinn. 

Aber nur noch wenige Stunden, dann hätte ich wieder ein wenig Zeit für mich allein. Dann könnte ich endlich wieder in Ruhe Tagebuch schreiben, meine Gedanken ordnen, mir überlegen, wie ich das zwischen Elias und mir wieder gerade biegen könnte - wenn ich das überhaupt wollte. 

Immerhin hatte er mich als Schlampe bezeichnet, mich in einer Tour bevormundet und meine eigene Meinung immer mit Füßen getreten! Elias hatte mich nie in Schutz genommen und sich stattdessen mit mir vor den Augen der gesamten Klasse gestritten, nur, damit er wieder seinen Willen bekam! 
Und trotzdem ... Irgendwie war er ja schon all die Monate für mich da gewesen und hatte immer ein offenes Ohr für mich gehabt, oder nicht? Elias hatte mich im Krankenhaus besucht, mir diese schrecklichen Rosen gebracht und die Billigschokolade, aber zumindest hatte er sich bemüht, mir annähernd ein guter Freund zu sein, auch wenn ich nichts gewürdigt hatte. 

Verwirrt wegen meiner eigenen Gefühle fuhr ich mir durchs Gesicht und wünschte mir, mich mit Grace über meine ganzen Probleme unterhalten zu können, aber sie hatte genug Sorgen. 

Seit sie mir das mit ihren Eltern und dem Ritzen erzählt hatte, war sie noch abwesender als vorher und schwieg immer öfter, wenn wir alleine waren. 

Ich machte mir Sorgen um sie, aber ich wusste einfach nicht, was ich unternehmen könnte, um ihr zu helfen! Ich hatte sogar mit meinem erbärmlichen Datenvolumen im Internet nach Ratschlägen gesucht, aber schlussendlich konnte ich eigentlich nichts machen, außer zu versuchen, eine bessere beste Freundin für sie zu sein als ich es die letzten Monate gewesen war und darauf zu hoffen, dass sie irgendwann bereit wäre, sich Hilfe zu suchen. Obwohl ich ganz genau wusste, dass mir die Hände gebunden waren, fühlte ich mich wie eine Verräterin. 

Ich konnte doch nicht zusehen, wie Grace immer weiter kaputt ging, oder? Es musste doch irgendetwas geben, was ich unternehmen konnte, ohne ihr das Gefühl zu geben, sie zu hintergehen! 

Aber mir fiel nichts ein. 

Deprimiert starrte ich aus dem Fenster. Obwohl Grace direkt neben mir saß, hatte ich nie das Gefühl gehabt, weiter von ihr entfernt zu sein. 

Immer, wenn ich glaubte, ich hätte die Lösung für eines meiner Probleme gefunden, schienen zwei neue aufzutauchen, die ein noch größeres Chaos verursachten und ich war vollkommen machtlos dagegen. 

Erst der Unfall und die Probleme mit meinen eigenen Eltern, Oliver, Jenna, Nele, Kai und David, dann diese Beziehungskrisen mit Elias und nun auch noch Grace ... Würde es denn jemals aufhören? Würde es irgendwann wieder besser werden oder ginge es ab heute nur noch bergab? 
Und was zur Hölle sollte ich unternehmen?! 

Ich musterte Grace aus dem Augenwinkel. 

Sie war ziemlich blass, selbst für ihre Verhältnisse und unter ihren bläulichen, leeren Augen hatten sich tiefe Ringe gegraben. Ihre dunkelblonden Locken waren ziemlich wirr und sie hatte die Ärmel ihrer ausgeleierten Jacke weit über die Hände gezogen, damit ja niemand ihre Narben sehen konnte. 

Im Gegensatz zu mir freute sie sich ganz und gar nicht darauf, wieder nach Hause zu kommen. Wahrscheinlich wünschte sich meine beste Freundin nichts sehnlicher, als noch für eine Weile ihrer streitenden Familie und ihrer scheinbar perfekten, kleinen Schwester Helena, mit der sie sich noch nie gut verstanden hatte, entkommen zu können ... 

Aber wir wussten beide, ohne es laut auszusprechen, dass das nun einmal nicht ging. 

Man konnte nicht vor seinen Problemen davonlaufen, zumindest nicht für immer. 

Grace konnte das nicht und ich konnte es erst Recht nicht. 

Fragte sich nur, was wir stattdessen tun könnten. 

Hey! 
Hier ist das neue Kapitel und ich muss zugeben, dass ich selber unzufrieden damit bin.  XD
Aber egal,  die nächsten werden umso besser! 

Was war die erste Buchreihe (also außerhalb Wattpads), die du gesuchtet hast? 

Übrigens vielen, vielen Dank für euer Feedback und die vielen Votes!  Ihr seid unschlagbar! 

Alles Liebe, 
Kathy ❤

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