Zweiter Schritt

Der Regen strömt. Der Regen der mich begleitet.
Meine Gedanken hat er überflutet.
Mein Herz noch nicht.

Ich öffne meine Terrassentür und setze mich auf den weißen Gartenstuhl, den Adam einst für unser Haus baute. Mein beiger Strickpulli schottet mich von der Kälte ab und lässt mich warm. Ich kuschle mich enger in mein Pulli und sehe dem Regen dabei zu, wie er mein Garten verschwinden lässt. Das kleine Gartenhäuschen ist nur noch verschwommen zu sehen. Auch die Schaukel, die Adam ebenfalls dort aufhang, schaukelt im Einklang mit dem Heulen der Bäume. Meine Lieblingsmusiker. Meine Seele scheint sich dort wohl zu fühlen.

Quietschend öffnet sich meine Terrassentür.
"Hey." Adams Stimme greift nach meiner Aufmerksamkeit.

Eine dicke Wolldecke legt sich auf meine Schultern und mir wird eine Tasse, heißer Schokolade, in die Hand gedrückt. Erst jetzt merke ich, dass mein Pulli nachgelassen hat und blicke dankbar Adam entgegen.

"Danke." nuschle ich und nehme einen kleinen Schluck der heißen Schokolade.

Adam setzt sich auf die Liege und stemmt seine Ellenbogen auf seine Knie, während er vorsichtig an seiner Tasse schlürft. Mit meiner Tasse versuche ich mein Lächeln zu verstecken, dass durch das wohlige Gefühl, was sich in meinem Körper ausbreitet und mich auch benebelt, verursacht wurde.

"Danke nochmal, dass ich deine Garage als Unterkunft benutzen darf. Sobald ich eine Wohnung habe, lasse ich dich in Frieden."

Ich will aber nicht, dass du mich in Frieden lässt. Als er entlassen wurde, habe ich es als langjährige Freundin natürlich für selbstverständlich gehalten, dass er bei mir lebt. Ich habe ihm eigentlich mein Wohnzimmer vorgeschlagen, doch er meinte, nach dem er in unserer Garage war, dass sie ihm genügen würde.
'Ich möchte dir nicht ständig am Nacken kleben' sagte er. Deshalb versuchten wir das Beste aus der alten Couch zu machen. Für die kalten Nächte stellte ich ihm eine kleine Heizung hin und legte ihm zusätzlich weitere Decken dazu. Ich hoffe einfach, dass das ausreicht.

Ich lache und schüttle nur mit dem Kopf. "Ich helfe, wo ich kann."

Er grinst mich an und sieht dann wieder nach vorn. "So, habe ich vielleicht noch irgendwelche Vorlieben?" er lehnt sich in seinem Stuhl zurück und blickt mich abwartend an.

Ich überlege.

(...)

"Ich mache dich platt." sagt Adam entschlossen und sieht sich den Billardtisch an.

Ich zucke nur wissend mit den Schultern und grinse vor mich hin."Okay, Lady's first." bestimme ich und schleudere die weiße Kugel auf die bunten anderen Kugeln.

Eine Ganze fällt ins Loch, worauf ich neckisch zu Adam hinauf sehe. Er schüttelt nur seinen Kopf und fokussiert sich dann auf die weiße Kugel, während ich mich auf seine angespannten Gesichtszüge konzentriere. Seine Brauen verformen sich und zwischen Ihnen bildet sich eine kleine Falte. Diese erkennt man eigentlich gar nicht von dieser Entfernung, aber ich kenne seine Züge einfach in- und auswendig.

"Ha! Versenkt!" ruft er und schenkt mir sein glückliches Lächeln.

Ich stoße mich vom Tisch und gehe zur Kugel und setze wieder an.
Wir spielten, bis nur noch die einzig schwarze Kugel das Ziel von uns beiden war.
Konzentriert blicke ich auf meine Kugel und positioniere mich so, damit ich gewinne.

"Pass auf!" schreit Adam und löst damit aus, dass ich die Kugel verfehle.

Ich blicke böse zu ihm und stemme meine Arme an die Hüfte "Was sollte das?"

Er lacht nur und nimmt sich dann die Kugel vor.
Ich sehe dabei zu, wie er sie anstößt und ich den zweiten und somit den letzten Platz ergattere.

"Das ist nicht fair!" schimpfe ich, während er sich nur lachend über den Tisch bückt und nach der weißen Kugel greift.

"Das Leben war auch mit mir nicht fair." gibt er schulterzuckend von sich und lächelt mich sachte an.

Ich verdränge die Regenwolke, die wieder meine Gedanken verschlucken möchte und wechsle das Thema.

"Dafür kannst du mir jetzt meinen Drink bezahlen." zucke ich neckisch mit den Schultern und laufe voraus, um mich an die Bar zu hocken.

Adam hockt sich auf den Stuhl neben mir und sieht durch den ganzen Raum. Auch ich lasse meinen Blick durch den dunklen Raum wandern. Vom Eingang bis hin zu der großen Yuka, wo unser Alkohol manchmal floss. Als meine Eltern Adam kennenlernen wollten, entschieden wir uns in diese Bar zu kommen. Es ist keine dieser ekeligen Bar's, welche keine Sonne abbekommen und die Luft zu 90% aus CO2 besteht. Schon gut, sie hat diesen dunklen Teint, welche jede Bar besitzt, aber man könnte hier trotzdem gut ein Buch lesen. Diese Bar hat etwas besonderes. Hier kennt jeder jeden und es gibt keine Übeltäter, die meinen hier einen anpöbeln zu müssen. Naja, kehren wir zur eigentlichen Geschichte zurück. Nachdem wir meinen Eltern dreimal abgesagt haben, wollten wir es ein viertes Mal tun, weil Adam seine Weisheitszähne rausgeschnitten bekam. 'Nein, wir gehen da jetzt hin!' nuschelte er damals durch seine etwas angeschwollenen Wangen. Es ist nur ein Tag, nach der Operation gewesen und er war noch etwas benebelt. Als wir in der Nische in der Bar saßen, hat mein Vater ihn für ein Whisky-Cola eingeladen. Abgesehen davon, dass Adam dieses Gemisch hasst, hat ihm der Arzt ausdrucksstark verboten, Alkohol zu sich zu nehmen, da diese Schmerztabletten sich mit Alkohol nicht vertrugen. Adam willigte aber trotzdem ein und sie bestellten sich den Whisky Cola. Ich war wirklich sauer, dass er so dusslig und naiv ist, nur um meinem Vater etwas beweisen zu wollen, was auch immer das war. Nach dem Abend schmiss ich mich in unser Bett, während er mir sanft meine Stiefeletten auszog und meine Füße mit kleinen Küssen bedeckte 'Ich habe nichts getrunken, die Pflanze war der Übeltäter.'

"Du scheinst durch eine Erinnerung zu gehen." flüstert er und legt seinen Kopf auf seine aufgeschlagenen Arme. Ich atme hörbar ein. "Es ist ein so hässliches Gefühl, wenn man versucht, sich an irgendwas zu erinnern, es aber nicht klappt." er hebt seinen Kopf und sieht mir tief in die Augen. Seine sonst so klaren, hellbraunen Augen sind überdeckt von seiner Pupille. Als hätte er mehrere Drinks gehabt, und das obwohl wir unseren noch gar nicht bekommen haben.

Bevor ich nachdenken konnte, was ich tue, lege ich ihm meine Hand auf seine.

"Also, was soll ich der Verliererin zum Trinken spendieren?" fragt er und zieht unbemerkt seine Hand weg.

Ich überspiele die Enttäuschung und blicke empört zu ihm hinauf "Du hast mich erschrocken! Das hätte mein Sieg sein sollen!"

Er lacht nur.

Als der Barkeeper zu uns kommt, geben wir ihm unsere Bestellung. "Also, darf ich wenigstens wissen, was du so in deiner Freizeit machst? Namenlose." grinst er mich fragend an, während er aus seiner Bierflasche trinkt.

"Ich bin nicht so interessant, wie du dir vielleicht gerade ausmalst." winke ich ab.

"Naja, ich schätze nicht jeder macht mich im Billiard fertig. Ach, hätte ich fast vergessen. Das hast du ja nicht." sein Grinsen klebt ihm immer noch im Gesicht und er dreht sich mit seinem Stuhl zu mir, streift dabei mein Bein. Meine Adern frieren ein und ich spüre wie sich meine Nackenhaare aufstellen. Ich reibe mir kurz über meine Schenkel und merke, wie sehr ich seine Berührungen vermisse. Ich vermisse sie so sehr, dass ich mich nachts am liebsten zu ihm in die Garage schleichen würde, um mich zu ihm zu kuscheln und falls er aufwacht, hätte ich ihm eingeredet, dass er nur träumt. So wie auch ich nur davon träume.

"Das war nicht-" "Fair?" beendet er meinen Satz und lächelt mich provokant an. Dieses Lachen schlage ich ihm gleich aus seinem makellosem Gesicht "Nein, ich denke bloß, du bist eine schlechte Verliererin." zieht er mich weiter auf.

"Ach, halt die Klappe." gebe ich ihm ein Schlag gegen seine Brust und konzentriere mich dann auf meinen Drink.

"Ist schon gut." lacht er weiterhin bevor er ernst wird. "Ich möchte trotzdem wissen, mit wem ich es hier zu tun habe. Du scheinst mich ja wohl zu kennen. Ich hoffe deine Leidenschaft ist es nicht, ahnungslose Männer um den Finger zu wickeln und sie anschließend an einen Massaker auszuliefern, welcher dann meine Leber auf dem Schwarzmarkt verkauft."

Ich sehe ihn erschrocken an. Auch sein Gesicht verzieht sich und schaut etwas erfroren auf sein Bier "Hast du was damit angestellt?" flüstert er und sieht wieder zu mir.

Ich fange an zu lachen "Nein, nein, diese Leidenschaft teile ich nicht."

Er pustet seine angehaltene Luft aus und wischt sich seine imaginären Schweißperlen weg.

"Was behandelst du denn leidenschaftlich?"

"Ich schreibe." nuschle ich.

"Du schreibst?" runzelt er die Stirn. Ich nicke.

"Wow, kann ich mal was lesen?" fragt er mich interessiert, worauf ich sofort meinen Kopf schüttle.

"Wieso? Schreibst du eine Fanfiction über mich?" er wackelt dabei mit seinen Augenbrauen und grinst mich provokant an. Ich lache und verneine mit meinem Kopf. Obwohl er schon 23 Jahre alt ist, steht ihm seine kindisch Seite, mit der er mich vor 7 Jahren in seinen Ban zog.

"Ich will einfach nicht, dass du es liest." gebe ich dann gelassen von mir und sehe diesmal ihn provokant an.

"Na gut." gibt er sich erschlagen.

Während er friedlich kleine Schlücke aus seiner Bierflasche nimmt, schlürfe ich an meinem Strohhalm. Von außen wirkt es, als wäre alles gleich, doch das ist es leider nicht.

"Dein Lieblingsbuch."

Mein Kopf schnellt fragend zu ihm rüber.

"Na, was ist dein Lieblingsbuch."

Ich blicke zu ihm hinauf "Maybe Someday von Colleen Hoover."

"Ist das etwas für mich? Mit irgendwas muss ich wohl meine Zeit vertreiben." lächelt er mich warm an.

"Ich denke, diese Autorin ist nichts für dich. Aber wenn du dich trotzdem durch eine romantische Welt schnuppern möchtest, dann würde ich dir 'Hope Forever' empfehlen."

"Hoffnung für immer? " fragt er mich und zieht dabei seine Augenbrauen in die Höhe. Ich nicke.

(...)

"Also, hier ist das Buch. Ich will, dass es keine Flecken oder Knicke oder geschweige denn Risse abbekommt. Mir ist dieses Buch echt wichtig." Ich übergebe ihm vorsichtig das Buch.

"Keine Angst. Ich passe gut auf das Buch auf." Und schon lässt er es fallen. Er hebt es prompt auf und lächelt mich dann entschuldigend an "Ab jetzt, lasse ich es nicht mehr fallen."

Sein Lächeln, steckt meinen Mund an.

"Naja, Wir sehen uns noch." Er blickt mich durchdringend an und ich nicke taub. "Gute Nacht." flüstert er, worauf ich ihm nur stumm hinterher winke und "Gute Nacht." in die eisige Winternacht flüstere.

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