Nur Avelin, überall sie
A D A M S S I C H T
Ich sehe die Frau vor mir an. Beobachte, wie ihre langen dunklen Wimpern zucken, als würde sie schlecht träumen. Ihr feines Haar umrandet ihr Gesicht, schmeichelt ihren Wangenknochen. Selbst nach einer Woche kann ich nicht realisieren, dass sie die ist, welche sich mein Herz gestohlen hat. Weil es sich einfach nicht so anfühlt.
Ich sollte glücklich darüber sein, dass ich wieder in mein altes Leben einsteigen kann, jedoch habe ich seither keine Erinnerung widerrufen. Ich hatte noch nicht einmal das Gefühl eines Dejavus, was ich bei Avelin oft erlebt habe.
Avelin...
Ein weiterer Gedanke, welcher mich nicht mehr verfolgen sollte. Doch dieser Name ist ewig in meinem Kopf. Er kreist in ihm und widerruft die Schmetterlinge in meinem Bauch, welche ich sonst immer in ihrer Anwesenheit spürte. Doch nun tauchen sie selbst beim bloßen Gedanken an sie auf und stellen meine Seele auf den Kopf.
Wie kann das sein, dass sie eine solche Wirkung auf mich hat, wenn wir scheinbar nie ein Paar gewesen sind?
"Hey..." murmelt Kathrin und fährt sich mit ihrem Handrücken über die Augen.
Diese Frau liebt mich. Und ich? Ich weiß nicht, ob ich auch nur ein Gefühl für sie empfinde. Es ist so verdammt schwer überhaupt irgendetwas zu fühlen, wenn ein dickes schwarzes Loch in deinem Kopf umherschwirrt.
"Hey.." murmle ich ebenfalls und sehe dabei zu, wie sie sich meine Hand nimmt und sie vorsichtig auf ihr Bauch legt. "Eigentlich meinte ich unseren kleinen Wurm da drinnen." lächelt sie und fährt mit ihrer Hand meinen Unterarm auf.
Auch jetzt sollte ich eine Gänsehaut bekommen, jedoch fühle ich einfach nichts. Wirklich nichts, nada, rein gar nichts.
Ich schüttle ihre Hand ab und fahre mir über's Gesicht. Mein Kopf schwebt zwischen zwei Welten, doch Wohnsitz ist immer noch in Avelins Welt.
"Hey, stimmt etwas nicht?" sie stützt ihren Oberkörper mit ihren Unterarmen ab und legt ihr Kopf schief.
Kathrin ist bildhübsch. Sie ist die Frau, welche sich jeder Mann ausmalt. Wunderschön in allem was sie tut. Ihre Leidenschaft zu Kindern ist unberechenbar. Sie ist nahezu perfekt, denn Kochen kann sie ebenfalls. Jeden Morgen erwartet mich ein Büfett und das nur als Frühstück. Von Pancakes bis hin zum Rührei ist alles dabei, was man sich an einem Morgen ersehnt, jedoch aufgrund der Faulheit nicht zaubern möchte. Und genau das ist es, was nicht stimmt. Ihre Perfektion kommt mir in manchen Augenblicken gar unecht rüber. Als wäre das alles gar nicht sie.
"Alles gut, bin bloß noch vom Schlaf etwas benebelt." antworte ich und setze ein kleines Lächeln auf.
Eigentlich schlafen wir nicht zusammen in einem Bett. Darauf bestand ich, auch wenn ich den Schmerz in ihrem Gesicht sah, konnte ich mich nicht zu ihr legen und so tun, als wäre es schon immer so gewesen. Deswegen breite ich mir immer die Couch unten aus, jedoch kriege ich immer wieder nächtlichen Besuch von ihr.
"Wollen wir frühstücken?" fragt sie und setzt sich nun besser auf. Ihre Augenbrauen sind zusammengezogen, während ihre Augen jede meiner Bewegungen analysieren.
"Nein, habe noch kein Hunger." entgegne ich und fahre nun mit der rechten Hand durch mein Haar, welches sich auf alle Seiten hingezogen fühlt.
Augenblicklich habe ich Avelin im Kopf, wie mein Kopf auf ihrem Bauch ruht und sie mir vorsichtig mit der Hand durch die Haare fährt.
Verdammt, Adam! Hör auf mit der Scheisse!
"Ach komm. Ich kann dir wieder Pancakes machen, die magst du doch so." versucht sie mich zu überreden.
Diese Pancakes liebt nur sie. Ich selber kann sie nicht ausstehen. Nicht, dass sie diese nicht herrichten kann, nein sie schmecken mir einfach nicht. Das liegt nicht an ihr, sondern an mir. Wow, jetzt kopiere ich auch noch Sätze aus gebrochenen Liebesfilmen.
"Wirklich nicht, Kathrin. Ich habe momentan kein Hunger." setze ich wieder an und schlage meine Beine über die Kante des Sofas.
Ich brauche wieder festen Boden. Nicht nur körperlich, sondern auch seelisch. Avelin hat sich nicht nur meine Gedanken gestohlen, nein sondern mir auch den Boden unter den Füßen gerissen.
Mich überkommt so langsam die Wut. Wie kann das sein, dass dieses Mädchen mich selbst bei Abwesenheit so im Griff hat? Was soll die ganze Scheisse hier, was geht in meinem Kopf ab?!
"Oh Adam. Frühstücken ist gesund! Die wichtigste Mahlzeit des Tages." höre ich sie wieder sprechen. Ich möchte aber verdammt nochmal nicht! Was ist daran so schwer zu verstehen? Warum lässt sie mich nicht einfach in Ruhe?!
Weil sie dich liebt...
Ich schüttle meinen Kopf, um endlich mit dem klaren Denken anzufangen, jedoch funktioniert es einfach nicht! Mein Kopf sagt nein! Er will nicht und das geht mir höllisch auf die Nerven. Ich kontrolliere längst nicht mehr mein Denken und ich möchte nicht wieder diesen verfluchten Namen nennen, aber es ist so verdammt schwer, diesen aus meinem Kopf zu verbannen!
Kalte Hände legen sich auf meine Schultern und fahren vorsichtig meinen Rücken abwärts. Hierbei kriege ich eine Gänsehaut. Doch das liegt ganz alleine an der Kälte ihrer Hände.
Avelin hatte immer warme Hände...
Verdammt! Ich entreiße mich Kathrins Händen und blicke auf sie herab. In mir kommt wieder die Wut auf, als ich auf dieses unschuldige Wesen hinabblicke.
Warum liebe ich sie nicht?! Warum, verdammt nochmal kann ich mich nicht in Kathrin verlieben?! Warum muss ich ständig an Avelin denken, obwohl sie doch die war, die mir mein eigenes Kind vorenthielt.
"Adam, hey... Ist auch wirklich alles in Ordnung?" fragt sie nochmals und rappelt sich auf, bevor sie auch vor mir steht. Wir beide sind auf Augenhöhe und sie blickt tief in meine. "Adam, du kannst über alles mit mir reden." setzt sie an, jedoch unterbreche ich sie.
"Lass uns nicht reden. Bitte."
Und dann drücke ich meine Lippen auf ihre. Verzweiflung kommt in mir auf und ich versuche Gefühle in mir aufzuzwingen, aber ich spüre einfach nichts.
Ich löse den Kuss und lehne meine Stirn an ihre. Meine Augen geschlossen, wird mir klar, was ich eigentlich angestellt habe. Ich schenkte Kathrin Hoffnung, obwohl ich diese nicht besaß. Dieser Kuss wurde durch meine Verzweiflung geboren, doch als ich meine Augen öffne und in ihre sehe, wird mir klar, dass sie das nicht mitbekommt.
Glück spiegelt sich in ihren wider und mich trifft ein kleines Stechen im Herz.
"Kathrin, ich..." beginne ich, jedoch legt sie mir ihren langen kalten Finger auf die Lippen.
"Lass uns das genießen. Bitte." flüstert sie und legt ihre eine Hand an meine Wange.
Ich strenge mich an, schließe meine Augen und versuche zu genießen. Versuche ihre Berührungen mit Liebe wahrzunehmen. Mich ihr vollkommen hinzugeben. Und es klappt. Ein kleines Kribbeln entsteht unter ihrer Hand, weshalb ich mich in diese schmiege.
Vorsichtig öffne ich meine Augen und spüre wie mir eine Träne aus dem Auge entgleitet, als ich die Frau vor mir sehe, welche mich liebevoll betrachtet.
Denn es ist keine Geringere als Avelin...
"Hey, alles wird gut." Sie beginnt meine Wange mit ihrem Finger sanft zu streicheln.
Schmetterling...
"Adam, sieh mich an. Wir werden alles hinbekommen." ihre Stimme dringt zu mir hindurch und löst eine Gänsehaut in meinem Nacken aus. Auch, wenn sie gar nicht in diesem Raum existiert, ist meine Verzweiflung so groß, dass ich es mir trotzdem einbilde.
"Wie..." flüstere ich. Sie sieht mich mit einem Lächeln an und schüttelt vorsichtig ihren Kopf. Ihre Lippen presst sie zu einem dünnen Strich, als sie auch schon verblasst und ich in das Ozeanblau von Kathrin sehe.
"Was wie?" fragt mich diese und legt ihren Kopf schief.
Ich muss mit Avelin reden. Ich muss wissen, warum ich so an ihr hänge, obwohl sie mich belogen hatte. Diese Tatsache sollte mir eigentlich dabei helfen, sie zu vergessen. Aber ich habe sie trotzdem noch als den Engel im Kopf, welcher mit Sehnsucht auf mich herab sah.
"Ich muss mit Avelin reden." platzt es aus mir heraus. Mein Blick setzt sich in Kathrins Augen fest, welche perplex aufreißen.
"Du musst was..?" fragt diese und ich sehe, wie es ihr die Stimme verschlagen hat. Angst hat sich in ihren Augen versteckt und sie holt tief Luft. "Warum?" fragt sie.
"Ich muss mit ihr abschließen." antworte ich. Ja, das muss ich, aber will ich das überhaupt?
"Oh Adam.." setzt sie an und lässt sich auf die Couch plumpsen. "Das wird nicht gut ausgehen." ihre Hand an ihrer Stirn, starrt sie auf ihre Füße und selbst ihr Körper spiegelt die Angst wider.
"Mag sein." erwidere ich und setze mich neben sie. Ich kann vollkommen verstehen, weshalb sie so große Angst hat. Angst, dass ich bei Avelin bleibe. Doch bei ihr bleiben kann ich nicht, ich werde Vater und Kathrin braucht momentan meine ganze Aufmerksamkeit, welche ich ihr nur geben kann, wenn ich endlich mit Avelin abgeschlossen habe.
"Hör zu, Kathrin. Ich möchte endlich mit Avelin abschließen. Ich möchte nicht ständig an sie denken, sondern an unser Baby und unsere kleine Familie."
Ein kleines Lächeln breitet sich auf ihrem Gesicht aus. "Wirklich?" fragt sie. Ich nicke und nehme dabei ihre Hand in meine. "Ja, wirklich."
Diese Frau braucht mich hier und jetzt. Avelin hat momentan kein Platz mehr in meinem Leben.
"Du kommst auch wieder zurück?" fragt sie und sieht mich mit voller Hoffnung an.
Ich schmunzle und drücke ihren Handrücken. "Ja, immerhin braucht mich der Wurm doch noch."
Sie nickt lächelnd und senkt ihren Blick auf unsere Hände. "Nun gut... dann rede mit ihr."
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