Gehoben

A D A M S  S I C H T (im gleichen Zeitfenster)

Mit einem wohltuenden Gefühl wache ich auf. Das kleine Fenster lässt einige Strahlen auf den kahlen Boden in der Garage tanzen und bringt somit Licht in diesen Raum.

Ich recke mich und schlüpfe in die Hausschuhe, die ich von Avelin am ersten Tag bekam.
Avelin.
Augenblicklich fange ich an zu lächeln. Ich bin froh, sie in meinem Leben wieder aufnehmen zu dürfen. Immer noch lächelnd schaue ich auf die Uhr meines Handys und sehe eine Nachricht von irgendeiner Kathrin.

"Hey, kannst du dich noch an unsere Verabredung erinnern?"

Ich blinzle verwirrt. Ich kann mich nicht einmal an ihren Namen erinnern. Genervt stöhne ich auf. Verdammtes Loch im Kopf! Nach langem hin und her, entscheide ich mich dazu mitzuspielen.

"Hey klar, wie könnte ich das bloß vergessen."

Stolz grinse ich und lese ihre Antwort.

"Super, dann treffen wir uns um 13:00 Uhr vor dem Einkaufszentrum."

Scheint als hätte ich ein.... Treffen?
Mich durchfährt ein Schauer. Ich kenne diese Frau nicht einmal und doch lasse ich mich auf ein Treffen ein.

Mit Mühe zwinge ich mich auf die Beine und betrete Avelins Flur, um mir im Badezimmer meine Zähne zu putzen.
Im Haus lauert die Stille und jeder meiner Schritte, ähnelt dem Trampeln eines Elefanten. Ich liebe diesen rustikalen Stil der Möbel. Ihre Einrichtung ist gut durchdacht. Das Wohnzimmer ist in einem hellen Beigeton und einigen Bordeauxroten Mitspielern gehalten, die einen guten Kontrast geben. Ihre Küche, die mit dem Wohnzimmer verbunden ist, ist in ein helles Elfenbein getunkt worden und lädt einen einfach zu sich ein. Ihr Flur besteht aus der gleichen Farbkombinationen, wie auch das Wohnzimmer. Und ihr Badezimmer ist ebenfalls schlicht gehalten, diesmal jedoch mit einigen türkisen Highlights. Das Haus wirkt alt, doch durch die moderne Einrichtung, wird es vertuscht.

Nachdem ich mich frisch gemacht hatte, schlich ich in die Küche. Pfannkuchen und Pancakes empfingen mich, doch ich schenkte mir ein Glas Wasser ein und verschwand wieder in die Garage.
Morgens kriege ich nie etwas runter.
Schnell warf ich mir was anständiges über und verschwand aus der Garage.
Planlos stehe ich nun in der Einfahrt und habe keinen blassen Schimmer, wohin ich überhaupt muss.

Nach verschiedenen Umwegen und Sackgassen, habe ich es mit Hilfe von Googlemaps, zum Einkaufszentrum geschafft und warte nun auf diese Frau.
Wie hieß sie noch mal? Wie soll ich mich mit jemandem unterhalten, dessen Namen ich nicht kenne? Ungläubig schüttle ich den Kopf. Das ist doch verrückt.

"Hey Adam!" unterbricht mich eine weibliche Stimme und ich schaue hoch.

Eine blonde Frau kommt mir auf Stöckelschuhen entgegen und lächelt mich freudig an. In meinem Kopf leuchtet die Glühbirne auf und auch ich fange an zu Lächeln.

"Hey Kathrin!" begrüße nun auch ich sie und sie deutet mir mit einem Kopfnicken in Richtung des Einkaufszentrums.

"Und gut hergefunden?" fragt sie mich und ich fange an zu schmunzeln.

"Googlemaps hat es geschafft." antworte ich und wir laufen wieder stillschweigend nebeneinander. Ob das wohl die ganze Zeit so gehen wird? Etwas über sie erfahren habe ich an dem Abend, als sie mit Sophia bei Avelin aufgetaucht ist. Aber mehr weiß ich auch nicht.

"Hier gibt es das beste Café in der ganzen Stadt." schwärmt sie und unterbricht somit meinen Gedankenfall.

Ich grinse und erwidere "Na dann, nichts wie los."

Schon wieder laufen wir still neben einander und ich habe einfach keine Ahnung, was ich sagen soll. Döse Situation ist mir absurd. Es ist, als wäre ich ein Kindergartenkind, welches sich zum ersten Mal mit einem Mädchen unterhält. Allerdings fehlt da der besondere Funke.

Nach kurzer Zeit fängt sie an in ihrer Handtasche zu wühlen, was ich ausnutze, um sie etwas zu inspizieren. Kathrin ist, schätze ich, 1,75m groß und hat glänzendes blondes Haar. Sie hat hellblaue Augen und einen, muss ich zugeben, großen Mund? Das klingt vielleicht echt verstörend, aber den hat sie wirklich. Ihre Wangenknochen sind ein großer Merkmal, neben ihrem Mund, und lassen ihr Gesicht markanter wirken. Sie ist so dermaßen dünn, dass ich locker ihren Schenkel mit beiden Händen umfassen könnte. Außerdem sieht es so aus, als würde dieser graue Bleistiftrock und die zartrosa Bluse, sie erdrücken. Nicht, dass sie schlecht damit aussieht, nur wirkt die Kleidung so schwer auf ihr.

"Wieso muss ich auch immer alles mit mir schleppen?!" stöhnt sie verzweifelt und positioniert ihre Tasche auf dem Becken. Ich sag doch. Sie ist nun mal dünn.

"Also hast du auch einen ganzen Laden in deiner Tasche, so wie immer herum spekuliert wird?"

"Ganze 5 Universen sind da drinnen." murmelt sie. "Ich wette, da wachsen Tiere heran, die noch keiner zu Gesicht bekommen hat." Sie blickt hoch und lächelt mir entgegen, was auch mich augenblicklich zum Lächeln bringt.
Sie hat ein wirklich schönes Lächeln, das einen einfach ansteckt, selbst wenn man gar nicht in der Lage ist zu lachen. Ihre Zähne sind nahezu perfekt. Ob sie wohl eine Zahnspange getragen hat?

Immer noch lächelnd, setzen wir uns an eines der Tische im Café und bestellen uns jeweils etwas.

Stille kehrt ein, als wir auf unsere Getränke warten, welche Kathrin aber unterbricht, als sie sich gegen die Stirn schlägt und danach durch die Finger gluckst, als hätte sie Angst von meiner Reaktion, bis sie etwas unverständlich nuschelt "Diese Situation ist irgendwie merkwürdig. Fast schon absurd."

Mein Gesicht scheint einem großen Fragezeichen zu ähneln, weshalb sie fortfährt.

"Ich meine, du hast ja nicht einmal eine Ahnung, wer ich überhaupt war oder bin. Oder wie wir zu einander standen. Und trotzdem kommst du zu einem Treffen." Nun knetet sie nervös ihre Hände, was zugegeben, echt süß aussieht. Sie lässt ihren Blick überall hinfahren, außer in meine Richtung. Ihr scheint dieses Gespräch wirklich ernst zu sein, weshalb ich mich aufrecht hinsetze und sie aufmunternd anlächle. 

"Hey, mach dich nicht verrückt. Wir können das ja schnell ändern und uns kennenlernen." ich halte ihr die Hand hin und lächle ihr auffordernd zu.

Sie sieht schüchtern auf meine Hand, bis ihre weiche meine umfasst und ihre langen Finger, sie umklammern. Ich wette sie cremt sie jeden Abend vor dem Schlafengehen ein.

"Ich bin Adam, schön sie kennenzulernen. Mit wem habe ich die Ehre?" ich zwinkere ihr zu, was ihre Bäckchen zartrosa werden lässt.

"Kathrin, ganz meiner Seit's." ein verlegenes Lächeln schleicht auf ihr Gesicht und sie lässt ihren Blick schnell auf unsere Hände wandern, die sich immer noch umklammern.

Ich räuspere mich und versuche die Nervosität zu überspielen, die sich plötzlich in mir aufgestaut hat.

"Ihr Cappuccino & ihr Macchiato.".Der Kellner stellt uns die Tassen ab und verschwindet wieder.

"Also Kathrin. Wie alt sind Sie denn?" spreche ich mit extra gehobener Stimme, welche sie zum Kichern bringt.

"Also bitte. Ich bin 21 Jahre jung." antwortet sie und setzt sich aufrecht hin.

Sie scheint mein Spiel mitzuspielen.

"Aber natürlich. Erzählen sie mir etwas über sich. Ich schätze, mich kennen sie schon." entgegne ich und achte auf meinen kleinen Finger, den ich etwas recke, als ich meine Tasse anhebe und koste.

"Ich bin vor einiger Zeit, konkret seit einem Monat, hier, um meinen Traum zu erfüllen." fängt sie an zu erzählen.

"Aha, fahren sie fort, nur keine Scheu." winke ich überheblich mit meiner Hand. In ihren Augen flunkert kurz etwas auf, was aber genau so schnell wieder verschwindet.

"Seit Jahren träume ich davon ein Reisebüro zu eröffnen." sagt sie selbstsicher und überschlägt ihre Beine.

"Was hat sie denn dazu getrieben? Das Geld?" frage ich rabiat.

"Gewiss hat das Geld auch eine Rolle in dem Ganzen. Um zum Hauptgrund zu kommen, würde ich sie bitten diesen überheblichen Mann schlafen zu legen und der Adam zu sein, den ich kennengelernt habe?" lächelt sie und legt fragend ihren Kopf schief.

Ich fange an zu lachen und entgegne "Zu viel des Guten?"

Jetzt lacht auch sie laut auf "Eindeutig zu viel."

Einen Moment grinsen wir uns an, bis sie verlegen ihren Blick senkt und ihn wieder mit einem selbstbewussten hebt. "Also, alles begonnen hat das ganze, als meine Familie und ich, in einem Reisebüro waren, um eine Reise nach Spanien zu buchen. Die Frau, die uns beraten hatte, war so unfreundlich und unsympathisch. Sie hatte, denke ich, einen klitzekleinen Hass auf Kinder und ich war damals 9 Jahre alt, weshalb sie auch mich nicht mochte." ihre Augenbrauen sind zusammengezogen und sieh spielt mit dem Löffel in ihrem Macchiato.

"Sie akzeptierte mich nicht. Wenn meinen Eltern, von ihr, ein Hotel vorgeschlagen hatte, durfte ich nie etwas sagen. Ihre Augen sahen so giftig aus, dass ich imaginäre Rattenfüße auf meiner Haut gespürt habe." sie rüttelt kurz mit ihren Schultern. Auf ihren Unterarmen, ist eine leichte Gänsehaut gekennzeichnet.

"Ich mag es nicht, wenn Erwachsene Kindern keine Beachtung schenken und deren Wünsche und Ansprüche nicht ernst nehmen. Wenn das Kind glücklich ist, sind das die Eltern doch auch, also warum wird das Kind bei Entscheidungen nicht mit aufgenommen?" nun sehen mich ihre Ozeane an und ich könnte schwören, dass ich das Wasser glitzern sehe.

Ich schließe kurz meine Augen, um zur Besinnung zu kommen. Wow, solche Augen habe ich noch nie gesehen. So klar.

Ich zucke mit den Schultern, als Antwort auf ihre Frage und sehe dann wieder zu, wie sich die Euphorie in ihren Augen widerspiegelt.

"Also hast du ein großes Herz für Kinder." stelle ich fest "Und dein Haus wird bestimmt von eigenen Kindern überfüllt sein." grinse ich sie an, doch sie schüttelt bloss den Kopf. Die Euphorie wandelt in Trauer.

Ich würde sie gerne darauf ansprechen. Jedoch weiß nicht nicht, ob es die Neugierde ist oder ob sie mir wirklich leid tut. Ich kenne sie kaum, jedoch scheine ich ihr nicht fremd zu sein.

Bevor diese Situation dazu führt, dass unsere Atmosphäre unbehaglich wird, haue ich den schrecklichsten, lächerlichsten und peinlichsten Satz heraus, den ich je einstudiert habe. "Es gelüstet mich nach Schokolade. Sie auch?"
Eine Zeit lang sieht sie mich bloß perplex an, doch ihre Augen, die amüsiert aufblitzen, verraten sie. Es dauert auch nicht lange, als ihr sanftes Lachen die Aufmerksamkeit, des Cafés, auf uns lockt.

"Was tut es dich?!" kreischt sie beinahe durch ihr Lachen und wischt ihre Freudenträne weg.

"Es gelüstet mich nach Schokolade." wiederhole ich und betrachte sie schmunzelnd.

"Du spielst diese Rolle wirklich gut. Ich würde auf so einen Schwachsinn nie in meinem Leben kommen." krächzt sie, nach dem sie sich beruhigt hat.

Ich zucke bloß mit den Schultern und bevor ich was entgegnen kann, zieht etwas hinter ihr, meine Aufmerksamkeit auf sich.

Diese Augen. Pure Traurigkeit. Ihre Augen ertrinken in dieser Traurigkeit und ihre Wangen leiden daran. So schnell sie auch zu uns sieht, so schnell sieht sie auch schon weg und flüstert ihrer Freundin irgendwas zu, um im nächsten Moment aufzustehen.

Ich behalte sie im Auge, während ich mit der Hand auf den Tisch klatsche, was mir erst im Nachhinein bewusst wird und ich in das erschrockene Gesicht Kathrins sehe.

Ich sehe sie entschuldigend an "Ich muss mich kurz meiner Notdurft entledigen." gebe ich ihr zu verstehen und höre noch ihr Lachen, als ich im nächsten Moment auch schon vor der Damentoilette stehe und sie öffne, ohne auch nur zu zögern.

Leise vernehme ich ihr Schniefen, welches im nächsten Augenblick nur noch stumm zu mir dringt. Ich presse die Lippen zusammen. Ich hasse dieses Geräusch.
"Avelin?" hallt meine Stimme durch den Raum.

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Cut.
Today I don't feel like doing anything.
I just wanna lay in my bed.
Don't feel like picking up my phone, so leave a message at the tone.
Cause today I swear I'm not doing anything.
NOTHING AT ALL!!!!

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