Das Gespräch


A d a m s  S i c h t

Schon seit 30 Minuten sitze ich an dem Tisch und warte auf sie. Einfach starr auf die Tür schauend und angespannt. Nicht rührend, beinahe steif. Hände schwitzend und kribbelnd.

Wo bleibt sie nur? Wir hatten doch Café ausgemacht oder nicht?

Abermals schaue ich auf mein Handy und sehe, wie auch schon zuhause, stirnrunzelnd ihr „klar einverstanden" an. Immer noch versuche ich den Zusammenhang zwischen ihrem "okay" vorher und ihrer letzten Nachricht zu finden, leider Zwecklos.

"Kann ich Ihre Bestellung vielleicht jetzt aufnehmen?"

Die pummlige alte Frau steht mit ihrem Notizblock vor mir und lächelt mich warm an. Ich seufze und lege meinen Kopf auf den Tisch.

Sie sagte doch, dass sie Zuspätkommer hasst...

...

"Ich hasse Zuspätkommer." sagt sie trocken und nimmt einen weiteren Schluck ihres Orangensafts. Ihre Augen fixieren das Spiel der Flamme im Kamin, während ich an ihren Lippen klebe, welche sie aneinander reibt nachdem sich diese von ihrem Glas gelöst haben.

"Gibt es dazu auch eine Story?" frage ich vorsichtig und fahre von ihren Lippen zu ihren Augen.

Sie schüttelt den Kopf und und zieht ihre Lippen zu einem schmalen Strich. "Ich finde es einfach schrecklich warten zu müssen."  sie nimmt einen weiteren Schluck "Das schlimme ist, dass du nicht weißt, ob diese Person überhaupt noch ihren Hintern herbewegen wird oder nicht. Ich kann diese Ungewissheit nicht leiden."

Ich betrachte schmunzelnd wieder ihre Lippen welche sich plötzlich zu einem Schmollmund verziehen. "Aber das aller, aller, aller schlimmste ist es, wenn die Person da ist, es sich aber trotzdem nicht so anfühlt."

Eine Gänsehaut ziert meine Arme, als ich verstehe, wie tiefgründig und bedeutend dieser Satz für sie sein muss. Ihre Augen lassen mich in die Tiefe blicken und verschließen sich, als ich eindringe. Mir war zuvor nie bewusst, wie tief und ehrlich Augen sein können. Sie sind das schönste an Menschen.

...

Ich schrecke hoch, als sich jemand räuspert.

"Bist du auch hier, um dem Regen draußen zu entkommen?" ein grinsender Akiko steht vor meinem Tisch. Wasser tropft von seinen pechschwarzen Haaren auf die hölzerne Fläche des Tisches.

Ich schüttle mit dem Kopf. Es wäre mir lieber, der Regen wäre der Grund, als das ewige und quälende Warten auf Avelin. Wenn ich doch nur wüsste, ob sie überhaupt noch auftaucht.

"Hmmm. Avelin?" fragt er nun und setzt sich gegenüber mir auf die Bank.

"Bingo.." flüstere ich und lasse meinen Kopf wieder auf die Tischplatte fallen.

"Oh." gibt Akiko von sich.

"Oh." stimme ich nickend zu. Soll ich ihr nochmal schreiben?

"Soll ich ihr schreiben?" spreche ich mein Gedanke laut aus, doch blicke nur in ein fragendes Gesicht. "Vergiss es." seufze ich "Ja vergiss es, so wie sie mich hier vergessen hat."

"Sie hat dich sitzen lassen?" mit gerunzelter Stirn betrachtet er mein Nicken, bevor er dann tief Luft holt. "Kopf hoch Adam, das passiert jedem mal."

Ich schüttle meinen Kopf. Ihr aber nicht. "Das geht aber nicht, Akiko. Sie hat mir zugesagt. Sie muss kommen. Avelin tut sowas nicht."

"Jaja, das ist die erste Phase des Liebeskummers. Versinken im Selbstmitleid."

Oh Gott, halt die Klappe.

"Was redest du. Ich hab kein Liebeskummer." entgegne ich und lüge ihm, wie gedruckt, ins Gesicht. Hoffentlich kam das glaubwürdig rüber.

"Oh doch, das hast du. Was ist mit deinem Schmetterling passiert?"

Mein Schmetterling....

Autsch, warum ist er nicht einfach leise?

Mit den Schultern zuckend blicke ich aus dem großen Fenster und betrachte die Menschen, welche draußen durch den Regen laufen müssen.

"Adam?" er pickst mir in meine Wange und zieht sich wieder zurück.

"Wow, das muss ja wirklich kompliziert gerade sein, was?"

Akiko ist einer der Menschen, welche erst reden und danach denken.

Ich verdrehe meine Augen und lasse meinen Kopf wieder fallen.

"Adam, wieso rufst du sie nicht einfach mal an?" fragt er.

Ich zucke mit den Schultern. Vielleicht will sie das nicht. Vielleicht ist ja das gerade ihre Art zu sprechen.

"Vielleicht will sie das ja nicht?" sage ich und fahre mir über mein Gesicht. Warum ist sie nicht einfach gekommen.

"Vielleicht will sie ja gerade das?" entgegnet Akiko.

Warum sollte sie es komplizierter wollen als es sowieso schon ist..?

"Aber was bringt das?" seufze ich und schaue verzweifelt zu ihm.

Er schüttelt mit dem Kopf und zuckt mit den Schultern "Frauen sind nicht zu verstehen."

Wieder kommt meine Stirn an der Tischfläche an. Sie hab ich immer verstanden. Vielleicht will sie es nicht klären. Vielleicht traut sie sich nicht mir nach alldem in mein Gesicht zu schauen und zu reden. Aber vielleicht gibt es auch einfach nichts zu bereden und das ist ihre Art dies auszudrücken. Sonst wäre sie doch gekommen oder nicht...?

Nochmals schaue ich auf mein Handy und gehe auf unseren Chat. "Klar einverstanden" warum hat sie das geschrieben?

"Ich denke." ich halte inne und sehe ihn an. "Sie möchte das nicht."

Mit gerunzelter Stirn schaut Akiko mich an. "Was meinst du?"

"Ich denke, sie taucht absichtlich nicht auf." das schmerzt. Es schmerzt dies einzusehen.

"Aber sie hat doch nach einem Treffen gefragt oder nicht?" seine Augenbrauen sind immer noch verformt und man sieht, dass er nach einem Sinn sucht. Ich muss zugeben, ich hab ihn auch noch nicht wirklich gefunden.

Ich nicke "Vielleicht ist das ihre Art zu reden. Einfach nichts zu sagen."

"Schweigen ist auch eine Antwort.." flüstert er und sieht mich mitleidig an. "Was wenn es nicht so ist?"

"Dann wäre sie hier." antworte ich.

Wenn ich eins weiß, dann ist es, dass sie es hasst im Unwissen zu leben und das auch niemals jemandem anderen antuen würde. Das sagte sie doch.

"Das war unser Gespräch." flüstere ich und schüttle mit dem Kopf. Ein stilles und friedliches Gespräch...

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Mein Buch hat den ersten Platz beim "All About Your Book Award" in der Kategorie Romantik gewonnen hihihi.

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