Wasser zu Wein
Während der Fahrt starrt Tim stur gerade aus, ignoriert mich komplett und scheint mit den Gedanken, wo ganz anders zu sein. Selbst als Gisela einen Kommentar zu seinem waghalsigen Fahrmanöver abgibt, reagiert er nicht. Immer wieder setze ich an, um diese drückende Stille zu durchbrechen, aber kein Wort verlässt meinen Mund. Ich weiß nicht, was los ist und anscheinend geht es mich auch nichts an.
An der Kreuzung zwei Straßen von meiner Wohnung frage ich ihn dann doch: „Hatte dein Gespräch irgendwas mit unserer zukünftigen Zusammenarbeit zu tun?" Erwartungsvoll schaue ich zu ihm rüber und meine ein leichtes Kopfschütteln erahnen zu können. Er antwortet nicht und ich sage auch nichts weiter.
Tim hält den Wagen am Straßenrand direkt vor meiner Haustür. Ich schnalle mich ab und öffne die Türe. „Danke fürs fahren." Kurz schaut er zu mir und nickt mir zum Abschied zu dann schmeiße ich die Autotüre hinter mir zu und widme mich dem Schlüssel meiner Haustüre.
Am Abend beschließe ich dem Burgerladen, den ich durch Tim entdeckt habe, einen Besuch abzustatten. Es war eine angenehme Atmosphäre dort und das Essen wirklich lecker. Tims Einfluss darauf war vielleicht nicht ganz unerheblich... Schmeckt nicht selbst ein paar matschige Pommes mega, wenn man währenddessen die Aussicht auf einen sehr ansprechenden jungen Mann hat, mit dem man sich ganz zufällig ausgesprochen gut versteht? Mit einem duftenden Burger in der einen und einer Flasche Wasser in der anderen Hand, verlasse ich den Laden, nachdem die Verkäuferin beinnahe Opfer einer Ketchup Attacke durch Gisela geworden ist. Glücklicherweise nahm sie es gelassen.
Alleine sitze ich in meiner leblosen Wohnung. Die leisen Geräusche aus dem Fernseher nehme ich kaum wahr. Mal wieder wird mir klar, dass ich mein Leben etwas mehr in die Hand nehmen sollte. Seit der Tourette-Diagnose ging es irgendwie immer weiter bergab. Ich habe mich in meinen vier Wänden vergraben und gewartet. Worauf? Vielleicht, dass ich eine Jobzusagen bekomme. Vielleicht, dass sich ein paar alte Freunde melden, bei denen ich mich nicht traue zu melden. Eigentlich würde ich mich schon als einen Gesellschaftsmenschen bezeichnen. Ich fühle mich wohl, wenn man gemeinsam feiern geht. Aber manchmal brauche ich meine Ruhe, nicht zuletzt wegen meinen Ticks. Aber nach der starken Ausprägung der Koprolalie, habe ich wohl zu lange meine Ruhe gebraucht, denn danach war ich nicht mehr wirklich in der Clique. Die Leute aus der Schule hatten sich schon davor langsam aber sicher aus den Augen verloren. Jeder ist seinen eigenen Weg weitergegangen. Und die anderen Auszubildenden hatten einfach andere Sorgen als ich. Alle waren plötzlich so weit weg und vielleicht hätte ich mir die Mühe machen sollen, den Kontakt aufrecht zu erhalten, dann müsste ich jetzt nicht alleine auf meinem Sofa sitzen. Daran kann ich jetzt sowieso nichts mehr ändern, denke ich mir und greife nach der halb leeren Weinflasche vor mir. Alkohol lässt mich gerne mal im Selbstmitleid versinken.
Der Nachrichtenton meines Smartphones ertönt laut durch die Stille meiner Wohnung. Mittlerweile befinde ich mich in einer liegenden Position. Die Essensreste und die geleerte Weinflasche stehen noch auf dem Couchtisch vor mir. Vielleicht habe ich die letzte halbe Stunde die Sendung, welche auf dem großen Bildschirm meines Fernsehers zu sehen ist, verfolgt, aber da ich nicht mal sagen kann, was da eigentlich läuft, hing ich wohl eher meinen Gedanken hinterher. Ich greife nach meinem Handy um nachzuschauen, wer mir zu später Stunde noch schreibt.
Tim: Sorry für vorhin, dass ich so umgesprächig war. Ich war einfach mies gelaunt, schlechter Tag und so..
Ich bin wirklich überrascht über diese Nachricht, da ich die letzte Stunde keinen Gedanken mehr an heute Mittag verschwendet hatte. Ich hatte mich irgendwie damit abgefunden, dass es einfach so ist. So wie ich mich mit vielem einfach irgendwann abgefunden habe. Trotzdem freut mich diese kleine Entschuldigung. Mein angetrunkenes Gehirn antwortet auch sogleich:
Jan: Kein Ding!!
Kurz spiele ich mit dem Gedanken ihn spontan einzuladen. Ich meine, generell hätte ich nichts dagegen, wieder mal jemanden in meinem Bett zuhaben. Ich verwerfe die Idee aber schnell wieder. Nur weil ich ihn gerne nicht von meiner Bettkante stoßen würde, muss das ja nicht auf Gegenseitigkeit beruhen. Meine Finger sind aber leider schneller als mein Kopf.
Jan: Lust noch vorbei zu kommen?
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Irgendwie... keine Ahnung... ich weiß gerade nicht, was ich von der Entwicklung der Geschichte halten soll... es ist seltsam... gut das war auch irgendwie das Ziel, aber trotzdem... 😂😂
Mit viel Glück schaffe ich heute tatsächlich noch ein Kapitel, ich hätte zumindest Lust dazu. Ich sitze nämlich gerade im Garten, schön in der Sonne und höre ein bisschen Musik. Gut das hat euch jetzt wahrscheinlich null interessiert 😂 (Jetzt führe ich hier schon halbe Selbstgespräche... ich sollte aufhören)
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