Social-Media-Endeckerreise

Den ganzen Abend über habe ich darüber nachgedacht, ob es wirklich die richtige Entscheidung ist, dieses Angebot weiter zu verfolgen, wenn es auch so viele Unsicherheiten birgt. Ich verbringe zwar viel Zeit auf Instagram, aber verfolge da nicht großartig irgendwelche Influencer, vor allem keine deutschsprachigen. Kurzentschlossen begebe ich mich auf YouTube und schaue orientierungslos die Trends durch. Die meisten kenne ich nicht wirklich. Klar man hat den Namen oder das Gesicht schon mal gehört, aber sich immer gefragt für was sie eigentlich bekannt sind. So böse es klingen mag, anscheinend einfach nur für ihr Leben, denn so wirklich unterscheiden sich die Videos, irgendwelche Alltagvlogs nicht wirklich.

Irgendwann habe ich genug von YouTube und wechsle zu Netflix, meine Lieblingsserie. Darüber scheine ich auf dem Sofa eingeschlafen zu sein, denn als mich ein nerviges klingeln aus meinem Schlaf reißt befinde ich mich immer noch dort. Müde versuche ich die Quelle des schrecklichen Geräusches zu finden. Die Sonne strahlt hell in meine Wohnung und ich muss meine Augen zusammen kneifen, damit ich nicht geblendet werde. Wie viel Uhr ist überhaupt? Ich bekomme mein Handy, von dem das elendige Klingeln ausgeht in die Finger und ziehe es zu mir. Mit einem kurzen Blick auf den Bildschirm erkenne ich eine eingehenden Anruf einer mir unbekannten Nummer.

Ich schwanke zwischen rangehen und sehr verschlafen klingen und einfach ignorieren und später zurückrufen. Die Entscheidung wird mir abgenommen, als abrupt das Klingeln endet und der Bildschirm schwarz wird. ‚Selber Schuld, wenn man so früh morgens anruft', denke ich mir und setze mich etwas auf. Ein weiterer Blick auf mein Handy verrät mir dann jedoch, dass bereits 11 Uhr verstrichen ist und ich bin überrascht, dass ich solange geschlafen habe. Ich kann mich selbst davon überzeugen, dass es jetzt besser wäre sofort aufzustehen und gehe in die Küche, wo ich noch eine bisschen Brot finde und einen herzhaften Aufstrich aus dem Kühlschrank hole.

Eine Stunde später stehe ich geputzt und gestriegelt im Wohnzimmer und bin bereit für den Tag. Ich schnappe mir mein Smartphone und rufe ohne weiter darüber nachzudenken die Nummer von heute morgen zurück. „Artist Management Everything. Xenia Burggert am Apparat. Wie kann ich Ihnen helfen?", sagt die freundliche Stimme auf der anderen Seite ihren Standardtext auf. „Hallo, also Sie hatte mich heute morgen angerufen.", antworte ich automatisch und mir wird klar, wer mich hier kontaktiert hat. „Ich spreche mit?", will die Frau wissen. „Jetzt kann sie sich nicht mal meinen Namen merken! Entschuldigung, Jan Zimmermann." „Ach, hallo Jan! Ja ich hatte dich heute morgen bereits einmal angerufen, da du mir ja freundlicherweise deine Nummer geschickt hast. Du meintest, dass du durchaus an einer Zusammenarbeit interessiert wärst und gerne mehr erfahren würdest. Habe ich das richtig verstanden?" Während sie redet, hole ich aus meinem Büro, welches zurzeit mehr als Abstellkammer dient, einen Block und einen Stift, um mir möglicherweise etwas aufzuschreiben. „Ja, genau" „Super, hast du irgendwelche konkreten Fragen oder soll ich einfach mal etwas erzählen und wenn du etwas nicht verstehst oder genauer wissen willst, sag einfach Bescheid." Ich stimme ihrem zweiten Vorschlag zu und sie beginnt zu erklären.

„Also wie ich dir bereits in der ersten Nachricht geschrieben habe, würden wir gerne mit dir einen YouTube-Kanal zum Thema Tourette aufbauen. Wir glauben, dass in Deutschland noch viel zu wenig auf Krankheiten wie deine auf Social Media Plattformen eingegangen wird und man damit ein großes Publikum erreichen könnte. Vor allem dein humorvoller Umgang mit deiner Einschränkung sehen wir da als großen Vorteil. Inhaltlich würden wir gerne verschiedene Lebenssituationen mit Tourette zeigen. Wie wir den Unterhaltungen auf Facebook mit anderen Betroffenen entnehmen konnten, gibt es ja häufiger witzige oder auch unangenehme Situationen, ausgelöst durch dein Tourette." Ich stimme ihr zu. „Für dich würde es also einfach bedeuten, dass du damit Geld verdienst dein Leben der Öffentlichkeit zu präsentieren.", ergänzt sie lachend. „Also wenn du immer noch Interesse daran hast, dann würde wir den Plan weiter ausarbeiten und dich gerne bei einem persönlichen Gespräch bei uns im Büro näher kennen lernen." „Ein paar Fragen hätte ich dann doch noch.", unterbreche ich ihre Vorfreude. „Ich habe bislang kaum bis keine Erfahrungen mit Social Media gemacht. Dementsprechend wenig kenne ich mich aus und vor allem auch im technischen Bereich, wie ich etwas filme und später auch schneide. Wie genau stellen Sie sich das vor?", stelle ich die Frage, die mir schon seit gestern auf der Zunge liegt. „Für dieses Problem haben wir verschiedene Lösungsmöglichkeiten. Am einfachsten wäre es natürlich, wenn du es irgendwie lernen würdest, aber so wie ich dich verstehe, ist das eher unwahrscheinlich, dass das schnell funktionieren würde." Wieder stimme ich zu. Computer und ich sind mehr so eine Zwangsfreundschaft. „Dann könnten wir natürlich ein professionelles Filmteam einstellen, aber da spricht nicht nur der finanzielle Grund dagegen. Die letzte Möglichkeit wäre, dass wir dir eine Art Mädchen für alles zur Seite stellen." „Mädchen für Alles?"


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Was wird wohl als nächstens passieren? Wird er das Angebot weiter verfolgen? Was ist mit "Mädchen für alles" gemeint? Fragen über Fragen...


Okay, wahrscheinlich wird es keine Überraschung sein, was er jetzt machen wird...


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