Apfelkuchen-Motivation

„Hast du mittlerweile eine Antwort von der Stelle in Hamburg bekommen?", fragt mich meine Mutter, nachdem sie mir ein Stück des saftig ausschauenden Apfelkuchen auf den Teller getan hat. Ich schüttle den Kopf. „Das ist aber auch schon über drei Monate her, ich erwarte nicht umbedingt noch irgendeine Rückmeldung zu bekommen." „Das kann schon mal passieren, dass eine Bewerbung irgendwie untergeht im ganzen Chaos. Die hätten dich sicherlich sofort eingestellt." Ich nicke niedergeschlagen. Sie ist trotz den ganzen Rückschlägen immer noch positiv und versucht mir weiß zu machen, dass es nicht an meinem Tourette liegt, dass ich die Jobs nicht bekomme. Wir wissen beide, dass es nicht stimmt. „Und wie sieht es aus mit der aus Berlin?" „Absage. Die Stelle ist schon besetzt." „Ich hab dir doch gesagt, dass du die früher hättest anschreiben müssen. Naja, wo war noch gleich die andere Stelle?" „Meinst du das aus Aachen?" „Ja genau! Da fandest du die Jobbeschreibung doch auch nicht so schlimm!" „Wirklich abwechslungsreicher klang es zwar nicht, aber wenigstens inhaltlich interessanter. Und ja ich habe eine Antwort bekomme. Sie haben die Stelle für dieses Jahr bereits besetzt, aber ich könne mich ja gerne für nächstes Jahr bewerben.", zitiere ich aus der E-Mail.

Meine Stimmung ist im Keller. Das merkt meine Mutter auch und fragt nicht weiter. Irgendwie muss ich an diese seltsame PM auf Facebook denken. Ironisch ergänze ich: „Dafür will jetzt irgendeine seltsame Management Firma mit mir zusammen arbeiten und mich zu Influencer machen." Sie scheint den Sarkasmus nicht rauszuhören und meint: „Das hast du gar nicht erzählt! Das klingt doch viel versprechend! Um was geht es da genau?" „Keine Ahnung, das war auf Facebook, als ob ich auf sowas eingehe? Das ist doch extrem unseriös" „Anschauen kann man es sich trotzdem mal. Vielleicht finden wir ja über das Unternehmen etwas raus. Wie heißen die denn?" Ich krame mein handy aus meiner Hosentasche und reiche es ihr entsperrt mit den offenen Nachricht über den gedeckten Tisch. „Hier, schaue es dir selbst an."

Interessiert liest sie die Nachricht und öffnet dann den mitgeschickten Link. Eine professionell aussehende Seite lädt. „Artist Management Everything... noch nie gehört...", spricht sie mehr zu sich selbst als zu mir, während sie die Seite runtergerollt. Verschiedenen Gesichter sind zu sehen, einige davon habe ich schon mal irgendwo gesehen. „Ist das nicht dieser Rezo?", fragt sie mich und hält mir das Bild eines blauhaarigen Typen entgegen. „Ja, ist er. Arbeitet er etwa auch mit denen zusammen?" Sie nimmt mein Handy wieder zu sich und setzt ihre Lesebrille auf. „Wenn ich das richtig verstehe schon. Die anderen hier kenne ich nicht so. Kannst du mit denen etwas anfangen?" „Einige habe ich schon mal irgendwo gesehen, aber Namen kenne ich da nicht." Sie reicht mir mein Smartphone wieder über den Tisch. „Die Firma scheint mit bekannten Leuten aus der Influencer-Scene zusammenzuarbeiten. Und die wollen DICH haben. Warum bist du da so abgelehnt? Du kannst dich ja wenigstens mal mehr informieren, wenn du es dann immer noch nicht machen möchtest, kannst du immer noch absagen." „Mal schauen", antworte ich und beende damit dieses Thema.

Eine Stunde und eindeutig zu viel Kuchen später mache ich mich auf den Heimweg. Ich wohne nur ein paar Straßen weiter und kann mich dementsprechend schnell auf mein Sofa fallen lassen. Irgendwie hat dieses Gespräch doch mein Interesse an diesem Management geweckt und ich öffne meine Browser, in dem die Website der Firma immer noch geöffnet ist. Ich klicke mich durch die Bilder der sogenannten ‚Artists' und auch einige Namen erkenne ich wieder. Da auch deren Social-Media-Profile verlinkt sind, schaue ich auch dort vorbei und tatsächlich ist diese Firma echt, den immer wieder ist AME, offensichtlich die Abkürzung für Artist Management Everything, im Impressum der Accounts verlinkt.

Zunehmend fühle ich mich fast schon geehrt, dass diese Firma zwischen all diesen bekannten Menschen auch mich sieht. Ich soll auch so viele Follower bekommen? Warum ausgerechnet ich? So spannend ist mein Leben doch abgesehen vom Tourette nicht. Ich kenne so viele andere Betroffene, die so viel mehr schon erlebt haben, deren Leben so viel kompliziert sind.

Außerdem: Ich und Influencer? Ja, ich nutze ab Social Media Plattformen, aber mehr um mit anderen zu kommunizieren oder einfach meine Zeit totzuschlagen. Wenn ich mal eine Story auf Instagram machen, muss schon Ostern auf Weihnachten fallen. Und dennoch wäre es sicherlich spannender als den lieben langen Tag im Büro zu hocken und ich hätte mit anderen Menschen ständig Kontakt.

Ich beschließe auf den Vorschlag meiner Mutter zu hören und mich wenigstens weiter zu informieren, weswegen ich Facebook öffne und meine Antwort tippe.

Hallo Frau Burggert,

Sie haben tatsächlich mein Interesse geweckt. Gerne hätte ich noch mehr Informationen zu Ihrem Job-Angebot. Wie genau stellen Sie sich das vor? Was wäre meine Aufgabe?

Gerne können sie mich auch unter folgenden Nummer telefonisch erreichen: +49**********

Liebe Grüße

Jan


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So... das 2. Kapitel direkt hinter her, wenn ich doch gerade sowieso am Schreiben bin. Hier in der Sonne sitzend mit guter Musik und ein bisschen Inspiration läuft so eine Geschichte ganz gut von der Hand.

Obwohl die Geschichte erst zwei Kapitel hat befürchte ich gerade irgendwie, dass dieses Buch auch wieder etwas länger wird als gedacht... eigentlich wollte ich die Geschichte kurz halten, höchstens 30 Kapitel... aber jetzt hat er den Job immer noch nicht angenommen und wir sind schon in Kapitel 2... da soll sich noch so viel Drama folgen... wo soll das denn hin?

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